"Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Style"

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Andi
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"Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Style"

Beitrag von Andi »


Hallo,

seit Wochen beschäftige ich mich mit diesem Thema einhellig. Ich habe denke ich so alles gelesen, was das freie Web hergibt. Auch diverse Bücher zum Thema gehörten zu meiner Abend Lektüre.

Mich würde interessieren, wie ein "Deutsches Woodworking Forum" zu diesen Arten von Werk-Hobelbänken steht.

Es wäre schön, wenn hier eine nette Diskussion zu Stande kommt.

Die Nicholson style bench (english workbench) würde mich persönlich sehr reizen zum Nachbau. Diese Werkbank bedarf um ein vielfaches weniger Holz. Aufgrund der Torsion Box artigen Werkbankplatte ist sie aber deshalb nicht unstabil, wie mir scheint und wie ich vielfach gelesen habe. Auch das Gewicht bekommt man auf ein "Anständiges" hin, wenn man dementsprechend das Untergestell ausstattet.

Was mich persönlich noch abhält vom Bau dieser Werkbank. Die Spannmöglichkeiten, besser gesagt, der Stil der Möglichkeiten. Man kann aufgrund der dicken Frontplatte (Apron) nicht mit einfachen Zwingen Dinge auf die Platte spannen. Allerdings könnte man das mit HoldFast und HoldDowns lösen. Beim Betreiber des Forums gibt es ja einen Rutsch an Zubehör.

Welches Holz würde man hier wohl nehmen ? Eine Vielzahl der amerikanischen Bänke sind aus "Weichholz" wie Tanne, Douglasie oder oft aus Sumpfkiefer etc. (Ich weiß gar nicht ob man Sumpfkiefer in Deutschland kaufen kann)

So, jetzt denke ich kann die Diskussion beginnen.

Für hilfreiche Tipps und Antworten und Meinungen bin ich dankbar.

Gruß Andi

reinhold
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Re: "Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Styl

Beitrag von reinhold »


hallo Andi,

wie wohl die meisten hier, hatte ich noch keine Gelegenheit mit einer "englischen Bank" zu arbeiten.

Aber mir fiel folgendes auf: Christopher Schwarz propagiert in seinem Buch "Workbenches" diese Bank, wortgewaltig, mit Überzeugungskraft und nachdem er die traditionellen Hobelbänke vom deutschen oder skandinavischen Typ (Nomenklatur nach Schwarz) niedergemacht hat. Ungefähr in der Mitte des Buches, so mein Eindruck, merkt er plötzlich, dass diese englischen Bänke doch nicht ganz so ideal sind, wie bisher geschildert, vor allem, dass eine ganze Anzahl von Spannmöglichkeiten fehlen. Statt diesen Teil seines Buches neu zu schreiben, stürzt er sich übergangslos in der zweiten Hälfte voll auf Herrn Roubo, der um 1770 in einem Buch eine Werkbank beschreibt, die im Wesentlichen aus einer massiven Platte besteht, mit einem Horn als linke Einspannhilfe, oder auch mit einem versenkbaren Anschlag oder einer Fusszange als Vorderzange. Die Roubobank zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Vorderbeine direkt senkrecht unter der Vorderkante der Tischplatte befinden, was von Herrn Schwarz als Voraussetzung für senkrechtes Spannen zur Bearbeitung der Kanten dargestellt wird.
Auch da merkt er irgendwann, dass diese Bänke doch nicht so universell verwendbar sind, und er fängt an, nachzubessern. Unter anderem mit einer rechtsseitigen Zange (wagon vice) und Bankhaken.

Je öfter man sein Buch durchliest, desto mehr drängt sich der Gedanke auf, dass eine traditionelle europäische Bank immer noch die bessere Alternative darstellen könnte.
Ich habe in Frankreich ein paar Bänke gesehen, die denen von Roubo beschriebenen ähneln - jede war älter als 100 Jahre und alle standen in Museen. Bis auf eine, die bei einem Künstler im Atelier stand, über und über mit Farbe beschmiert, und offensichtlich zu allem, ausser zum Hobeln benutzt. Der Künstler hatte auch eine moderne Bank, die zweckentsprechend genutzt wird.

Und siehe da: in seinem Buch "Handplane Essentials" wendet Schwarz auffallend oft Vorderzangen und die Einspannung mit Bankhaken und Hinterzange an. (Vorbehalt: Ich bin mit diesem Buch noch nicht ganz durch, vielleicht kriegt er weiter hinten noch die Kurve zu Roubo oder der englischen Bank.)

Langer Rede kurzer Sinn und um Deine Frage zu beantworten: Diese beiden Bänke haben zu einer gewissen Zeit und bei gewissen Arbeitsweisen sicher den Stand der Technik repräsentiert. Dass die "englische Bank" offensichtlich ausgestorben ist, verwundert mich wenig.

Zum Holz : natürlich sind die heute meist aus Buche hergestellten Hobelbänke sehr schön und zweckentsprechend. Aber gegen die überlegte (!) Auswahl von Weichhölzern spricht nichts. In den Alpenländern wurden schon immer Tanne, Föhre oder Lärche zum Bau von Hobelbänken verwendet.
Die Bank, an der ich meine ersten Erfahrungen im Holzwerken machte, ist komplett, einschliess der Zangen-Spindeln aus Weich-Holz gebaut.
Es geht also. Das Problem, das Du hierzulande mit Weichholz haben wirst, ist gutes, abgelagertes Weichholz mit engen Jahresringen zu bekommen.

viel Vergnügen beim Bankbau!
reinhold

Andi
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Re: "Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Styl *LINK*

Beitrag von Andi »


Hallo Reinhold,

genau das war auch mein Eindruck beim zweiten Durchlesen des blauen Buches des Herrn Schwarz. Die Englische Workbench hat vor allem die Schwäche, das man keine F Style Clamps (normale Schraubzwingen) verwenden kann, um mal schnell was auf die Bank zu spannen.

Diese Roubo Monster sind aber auch nicht zu unterschätzen. Erst letztens zeigte Herr Schwarz in seinem Blog angerostete Holdfast die lange in der Bank gesteckt haben. Auch im Blog von Holz und Leim, der Blog von Wolfram, welcher mir sehr gut gefällt, schrieb er über diverse Verzugsprobleme der Platte und daraus folgend der Banklöcher, aufgrund der massigen Holzwahl (Eichenbalken inkl Herz), speziell bei seiner Bank. Ein Bild von dem wunderschönen Monster :-) möge sich Jeder selber machen.

Mich macht irgendwie das Design der English Workbench an. Aber eine nette Ulmia ist natürlich auch nicht zu unterschätzen :-)

Mal sehen wer sich sonst noch zu Wort meldet.

Auf alle Fälle finde ich diese alten Bänke "spannend".

gruß Andi



Christoph Meyer
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Re: "Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Styl

Beitrag von Christoph Meyer »


Hallo Andi,

den Bericht von dem Blog Holz und Leim hatte ich auch schon gelesen. Warum da Eichenbalken mit Kern verarbeitet sind bleibt wohl ein Rätsel. Das ist jedoch der erste Bericht zu den Roubu Bänken der nicht von C. Schwarz geschrieben und voll positiver Worte ist. An der Konstruktion der Rubobänke stört mich der Punkt, dass die Gestellbeine in die Platte verzapft sind und damit das Quellen und Schwinden auf das Gestell übertragen wird.

Ich möchte dir gern ein Bericht zu meiner Hobelbank geben. http://woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/md/read/id/58169/sbj/meine-hobelbank-ist-fertig/
Was mir gut gefällt ist das hohe Gewicht und die Stabilität, kein Vergleich zum plan hobeln der Platte auf zwei Böcken. Die Bankplatte hat sich nicht verzogen oder geworfen und das obwohl im Sommer auch 80% Luftfeuchtigkeit bei hohen Temperaturen im Kellerraum vorhanden war, die Konstruktion hat sich bisher also bewährt. Die Lochreihe in der Schürze ersetzt bei mir einen Bankknecht, mit den Niederhaltern kann ich auch lange Stücke zusammen mit der Vorzange sicher einspannen. Die Möglichkeiten in den 3/4inch Löchern Bankhaken und Niederhalter einsetzten zu können finde ich sehr praktisch.

Wenn ich noch mal eine Bank bauen sollte, würde ich folgende Dinge wohl anders machen. Erstens würde ich die Bank so lang wie möglich bauen, wenn der Platz dafür vorhanden ist. Die Löcher in der Platte würde ich reduzieren, gerade die hintere Lochreihe braucht man sehr selten. Die Hinterzange würde ich anders auslegen, die TwinVise benutze ich persönlich zu selten.

Als Material würde ich immer wieder Buche verwenden. Das Holz ist hart, schwer und kostet im Vergleich zu feingewachsenem Weichholz wie Kiefer auch nicht wesentlich mehr. Die Kosten für die Mechanik waren teurer wie das Holz! Wenn du wirklich eine Bank selbst bauen möchtest würde ich nicht an dem Material sparen.

Du hast ja nun schon den ein oder anderen Versuch gestartet und nach der passenden Bank gefragt. Das Aufbereiten einer alten Hobelbank schreckt dich ab, aber den Neubau einer Bank - welcher Art auch immer - ziehst du in Erwägung. Ich denke der Aufwand eine Bank selbst zu bauen ist deutlich größer als eine gute gebrauchte aufzubereiten, da verstehe ich deinen Ansatz nicht.

Am Ende ist die Frage nach einer Werkbank aber immer mit den persönlichen Vorlieben und Arbeitsweisen verbunden. Und wie Reinhold schon sagte, die meisten hier werden europäische Bänken besitzen und können wenig zu persönlichen Erfahrungen an den Roubo oder Nicholson style Bänken sagen.

Grüße
Christoph

Tobias Kreitel
Beiträge: 128
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Zur Roubo-Bank

Beitrag von Tobias Kreitel »

[In Antwort auf #136293]
Hallo Andi,

ich möchte auch meine Meinung zur Roubobank beisteuern; Ich habe vor 2-3 Jahren selbst eine solche Bank aus Weichholz gebaut und bin sehr zufrieden damit. Um mal etwas auszuholen: Ich hatte vorher eine klassische deutsche Hobelbank mit deutscher Vorder- und Hinterzange mit Holzspindeln. Allerdings war diese Bank schon so alt und abgenutzt, dass ich die Zangen nicht oder nur kaum mehr sinnvoll gebrauchen konnte. Also musste ich Wege zum Fixieren von Werkstücken entwicklen; dabei haben sich vor allem Anschläge aller Art und der kreative Einsatz von Schraubzwingen (v.a. der winkelvariablen hölzernen Zwingen mit zwei gegenläufigen Spindeln) bewährt. Der Umstieg auf die doch eher karge Roubo-Konstruktion viel mir also nicht schwer. Ich hatte das Handhobeln ohne Hinterzange gelernt und die Vorteile dessen für mich zu schätzen gelernt: kein umständliches Ein- und Ausspannen bei der Prüfung des Werkstückes, schnelle Änderung der Hobelrichtung durch wenden, bzw. drehen des Werkstückes, dünne oder filigrane Werkstücke werden nicht beschädigt oder durchgebogen.
Die neue Bank habe ich aus alten Balken und einigen selbst geernteten Bohlen gebaut - somit war die Bank sehr günstig was das Material angeht. Aufwändig war es natürlich sehr, zumal ich alles mit Handwerkzeugen gemacht habe.
Die von C. Schwarz gezeigte Konstruktion habe ich dahingehend geändert, als dass ich die Platte geteilt habe (um einen Schlitz für einen Längsanschlag zu bekommen) und die Beine nicht in die Platte eingezapft habe, sondern die Plattenhälften auf ein separates Untergestell aufgeschraubt habe. Das ermöglicht ein leichtes Auseinandernehmen zwecks etwaigen Transports. Ich habe eine Beinzwinge angebaut, eine Hinterzange vermisse ich aber nicht. Hauptsächlich nutze ich geschmiedete Niederhalter um Werkstücke z.b. beim Absetzen oder Stemmen auf der Platte zu fixieren und die erwähnten Stops und Anschläge zum Hobeln, die wiederum von Niederhalten gehalten werden.

Letztlich muss man immer für sich selbst entscheiden, welche Art Hobelbank die beste für die geplanten Arbeiten und den beabsichtigten Arbeitsstil ist. Das Problem ist jedoch, dass man als Anfänger nur schlecht voraussehen kann, wie und woran man arbeiten möchte.

Schöne Grüße,

Tobias

Andi
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Re: "Nicholson style bench" oder "Roubo Bench Styl

Beitrag von Andi »


Hallo Christoph,

Deine Bank ist klasse. Den Bericht kenn ich schon länger. Auch die Bank im Schwimmbad ist der Hammer.

Zu meinen Überlegungen, und warum ich so bin :-)

Was mich vordergründig reizt an der Nicholson Style Bench ? Fuck the mainstream...... :-)

Es würde mir gefallen, an so einer andersartigen Bench zu arbeiten, auch wenn ich mich sicher in vielen Situationen ärgern würde, über diese "ungeschickte Bank" :-) Warm geben würde sie zur Not auch, wenn die absolute Fehlentscheidung getroffen wurde. Und Üben um mit Handwerkzeugen zu arbeiten, wäre auch dabei.

Wenn ich die Nicholson Bank nach Schwarz bauen würde, würden sich die Kosten für Holz (Tanne oder Kiefer) relativ klein halten. Schwarz nimmt angeblich immer Baumarktholz, und zwar die 2x16. Was ungefähr 30 mm x 300 mm entspricht. Also Baudielen, sägerauh. Die würde ich allerdings durch die Dickte lassen.

Hardware für den Anfänger: FrontVise: Tischlerschraubstock. und ein paar Holdfasts.

Also sprich, ich wäre mit den Kosten bei ca. 250,- 400,- €.

Ich rede nicht von der "idealen Bank" sonder eher eine dem Holzwerken angepasste Werkbank für den Hobbybereich. Eure Buchenbänke sind ja locker 1500,- - 2000 ,- € Projekte.

Aber, dieser Thread war eigentlich gedacht, einfach nach Herzenslust über die oben genannten Hobelbänke oder über die Vorzüge der Europäischen Bänke im allgemeinen zu plaudern. Es wird sonst auch viel geplaudert hier :-) Freuen würde ich mich auch über einen Link Austausch.

Kennt Ihr den schon : http://www.theenglishwoodworker.com/

Er baut solche Monsterbänke im Kundenauftrag. Der Typ ist sehr urig. Die einfachen Sachen fangen bei 800,- Pfund an. (Little John Bench)

Gruß Andi

Andi
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Re: Zur Roubo-Bank

Beitrag von Andi »


Hallo Tobias, zeig doch mal :-)

Gruß Andi

Pedder
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was ist das Wesen der Roubo Bank?

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #136293]
Hallo Andi,

bevor CS sein Buch geschrieben hat, gab es ja schon Bücher über Werkbänke. Ich kenne The Workbench von Lon Schleining und das aus meiner Sicht um längen bessere Workbench Book von Scott Landis, das es wohl nur noch antiquarisch gibt (Dank Azamon ja auch kein Problem mehr). Beide beschreiben die Roubo - allerdings bei weitem nicht so begeistert wie CS. Nur dessen ausgiebeiges Schwärmen hat diesen Typ so populär gemacht.

Was sind nun die unterscheidenden Merkmale einer Roubo?
- Die dicke Platte? Eher nicht, das haben andere Typen auch. Außer man macht die Platte aus einem Stück Holz. Dann hat man wenigstens nur ein Herz drin.
- Das Fehlen der Hinterzange? Auch das weisen mehrer Bänke auf
- Der Hook? Vielleicht
- Beinzange? Ja. (Bück Dich schon mal.)
- Die Verbindung des Gestells mit der Platte. Aus meiner Sicht das wesentliche Typgebende Merkmal. Und so ziemlich das blödeste, was man machen kann. Ausgerechnet da, wo man am besten stemmen kann, tritt das Hinrholz durchs Langholz und bildet eine stänig unebene Fläche.

Ist eine Roubo noch eine Roubo, wenn man ein modernes Gestell baut? Ich weiß es nicht, aber damit ist der grobe Fehler der Konstruktion wenigetens weg.

Du müsstest eigentlich nur ein Gestellbauen und Deine sehr anständige Platte abziehen. So wie Helle das gezeight hat: http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/page/1/md/read/id/55101/sbj/der-beitrag-von-helle-mit-eingebundenen-bildern/

Liebe Grüße
Pedder

Andi
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Re: was ist das Wesen der Roubo Bank?

Beitrag von Andi »


Hallo Pedder,

genau den Gedanken hatte ich vorhin, als ich die bereits heute Mittag mit Dir diskutierten Bänke in der Bucht nochmal angeschaut habe.

Ein Vorteil der Roubo in meinen Augen: Die Füße sind bündig mit der Platte. So kann man relativ Platten an den Beinen befestigen hochkant und längs spannen. Was ich bei den Ulmias bemängele.

Also, Ulmia kaufen und Ulmia Platte auf dicke Elefantenfüsse.

Das wäre dann eine Europäischen WollMilchSau.

Gruß Andi

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