Seite 2 von 4
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 10:05
von Wolfgang Kueter
Hi Wolfgang,
19er Bohrer und die Bank ist rundgelocht, noch ehe einer Bankhakenformproundkontrastreitgespraech sagen kann. Oder liege ich da falsch?
Eindeutig ja, schon das Anzeichnen der Positionen für die Löcher und Einspannen des 19er Bohrers dauert länger. Und wenn man noch 5 Minuten für die Suche nach dem Bohrer dazurechnet, weil der Bohrer natürlich wieder mal nicht an dem Platz ist, wo er sein sollte. :-) Außdem braucht man idealerweise eine Vorrichtung, um senkrecht und an den richtigen Stellen zu bohren. Egal, ich will hier kein Bankhakenformproundkontrastreitgespraech führen.
Der Selbstbau einer Hobelbank ist je nach gewählter Konstruktion, verfügbarer Zeit und vorhandenen Werkzeuge/Maschinen ein Projekt für Tage, Wochen, Monate oder Jahre. Natürlich ist die Identifikation und emotionale Bindung an eine selbstgebaute Bank hoch, man erinnert sich noch nach Jahren an die Erlebnisse beim Bau. Das sind alles Faktoren, die man beim Selbstbau von jeglicher Ausrüstung für die Werkstatt nicht unterschätzen darf. Wenn man eine ordentliche gebrauchte Bank kauft, hat man gegenüber dem Selbstbau für weniger Geld und innerhalb sehr viel kürzerer Zeit eine gute Grundlage zum Arbeiten. Wer unbedingt erst Bäume anpflanzen will, um sie dann irgendwann selbst zu fällen, mit der Hand über der Sägegrube aufzutrennen, das Holz an der Luft zu trocknen, von Hand abzurichten und daraus dann eine Hobelbank zu bauen, muss halt vom Sämling zur Bank 80 Jahre oder mehr warten. Dagegen spricht nur, dass die Bank dann wohl erst von Ur-Enkeln gebaut und benutzt werden kann. :-) :-)
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 16:22
von Rolf Richard
[
In Antwort auf #135985]
da Rolf gerade den Überhang von europ. Hobelbänken ansprach, der Grund für diesen Überhang ist die deutsche Hinterzange, heute mit modernem Linearbeschlag.
Naja, der unschöne Überhang muss auch bei einer deutschen Hinterzange nicht sein, wenn das Gestell richtig ausgelegt wird. Ein schönes Beispiel für eine zweckentsprechende Konstruktion findet man im Buch von Lon Schleining. Es ist die Bank von Harold Foss, der trotz Tail Vise das Gestell auch bis nahe an das rechte Ende der Bankplatte ausgedehnt hat.
Als die Konstruktion meiner Bank entstand und nicht klar war, ob der Veritas Twin Screw Vise zu bekommen war - der Hausherr führte ihn damals noch nicht - , da hatte ich mir auch eine Variante mit normaler Hinterzange überlegt, die trotzdem so ein breites Gestell gehabt hätte wie die dann gebaute Bank.
Zum Thema Selbstbau oder nicht gibts noch einen Aspekt, den man nicht so ganz ausser Acht lassen sollte: Die Erfahrungen, die man beim Bau sammelt, wird man mit einer gebrauchten Bank kaum bekommen. Deswegen wäre mein Rat immer: Versuchs!
Gruss
Rolf
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 18:03
von Dietrich
Hallo Rolf,
die Bezeichnung unschön trifft hier im Fall aber nur Deine Sichtweise.
Technisch bedeutet der Überhang nämlich nicht den geringsten Mangel, richtige Ausführung voraus gesetzt.
Denn rund 700mm Überhang 2er hochkant stehenden 61x138mm Buchenhölzer stellen kein Problem dar.
Langes schmales Gestell, hätte in meinem Fall mehr als 230mm schmaleres Bankgestell bedeutet, außerdem
die gesamte Bankhakenleiste hätte in der "Luft" gehangen, nein das wäre eine kippelige Bank geworden, zumal über 900
mm hoch.
Auch bei der Hobelbank führen viele Wege zum Ziel.
Gruß Dietrich
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 18:44
von Rolf Richard
Hallo Dietrich,
es ist schon richtig - viele Wege sind möglich und das Unschöne ist wirklich meine Sichtweise, für die es aber durchaus handfeste technische Gründe gibt. Das Ästhetische ist dabei schon fast zweitrangig.
Trotz allem denke ich, dass es einfache Lösungen gibt, das Gestell nur wenig in der Breite einzuschränken und die Bankhakenleiste trotzdem bis ans Maul der Hinterzange stabil zu unterstützen, falls man dass braucht. Was spräche beispielsweise dagegen, links vom Maul ein 5. Bein anzusetzen (hat ein Shoulder Vise ja zumeist auch)? Aber auch ohne das 5. Bein würde das Gestell maximal um die Breite des beweglichen Teils der Zange schmäler. Wieviel ist das? Doch sicher nicht mehr als 10 cm.
Gruss
Rolf
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 19:04
von Guido Hüttemann
[
In Antwort auf #135978]
Hallo zusammen,
zunächst möchte ich mich für die umfangreichen Rückmeldungen bedanken. Das Thema Hobelbankbau scheint immer wieder eine große Anzahl Nutzer zu mobilisieren.
Im einzelnen:
@Bert: Kontakt via Mail aufgenommen - vielen Dank.
@Rolf und Dietrich: Eure Bauberichte sind natürlich bereits bekannt.
@Haudrauf und Schrank: Angedacht wäre natürlich ein entsprechender Abstand zur Platte. Viel Schrank bleibt dann aber wohl auch nicht mehr.
@Nikolaus: Danke für den Link zu deinem Bericht. Beheizt ist die Werkstatt nicht. Eine Legwise mit Pin (Oder Linearführung)und einer einfachen Spindel ist somit eher meine Wahl. Nich tzuletzt auch aufgrund der enormen Kosten der Veritas Twin Vise.
@Gebrauchtkauf: Grundsätzlich eine Option. Mir geht es aber durchaus auch um den Spaß beim Bauen und somit ist diese direkt wieder vom Tisch:).
@Holzwahl: Argument von pedder erscheint einleuchtend. Buche ist zudem günstiger. Leider habe ich vor einigen Monaten nicht zugeschlagen. Da bestand die Option eine einfachere Qualität von Privat zu erwerben für 300/cbm.
Abmessungen:
Mein Kellerraum ist leider relativ klein. Hinzu kommt, dass er auch immer noch in Teilen Abstellraum ist und die entsprechenden Regale einiges an Raum auffressen. Ich überlege derzeit, wie ich dort was umlagern kann, kämpfe dabei aber etwas mit baulichen Begebenheiten und meiner Körpergröße (im Keller laufen nicht zu verlegende Rohre unter der Decke). Die Bank muss ohnehin direkt an die Wand, eine extrem tiefe Platte ist somit unsinnig. Ich tendiere derzeit wieder zu einer schmalen Platte. Leider ist so eine Teilung der Platte und der Einbau entsprechender Kästen (siehe 21st Century Bench) nur wenig sinnvoll. An dieser Idee gefällt mir besonders gut, dass man zwischen den beiden Plattenteilen Zwingen durchbringen kann und so gegen die Bank spannen kann.
Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku *MIT BILD*
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 21:51
von Dietrich
Hallo Rolf,
in diesem Fall kommt die Breite der Hinterzange mit gut 170mm zur 61mm breiten Plattenunterfütterung auf die Stärke der 138mm hohen Umrandung zum Tragen.
Der Untergestell-Rücksprung im Bereich der Hinterzange betrüge so mehr als 231mm, bei einer 700 mm tiefen Bankplatte mit Beilade und sehr schwerem Vorderteil ergibt sich ein gewisses Mißverhältnis...
Gruß Dietrich
Die Hinterzangen mit einem Stirnmaß von 160x170mm (es waren sogar etwas mehr als 170):

Re: Hobelbankbau - Fragen und Baudoku
Verfasst: Mi 23. Okt 2013, 22:59
von Joerg Bullmann
[
In Antwort auf #135989]
Hi Wolfgang,
Außdem braucht man idealerweise eine Vorrichtung, um senkrecht und an den richtigen Stellen zu bohren.
Da hast Du natuerlich voellig recht.
Egal, ich will hier kein Bankhakenformproundkontrastreitgespraech führen.
Prima. Einigkeit kann so schoen sein. :-)
Eigentlich hatte ich ja mit meinem Beitrag auch nur sagen wollen, dass man in eine gebrauchte Hobelbank, die selbst keine Rundloecher mitbringt sehr wohl mit vertretbarem Aufwand welche bohren kann, dass also das Fehlen von Rundloechern in einer akzeptabel erhaltenen Gebrauchten fuer mich persoenlich kein ausreichendes Argument fuer den kompletten Selbstbau einer Bank waere.
Ich selbst habe weder eine Gebrauchte, noch eine Neue, noch eine Selbstgebaute. Bin aber dabei und wenn es tatsaechlich was zu sehen geben sollte, werde ich es auch bestimmt hier posten.
Schoene Gruesse
Joerg
Übersprung auf rechten Seite - Natürlich ja!
Verfasst: Do 24. Okt 2013, 17:30
von Bernhard
Hallo Dietrich,
da zeigst Du aber ein imposantes Bild einer fachgerecht gearbeiteten Hinterzange. In meinen Augen und auch in den Augen vieler Experten ist der fachgerechte Einbau einer klassischen Hinterzange die Königsdisziplin beim Hobelbankbau. Das kann nicht jeder. Die massive Führung garantiert jahrelange zuverlässige Nutzung. Sind die schönen Späne mit einem Clifton produziert worden?
Zu der Frage Überstand ja oder nein bei einer deutschen Hinterzange kann es nur eine Antwort geben und die ist ja! Einige Begründungen hast Du schon genannt und ich möchte noch zufügen:
1.) Stemmen:
Bei den klassischen Hobelbänken ist in der Regel über dem rechten Bein gestemmt worden. Das mindert die Vibration und ist deutlich angenehmer als "in der Luft" zu stemmen. Bei Bedarf konnte das Werkstück dan bequem in der Hinterzange gespannt werden. Natürlich war dann darauf zu achten, dass nicht auf der Hinterzange, sondern über dem Bein gestemmt wurde.
Vorteilhaft ist dann auch die Ablagefläche auf der rechten Seite der Hobelbank für Stechbeitel, Säge u. ä.. Das hat man bei der Twin-Vise am Ende der Bank nicht. Da muß der Rechtshänder übergreifen, weil die Ablagefläche links ist.
2.) Längsauftrennungen mit der Handsäge:
Diese werden auch gerne in der Hinterzange gemacht. Dabei treten enorme Kräfte auf und da ist es vorteilhaft, wenn die Beinverstrebung (vielleicht mit einer Kreuzverstrebung) in "der Nähe" ist und die Kräfte auffängt.
Aussehen hin oder her, man erkennt, die "Altvorderen" wussten schon genau, was sie gemacht haben. Übrigens, Schubladen sind selten höher als 20 cm und die bekomme ich problemlos in der Vorderzange gesägt. Allerdings habe ich auch schon Korpusteile von 60 cm gezinkt, dann nimmt man eben eine Korpuszwinge zur Hilfe und man kann bequem von vorne arbeiten und muß sich nicht an die kürzere rechte Seite quetschen.
Ulmia hat gegen Ende Ihrer Selbständigkeit den traditionellen Weg verlassen und breitere und schmalere Gestelle verbaut. Ich nenne das höflich ausgedrückt "Kostenoptimierung". Dazu kamen die runden Bankhaken.
Die Vorteile einer klassischen Hobelbank erschließen sich in erster Linie demjenigen, der viel mit Handwerkzeugen arbeitet. Ich habe auch Schwingen verstärkt und Kreuze zur Stabilisierung eingebaut. Seitdem steht meine Bank wie eine 1.
Diejenigen, die in erster Linie mit Maschinen arbeiten, sind in meinen Augen besser mit einem MFT oder Selbstbau a la Guido aufgehoben.
Wenn jemand andere Bedürfnisse und Arbeitstechniken hat, können Bänke, die von der klassischen Form abweichen, besser geeignet sein. Ich denke da in erster Linie an Sam Maloof.
Viele Grüße
Bernhard
Re: Übersprung auf rechten Seite - Natürlich ja!
Verfasst: Do 24. Okt 2013, 18:12
von Christoph Meyer
Hallo,
ich habe an meiner selbstgebauten Bank eine Vertias Twin Vise verbaut. Wenn ich so drüber nachdenke habe ich die Hinterzange bisher überwiegend wie eine tradionelle Hinterzange benutzt. Lediglich zum Spannen eines Korpus war die Twin Vise durchaus hilfreich.
Rolf muss ich aber recht geben, das der Überstand bei den Bänken mit Hinterzange nicht schön aussieht. Dieser optische Makel sagt natürlich nichts über die Funktion aus und wie heißt es so schön form follows function.
Bernhard, mit einer Twin Vise ist man aber auch recht nahe an dem Gestellbein, so dass die Kräfte beim Arbeiten direkt nach unten abgetragen werden können. Bisher habe ich nur an selbstgebauten Bänken die Twin Vise gesehen und bei selbst gebauten Bänken sind die Platte und das Gestellt sicherlich eher zu massiv als zu zierlich ausgelegt, so dass da nicht viel schwingt oder nachgibt. Als Vorteil für die Twin Vise spricht dann wohl noch die etwas einfachere Montage, die tradionelle Hinterzangenführung ist sicher nicht für ein Anfängerprojekt geeignet.
Ich denke man kommt mit beiden Modellen gut zum Ziel, ein richtig und falsch sehe ich hier nicht.
Viele Grüße
Christoph
Re: Übersprung auf rechten Seite - Natürlich ja!
Verfasst: Sa 26. Okt 2013, 13:38
von Dietrich
Hallo Bernhard,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag zur deutschen Hinterzange!
Wobei Auftrennen mit der Spannsäge bei mir eher nicht vorkommt.
Die Späne in der Beilade, zu diesem frühen Zeitraum stammten von der ECE Raubank, später nachdem die Bank an ihrem Platz stand und mich die Problemstellen mit Ausrissen störten, hattest Du mir diesen wunderbaren Clifton Nr 7 überlassen, mit dem die Bankplatte endlich gelang.
Das war schon eine Offenbarung mit diesem Hobel zu arbeiten, danke!
Gruß Dietrich