Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Philipp
Beiträge: 891
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Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Philipp »


Liebe Gemeinde,

eine banale Frage, ich weiß, fast schon so, wie welcher Hobel ist besser: LN oder japanisch?

Aber dennoch frage ich nach Euren Erfahrungen und Hinweisen. Zur Zeit zimmere ich an einem einfachen Rollkasten, Holz ist selbst mit der Kettensäge eingeschnittene Zeder aus dem Garten eines Bekannten, der Emotionsfaktor ist also recht hoch. Das Holz ist recht spröde, staubt beim Sägen stark, läßt sich aber sehr schön hobeln.

Nur beim Zinkenstemmen zerbröselt es unter dem Eisen, daß es einem die Tränen in die Augen treibt. Ähnliche Erfahrungen hatte ich schon mit Baumarktfichte (wen wundert's?) und mit Douglasie gemacht. Klar, man kann pragmatisch denken und sich sagen, daß man das zerbröselte Hirnholz der Zinken- und Schwalbengründe später eh nicht sieht, aber das Anspruchsdenken ist schon gestört. Ach ja, die Beitel - kontinental und japanisch - waren scharf.

Macht ihr in manchen Weichhölzern ähnlich frustrierende Erfahrungen und falls ja, wie geht Ihr damit um?

Gruß, Philipp

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von reinhold »


hallo Philipp,

diese Erfahrung musste ich auch schon ein paar mal machen. Vor allem gut trockenes Weichholz mit weiten Jahresringen bröselt, bzw. die Fasern reissen aus.

Meine Lösung: ich säge mit einer Laubsäge den Grund der Zinken vor, ungefähr 1 mm vor dem Riss. Das klingt zeitaufwendig, aber im Endeffekt lohnt sich die Mühe.

Dann steche ich den Zinkengrund mit frisch geschärftem (25 Grad) Beitel nach, wobei ich immer möglichst wenig Holz wegnehme. Anders als sonst steche ich nicht senkrecht zum Holz sondern schräg vom Holz weg. Der Zinkengrund wird also anfänglich "dachförmig". Die nächsten Stiche werden immer senkrechter, erst der letzte ist genau senkrecht. Ein leichtes Hinterstechen schadet nichts.
Der Schnittvorgang ist kein "Stemmen" sondern eher ein "Schälen".

Man muss höllisch aufpassen, dass man mit dem Beitel nicht hinter den Riss rutscht und zuviel wegnimmt.

viele Grüsse
reinhold

Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo,


Man muss höllisch aufpassen, dass man mit dem Beitel nicht hinter den Riss rutscht und zuviel wegnimmt.

Man kann beim Ausstemmen ein Abfallholz als Führung verwenden, um möglichst senkrecht und gerade zu stemmen (zu sehen ab 11:50 in folgendem Video) http://www.youtube.com/watch?v=3clkaJ1FI1M

Im Video wird zwar Hartholz verwendet, bei Weichholz funktioniert das mit der Führung aber auch ganz gut.

Grüße
Wolfgang

Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen? *MIT BILD*

Beitrag von Thomas Matuschak »


Die Erfahrung mit Zeder habe ich auch schon gemacht.... riecht gut aber zum Stemmen... gibt nur eins: Werkzeuge müssen SUPERSCHARF sein.
Nach jeder Verbindung nachschärfen bzw. abziehen.

Anbei das Resultat von damals... wenn Du genau hinschaust, siehst Du, daß die Ränder der Zinken nicht ganz perfekt sind.

Gruß,
Thomas



Ulrich Leimer
Beiträge: 476
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:43

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Phillip,

habe bei einigen Projekten auch diese ernüchternde Erfahrung machen müssen, daher hab ich in letzter Zeit bei untergeordneten Projekten (waren es eigentlich alle) den Grund immer mit der Laubsäge geschnitten und nur an Stellen, die nicht recht passten, nachgestochen, eher nachgeschnitten, wie ein Vorredner auch schon schrieb.
Natürlich sieht man es nicht, wenn von beiden Seiten die Holzoberfläche sauber gestemmt wurde und dann die Mitte wegbricht. Aber die "gefühlte" Festigkeit hat mir dann ein Problem bereitet.
Daher sind Schwalbenschwänze sicher nicht immer das Beste Mittel der Wahl.
Gruß Uli

Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Philipp »

[In Antwort auf #136810]
hallo Philipp,

diese Erfahrung musste ich auch schon ein paar mal machen. Vor allem gut trockenes Weichholz mit weiten Jahresringen bröselt, bzw. die Fasern reissen aus.

Meine Lösung: ich säge mit einer Laubsäge den Grund der Zinken vor, ungefähr 1 mm vor dem Riss. Das klingt zeitaufwendig, aber im Endeffekt lohnt sich die Mühe.

Dann steche ich den Zinkengrund mit frisch geschärftem (25 Grad) Beitel nach, wobei ich immer möglichst wenig Holz wegnehme. Anders als sonst steche ich nicht senkrecht zum Holz sondern schräg vom Holz weg. Der Zinkengrund wird also anfänglich "dachförmig". Die nächsten Stiche werden immer senkrechter, erst der letzte ist genau senkrecht. Ein leichtes Hinterstechen schadet nichts.
Der Schnittvorgang ist kein "Stemmen" sondern eher ein "Schälen".

Man muss höllisch aufpassen, dass man mit dem Beitel nicht hinter den Riss rutscht und zuviel wegnimmt.

viele Grüsse
reinhold


Hallo Reinhold,

ja, die Jahresringe sind bei meiner Zeder sehr weit (die Bäume mögen unser Klima und wachsen sehr rasch). Auch ich säge mit Laubsäge den Grund vor, traue mich aber nicht, den Riß direkt zu treffen (vielleicht wäre das auf der Schauseite sogar die beste Lösung). Ich werde auch mal Deinen Weg des Schälens ausprobieren. Ein Führungsbrett, am Riß festgeklemmt, verwende ich schon jetzt.

Ach ja, die meisten Zedern in unseren Gärten sind Atlaszedern, da is' nix mit Duft. Das, was hierzulande oft an "Zedernöl" angeboten wird, entstammt einem Wacholder (Juniperus).

Frohes Zinken und Gruß, Philipp

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #136809]
Hallo Philipp,

Zeder kenne ich nicht, ich vermute aber mal, dass die sich ähnlich verhält wie anderes Nadelholz. Am schlimmsten ist schlechte (grobjährige) Fichte, Baumarktqualität, aber auch damit geht es. Allerdings ist das Zinken sehr viel mühsamer als bei Laubhölzern mit gleichmäßiger Struktur.

Scharfe Stecheisen heisst: Rasierfähig. Darunter geht es hierbei nicht.

Der Zinkengrund sollte mit der Laubsäge vorgesägt werden. Ins Volle zu stemmen, führt aber bei Nadelholz immer zu heftigen Ausbrüchen, die tun richtig weh. Die verbleibenden 2 oder 3 mm bis zum Riss steche ich- handgeführt, nicht mit dem Hammer- schichtweise weg, dabei das Werkstück senkrecht eingespannt und mehrmals umgedreht so dass man abwechselnd von beiden Seiten zur Mitte hin arbeitet, beim letzten Durchgang findet die Schneide den Riss (der mit einem schneidenden Streichmass hergestellt ist). Wenn es hinsichtlich Ausbrüchen gar nicht gehen will, nehme ich ein Schrägstecheisen.

Ich wünsche viel Erfolg

Friedrich



Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Zinken stemmen in Nadelholz ohne Quetschen?

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo,

Sei Realist. Wenn Du Dir Holzverbindungen an alten alten Möbeln anguckst, wirst Du feststellen, dass die alten Tischler keineswegs immer perfekt dichte Verbindungen hergestellt haben. Gerade an Stellen, die man normalerweise nicht sieht (Hinterseiten von Schubladen zum Beispiel) fehlt es schon mal an der Exaktheit, was vollkommen verständlich ist, denn auch die Tischler vor hundert Jahren hatten nicht endlos Zeit für die Fertigung eines Möbels. Auch früher wurde immer abgewogen, an welchen Stellen große Genauigkeit wirklich erforderlich ist und wo nicht.

Grüße
Wolfgang

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Respekt! *NM - Ohne Text*

Beitrag von reinhold »

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