alte Schnitzarbeiten, mit Bild

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

alte Schnitzarbeiten, mit Bild

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Entschultigt, wenn ich Euch wieder mit alten Kamellen belämmere, aber ich bin immer noch zum Nichtstun verdonnert.
Ich möchte Euch heute zwei Schnitzarbeiten zeigen, die auch schon über 30 Jahre alt sind.
Als erstes das Gräfinthaler Wappen.
Es war schon eine sonderbare Geschichte, wie es zu dieser Arbeit kam, eigentlich sollte mein Schwager als Malermeister das Wappen an den Giebel eines renommierten Speiselokales in diesem kleinen Wahlfahrtortes Gräfinthal malen, ihm war aber der Putz zu rau und so machte er dem Wirt den Vorschlag, er solle sich doch von mir das Wappen in Holz schnitzen lassen.
Als ich von diesem Vorschlag hörte, fiel ich aus allen Wolken, ich hatte bis dahin keine Erfahrung im schnitzen, was mein Schwager wusste, ich hatte in einem Trödlerladen in Sion, in der Schweiz mir eine Schnitzgarnitur von 12 Messern für 100 Fränkli gekauft.
Der Wirt offensichtlich von der Idee meines Schwagers begeistert, bearbeitete mich, ich wollte ihm dagegen klarmachen, dass ich das nicht kann, er zeigte mir das gewünschte Wappen, es war wenige Meter von seinem Lokal entfernt, in einen alten Sandstein-Türbogen gemeißelt. Langsam fand ich Interesse an dieser Sache und ich versprach dem Wirt einen Versuch zu starten, ein befreundeter Zimmermann besorgte mir gutes abgelagertes Eichenholz, ich fotografierte das Wappen mit einem Dia, schräg von unten, projizierte das Dia auch wieder schräg auf ein Papier und verschob den Projektor bis die vom Wirt gewünschte Höhe von einem Meter erreicht war und zeichnete es ab.
Der Zimmermann gab mir einige Tipps wie ich das Wappen aufbauen und zusammen Leimen sollte und dann ging es ans schnitzen, ich hatte damals noch keine Oberfräse, musste alles von Hand abarbeiten, aber es machte mir von Tag zu Tag mehr Spaß und nach einigen Wochen war das Teil tatsächlich fertig.
Ich zeigte es dem Wirt, er war begeistert, es war dann noch eine Mühevolle Überzeugungsarbeit, dem Wirt klar zu machen, dass ein Dach das Hirnholz des Teiles schützen müsste, er wollte davon überhaupt nichts wissen, willigte dann doch ein.
Und so hängt nun das Teil seid über 30 Jahren am Giebel.



Nach einigen Monaten sollte eine kleine liebliche Stube oder Nebenzimmer in diesem Lokal zur Heimatstube ernannt werden und so fragte mich der Wirt, ob ich ihm ein Namensschild fertigen könnte, das über dem Türbogen der Stube seinen Platz finden sollte.
Ich war sehr in einer Zwickmühle, es waren nur wenige cm Platz am Scheitelpunkt und es brauchte einige Zeit bis ich eine Lösung fand, ich wählte eine noch vertretbare Breite, um den Namen noch aus einigen Metern lesen zu können und im Scheitelpunkt kippte ich diese Breite schräg, dabei kam dann ein Teil zustande, an dem alles schief und "schepp" war.
Was mir bei dem Teil nicht so gut gefiel, die Leserlichkeit war mangelhaft, ich wollte dem Wirt schon den Vorschlag machen, es farblich zu gestalten, wurde ein spezieller Strahler eingeschaltet, wurde es besser.
Im Moment hängt dieses Teil nicht mehr, neue Möbel haben den Platz noch mehr verengt, der Wirt fragte mich schon, ob ich da was korrigieren könnte.



Gruß Franz



Heinz Kremers
Beiträge: 2802
Registriert: Mi 12. Aug 2015, 19:10

Re: alte Schnitzarbeiten, mit Bild

Beitrag von Heinz Kremers »


Hallo Franz,

Du zeigst uns wieder mal schöne Arbeiten aus früheren Zeiten - nur die nette Dame mit dem hübschen Ausschnitt nicht:-((

Es freut mich, daß Du weiter aktiv im Forum bist und ich hoffe - sicher mit allen hier - daß Du so langsam auch wieder mit der Holzbearbeitung beginnen kannst. Der Frühling bringt da ja in unserem Alter viele Energieen wieder zurück und wenn's mit dem Fahrrad wieder geht kann Holzarbeit doch kaum schaden.

Als Erstlingswerk ist Dir die Schnitzerei aber sehr gut gelungen. "Dranschnitzen" geht schließlich nicht. Da ich vom Schnitzen keine Ahnung habe: Wie schafft man es, das Kreuz unten am Wappen zu schnitzen, ohne daß es abbricht?

Und zum Brett über der Tür:
Auf die Idee muß man erst mal kommen, aber wie macht man ein Brett so schief und schepp? Meist werden die ja so, wenn man ein gerades Brett haben will:-)

Gruß

Heinz



Heinz Roesch
Beiträge: 1268
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: alte Schnitzarbeiten, mit Bild

Beitrag von Heinz Roesch »


Hallo Franz!

Schöne Bilder und eine tolle Arbeit. Ich staune
immer wieder, welche Qualität bereits deine Erstlings-
werke haben.

Und auch dein reicher Fundus an solchen Arbeiten ist
beeindruckend. Da fehlt bei mir einfach eine Menge Mumm,
um neben dem Tagesgeschäft noch so produktiv zu sein.

Viele Grüße

Heinz



Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Schnitzwerkzeug, mit Bild

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Heinz und Heinz

Also die junge, nette Dame hätte es wirklich verdient, dass auch Ihr Gesicht gezeigt würde, aber... ich hatte Sie halt nicht um Erlaubnis gefragt.

Das mit dem Kreuz: Dahinter verbirgt sich ein Messingprofil, etwa 8x10 mm und 120 mm lang, dies schön eingepasst und jeweils mit zwei Senkschrauben angeschraubt, ergibt eine zufrieden stellende Lösung.

Die seitlichen Teile, die aussehen wie wegspritzendes Wasser sind auch aufgesetzt und von hinten angeschraubt, alles Andere ist zusammen geleimt.

Das Teil wurde von mir zwei oder drei mal abgehängt, gereinigt, neu gestrichen mit offenporig und wieder aufgehängt, dabei musste ich jedes Mal mir wieder den Sicherheitsmechanismus beibringen, ich wollte verhindern, dass ein einfaches Aushängen möglich ist.

Bei der letzten Renovierung (vor etwa 5-6 Jahre) musste ich am Dach feststellen, dass gut die Hälfte des Holzes von oben hinter dem Frontbrett vermodert war, ich überlegte lange was zu tun ist, erneuern? Hätte fürchterlich ausgesehen, die Patina lässt sich nicht nachahmen, so ging ich zu einem älteren Klempner, der kleidete dann mit viel Können den ganzen Bereich hinter dem Frontbrett mit Kupferblech aus, ist kaum zu sehen und schützt optimal (auf dem Bild kann man die Tropfnase links erkennen).

Das Brett war schon ein krummes Geschäft, ich hab daran viel mit Ziehmesser und Beitel gearbeitet, die Stichsäge war auch beteiligt.
Ich hab mir schon ganz am Anfang meiner Holztätigkeit ein 26 mm breiter Beitel rund geschliffen, ich denke sagen zu könne, mit diesem Werkzeug hab ich mit Abstand die meiste Arbeit verrichtet, man müsste es eigentlich in seiner Wirkung mit einem Hohleisen vergleichen, ich finde aber es lässt sich viel leichter schärfen (der Spiegel bleibt erhalten)und beim groben Arbeiten verkanntet es lange nicht so stark wie ein Hohleisen.
Ich hab ein Bild beigefügt, der Schaft hat schon sehr gelitten, es ist aber ein guter Stahl mit erstaunlicher Standzeit, zu schade zum wegwerfen.
Das Ziehmesser hab ich von meinem Schwiegervater geerbt, mit dem hab ich schon jede Menge Holz abgetragen.

Die erwähnten Schnitzeisen vom Trödler entpuppten sich später als ein richtiges Schnäppchen, es war ein gut in den Formen zusammen gestelltes Set der Marke "Pfeilen", auf dem Bild fehlen wie so oft einige Eisen, sie sind mal wieder im Werkzeugkasten.





Gruß Franz



Gottfried K. -F
Beiträge: 362
Registriert: So 5. Aug 2012, 20:24
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Re: Schnitzwerkzeug, mit Bild

Beitrag von Gottfried K. -F »


Hallo Franz,

tolle Schnitzerei, die du da gemacht hast.

Kannst du bitte mal ein Foto von dem Beitl einstellen, Danke. Ich baue (schmiede) gerne Werkzeug und bin immer auf der Suche nach neuen Ideen. Heute habe ich ein Hohleisen angefangen....

Ein Anreismesser http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/read/44891 habe ich heute auch fertig gemacht. Lange und kurze Form.
Fotos folgen.



Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Schnitzwerkzeug, mit Bild

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Gottfried

Das hört man selten, dass man sich Schneidwerkzeuge selber herstellt, hast Du einen entsprechenden Beruf? Es gehört ja auch eine entsprechende Ausrüstung dazu, von dem speziellen Wissen ganz zu schweigen.
In meiner Lehrzeit als Dreher war es zumindest so, dass jeder Dreher seine Stähle selber anschleifen musste, hier hat sich schon die Spreu vom Weizen getrennt, konnte einer schlecht anschleifen, der hatte dann beim drehen schlechte Karten.
Das Bild ist leider nicht so gut geworten, ich denke Du wolltest nur die Form erkennen, dafür wird es reichen, ich denke ich mache da was beim fotographieren falsch.

Gruß Franz





Heinz Roesch
Beiträge: 1268
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: Schnitzwerkzeug, mit Bild

Beitrag von Heinz Roesch »


Hallo Franz!

Der Anschliff sieht interessant und sehr präzise aus.
Wie ich dich kenne hast Du das auch noch freihand ge-
schliffen, oder? :-))

Zum Bild: Das ist immer ziemlich schwer zu erkennen, aber ich
sehe zwei mögliche Fehlerquellen. Das Bild ist recht dunkel
und die Autofokus-Funktion einer Kamera versagt ab einer
bestimmten Mindesthelligkeit. Also vielleicht für mehr Licht
sorgen und den Fokuspunkt auf den Übergang zwischen Stahl
und Papier legen. Je höher der Kontrast des Motivs am Fokuspunkt,
desto besser funktioniert die Schärfeeinstellung.

Eventuell hast Du aber auch den Mindestabstand unterschritten.
Jedes Objektiv kann erst ab einer bestimmten Mindestdistanz scharf-
stellen. Manche Kompaktkameras haben einen speziellen Makromodus
der durch das Symbol einer Tulpe gekennzeichnet ist und noch etwas
niedrigere Abstände erlaubt. Ansonsten einfach einen Versuch mit
etwas mehr Abstand zum Motiv.

Viele Grüße

Heinz



Gottfried K. -F
Beiträge: 362
Registriert: So 5. Aug 2012, 20:24
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Re: Schnitzwerkzeug, mit Bild

Beitrag von Gottfried K. -F »


Hallo Franz,
danke fürs Bild, ich kann erkennen was ich wollte.
ich habe vor langer Zeit mal den Beruf des Tischlers erlernt, aber ....
In meinem Leben habe ich vieles gemacht: Bei einer Brückenmeisterei war ich als Zimmerer beschäftigt, aber immer sehr neugierig und daher auch Schloßer, Maler, Maurer... einfach überall mal reingeschnuppert, viel gefragt, viel probiert, gefragt, probiert.....irgendwann ging ich dann in die IT und nun bin ich im Ruhestand, und habe keine Zeit :-) ....
Vor einigen Jahren habe ich einen Menschen kennengelernt der ein sog. Multitalent besitzt: der kann fast alles, echt wahr. Und der (ein ehemaliger Lehrer) baut sich seit Jahren seine Schnitzwerkzeuge selber (den Stahl dafür holt er sich bei Alteisenhändlern...) und der hat es mir gezeigt wie es geht. Nun, bei mir ist der Stahl halt nicht rostfrei und spiegelglatt poliert, aber die Messer erfüllen den Zweck und das wichtigste: es macht fast mehr Freude das Werkzeug zu "erschaffen" als damit zu arbeiten. Ein weiterer Vorteil ist, man kann bei gekauften Stemmeisen Schärffehler leichter aus(härten)bessern ;-)

Zu deinem Bild: Ich denke du warst einfach zu nahe am Objekt und zu wenig Licht.
Ich habe mir angewöhnt, der Digitaltechnik sei Dank, immer viel Fotos mit unterschiedlichen Einstellungen, vom selben Objekt zu machen. Die die nichts werden kann man ja einfach löschen.

Gruß Gottfried



Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Danke für den Fotokurs *NM - Ohne Text*

Beitrag von Franz Kessler »

Gottfried K. -F
Beiträge: 362
Registriert: So 5. Aug 2012, 20:24
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Gerne wieder *NM - Ohne Text*

Beitrag von Gottfried K. -F »




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