Die Radiusgeschichte

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
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Die Radiusgeschichte

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Leute,

Die Geschichte mit Friedrichs Radius hat mich nicht losgelassen. Sowas muss doch gehen. Nicht faul, hab ich mir beim skeptischen Dieter einen Veritas Flachwinkelschabhobel (kann denn niemand fantasievollere Namen erfinden?) besorgt und losgelegt. Zuerst hab ich einen Kreisbogen von etwa 8 cm aus einem Nussbaumbrettchen ausgesägt. Das Resultat seht ihr hier:



Das ging ganz leicht, dem Riss ist gut zu folgen mit der kleinen Bügelsäge. Nur mein Sägeschnitt war nicht senkrecht zur Brettoberfläche. Das hat mich aber nicht gestört, sollte das doch mit dem Schabhobel schnell behoben sein.

Anschließend kam der Schabhobel selbst an die Reihe. Warum gerade dieser Schabhobel? Nun, ich habe schlechte Erfahrungen mit zu stark gerundeten konventionellen Schabhobeln. Sie rattern furchtbar, weil die Auflagefläche der Sohle zu klein ist, sprich die Rundung zu stark. Bei diesem Modell kann man die Sohle vor dem Eisen in der Höhe verstellen, sprich dem Radius anpassen und auch ein ebnes Stück Sohle voranstellen. (Kann man bei Dieter nachlesen) Ein weiteres Argument ist der Flachwinkel, wird bei Hirnholz doch gerne eingesetzt. Das Argument ist aber sehr dünn und nicht wirklich wichtig... Putziges Ding mit vier Schrauben hab ich zuerst gedacht. Nun, so leicht kann man sich irren. Beim Schärfen stellte ich eine Hauptfase von etwa 20° fest, eine Mikrofase, die eigentlich keine mehr war, erhöhte diesen Wert nochmal, wahrscheinlich auf 25°. Das Eisen war schnell zubereitet, die Spiegelseite war eh schon in einem guten, sprich planen Zustand. Dann ging ich gleich zum Einstellen über. Schaut euch zuerst das nächste Foto an:



Das Eisen wird geklemmt von zwei Mitnehmern (oder wie die auch immer heißen, diese Klemmvorrichtungen) und die sind ziemlich hinterhältig. Die Kontaktflächen zwischen Eisen und Mitnehmern müssen rau sein, d.h. so wie geliefert funktioniert das eher schlecht. Die schönen Messingschrauben müssen allerhand fest zugezogen werden. Sonst rutscht das Eisen auf einer Seite nach ein paar Zügen zurück und dann fängt's wieder von vorne an, das mit dem Einstellen. Diese schönen Stücke lassen sich aber nicht gut anfassen, denn die gerade Hobelsohlenkante liegt jetzt oben, nah an ebendiesen Messingschrauben. Anschließend hab ich das Sohlenstück eingestellt, die runde Seite unten. Viel Hin und Her hat's gekostet bis ich einen Span abheben konnte. Das Resultat seht ihr hier:



Nun Dieters Skepsis hat sich bewahrheitet. Der Schabhobel rattert bei Rundungen. Die Oberfläche ist annehmbar nach ein bisschen Einübung aber noch nicht wie gehobelt ;-) Gerade Kanten hobeln sich leicht und sicher, der Schabhobel arbeitet dort einwandfrei. Nur die Rundungen. Das Rattern schreit nach einem längeren Sohlenstückchen vorne. Das werd ich auch noch basteln und melde mich nochmal zurück. Wär doch gelacht :-)

Gruß,

Marc



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
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Re: Die Radiusgeschichte

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Leute,

Ich hab mal eben aus einem Alu-Winkel-Profil einen neuen, breiteren Anschlag gesägt, gebohrt und gefeilt. Die Rundung ist etwas stärker als der Radius erfordert, bleibt hinter dem Original aber weit zurück. Die gute Nachricht, es gibt kein Rattern mehr.



Und dann kommt's. Es kann nicht funktionieren, weil der Schabhobel irgendwann hinten auf dem Werkstück aufsetzt. Nur am Anfang und am Ende des Kreisbogens erfasst der Hobel das Holz. Wählt man eine engere Rundung, rattert der Hobel, weil die Auflagefläche zu kurz ist. Da ist guter Rat teuer...



Gruß,

Marc



Alexander Tausch
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Re: Die Radiusgeschichte

Beitrag von Alexander Tausch »


Hallo Marc,

sehr interessant, was Du da versuchst. Ich habe auch den Flachwinkel-Schabhobel, mich aber noch nicht an so engen Radien versucht.

Zu Deinem Sohlenstück: wenn Du es so feilst, dass es bei gleichbleibendem Radius den Kontakt der Schneide mit dem Holz ermöglicht, müsste es doch gehen? Also wenn alle Punkte des Sohlenradius, die Schneide und auch das "hintere Ende" auf einem Radius liegen? Ist aber wohl recht theoretisch, weiß nicht ob man das so hinbekommt ... vielleicht ist die Bauform ja auch wirklich nicht so toll für Radien.

Wie auch immer, halt uns bitte auf dem Laufenden falls sich noch etwas Neues ergibt - ich lese mit Interesse mit.

Gruß Alex



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Ich hab's :-) *MIT BILD*

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Leute, insbesondere Alexander,

Danke für den Gedankenanstoß! Ich hab das Sohlenstück noch einmal nachgearbeitet. Ihr seht's auf dem Bild, die Rundung ist stärker. Dann hab ich die Maulöffnung deutlich vergrößert und mit ein wenig Technik beim Arbeiten gute Fortschritte erzielt. Die Rundung wird eben, kein Rattern im Schabhobel und keine Marken auf dem Hirnholz. Ich fange mit einer der beiden Kanten an, setze den Schabhobel ähnlich wie beim Anfasen leicht schräg an. Jeder weiterer Zug wird flacher und bringt mich näher zur Mitte. Entsprechen schnell folgt die andere Seite und es bleibt ein Reststück in der Mitte stehen, das ich mit zwei, drei Zügen sauber einebnen kann.

Das Foto zeigt, dass der Hobel hinten mit dem Eisen jetzt nicht mehr aufstößt.

Gruß,

Marc



Pedder
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Heureka

Beitrag von Pedder »


Hallo Marc,

Du bist ja echt hartnäckig. Bei den ganzen Erfindungen, wann geht denn endlich die Serienproduktion los?

Aber auch so muss der Hobel doch seine Grenze haben, oder? Wie klein wird Dein Radius minimal?

Liebe Grüße
Pedder

PS1: Es waren im Endeffekt übrigens grade einmal 2,60 EUR :-(
PS2: Auf der lauten Seite hat sich jemand nach Erfahrungen mit Deiner Höllenmaschine erkundigt, allerdings in einem neuen Thread.



Marc Waldbillig
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Re: Heureka

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Pedder,

Das Sohlenstück ist dem Radius von etwa 8 cm angepasst. Viel drunter wird's nicht mehr gehen, drüber kein Problem.

Wieso, wann geht es los? Es ging doch schon los ;-)))

Gruß,

Marc

p.s. Tut mir leid, bei mir war's entscheidend mehr

p.p.s. Hab ich gesehen, ich glaub nicht, dass der weiteres wissen will ;-)


Alexander Tausch
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Klasse Marc ...

Beitrag von Alexander Tausch »

[In Antwort auf #117951]
... Du lässt wirklich nicht locker. Hattest Du in dieser Konfiguration noch Probleme mit einem verrutschenden Eisen? Wie schon angedeutet war das bislang bei mir kein Problem, was aber nichts heißen muss. Ich habe bislang auch hauptsächlich weichere Hölzer damit bearbeitet.
Wo steckt denn eigentlich Friedrich, der mit seinem Möbel diese ganze Sache ja erst ins Rollen gebracht hat?

Gruß aus Hamburg,
Alexander



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Klasse Marc ...

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Alexander,

Ja, die Probleme hab ich noch. In der Anleitung wird empfohlen, jegliches Fett und Öl abzuwaschen und die Kontakflächen mit 60er oder 80er Papier aufzurauen. Das will ich noch machen. Bislang hat's aber gereicht, die Messingmuttern ordentlich zuzudrehen. Ideal ist auch meine Materialauswahl nicht. Aluminium ist wirklich sehr weich. Ich werde irgendwann auf Härteres umsteigen müssen.

Gruß,

Marc



Friedrich Kollenrott
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Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Hier isser!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Marc,

mein großes Kompliment. Da fragt man sich:
Hättst Du nicht doch was ordentliches werden können? :-))
Ich selbst hatte nicht mehr den Nerv, in der Sache weiter was zu untersuchen (das Problem liegt ja aktuell nicht an bei mir) und jetz hast Du es erfolgreich gemacht.

Heißt das also: Der Flachwinkel- Schabhobel lässt sich zu einem sauberen, ratterfreíen Arbeiten auch bei konvexen Bögen auf hartem Hirnolz tunen? Das wär doch mal eine Ausssage, mit der man was anfangen kann!

Ich bedanke mich sehr bei Dir.

Friedrich



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