Hobelbankbau - Fragen und Baudoku

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Rolf Richard
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Re: Bankasymmetrie? - heutzutage unnötig! :-)

Beitrag von Rolf Richard »


Hallo,

ich habe an meiner selbstgebauten Bank eine Vertias Twin Vise verbaut. Wenn ich so drüber nachdenke habe ich die Hinterzange bisher überwiegend wie eine tradionelle Hinterzange benutzt. Lediglich zum Spannen eines Korpus war die Twin Vise durchaus hilfreich.

Rolf muss ich aber recht geben, das der Überstand bei den Bänken mit Hinterzange nicht schön aussieht. Dieser optische Makel sagt natürlich nichts über die Funktion aus und wie heißt es so schön form follows function.

Bernhard, mit einer Twin Vise ist man aber auch recht nahe an dem Gestellbein, so dass die Kräfte beim Arbeiten direkt nach unten abgetragen werden können. Bisher habe ich nur an selbstgebauten Bänken die Twin Vise gesehen und bei selbst gebauten Bänken sind die Platte und das Gestellt sicherlich eher zu massiv als zu zierlich ausgelegt, so dass da nicht viel schwingt oder nachgibt. Als Vorteil für die Twin Vise spricht dann wohl noch die etwas einfachere Montage, die tradionelle Hinterzangenführung ist sicher nicht für ein Anfängerprojekt geeignet.

Ich denke man kommt mit beiden Modellen gut zum Ziel, ein richtig und falsch sehe ich hier nicht.

Viele Grüße
Christoph


Hallo Christoph,

zu Deinen Ausführungen praktisch 100% Zustimmung!

Ein klein wenig möchte ich mit der Beitragsüberschrift schon sticheln. Soll nicht böse gemeint sein, aber vielleicht zum Nachdenken anregen. Manche Dinge bekommen ernsthafte Konkurrenz wenn sie älter werden.

Überhaupt habe ich bis heute noch nichts am Twin Vise entdeckt, das - wohlgemerkt nach meiner bescheidenen Kenntnis - nicht gut mit einer traditionellen Hinterzange mithalten könnte. Die Backenhöhe beträgt 180 mm, die horizontale Spanntiefe entsprechend einer traditionellen Hinterzange 170 mm. Maulöffnung bis über 300 mm. Die aufbringbaren Drücke könnten aufgrund der zwei Spindeln insgesamt sogar grösser sein, beidhändige Bedienung hilft dabei sicher. Richtig ist aber auch, dass der Druck etwas seitwärts einer Bankhakenreihe aufgebaut wird - bei Nutzung von mehr als einer Reihe kompensiert sich das wieder. Andererseits will man sicher spannen und das Holz nicht beschädigen. Da hat Spanndruck irgendwo seine Grenzen.

Der Abstand von der Druckseite der festen Backe des Twin Vise, die ja identisch mit der Plattenkkante ist, beträgt bei meiner Bank mal gerade 11 cm. Da die äusseren 5 cm der Platte - die Hirnleiste - wegen des Twin Vises eine Stärke von 180 mm aufweisen, kann man hier auch ziemlich rohe Kräfte walten lassen.

Was eine traditionelle Hinterzange nicht kann ist ein relativ breites Brett auf voller Breite senkrecht einzuspannen. Meine Zange erlaubt bis zu 510 mm. (400mm hatte ich schon drin.) Wichtiger ist mir die Mehrreihigkeit der Spannelemente und gebrauchen konnte ich es schon gut, wenngleich natürlich nicht sehr oft. (Das ist wie mit der Skidurchreiche im Pkw - selten benutzt, aber hilfreich, wenns sein muss.) Da wäre dann zwei schmalere Hinterzangen - ähnlich einer Vorderzange - an beiden Seiten der Bankkante angebracht - noch vorteilhafter, aber eben auch schwerer zu bedienen, weil nicht synchronisiert.

Was mir auch gefällt ist der mit der Frontschürze und ihren Hakenlöchern korrespondierend Bankhaken. Gefallen bedeutet allerdings nicht, dass es einen hohen Nutzungsgrad hätte (bei mir). Diese Ausführung findet man aber auch (seltener) bei traditionellen Hinterzangen. Laguna hat sowas und Harold Foss' sehr massive Bank ebenfalls.

Vielleicht nur ein Gimmick, aber eventuell doch hilfreich: Den Twin Vise kann man in geringem Umfang schräg stellen um ein schräg zulaufendes Werkstück besser zu klemmen. Also sozusagen ein gewolltes Wracking (wei bezeichnet man das eigentlich auf Deutsch: Verkanten?) Bis zu 15 mm sind möglich, was auf den 170mm Einspanntiefe horizontal immerhin eine Konizität um ca. 3mm bedeutet. Das Zurückstellen auf den parallelen Modus geschieht quasi automatisch.

Nur so nebenbei: Ich glaube, das die Anforderungen beim Einbau des Twin Vises leicht zu unterschätzen sind. Nur als Beispiel: Für einen leichtgängigen Lauf müssen beide Spindeln absolut parallel ausgerichtet sein und das gleichzeitig horizontal wie vertikal, das Ausrichten der Druckplatten zu den Spindelmuttern ist nicht trivial. Die Mühe wird durch das Ergebnis aber sicher gerechtfertigt.

Gruss

Rolf

Bernhard
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Hinterzange *MIT BILD*

Beitrag von Bernhard »


Hallo Rolf,

fädelst Du wirklich so breite Brette, die dann in der Regel auch relativ hoch sind, in Deine Twin-Vise ein? Die nötige Deckenhöche hast Du ja, aber ich stelle mir das sehr kompliziert vor.
Ich bin nach einigem Überlegen auf beiliegende Lösung gekommen. Da ist mir die Breite wirklich egal. Hier wird ein 145 X 45 cm Brett zum Zinken eingespannt. Die Fußbank davor benutze ich zum besseren Sägen. (Sollte der Zwingengriff stören, setzt man ihn auf der anderen Seite an)
Weiterer Vorteil:
- Ich kann bequem von vorne arbeiten
- Die Säge und andere Werkzeuge kann ich prima rechts auf der Bank ablegen.

Diese Arbeitsstellung an einer Twin-Vise Hinterzange benötigt mehr Platz (als ich hätte) und ausserdem müsste man die Werkzeuge um das Werkstück herum auf die Hobelbank ablegen.

Mich würden einmal Arbeitsfotos Deiner Werkbank interessieren, vielleicht übersehe ich etwas.

Viele Grüße
Bernhard

Bernhard
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Hinterzange *MIT BILD*

Beitrag von Bernhard »


Hier noch ein für mich typischen "Einsatzfoto" einer klassischen deutschen Hinterzange. Ein Brett wird auf einer Unterlage aus Eiche gezinkt und dabei mit einer Zwinge bei geöffneter deutscher Hinterzange gesichert. Optimal sind rechtes Vorderbein, der 10 cm starke Teil der Bankhakenleiste und das stabile Unterlegbrett gekoppelt. Da
Vorteilhaft ist das Arbeiten vor der Bank und man kann die benötigten Werkzeuge bequem und übersichtlich ablegen.

Bei der Twin-Vise würde man wieder rechts der Bank sitzen (hoher Platzbedarf) oder wenn man von vorne stemmen würde, müsste das Werkzeug links vom Werkstück oder hinter dem Werkstück abgelegt werden.

Deshalb passen traditionelle Arbeitsweise und die dazugehörige traditionelle Bank zusammen.

Auch hier würden mich Arbeitsfotos dieser Arbeitsschritts an einer Twin-Vise interessieren. Mir sind noch keine zu Gesicht gekommen.

Grüße
Bernhard

Pedder
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Twin Vise als Vorderzange?

Beitrag von Pedder »


Hallo Bernhard,

bei den meisten Bänken, die ich gesehen habe, ist die Twinvise die Vorderzange und wird an der langen Seite der Bank montiert. Oft werden auch freistehende Bänke propagiert. Obwohl ich mir den Platz schaffen könnte (Ich rolle bei jedem Werkstattbesuch 6 Paletten (Bandsäge, Kinderhobelbank, Kartonlager, Lager 2 und zwei Möbel) aus der Werkstatt) möchte ich nicht jedes mal, wen ich auf die andere Seite der Werkstatt will, um die Hobelbank herum müssen.

Liebe Grüße
Pedder

Bernhard
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Re: Twin Vise als Vorderzange?

Beitrag von Bernhard »


Hallo Pedder,

eine freistehende Hobelbank wäre auch mein Traum. Für den Bau des Esstischs mußte ich meine Hobelbank 15 cm nach vorne bewegen, da merkt man gleich, dass man alt wird. In der neuen FWW sind 3 Werkstätten beschrieben. Die von Christian Becksvoort könnte mir auch gefallen trotzdem er die "Sparhobelbank" von LN mit den Rundlöchern hat. Interessant finde ich seine tiefergelegte Beilade.

Technisch gesehen macht die Twin-Vise als Vorderzange am meisten Sinn. Da ich mir aber meine Hobelbank nicht mit einer Blechkappe verunstalten möchte, würde ich da die massiven Führungen von Dieter, die auch eine Kettenführung haben, vorziehen.

Das immer wieder genannte Argument, man kann breitere Bretter in die Vorderzange spannen, zieht meiner Meinung nach nicht. Breite Bretter sind in der Regel auch höher und da werden viele an der Raumhöhe scheitern. Die Korpuszwinge ist der einfachere Weg, den selbst bei genügend Raumhöhe macht das Einfädeln keinen Spaß.

Viele Grüße
Bernhard

Rolf Richard
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Re: Twin Vise als Vorderzange?

Beitrag von Rolf Richard »


Da ich mir aber meine Hobelbank nicht mit einer Blechkappe verunstalten möchte,


Schönes Vorurteil!

Der dreiteilige Kettenschutz ist aus hochwertigem Aluminium-Druckguss!

Gruss

Rolf

Bernhard
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Entschuldigung

Beitrag von Bernhard »


habe ich überlesen!

Trotzdem rettet das nicht die Optik. Eleganter und wertiger sind in meinen Augen die eingelassenen Zangen. Bei der Holzbearbeitung sollte so viel Metall wie nötig und so wenig wie möglich vorhanden sein. Deshalb bin ich auch ein großer Befürworter von Holzbankhaken.

Grüße
Bernhard

Rolf Richard
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Re: Entschuldigung

Beitrag von Rolf Richard »


Es gibt Dogmen, dagegen ist kein Argument gewachsen.

Im Zweifelsfall ziehe ich jedenfalls die Arbeitssicherheit und damit die recht edel aussehenden Kappen vor.

Bei Holzbankhaken können wir uns wieder treffen. Da besitze ich auch eine Anzahl davon,- die sind ja bei runden Bankhaken in weniger als 2 Minuten hergestellt - aber bestimmt nicht wegen der Optik, sondern wegen des Werkstückschutzes.

Gruss

Rolf

Bernhard
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Dogmen

Beitrag von Bernhard »


Lieber Rolf,

mir ging es lediglich um die sachliche Begründung, warum der Überstand bei einer klassischen Hobelbank sinnvoll ist und warum eine Twin-Vise, weder vorne noch hinten, für mich eine Arbeitsverbesserung darstellt. Meine Aussagen habe ich mit Beispielen belegt und versucht, mit Bildern zu verdeutlichen. Weiterhin habe ich darum gebeten, mir entsprechende Vorteile einer Twin-Vise zu schildern. Anscheinend gelingt Dir das nicht in sachlicher Form, ansonsten kann ich mir Deinen "Ausflug" zu den Dogmen nicht erklären.

Ich kann auch durchaus nachvollziehen, dass Du mit Recht sehr stolz auf Deine Hobelbank mit der Twin-Vise bist und wenn Du damit zurecht kommst, prima. Vielleicht arbeitest Du ganz anders als ich und hast Vorteile bei der Spannvorrichtung, die ich nicht erkenne. Deshalb habe ich um Arbeitsbeispiele gebeten, die ich mir sehr gerne anschauen würde.
Ich und auch andere fanden Deine Aussage sachlich falsch, dass der Überhang in der heutigen Zeit auch bei einer klassischen Bank nicht mehr sein muss. Das wollte ich klarstellen.

Da das Thema Dich offensichtlich sehr reizt, möchte ich mich für den Begriff "verunstalten" in bezug auf die Abdeckkappe der Twin-Vise in aller Form entschuldigen. Der Begriff war nachlässig gewählt und das war schlecht von mir.

Zum Thema Arbeitssicherheit darf ich noch anmerken, dass die Ketten der von mir genannten Zangen im Holz laufen.

Damit ist dieses Thema für mich beendet.

Grüße
Bernhard



Tom_70

Re: Bankasymmetrie & Hinterzange

Beitrag von Tom_70 »

[In Antwort auf #136036]
Hallo zusammen,

ich möchte mich gerne zum Thema "Bankasymmetrie" & Hinterzange vs. Twin Vise einbringen.

In meinen Augen macht die Asymetrie in zweierlei Hinsicht Sinn.
- zum einen kann dann das Gestell kürzer ausfallen - das trägt der Stabilität der Bankplatten-Mitte bei.
Irgendwann "kippt" es, wenn die Gestellbeine zu weit auseinander sind, schwingt die Plattenmitte. Wann, hängt natürlich vom verwendeten Holz und der Plattenstärke ab. Und eben dieses Risiko besteht, wenn bei einer 2,2 m langen Bank die Gestellbeine bis an die äußeren Kanten gezogen werden - bei einer Twin Vise als Ersatz für eine Hinterzange.

- zum anderen kann dann eine klassische Hinterzange angebracht werden.
Eine Twin Vise kann in meinen Augen nicht die Aufgaben übernehmen, die eine Hinterzange übernimmt. Bernhard hat hierzu schon sehr gute & praktische Argumente geliefert. Ich stelle mir hier die Frage, welche Kräfte auf eine nur einseitig, recht stark beanspruchte & lange Twin Vise wirken, wenn auf Höhe der Bank Vorderseite etwas mit hoher Kraft (einseitig) gespannt wird. "Gefühlt" denke ich, dass das der Twin Vise auf Dauer nicht gut tut.

Die Twin Vise macht - für mich - am meisten in der Form der Vorderzange Sinn. Dort kann der große Vorteil - der große Abstand zwischen den Spindeln - am besten ausgespielt werden. Wenn man denn den großen Abstand braucht (was nicht bei jedem der Fall ist). Persönlich gefällt mir der Deckel, unter dem der Kettenantrieb läuft bei der Veritas Twin Vise auch nicht. Das ist aber wie so vieles im Leben - Geschmackssache.

Dir noch viel Spaß beim Bau Deiner Hobelbank!

Herzliche Grüße

Tom

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