Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Guten Abend,

nachdem vor einiger Zeit hier ja angemahnt wurde, dass auch mal wieder Projekte gezeigt werden sollen, habe mach ich das auch mal. Obwohl ich seit 2005 hier schreibe, ist das vermutlich das erste Mal... :?
Die folgenden Beiträge habe ich vor zwei Jahren mal begonnen abzutippen und dann fast zwei Jahre lang bei Seite gelegt, weil anderes wichtiger war und mir zeitweise auch die Motivation gefehlt hat. Nachdem es in den letzten Wochen glücklicherweise angenehm warm war (nicht ironisch gemeint, mir sind 32°C deutlich lieber als 12°C), habe ich einige Stunden auf der Terrasse verbracht und den Großteil der folgen Beiträge getippt bzw. überarbeitet. Nun aber zum Inhalt.

Ab und zu bietet sich mir die Gelegenheit, alte Möbelstücke aufarbeiten zu dürfen. Die stammen meist aus der Familie oder dem engen Freundeskreis und sind manchmal auch Sperrmüllfunde bzw. Gegenstände, die sonst dort gelandet wären.
Ich bin kein akademisch ausgebildeter Restaurator und habe auch nicht den Anspruch, allen Anforderungen, die in diesem Bereich gestellt werden, gerecht zu werden. Es ist selbstverständlich, dass passende Materialien (also kein Weißleim, PU, Epoxidharz, etc.) zum Einsatz kommen und auch, dass mit der nötigen Sorgfalt und dem Respekt vor betagten Gegenständen gearbeitet wird. Bei umfangreicheren Arbeiten gibt es meist auch eine ganze Reihe an Fotos, die Zustand und Arbeiten dokumentieren (für mich und auch als Dokumentation der Arbeiten).
Auch bei den Oberflächen halte ich mich weit fern von modernen Lacken und sonstigem Zeug, das in den meisten fällen wenig bringt. Zum Glück habe ich einen Nachbarn, mit dem ich in regem Austausch stehe und der in der Kunst der Schelllackpolitur recht geübt ist.

Auf eine kunst- oder kulturgeschichtliche Einordnung oder eingehende wissenschaftliche Untersuchungen verzichte ich aber aus sicher nachvollziehbaren Gründen. Weder habe ich ehrlich gesagt das Interesse am kulturgeschichtlichen Hintergrund (dafür gibt es andere, die da wirklich fit sind) noch habe ich die Zeit oder die Möglichkeiten, bestimmte Aspekte im Labor zu untersuchen (z.B. welche modernen Klebstoffe ich da entferne oder welche Lacke denn nun genau auf der Oberfläche sind, wie alt des Stück nun genau ist, usw.).
Meines Erachtens ist beides aber auch nicht unbedingt nötig, wenn man in, wie ich, im privaten Rahmen mit normalen oder vielleicht besseren Gebrauchsmöbeln zu tun hat und eher handwerklich, aber dafür sorgfältig und mit Respekt vorgeht. Ein wenig Hintergrundwissen zu Werkstoffen, Konstruktion und den früheren Arbeitsweisen sollte aber schon vorhanden sein und Neugier und Interesse sind sicher ebenfalls kein Fehler.

Gerade bei stark ge- oder verbrauchten Stücken, Sperrmüllfunden oder sonst beschädigten Fällen halte ich es aber, abweichend von der eher konservatorisch geprägten akademischen Restaurierung, durchaus für legitim, diese Nutzungsspuren und Beschädigungen, die gern als Patina bezeichnet werden, zumindest teilweise zu beseitigen. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum es gerade bei Gebrauchsgegenständen teils so verpönt ist, einen hochwertigen "Neuzustand" wiederherzustellen. Nachhaltiger als der Weg in den Container und ramschige Billigmöbel ist das allemal und immer wieder habe ich genau diese zwei Alternativen mitbekommen. entweder ordentlich herrichten oder weg damit.
Ob man mein Vorgehen nun als Restaurierung, Instandsetzung oder Reparatur bezeichnen möchte, ist meines Erachtens an dieser Stelle wirklich nicht entscheidend. Entscheidend ist eher das, was handwerklich passiert und, was nach den Arbeiten herauskommt.

Nach dieser langen Vorrede: Hier folgen einige Bilder von einem Stuhl aus dem Biedermeier (so wurde er wohl bei einer Auktion angeboten), der schon einige Reparaturen hinter sich hat und beim Kauf stark beschädigt war: Bruch der Lehne, Bruch in der Zarge, einige lockere Verbindungen, Fraßschäden, Ablösungen des Sägefurniers, diverse Dellen und Kratzer in der Oberfläche und auch eine vermutete Reparatur mit Weißleim.
Bis dieser Stuhl wieder benutzbar ist und ordentlich aussieht, wird einiges an Arbeit nötig sein. Und: Ja, leider habe ich wohl kein Foto des kompletten Stuhls gemacht...

DSC_5620.JPG
DSC_5620.JPG (4.55 MiB) 638 mal betrachtet
DSC_5615.JPG
DSC_5615.JPG (3.52 MiB) 638 mal betrachtet
DSC_5633.JPG
DSC_5633.JPG (4.66 MiB) 638 mal betrachtet
DSC_5638.JPG
DSC_5638.JPG (5 MiB) 638 mal betrachtet
DSC_5672_c.jpg
DSC_5672_c.jpg (771.99 KiB) 638 mal betrachtet

Mit den ersten Arbeiten geht es im nächsten Beitrag weiter.
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Die alte Polsterung, deren Oberstoff zumindest schon mal erneuert wurde, wurde als erstes komplett und möglichst vorsichtig entfernt. Dabei bleibt der Aufbau der alten Polsters so gut wie möglich erhalten und kann so bei Bedarf als Muster herangezogen werden. Auch hier gibt es Fotos von jedem Arbeitsschritt. Die Neupolsterung hat ein erfahrener Betrieb übernommen, als das Gestell dann komplett fertiggestellt war.

Hier also der Stuhl auf dem Kopf auf der Hobelbank: Der getackerte Stoff dürfte nicht all zu alt sein.
DSC_5674_c.jpg
DSC_5674_c.jpg (873.09 KiB) 625 mal betrachtet

Beginn der Entfernung - das sieht nicht so prickelnd aus.
DSC_5681_c.jpg
DSC_5681_c.jpg (1020.18 KiB) 625 mal betrachtet

Der Verkleidungsstoff ist weg...
DSC_5683_c.jpg
DSC_5683_c.jpg (1.19 MiB) 625 mal betrachtet

... und alte Reparaturen werden erkennbar. Weißleimtropfen und die Keile, mutmaßlich zu Stabilisierung eines wackeligen Stuhlbeins gefallen mir nicht so recht.
DSC_5690_c.jpg
DSC_5690_c.jpg (830.88 KiB) 625 mal betrachtet
DSC_5701_c.jpg
DSC_5701_c.jpg (733.55 KiB) 625 mal betrachtet

Es geht weiter, unter der geklebten und genagelten Bordüre sind die Klemmen für den Oberstoff versteckt. Auch das Polsterleinen ist getacktert.

DSC_5719_c.jpg
DSC_5719_c.jpg (864.28 KiB) 625 mal betrachtet
An dieser Stelle mache ich für heute Abend mal Schluss. Ich führe den Bericht in den kommenden Tagen weiter, wie es meine Zeit zulässt. Fragen, Kommentare und Anmerkungen - jederzeit gerne!

Gruß
Max
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Guten Abend,

leider haben sich gestern spät ein paar Tippfehler eingeschlichen, aber die kann ich jetzt nicht mehr ausbessern. Also, weiter gehts.

Hier sieht man die erstem Polsterlagen bis zum schon erwähnten Leinen und im folgenden Bild den Aufbau darunter.
DSC_5748_c.jpg
DSC_5748_c.jpg (860.28 KiB) 534 mal betrachtet
DSC_5758_c.jpg
DSC_5758_c.jpg (932.51 KiB) 534 mal betrachtet


Nach dem Lösen der vielen Nägel, mit dem die verschiedenen Schichten und ganz unten auch die Gurte befestigt waren, konnte das Polster als Paket entnommen werden und steht so bei Bedarf als Referenz zur Verfügung. Man erkennt wohl auch als Laie (das bin ich ja auch), dass der Aufbau eines solchen Polsters gar nicht so einfach ist.
DSC_5783_c.jpg
DSC_5783_c.jpg (619.72 KiB) 534 mal betrachtet

Erst nach dem kompletten Abnehmen der Polsterung wird der Zustand des Gestells erkennbar. Es müssen schon einige Polster befestigt gewesen sein und Holzschädlinge haben Teile des Materials zusätzlich durchlöchert.
DSC_5788.JPG
DSC_5788.JPG (4.88 MiB) 534 mal betrachtet
DSC_5799.JPG
DSC_5799.JPG (4.85 MiB) 534 mal betrachtet

Die wohl nachträglich aufgenagelten Leisten werden abgenommen. Unter ihnen: weitere Löcher.
Bei solchen Arbeiten haben sich Spachteln, Kittmesser, Hartholzkeile, Klammerheber und manchmal auch ein altes Stemmeisen bewährt. Das muss man manchmal ausprobieren und es empfiehlt sich, mit allen Sinnen bei der Arbeit zu sein. Dann gelingt so etwas meist ohne Beschädigungen. Eine modifizierte Beißzange/Kneifzange, die auch dicht an der Oberfläche sitzende Nägel und Klammern greift, ist auch hilfreich. Sie lässt sich aus einer alten Zange, z.B. vom Flohmarkt, deren Gelenk noch in Ordnung ist, selbst leicht herstellen, in dem man von den Außenseiten der Backen so viel Material abschleift (Flex oder Bandschleifer, auf Kühlung der Zange achten), dass die Schneiden nach außen rücken.
DSC_5807.JPG
DSC_5807.JPG (4.3 MiB) 534 mal betrachtet
DSC_5815.JPG
DSC_5815.JPG (4.72 MiB) 534 mal betrachtet

Nun zeigen sich weitere Löcher (wenig überraschend) und eine weitere Zusatzschicht aus dünnen Nadelholzbrettchen, die genagelt und geleimt sind, ist jetzt zugänglich.
DSC_5829.JPG
DSC_5829.JPG (4.58 MiB) 534 mal betrachtet

Gleich gehts weiter.
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Die gerade erwähnten Brettchen bleiben zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Stuhl, weil sie das Spannen erleichtern und später sowieso einfacher zu entfernen sein werden. Die Lehne wurde, wie sich nun zeigte, bereits mit mehreren Holzschrauben repariert und vermutlich auch verstärkt. Diese Schrauben konnten zum Glück herausgedreht werden. Gute Schlitzschraubendreher oder entsprechende Bits sind hier unbedingt zu empfehlen. Wer mag, kann sich natürlich auch schon abgenutzte wieder entsprechend anschleifen.
DSC_5830.JPG
DSC_5830.JPG (4.55 MiB) 532 mal betrachtet
DSC_5836.JPG
DSC_5836.JPG (4.04 MiB) 532 mal betrachtet
An den Bruchflächen, die nun zugänglich waren, erkennt man Reste synthetischer Klebstoffe - vermutlich schnöder Weißleim. Nur ein Beispielbild, es war überall ähnlich.
DSC_5838.JPG
DSC_5838.JPG (4.04 MiB) 532 mal betrachtet

Leider gilt das auch für den Splitterbruch an der Lehne.
DSC_5842.JPG
DSC_5842.JPG (3.97 MiB) 532 mal betrachtet

Eine Verbindung der Lehne mit dem Gestell war teilweise gebrochen und demnach wieder zu verleimen.
DSC_5848.JPG
DSC_5848.JPG (4.43 MiB) 532 mal betrachtet

Weil die Verbindungen der hinteren Beine mit der Zarge lose und Spuren vergangener Reparaturversuche erkennbar waren, habe ich mich zur Zerlegung entschlossen. Ein leichter Schonhammer (Alu-Simplex) mit nicht abfärbenden Einsätzen erleichtert solche Arbeiten ungemein. Damit werden auch die weiteren Schritte deutlich einfacher.
DSC_5852.JPG
DSC_5852.JPG (4.66 MiB) 532 mal betrachtet

Leider gab es an den Zapfen ein wenig Verlust, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Brüche schon vor dem Zerlegen vorhanden waren. Das Material war auch hier z.T. durch Fraß geschädigt.
DSC_5863.JPG
DSC_5863.JPG (4.5 MiB) 532 mal betrachtet

Weiter geht es im nächsten Beitrag.
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Nun wird die zweite Lage Zusatzmaterial von der Zarge entfernt, die hier aufgeleimt ist. Auch hier kommt man mit den o.g. Werkzeugen weiter, natürlich in Verbindung mit der notwendigen Geduld und Ruhe.
DSC_5892.JPG
DSC_5892.JPG (4.73 MiB) 530 mal betrachtet
DSC_5900.JPG
DSC_5900.JPG (4.27 MiB) 530 mal betrachtet
Endlich sind die Eckverbindungen zugänglich und ein bei einer vorherigen Reparatur eingefügter Fremdzapfen wird sichtbar.
DSC_5908.JPG
DSC_5908.JPG (4.96 MiB) 530 mal betrachtet
DSC_5912_c.jpg
DSC_5912_c.jpg (602.37 KiB) 530 mal betrachtet

Nun folgt der Säubern der Flächen an der Zarge und den Verbindungen mit dem Stemmeisen. Damit gelingt das sehr kontrolliert - weder die eigenen Hände noch das Werkstück werden beschädigt. Dafür nehme ich gerne nicht gerade das beste Stemmeisen, sondern eher eines, bei dem es nicht schmerzt, auch mal etwas mehr wegschleifen zu müssen. Schmutz, Steinchen und sonstige Rückstände sorgen gerne für Scharten - trotzdem sollte das Eisen sauber geschliffen sein.
DSC_5915.JPG
DSC_5915.JPG (4.59 MiB) 530 mal betrachtet
DSC_5926.JPG
DSC_5926.JPG (4.38 MiB) 530 mal betrachtet

Weiter geht es bei nächsten Mal dann endlich mit dem Abtrag defekten Materials und damit mit der eigentlichen Instandsetzung der Schäden. Bis jetzt wurde ja nur zerlegt.

Viele Grüße
Max
walter.mittwoch
Beiträge: 34
Registriert: Sa 3. Aug 2024, 22:31

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von walter.mittwoch »

Hallo Max!

Dein wunderbar gestalteter und sehr genau nachvollziebarer Bericht gibt mir Einblick, was frühere Handwerker mit einfachsten Mitteln erzeugt haben -und ein Restaurator leisten muss, um solche Möbel nach intensivem Gebrauch am Leben zu erhalten.

Danke für diese tolle Dokumentation - eine Freude, das miterleben zu dürfen.

Schöne Grüße und meine Hochachtung
Walter
Pedder
Beiträge: 5815
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von Pedder »

Hallo Max,

das ist großes Kino, was du zeigst. Ich verfolge die Beiträge gespannt!

liebe Grüße Pedder
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Hallo Walter, hallo Pedder,

vielen Dank für das große Lob.
Natürlich möchte ich, wenn ich schon mal etwas hier einstelle, auch etwas unterhaltsames bieten und dazu gehören einfach auch Bilder, auf denen man etwas erkennen kann. Hier habe ich die sowieso als Dokumentation der Arbeiten angefertigt - ansonsten mache ich das quasi nie, denn meistens soll etwas fertig werden, auch, wenn es nur Hobby ist.

Ich hoffe aber auch, dass meine Beschreibung und die Bilder auch einen realistischen Eindruck davon vermitteln, dass solche Arbeiten eigentlich mit recht wenig (und zudem eher preisgünstiger) Ausrüstung auskommen und so meines Erachtens gut umsetzbar sind, wenn man sich dafür ein paar m² Platz reservieren kann. Alte gute Möbel gibt es häufig billig oder gar umsonst und so kann man mit übersichtlichem finanziellen Aufwand ein paar Schmuckstücke schaffen, wenn man das möchte.
Das Gegenstück dazu kenne ich nämlich auch recht gut - mind. 35m² Riemenboden werden in den kommenden Wochen hergestellt werden müssen und diese Arbeiten erfordern Platz und Maschinen. Den Boden kann man natürlich auch fertig kaufen, aber wenn das Holz ("dank" Käfer) eh da ist, macht man das selbst. :roll:

Gleich geht es weiter...

Viele Grüße
Max
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Hier geht es jetzt also mit dem Bericht weiter und nun auch endlich mit etwas substanzielleren Schritten.

Vom Steg zwischen den Hinterbeinen und der Zarge wird das marode Material abgetragen: einsägen und abstemmen / abschälen. Das Sägefurnier bleibt dabei vollkommen unbeschädigt, wie auch die Oberfläche auf der Rückseite. Ein Stück Kantholz, ein Abschnitt Teppichboden als Polster und ein ausgedientes Betttuch schützen den Stuhl.

DSC_5930_c.jpg
DSC_5930_c.jpg (1 MiB) 217 mal betrachtet
DSC_5932_c.jpg
DSC_5932_c.jpg (1.15 MiB) 217 mal betrachtet

Das gesamte ungesunde Material wurde nun grob mit einem scharfen Stemmeisen entfernt und es zeigt sich, dass die entstandenen Lücken auf mehrere Schritte zu schließen sind. Man könnte sicher auch ein einziges Teil so anpassen - aber warum sollte man das tun?
DSC_5937_c.jpg
DSC_5937_c.jpg (922.37 KiB) 217 mal betrachtet

Als erstes werden aber lose Stellen des Furniers wieder mit Warmleim befestigt, das Klebeband schützt vor Leimaustritt. Sanftes (!) vorwärmen der Stellen mit dem regelbaren Heißluftgebläse hält den Glutinleim lange genug flüssig, Aufgetragen wird mit einem kleinen Ausbesserungspinsel (flacher Haarpinsel, wirklich nichts besonderes).
DSC_5940.JPG
DSC_5940.JPG (4.3 MiB) 217 mal betrachtet
Danach werden die stellen mit Gefühl und kleinen Schraubzwingen gespannt; dabei kann man den Leim auch mit mehrmaligem Öffnen und Schließen der Zwinge in die lose Stelle hinein'pumpen'.
DSC_5944.JPG
DSC_5944.JPG (4.29 MiB) 217 mal betrachtet
Während der Leim hier abbinden darf, kommt die Zarge wieder auf die Hobelbank...
MaxS
Beiträge: 1637
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Instandsetzung / Restaurierung eines Biedermeierstuhls

Beitrag von MaxS »

Es geht hier also an der Zarge weiter, die viele Risse und Löcher hatte und deshalb auch Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen war.
Ein Riss mit größerem Ausbruch, der wenig haltbar mit Kitt verschlossen war, wurde erstmal gesäubert und dann verleimt. Danach wird die Fehlstelle ausgefräst und -gestemmt und ein passender (Form, Holzart, Maserrichtung) Flicken eingesetzt. Viele weitere kleine Risse in der Zarge werden ebenfalls geleimt.

Oberseite...
DSC_5953.JPG
DSC_5953.JPG (4.06 MiB) 213 mal betrachtet
und Unterseite der gleichen Stelle.
DSC_5955.JPG
DSC_5955.JPG (4.42 MiB) 213 mal betrachtet
Verleimt.
DSC_5962_c.jpg
DSC_5962_c.jpg (895.6 KiB) 213 mal betrachtet
Flicken. Die Oberfräse erleichtert das Ausarbeiten der Fehlstellen und sorgt auch für eine geringe Belastung der alten Substanz. Denn die Kräfte, die da mit einem kleinen Nutfräser wirken, sind gering - aber: das geht mit Geduld auch problemlos von Hand.
DSC_5968.JPG
DSC_5968.JPG (4.51 MiB) 213 mal betrachtet
Kleine Risse - nur ein Beispiel. Ich wollte die alle verleimt haben, damit sie sich hoffentlich nicht weiter ausbreiten.
DSC_5970.JPG
DSC_5970.JPG (4.54 MiB) 213 mal betrachtet
Am zwischenzeitlich getrockneten Steg hinten wird das fehlende Material in drei Schritten wieder ergänzt: Zuerst zwei kleine Keile ganz hinten, dann wird die volle Breite wiederhergestellt. Das dafür nötige Stück Holz wird natürlich sauber eingepasst, wobei kleine Differenzen vom Warmleim durchaus gefüllt werden können. Das vermeidet man natürlich, so gut es geht. Der dritte Schritt folgt später.
Übrigens: Nicht immer sind alte Möbel konstruktiv so sauber gefertigt, wie es die Anmutung vielleicht suggerieren würde. Ich habe nicht erst einmal gelesen oder gehört, dass man sich beim Restaurieren oder Instandsetzen daran orientieren soll - das ist aber nicht immer sinnvoll, wenn es halten muss... ;)

DSC_5971.JPG
DSC_5971.JPG (4.79 MiB) 213 mal betrachtet
DSC_5978_c.jpg
DSC_5978_c.jpg (835.73 KiB) 213 mal betrachtet
DSC_5980_c.jpg
DSC_5980_c.jpg (800.01 KiB) 213 mal betrachtet

Mit der Zarge und der schon gezeigten mitgenommenen Schwalbenschwanzverbindung wird der Bericht dann beim nächsten Mal fortgesetzt.

Bis dahin viele Grüße
Max
Antworten