Hallo Max!
Ich bin Bastler in Holz- und Metall - und das seit 60 Jahren - aber kein Restaurator.
Ich habe zwar schon einiges mit Kaltleim verklebt, aber mit Warmleim habe ich noch nie gearbeitet, deshalb meine Frage: Du schreibst, dass du feine Risse mit Warmleim füllst.
Wird der Leim so dünnflüssig, dass er auch in feine Risse eindringt?
Beim Drechseln ist es ja auch manchmal so, dass das Holz feine Risse hat - die stabilisiere ich dann mit dünnflüssigem Sekundenkleber - das funktioniert ganz gut. Ich überlege, ob ich das auch mit Warmleim machen könnte.
Danke für die Weiterführung deiner Dokumentation - ist sehr, sehr interessant für mich.
Schöne Grüße
Walter
Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls
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Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls
Hallo Max,
ein toller Bericht, vielen Dank.
Ich werde ihn mir bestimmt häufiger anschauen, um aus ihm zu lernen.
Bitte unbedingt weiter schreiben mit möglichst vielen Informationen.
Viele Grüße
Markus
ein toller Bericht, vielen Dank.
Ich werde ihn mir bestimmt häufiger anschauen, um aus ihm zu lernen.
Bitte unbedingt weiter schreiben mit möglichst vielen Informationen.
Viele Grüße
Markus
Instagram: https://www.instagram.com/holz_schrat
Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls
Guten Abend,
Restaurator bin ich auch keiner, aber man kann sich vieles anlesen und ausprobieren. Interesse ist häufig (meines Erachtens) mindestens so wichtig oder gar wichtiger als eine Ausbildung. Denn mangelndes Interesse macht jede noch so gute Ausbildung und entsprechendes Wissen nichtig, egal in welchem Bereich.
Was den Warmleim, also Haut/Knochenleim angeht: Man kann sich dafür einen Leimkocher kaufen - oder, für den sowieso kleinen Bedarf: einen gebrauchten, ganz einfachen Babyfläschchenwärmer für einen meist einstelligen Euro-Betrag erstehen und ein ausgespültes schlankes Glas verwenden (Senf, Meerrettich, usw.). Reicht vollkommen aus und das Glas erlaubt auch einen guten Einblick ins Geschehen.
Zu wässriger Leim bindet meiner beschränkten Erfahrung nach nicht wirklich gut ab. Die richtige Konsistenz ist, wie bei vielen Techniken von früher, sicher zu einem erheblichen Teil Gefühls- und Geschmackssache. Ich würde als Vergleich z.b. sehr flüssigen Waldhonig oder Speiseöl heranziehen - "dünner", also niedrigviskoser / wässriger sollte der Leim nicht sein.
Zum Verleimen von Rissen ist das damit natürlich nicht vergleichbar mit dem extrem dünnflüssigen niedrigsviskosem Sekundenkleber, der durch Kapillarwirkung ja sehr schnell auch in feinste Risse zieht.
Bei den vielen Rissen, die durch die zahllosen eingeschlagenen Nägel mit verursacht waren, habe ich das Holz ein wenig mit dem Heißluftgebläse vorgewärmt, um ein frühzeitiges Gelieren zu verhindern. Haut/Knochenleim ist ja wenig anderes als weniger gut gereinigte Gelatine. Ein moderater Infrarotstrahler wäre sicher besser, weil er das Holz weniger austrocknet; sowas habe ich aber nicht.
Danach habe ich den Leim mit einem feinen Pinsel aufgetragen und dann gleichzeitig, z.B. mit einem Vorstecher, den Riss immer wieder ein wenig geöffnet und geschlossen, was zum einen etwas Platz für den Pinsel schafft und zum anderen den Leim im Riss verteilt. Manchmal kann eine kleine Einwegspritze hilfreich sein, die dann aber nicht abkühlen darf, also bei Benutzung immer im Leimglas liegt. Damit kann man den Klebstoff dann unter Druck einspritzen.
Sobald der Leim ausreichend im Riss verteilt ist und idealerweise rundherum leicht austritt, spannt man dann die Stelle nach Bedarf und lässt den Leim abbinden.
Überschüssiger Leim lässt sich entweder gut direkt frisch nass abwischen oder aber in einer Konsistenz zwischen Tortenguss und Gummibärchen abrubbeln.
Mit Fischleim, den ich bis dato noch nie genutzt habe, soll der ganze Anwärmaufwand und der Zwang zum sehr zügigen Arbeiten wegfallen. Nachdem ich aber sehr reichlichen Vorrat an Leimgraupen/perlen habe, verwende ich lieber den und nehme den kleinen Mehraufwand in Kauf.
Ich werde versuchen, weiterhin viele Infos mit in den Bericht zu packen. Es soll ja möglichst nachvollziehbar sein, denn dann kann man vielleicht daraus lernen (oder mir erklären, wo ich genau Unsinn gemacht habe).
Viele Grüße
Max
Restaurator bin ich auch keiner, aber man kann sich vieles anlesen und ausprobieren. Interesse ist häufig (meines Erachtens) mindestens so wichtig oder gar wichtiger als eine Ausbildung. Denn mangelndes Interesse macht jede noch so gute Ausbildung und entsprechendes Wissen nichtig, egal in welchem Bereich.
Was den Warmleim, also Haut/Knochenleim angeht: Man kann sich dafür einen Leimkocher kaufen - oder, für den sowieso kleinen Bedarf: einen gebrauchten, ganz einfachen Babyfläschchenwärmer für einen meist einstelligen Euro-Betrag erstehen und ein ausgespültes schlankes Glas verwenden (Senf, Meerrettich, usw.). Reicht vollkommen aus und das Glas erlaubt auch einen guten Einblick ins Geschehen.
Zu wässriger Leim bindet meiner beschränkten Erfahrung nach nicht wirklich gut ab. Die richtige Konsistenz ist, wie bei vielen Techniken von früher, sicher zu einem erheblichen Teil Gefühls- und Geschmackssache. Ich würde als Vergleich z.b. sehr flüssigen Waldhonig oder Speiseöl heranziehen - "dünner", also niedrigviskoser / wässriger sollte der Leim nicht sein.
Zum Verleimen von Rissen ist das damit natürlich nicht vergleichbar mit dem extrem dünnflüssigen niedrigsviskosem Sekundenkleber, der durch Kapillarwirkung ja sehr schnell auch in feinste Risse zieht.
Bei den vielen Rissen, die durch die zahllosen eingeschlagenen Nägel mit verursacht waren, habe ich das Holz ein wenig mit dem Heißluftgebläse vorgewärmt, um ein frühzeitiges Gelieren zu verhindern. Haut/Knochenleim ist ja wenig anderes als weniger gut gereinigte Gelatine. Ein moderater Infrarotstrahler wäre sicher besser, weil er das Holz weniger austrocknet; sowas habe ich aber nicht.
Danach habe ich den Leim mit einem feinen Pinsel aufgetragen und dann gleichzeitig, z.B. mit einem Vorstecher, den Riss immer wieder ein wenig geöffnet und geschlossen, was zum einen etwas Platz für den Pinsel schafft und zum anderen den Leim im Riss verteilt. Manchmal kann eine kleine Einwegspritze hilfreich sein, die dann aber nicht abkühlen darf, also bei Benutzung immer im Leimglas liegt. Damit kann man den Klebstoff dann unter Druck einspritzen.
Sobald der Leim ausreichend im Riss verteilt ist und idealerweise rundherum leicht austritt, spannt man dann die Stelle nach Bedarf und lässt den Leim abbinden.
Überschüssiger Leim lässt sich entweder gut direkt frisch nass abwischen oder aber in einer Konsistenz zwischen Tortenguss und Gummibärchen abrubbeln.
Mit Fischleim, den ich bis dato noch nie genutzt habe, soll der ganze Anwärmaufwand und der Zwang zum sehr zügigen Arbeiten wegfallen. Nachdem ich aber sehr reichlichen Vorrat an Leimgraupen/perlen habe, verwende ich lieber den und nehme den kleinen Mehraufwand in Kauf.
Ich werde versuchen, weiterhin viele Infos mit in den Bericht zu packen. Es soll ja möglichst nachvollziehbar sein, denn dann kann man vielleicht daraus lernen (oder mir erklären, wo ich genau Unsinn gemacht habe).
Viele Grüße
Max
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- Registriert: Di 15. Okt 2024, 20:01
- Wohnort: Cuxhavener Land
- Kontaktdaten:
Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls
Guten Abend in die Runde, guten Abend Max,
ich gestehe, habe dein Bericht nur überflogen, aber das kommt mir doch sehr vertraut vor. Denn ich habe ca. 12 Jahre beruflich Holzobjekte
restauriert und viel Erfahrung gesammelt. Die Leidenschaft geht nicht verloren. Historische Objekte sind in ihrem Wert zu erhalten.
Kostbarkeiten unserer Ahnen.
Nun wenn es Fragen und Probleme geben sollte, stehe ich gerne die nächsten 10 Tage zu Verfügung. Dann ist eine Reise geplant.
Bin gespannt wie du weiter vorgehst.
Anbei gibt es Glutinleimmodifikationen. Diese Warmleime können so verändert werden, das sie z.b. wasserfest und kalt verarbeitet werden können.
Die Kraft bleibt erhalten. Manchmal ist es einfach entspannter, Verleimungen zu berarbeiten.
Dieses frühe süddeutsche Möbel hat sicher Knochenleim in seinen Verbindungen. Sprich aus meiner Erfahrung.
Gutes Gelingen
Martin
Restaurator im Handwerk
ich gestehe, habe dein Bericht nur überflogen, aber das kommt mir doch sehr vertraut vor. Denn ich habe ca. 12 Jahre beruflich Holzobjekte
restauriert und viel Erfahrung gesammelt. Die Leidenschaft geht nicht verloren. Historische Objekte sind in ihrem Wert zu erhalten.
Kostbarkeiten unserer Ahnen.
Nun wenn es Fragen und Probleme geben sollte, stehe ich gerne die nächsten 10 Tage zu Verfügung. Dann ist eine Reise geplant.
Bin gespannt wie du weiter vorgehst.
Anbei gibt es Glutinleimmodifikationen. Diese Warmleime können so verändert werden, das sie z.b. wasserfest und kalt verarbeitet werden können.
Die Kraft bleibt erhalten. Manchmal ist es einfach entspannter, Verleimungen zu berarbeiten.
Dieses frühe süddeutsche Möbel hat sicher Knochenleim in seinen Verbindungen. Sprich aus meiner Erfahrung.
Gutes Gelingen
Martin
Restaurator im Handwerk