Nachtischlampe nach jap. Vorbild *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Siegrist Michel
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Nachtischlampe nach jap. Vorbild *MIT BILD*

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo Holzgemeinde,

da einmal das Verlangen nach Objektvorstellungen und Fotos geäussert wurde, hab ich gedacht es wäre an der Zeit nun wieder einmal etwas von mir zu präsentieren.

Ein Video über das schärfen auf Wassersteinen zeigt im Vorspann Ausschnitte von diverse japanische “Kunstwerken“ darunter auch eine Laterne, an dieser fand ich sogleich grossen Gefallen und setzte mich sogleich hinter mein Skizzenbuch und änderte, verkleinerte und proportionierte die Leuchte nach meinem Geschmack.

Es war kein leichtes, die Proportionen wären gut, aber sie ist noch zu gross. Die richtige Grösse wäre erreicht, aber die Proportionen stimmen nicht mehr,...

... Jeder, der schon einmal etwas entworfen hat, kennt diesen Teufelskreis. Schliesslich fand ich nach mehreren Skizzen eine Lösung, diese wurde anschliessend noch rein gezeichnet. (CAD)

Mit den Plänen in der Hand, folgte die Holzauswahl. Da die Möbel in meinem Zimmer aus Buche sind, entschied ich mich für Buche natur (hell). Dies war mir aber zu langweilig, weshalb noch eine andere Farbnuance in mein Projekt sollte – Buche gedämpft. (rötlich)

Jetzt, da ich Pläne und Holzauswahl habe folgte die Holzliste. Bewaffnet mit Holzliste, Kreide und Doppelmeter, rückte ich dem Holzlager meines Arbeitgebers zu Leibe. Nach getroffener Auswahl
Wird gesägt, abgerichtet , gefügt und auf dicke gehobelt. Im meinem Fall maschinell, geht aber auch von Hand, wie wir schon von vielen Forumsteilnehmern gehört, bzw. gelesen haben.

Als erstes fertigte ich den Fuss an.

Dazu längte ich mit einer Kataba einen 110/32er ab, 33cm; 3 Stk. Anschliessend zeichnete ich die Teile zusammen, Leim angeben, zusammenfügen und mit der Hinterzange des Hobelbanks pressen.
Unheimlich, was man damit für einen Druck erzeugen kann. Nach dem abbinden des Leims, glättete ich die Fläche mit einem Kanna. Es war kaum zu glauben was für feine Späne dabei entstanden.
Vor dem letzten Streich wischte ich die Werkstückoberfläche mit einem nassen Tuch ab, damit sich die Poren der Holzfasern fühlen konnten und sich dadurch sauber schneiden lassen. Die Oberfläche hat nun einen Seiden schimmernden Glanz. Der Fuss wird auf Mass gesägt (Kataba längs und Kataba quer) und die Sägeschnitte sauber bestossen und gefast.

Der Ständer fertigte ich aus gedämpftem Buchenholz, er besteht aus zwei stehenden und zwei waagerechten Teilen, welche mit einer Jigoku-hozo-sashi verkeilte Zapfenverbindung, der Ständer und der Fuss wurden mit einer warikusabi durchgestemmter und verkeilter Zapfen verbunden.
Ein bisschen Leim darf bei mir nicht fehlen, denn doppelt genäht halt besser ;-) Auch wenn es teilweise auf den Fotos etwas schräg erscheint, es ist alles rechtwinklig.



Weiter wurde auf der unteren Traverse eine Lampenfassung angebracht, das gute Stück soll ja leuchten.



Auf die Fertigung des Gestells folgte der “Schirm“

Alle Teile sind bereits angerissen, so dass man sie bearbeiten konnte. Der Schirmrand besteht aus 12 Teilen, je 3 verschiedene Sorten.



Die Eckverbindungen wurden als Suberi-hozo-sashi Kreuzblatt mit abgesetztem Zapfen.

Hier die Herstellung der Zapfenlöcher (12/24mm), ich stemmte etwas tiefer als die Mitte.



Ausarbeiten der Kreuzüberblattung, zuerst links und rechts einsägen, mit dem Stemmeisen von einem Sägeschnitt diagonal zum andern auf die richtige Höhe stemmen, anschliessend das übrig gebliebene Dreieck von vorne und hinten mit einem schräg angeschliffenen Stechbeitel (gibt einen ziehenden Schnitt) ausarbeiten und planen. Das Zapfenloch hab ich aus diesem Grund tiefer gestemmt, damit es beim ausarbeiten der Kreuzüberblattung nicht zu ausrissen am Zapfenloch kommt.



Die zweite Serie ist den obengenannten Teilen sehr ähnlich, nur das Zapfenloch fehlt. Die Eckpfosten besitzen auf beiden Seiten einen abgesetzten Zapfen. Diese reisste ich mit einem Keshiki an, einer japanischen Form des Zapfenstreichmasses, nur das dieses mit einem Messer statt einer Nadel ausgestattet ist und somit saubere Linien erzeugen kann, selbst auf Hirnholz oder starken Maserungen. Die Zapfen sägte ich mit einer Dõzuki-Nokogiri mit Nezumi-ba-Zahnung Universal – Verzahnung (sowohl für längs als auch für Querschnitte geeignet). Eine Dõzuki-Nokogiri mit Querverzahnung (1mm) benutzte ich um die Zapfenbrüstung zu sägen. (Dõzuki = Zapfenbrüstung

Anschliessend fertigte ich die Nuten an, in diese danach die Shojipapier – Bespannung kommt. Das war ein bisschen knifflig, da ich keinen Nut oder Falzhobel habe. Der Simshobel war dafür nicht das richtige.

Nun folgte die Probe auf Exempel, sozusagen eine trocken Übung des Zusammenbaus ohne Leim und Verkeilung der Zapfen. Hier stellt sich heraus, wie genau man gearbeitet hat. Es passt fast alles, nur da und dort benötigte es noch ein paar Anpassungen mit dem Oire-Nomi Stemmeisen.

Keile in die Zapfenschlitze und Leim angeben, mit dem weissen Gummihammer (der schwarze hinterlässt so hässliche “Kampfspuren“) zusammenklopfen, alle Winkel prüfen und pressen.
Hier zu wurde in der “Zimmermannstrickkiste“ gewühlt!!! Spannset, Zwingen, Verschwertungen und Zulagen durfte hier nicht fehlen ;-)



Als der Klebstoff abgebunden hat, folgte die Sprossenmontage. Diese sind stumpf mit dem Rahmen verbunden, indem sie ein bisschen länger (~0.5mm) abgesägt wurden und durch Selbstklemmung und Leim halten. Die Sprossen untereinander sind mit einer Go-ten-jyo-gata abgesetztes Blatt auf Gehrung verbunden.



Scherz beiseite, wahrlich eine anmutende Verbindung, aber bei einer Material Dimension von 1/1cm und 1.5/2cm und einer Stückzahl von 12 Verbindungen, wäre dies ein bisschen viel verlangt. Ich sage nicht das es nicht geht, aber...

Statt dessen bevorzugte ich eine Ai-kaki einfache Uberplattung der Sprossen.



Als weitere Herausforderung stellte sich die Shojipapier Bespannung dar. Shoji gami ist ein festes und dennoch gut lichtdurchlässiges Papier, das auch zur Bespanung von Shoji = jap. Schiebetüren verwendet wird, daher auch sein Name. Dieses Papier wird aus der Rinde des Maulbeerbaumes gewonnen. Aufgeklebt wir es mit Reisleim (Stärkeleim) dieser ist sehr ähnlich unserem Fischkleister. Ausserdem lässt er sich gut verarbeiten und bindet gemütlich ab. Ausserdem lässt sich die Verklebung unter Zugabe von Wasser wieder lösen.



Das Shojipapier wird zugeschnitten, gefaltet und zu einem viereckigen Rohr zusammen gefaltet. Ich hab noch ein Bügeleisen zur Hilfe genommen, da sich dieses Papier auf einer Rolle befand wollte es mir nur schwer gehorchen. Also glätten und das Problem ist gelöst ;-)

Als nächstes strich ich auf einer Seite die Sprossen mit Reisleim ein positionierte den zusammen gefalteten Papier - Lampion auf die mit Leim bestrichene Fläche, ein Brettchen in dieser Grösse folgte, Latten darauf und Zwingen montieren. Warten bis der Leim abgebunden hat (30-60min.) Dann folgte die nächste Seiten genau gleich.



Nach beendeter Tat, Leim hat abgebunden, den gesamtem Papierbereich mit einem Wassernebel aus einer Planzenspritze benetzen, nicht ersäufen ;-) und trocknen lassen. Dadurch spannt sich das Shoji- papier.

So zeigt sich das vollbrachte Werk bei Tag



und bei Nacht (Ich wuste garnicht, dass es so schwer sein kann, ein solches Objekt mit einer normalen Digi-Cam zu fotografieren. Es fehlten mir die manuellen Einstellmöglichkeiten. Da sieht man wieder einmal, Automationstechnik ist doch nicht alles!) Die Lampe gibt in Wirklichkeit 3-mal soviel Licht.



Noch ein paar tech. Details:

- Breite 31cm
- Tiefe 31 cm
- Höhe 68 cm
- Gewicht 5.6 Kg
- Leuchtmittel 23 Watt Sparlampe (entspricht einer 125 Watt Lampe)

- Buchenholz natur / gedämpft
- Total 33 Holzteile mit 26 gesammt Verbindungen

Mit freundlichen Grüßen

Michel Siegrist

PS: Für allfällige Internetkosten bin ich nicht zuständig ;-)


Christian Aufreiter
Beiträge: 2209
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Nachtischlampe nach jap. Vorbild

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Michel,

danke für die vielen Fotos und die umfassende Beschreibung! Deine Lampe ist wirklich wunderschön, ein gelungenes Werk!

Herzliche Grüße

Christian

Berthold Cremer
Beiträge: 726
Registriert: Mo 28. Mär 2016, 13:19
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Re: Nachtischlampe nach jap. Vorbild

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Michel!

DANKE für Deine ausführliche Dokumentation.
Hier wird zwar viel über Holzarbeiten geschrieben, aber man bekommt leider nur wenig zu sehen. Deshalb ist Dein Bericht wirklich etwas besonders.
Vor allem ist es schön, daß Du gleich von Beginn mit der Kamera dabei warst.

Bei den Fotos schaue ich natürlich auch immer auf die Werkstatt(einrichtung). Man kann viel interessantes dabei sehen. Zum Beispiel ist mir aufgefallen, daß Deinen Hobelbank keine Beilade hat.

Weiterhin fröhliches werkeln!
Berthold


Thomas Jacobi
Beiträge: 327
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Schoene Arbeit, tolle Dokumentation

Beitrag von Thomas Jacobi »

[In Antwort auf #96604]
Grossartig Michl,

Deine Lampe ist ein edles Teil und die Dokumentation vorbildlich.
Sowas macht richtig Laune, Entstehung von A bis Z.
Bravo

Thomas

Siegrist Michel
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Freut mich

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo zusammen,

es freut mich, dass die Leuchte nicht nur mir, sondern auch Euch gefällt. Die Dokumentation hat ein wenig Zeit in Anspruch genommen, da Sie Euch “schmeckt“, war die Arbeit nicht vergebens.

@ Berthold,

Die beilade fehlt nicht, sie ist recht gross, genaugenommen so gross wie der Fussboden. Scherz beiseite, da der Hobelbank eine Eigenkonstruktion ist, hab ich ihn bewusst weggelassen, da sich dort nur Späne und sonstigen Schnick – Schnack versammeln. Ausserdem kann ich den Platz gut gebrauchen, wenn ich grössere Werkstücke verleime oder beim Zimmerer-Modellbau.

@ Thomas,
nur ein 3-Zeiler??? ;-)

Mit freundlichen Grüßen
Michel


Stefan Picker
Beiträge: 394
Registriert: Di 13. Sep 2016, 09:54

Re: Freut mich

Beitrag von Stefan Picker »


Ich kann mich mit dem Lob nur anchließen!
Sauberes Teil!!!
Das ist ein Beitrag, wie ich ihn schon lange in diesem Forum lesen wollte!
Ich hoffe, dass du uns weiterhin mit solchen Beiträgen erfreust!
Wie gesagt, ein tolles Stück!
Gruß, Stefan
PS: Ich hoffe, dass mein Internetanbieter mir auch bald sagt, wo ich Bilder einstellen kann (Gruß an t-online)!

Thomas Jacobi
Beiträge: 327
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: nur ein Dreizeiler

Beitrag von Thomas Jacobi »


Hallo Michel,

Nicht schmollen, gelle, Du hast ja recht, latuernich, da macht mal einer sich die Muehe nicht allein eine gutgelungene Arbeit vorzustellen sondern sogar den gesamten Werdegang super zu dokumentieren und dann kommt vom Oberstaenkerer gegen die Dreizeilerbeitraege so ein runzliges Haeufchen Lob.

Ich hatte nur ganz kurz und verstohlen reingeschaut zum Kraft und Serenitaet schoepfen bevor ich durchstartete mit dem Baden, Fuettern Bettgeschichte der Kleineren und da war das eben die schnelle Sofortmassnahme. Und ja tatsaechlich war Deine Bildergeschichte inspirierend ich kam wie immer ins traeumen wie bei mir die zukuenftige Werkstatt einmal aussehen wird, die Saegen-Wand und das Hobelregal, ob ich einen Schleiftisch einrichte und eine Hobelbank oder eher meinem (Hobel)-Balken treu bleiben sollte, die Schnitzbank die ich schon seit ewig machen will und nicht weiss wie ich sie den meinen als Prioritaet plausibel machen kann, Traeume halt aber Traeume genaehrt mit Realitaet, dieser grossartigen Ansteckungsenergie wenn ich sowas sehe wie Deine Lampe entstanden ist, und schliesslich sanft und schoen strahlt wie alle Dinge die auf eine gute Art geschaffen werden.
Das war denn nun der zweite Streich zum Dankeschoen und weiter so Michel.
Freundlichst,
Thomas

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Nachtischlampe nach jap. Vorbild

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #96604]
Hallo Michel,
, ob es in Japan wohl Lichttempel gibt. So sieht deine Lampe nämlich aus. Ein japanisch anmutendes Lichttempelchen in deiner Wohnung. Was würde man in westlicher Formen-Sprache dazu: "Stollenbau" ?

Deine sorgfältige Dokumentation dürfte noch vielen eine Hilfe sein.

Was mich noch interssieren würde: Wieviel Licht gibt die Leuchte nun tasächlich ab: Ist es ein schön schummeriges Licht oder ein helles Licht dass den ganzen Raum ausleuchtet.
Viele Grüße, Christof.

Siegrist Michel
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Schummerig oder hell? *MIT BILD*

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo Christof,

mit dieser Lampe kann ich den ganzen Raum ausleuchten, so dass man ohne sich gross anzustrengen ein buch daneben lesen kann. Das faszinierende an der Shojipapierbespannung ist, das das Licht nicht wie bei einer Glühlampe nur in eine Richtung wirkt, sondern es wird durch das Papier gebrochen und es ist im gesammten Raum in etwa gleich hell.

Leuchtmittel ist eine 23Watt Sparlampe. (entspricht 125 Watt) Sparlampe deshalb, diese werden nicht so warm wie die Glühlampen, die Lampe soll nur leuchten, nicht brennen. ;-)

mfg Michel



Siegrist Michel
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: nur ein Dreizeiler

Beitrag von Siegrist Michel »

[In Antwort auf #96617]
Hallo Thomas,

oder soll ich Obelix sagen? Dach`s mir schon, das dir der Wein nicht gut tut ;-)

Ne, im ernst, war ja nur Spass. NATÜRLICH geht die Familie vor, das ist klar.

Ich hoffe, dass du deine Träume verwirklichen kannst, wie das bei mir von Zeit zu Zeit (Lohn zu Lohn) der Fall ist.

Der Meister sprach: "Selbst einer grossen Armee kann man den Führer rauben, aber nicht einmal einem einfachen Mann seinen Willen." Konfuzius

In diesem Sinne

schönen Abend

Michel



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