Projekt und Vorstellung: Mittelalterliche Bank *MIT BILD*

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Gilbert H
Beiträge: 6
Registriert: Do 16. Jan 2014, 08:31

Projekt und Vorstellung: Mittelalterliche Bank *MIT BILD*

Beitrag von Gilbert H »


Einen lieben Gruß in die Holzwerkergemeinde,

nachdem ich hier schon seit sehr sehr langer Zeit (>2 Jahre) mitlese, möchte ich heute mal meinen ersten wenn auch nur bescheidenen Beitrag leisten und mich zuerst einmal ein wenig vorstellen.

Ich bin seit vielen Jahren in der IT-Branche tätig und interessiere mich für alle Themen um das Mittelalter (700- ca. 1450 n.Chr.) In all den Jahren reifte der Plan, für mein Heim einige mittelalterlich "anmutende" selbst Möbelstücke anzufertigen.
Holz als Werkstoff faszinierte mich schon seit früher Kindheit, möglicherweise auch weil mein inwischen längst verstorbener Vater schon seit ich denken kann, kleinere und größere Projekte umsetzte - und last not least ist Holz - zumindest für mich - ein sinnlicher Werkstoff - er ist erfahrbar - ich mag den Geruch, ertaste und erfühle es sehr gerne - es gibt "Feedback" an meine Hände.

Da in der "finsteren Zeit" in der Regel weder Bänke noch Stühle gepolstert waren, wurden auf die Sitzflächen aus Bequemlichkeitsgründen weiche Kissen gelegt.
Für höhergestellte Persönlichkeiten kamen Scherenstühle und natürlich Throne in Betracht. Einfache Leute mussten wohl - wenn überhaupt - mit einer lehnenlosen Bank vorlieb nehmen...

Meistens wurde als Werkstoff Eiche, aber auch Pappel oder Kiefer benutzt.

Vorab möchte ich diese Möbelstücke ohne Klebstoffe, Leime und dergleichern anfertigen. Auf die Verwendung von Metallen (Schrauben und Nägel) möchte ich ebenfalls weitestgehend verzichten, Eine Ausnahme wären vielleicht Beschläge und Scharniere, die ich möglicherweise für eine schöne Truhe einsetzen könnte.
Weiterhin ist es mir sehr wichtig, auch die entsprechenden Techniken zu erlernen respektive zu vertiefen und zu verbessern.

Die dazu nötigen handwerklichen Fertigkeiten wurden meist über Gespräche mit Bekannten, Recherchen in diversen Foren etc. letztendlich durch viel Übung erlangt.

Da "Bilder" mehr sagen als tausend Worte, ist der Beitrag sogar ein wenig "bebildert".

Mein erstes Projekt soll eine einfache Holzbank sein.
Sie besteht im wesentlichen aus 5 eimzelnen Teilen.
Die Anregungen und Inspiration dazu fand ich auf einigen Webseiten mit mittelalterlichen Inhalten - meistens englischsprachig oder in Daniel Diehls Buch "Mittelalterliche Möbel selber bauen".

Bei dem Material habe ich mich erstmal für 18mm/ 25mm Fichtenleimholz entschieden. Es es preisgünstig und läßt sich prima bearbeiten. Möglicherweise nehme ich für eine zweite Bank später etwas höherwertige Holzarten, wie zum Beispiel Eiche.


Die beiden Fußteile sind jeweils 25 mm dick, die zwei Querstreben sind 18mm dick und natürlich die Sitzfläche ist 25 mm dick.
Die Bank wird ca. 60cm hoch und bietet eine Sitzfläche von ca, 100cm.

In den letzten Tagen habe ich einfach mal mit dem ersten Querteil begonnen.



Dazu hatte ich auf das Leimholz die Kontur aufgezeichnet und die Kontur bis auf 2-3mm ausgesägt. Mit Raspel und Schleifen ging es dann an die Feinarbeit.
Besonderes Augenmerk habe ich auf das "Ausklinken" im Querbrett gelegt, da dort später das Fußteil hineinpassen muß.

Die 5 Teile sollen dann anschließend mit einer Holzbeize (vielleicht Kirschbaum) und Bienenwachs behandelt werden. Einige dekorative Elemente, wie z.B.

(lediglich ein Muster)
für die Fußteile konnten das Bild noch ein wenig abrunden.

Mal schauen, auf alle Fälle wird es nicht langweilig, denn die eigentlichen Herausforderungen kommen ja noch... :-)



Gilbert H
Beiträge: 6
Registriert: Do 16. Jan 2014, 08:31

Eine erste Annäherung... *MIT BILD*

Beitrag von Gilbert H »


Ein fröhliches "Hallo" in die Runde...

es wird Zeit für ein "Update".

Inzwischen habe ich ein Querteil fertig gestellt und ein Fußteil in eine grobe Form gebracht.



Die groben Zuschnitte übernahm meine Tischkreissäge.

Danach ging es flugs an die Zapfen. Anfangs mit der Rückensäge und dem kleinen Stechbeitel wurden die Ausschnitte für die Aufnahme des Querteiles hergestellt.
Bei der genauen Anpassung kam die Raspel zum Einsatz.



Die wichtigsten Werkzeuge waren neben Bleistift, Holzhammer und Winkel:


- Schleifpapier



eine etwas betagte Raspel
Stechbeitel 8 mm und 20 mm
Rückensäge
Hobel
"Multitool"



Das sieht doch schon mal sehr gut aus,D;-)

Hin und wieder begleitete mich das kleine Stecheisen auch mal meinem "Schleifplatz".

Leider bemerkte ich bei der Leimholzplatte (Kiefer) hin und wieder Ausrisse. Die dazugehörigen Gegenstücke bewahre ich erst einmal auf.

Liebe Grüße
Gilbert

Tobi L.

Re: Eine erste Annäherung...

Beitrag von Tobi L. »


Sehe ich das auf dem letzten Bild richtig, dass die 2 bisherigen Teile ineinander gesteckt werden und oben Schwalbenschwanzzinken sind?

Dann weiß ich nicht, wie du das zusammenbauen willst. Ich würde oben gerade Zapfen machen, dann geht das.

Gruß
Tobi

JanWinkler
Beiträge: 18
Registriert: Fr 24. Jan 2014, 14:36

Re: Eine erste Annäherung... *MIT BILD*

Beitrag von JanWinkler »


Hallo Gilbert,
Hach, schade das du dich für den Zeitraum bis hin zu 1450 interessierst. Gerade die Möbel der Spätgotik sind sauspannend.

So eine Bank wie du sie baust sieht man auf sehr vielen Malereien und Abbildungen aus der Zeit. Einen schönen Nachbau hierzu hab ich auf Stirling Castle 2012 gesehen. Ich hab sie dir mal als Inspiration angehängt. ;-)
Ich hab auch ein paar mittelalterliche Möbel für unser Haus gebaut. Nimm am besten immer Harthölzer für diese Möbel. Eigentlich alles was ich in den Jahren an mittelalterlichen Möbeln in die Finger bekommen hab und mir genauer angucken konnte war aus Eiche gebaut. Wenige Stücke aus anderen Materialien, aber fast nie Weichhölzer.
Am Ende noch ein kleiner Buchtipp: Die gotischen Truhen der Lüneburger Heideklöster: Entwicklung - Konstruktion - Gestaltung
In dem Buch sind in extremen detail und explosionszeichnungen eine Vielzahl an gotischen Truhen gezeigt. Ich hatte dieses und ein anderes Buch einmal, hab es verliehen und leider nicht zurück bekommen.

Viel Spass bei deinem Projekt.
Gruss Jan

Moderation
Hallo Jan,

wie besprochen, diese Beiträge gebe ich noch frei, und Du legst dann ein regelkonformes Profil an!

Liebe Grüße
Pedder

JanWinkler
Beiträge: 18
Registriert: Fr 24. Jan 2014, 14:36

Bild 2 *MIT BILD*

Beitrag von JanWinkler »

[In Antwort auf #75629]
... Mein ipad hat irgendwas dagegen Bilder hier aus der urlaubshütte vernünftig hochzuladen..

JanWinkler
Beiträge: 18
Registriert: Fr 24. Jan 2014, 14:36

Neuer Account..

Beitrag von JanWinkler »


Wie Pedder gesagt hat... Hier jetzt der neue Account
Gruss Jan

Gilbert H
Beiträge: 6
Registriert: Do 16. Jan 2014, 08:31

Re: Eine erste Annäherung...

Beitrag von Gilbert H »

[In Antwort auf #75634]
Hallo Tobi L,

Fein beobachtet :-)

Ich habe die Zapfen absichtlich etwas keilformig gelassen.
Die Zapfen werden etwa zwei bis drei Stunden lang vor dem endgültigen Zusammenbau mit Zwingen zusammen gepresst. nach Lösen der Zwingen habe ich ein paar Minuten Zeit, um den Sitz einzupassen.

Beste Grüße
Gilbert

Gilbert H
Beiträge: 6
Registriert: Do 16. Jan 2014, 08:31

Re: Neuer Account..

Beitrag von Gilbert H »


Hallo Jan,

Ja, zweifellos wirkt die Neugotik sehr viel "verspielter" und liebevoller. Hast aber auch ein ausgesprochenes Prachtexemplar auf Stirling Castle erspäht.:-)
Vielerorts sieht man bei Burgbesichtigung ein Mobiliar, daß mit Sicherheit aus späteren Epochen stammt (oftmals sind es Gegenstände aus dem 17. Jh). Für gewöhnlich wurde das Mobiliar beim Verlassen der Burg mit geführt ( im Gegensatz zur den "immobilen" Gegenständen).

Mit dem Hinweis auf das Hartholz hast Du sicherlich Recht, denn ich bemerke schon jetzt bei der Fertigung, das die Kiefer so einige leidliche Probleme mit sich bringt, dennoch habe ich viel Vergnügen dabei
Vielen lieben Dank für den interessanten Literaturtip - schon geordert :-)

Lieben Gruß
Gilbert

Gilbert H
Beiträge: 6
Registriert: Do 16. Jan 2014, 08:31

Re: Projekt und Vorstellung: Mittelalterliche Bank *MIT BILD*

Beitrag von Gilbert H »

[In Antwort auf #75556]
Hallo werte Holzwerker,

mein Projekt der Anfertigung einer "mittelalterlichen Bank" nähert sich nun langsam dem "Ende" zu.



Vermutlich werde ich die Oberfläche der Kiefernbank lediglich mit Wachs behandeln und auf das ursprünglich vorgesehene Beizen gänzlich verzichten.

Denn auch das Kiefernholz hat seinen eigenen Reiz;-)

Insgesamt hat mir das Projekt sehr viel Freude bereitet.

Im Laufe jeder Phase des Projektes konnte ich einige Fertigkeiten weiter entwickeln und verbessern. Insbesondere konnte ich die Technik des Verzapfens verfeinern.

Viele wichtige Anregungen konnte ich auch den einzelnen Beiträgen aus diesem Forum entnehmen u.a. des Schärfens der Stechbeitel oder meines Hobels. Dazu möchte ich mich bei Friedrich für die umfangreichen Ausführungen zu diesem Thema herzlichst bedanken.

Das nächste Projekt "schwebt" bereits - zumindest in groben Konturen - vor der "Tür" - muß allerdings erstmal noch reifen...

Im Hinblick auf weitere Vorhaben habe ich u.a. mein "Equippement" dann mal ein wenig ergänzt;-)



Liebe Grüße
Gilbert

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