Holz arbeitet *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Rolf Richard
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Rolf Richard »


Sehr exakt ist es sicher nicht, aber vielleicht kann man das Problem so angehen:

- Holz kommt (meistens) aus einem Stamm, also einem in erster grober Näherung zylindrischen Gebilde (Ok, Drehwuchs, Wurzelholz, Reaktionsholz etc.)
- Solange der Baum lebt bzw. im Moment der Fällung hat das Holz eine Art inneres Gleichgewicht im Stamm.
- Beim Aufsägen kann man nicht den Jahresringen folgend sägen, bestenfalls im Radialschnitt versuchen, dass das Holz einen einigermass geraden, quer laufenden Faserverlauf hat.

- Beim Trocknen muss nun der jeweilige Jahresring gemäss seiner Grösse schrumpfen, die längeren, äusseren also mehr als die inneren. Also muss das Holz nach aussen schüsseln, wenn es quer aufgeschnitten ist. Wäre das nicht so, müssten schon am lebenden Baum starke Spannungen entstehen, wenn das Holz jahreszeitlich bedingt mehr oder weniger Feuchte enthält.

- Wenn die Annahme der Grundform "Zylinder" zutrifft und das Holz des lebenden Baumes arbeitet, dann muss fast zwangsläufig die Umfangsänderung eines Jahresrings um den Faktor "pi" grösser ausfallen als die Änderung in der Dicke. Auch daraus ergibt sich ein Verzug am aufgeschnittenen Holz.

- Das bedeutet IMHO aber auch: Würde man dem Holz wieder die Feuchtigkeit einlagern, die es beim Fällen hatte, würde es wieder in erster Näherung gerade - aber eben auch unbrauchbar (gut, nicht ganz) Ist es aber getrocknet ist Verzug fast unausweichlich.

- Daraus folgt: Einseitiges Anfeuchten und erneutes Trocknen kann nicht zu einem anderen Trockenergebnis führen, wenn wieder der Trockenzustand von vor der Anfeuchtung erreicht wird. (Anders würde es wohl nur, wenn das so behandelte Holz zwischendurch reisst und sich damit bestimmte Spannungen abbauen.

Just my five Cents!

Rolf

Ulrich Leimer
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Auch ein paar Überlegungen

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Rolf,

ich glaube, das eigentliche, hier beschriebene Phänomen ist, daß Holz, einen bestimmten Trockenzustand erreicht, nach erneutem leichten Befeuchten hinterher ein ganz klein wenig trockener ist als vor diesem Befeuchten.
Das ganze verbunden mit der jeweiligen Volumenzu- und abnahme. Das Ganze geht logischerweise natürlich nur in recht engen Grenzen (sonst könnte man so ja einen Trockenzustand nahe Null erreichen, was natürlich Blödsinn ist).
Aber wenn der Autor, immerhin Prof., das so vehement als "feststehenden Grundsatz" formuliert, wird doch darin sicher eine Menge Erfahrung stecken, die später evtl. wissenschaftlich nicht belegbar war oder in Zeiten von Trockenkammern und klimatisierten Räumen nicht mehr so stark auftrat.

Gruß Uli


Rolf Richard
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Re: Auch ein paar Überlegungen

Beitrag von Rolf Richard »


Aber wenn der Autor, immerhin Prof., das so vehement als "feststehenden Grundsatz" formuliert, wird doch darin sicher eine Menge Erfahrung stecken, die später evtl. wissenschaftlich nicht belegbar war oder in Zeiten von Trockenkammern und klimatisierten Räumen nicht mehr so stark auftrat.


Hallo Ulrich,

man darf aber auch nicht vergessen, dass da ein Jahrhundert zwischen heute und damals dazwischenliegt. Ich möchte nicht wissen, wieviele "wissenschaftliche" Meinungen sich seitdem als unhaltbar, manchmal sogar als purer Blödsinn herausgestellt haben?.

Und überfordere mir die Professoren nicht, das sind auch nur Menschen! Im Kfz-Bereich gibt es ein geflügeltes Wort: "Akademisches Geschwätz hat noch keinen Motor zum Laufen gebracht!"

Gutes Neues Jahr!

Rolf

Johannes M
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Auch ein paar Überlegungen

Beitrag von Johannes M »


Hallo Uli,

irgendwie kommt mir das Ganze ziemlich fragwürdig vor. Meine Erfahrungen mit dem Feuchtmachen von Holz um es zu richten sehen da anders aus. Abgesehen davon sollte man Aussagen zur Mikromechanik des Holzes von vor 100 Jahren nicht überbewerten, das war meist Stochern im Nebel.

Ich vermute übrigens, daß die von Dir zitierte Aussage nicht von Herrmann Walde stammt. Herrmann Walde war Holzschnitzer und Bildhauer, später Direktor einer Fachschule für Drechsler und Bildhauer. Hier wurden seine Verdienste mit einem Professorentitel durch den sächsischen König gewürdigt. Walde ist 1906 gestorben.
Wie Walter schrieb ist dein Zitat in der 3. Auflage von 1906/7 nicht zu finden, wohl aber in der dir vorliegenden 7. Auflage von 1926, die von Emil Augst ( Architekt und Fachschriftsteller) neu bearbeitet wurde.

Es grüßt Johannes


Johannes M
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Johannes M »

[In Antwort auf #139844]
Hallo Rolf,

bei deinen Überlegungen hat sich ein Fehler eingeschlichen. Ein lebender/wachsender Baum hat zirka 80 -300% Holzfeuchte. Am lebenden Baum arbeitet das Holz, dem zufolge nicht in dem Sinne wie wir Holzwerker es berücksichtigen müssen. Wenn der Baum gefällt wird ändert sich die Holzstruktur erstmal garnicht. Erst wenn die Holzfeuchte unter ca. 33% sinkt, wird der Fasersättigungspunkt unterschritten und das Wasser welches in der Zellstruktur gebunden war, wird abgegeben und es entstehen Spannungen im Holz. Die Ursache dafür ist, die unterschiedliche Auswirkung des Trocknens in den verschiedenen Richtungen des Holzes.

Es grüßt Johannes

Ulrich Leimer
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo

wir können den Professor leider nicht mehr hochnotpeinlich befragen, ebensowenig den Herrn Augst. Wenn man die Passagen aber so liest, bekommt man schon den Eindruck, die haben mit mehr oder weniger anfeuchten, mit
dickerem oder dünnerem Leim und mit mehr oder weniger Wärme im Holz oder Leim die Ausrichtung der Hölzer, speziell zu furnierender Blindholzplatten aus Nadelholz, einzustellen versucht.
Also ein hohlziehen zu verhindern, eher eine leichte nach-außen-wölbung der später sichtbaren Türfüllungen zu erreichen versucht (und sicher auch erreicht). Damit wurde dann das Furnier nochmals etwas "aufgespannt" auf
der Außenseite. Da man später ja mit anderen Leimen, anderen Verfahren und auch ohne Wasser furniert hat, sind diese "Techniken" vielleicht in Vergessenheit geraten oder unberücksichtigt geblieben.
Wir werden es nicht erfahren.
Ich wünsche Euch Allen trotzdem einen wunderschönen Jahreswechsel, einen tollen Start in's neue Jahr und wieder genügend Zeit für die hölzernen Dinge, ob krumm oder gerade oder sonstirgendwie...

Freundliche Grüße
Uli

Oliver Lang
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Oliver Lang »

[In Antwort auf #139844]
Hallo Rolf,
Du schreibst: "- Daraus folgt: Einseitiges Anfeuchten und erneutes Trocknen kann nicht zu einem anderen Trockenergebnis führen, wenn wieder der Trockenzustand von vor der Anfeuchtung erreicht wird."
Hierzu eine Beobachtung von mir. Ich habe vor gut fünfzehn Jahren alte Fichtendielen, die mehrere Jahrzehnte als Boden einer zugigen Scheune gedient hatten, zu einer Stakung/von unten sichtbarer Blindboden/Kassetten/wie auch immer verarbeitet. Die Dielen habe ich abgelängt, besäumt, gehobelt, verleimt. Dabei wurde alle Teile immer gleich behandelt und gelagert. Nach dem Einbau wurde über den darunter liegenden niedrigen Raum für ein Jahr (harter Winter) das ganze Haus mittels Kaminofen "beheizt" (eine andere Heizung gab es noch nicht). Wie zu erwarten sind die Kassetten durch die "Bullenhitze" oberhalb des Ofens und vor dem Ofen stärker geschwunden als der Rest. Nur hätte ich gedacht, dass sich das nach der Heizperiode wieder ausgleicht. Weit gefehlt. Heute ist der Kaminofen schon länger als ein Jahr nicht mehr beheizt worden. Der Raum wird duch einen gegenüberliegend angebrachten .Zentralheizkörper beheizt. Und trotzdem sind die Kassetten über und vor dem Ofen schmaler als der Rest. Gefertigt hatte ich alle auf 60cm Breite. Die meisten liegen jetzt grob bei 59cm, die überm und vor dem Ofen bei 58cm.
Ich gehe davon aus, dass heute alle Kassetten die gleiche Holzfeuchte haben, der Raum ist gut belüftet und die Unterseiten ja in direktem Kontalkt zur Raumluft. Es scheint also, dass die Trocknung zu einer bleibenden Veränderung der Holzstruktur geführt hat.

Rolf Richard
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Rolf Richard »


ch gehe davon aus, dass heute alle Kassetten die gleiche Holzfeuchte haben, der Raum ist gut belüftet und die Unterseiten ja in direktem Kontalkt zur Raumluft. Es scheint also, dass die Trocknung zu einer bleibenden Veränderung der Holzstruktur geführt hat.


Hallo Oliver,

scheint mir auch so, als habe es eine dauerhafte Veränderung gegeben, nur könnte die Ursache darin liegen, dass das Holz heute wesentlich trockener ist als das, das aus der Scheune kam. Dass es sich dann beim Trocknen werfen kann ist zu erwarten.

Ein erfolgreiches 2015 wünscht

Rolf

Rolf Richard
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #139854]
Hallo Rolf,

bei deinen Überlegungen hat sich ein Fehler eingeschlichen. Ein lebender/wachsender Baum hat zirka 80 -300% Holzfeuchte. Am lebenden Baum arbeitet das Holz, dem zufolge nicht in dem Sinne wie wir Holzwerker es berücksichtigen müssen. Wenn der Baum gefällt wird ändert sich die Holzstruktur erstmal garnicht. Erst wenn die Holzfeuchte unter ca. 33% sinkt, wird der Fasersättigungspunkt unterschritten und das Wasser welches in der Zellstruktur gebunden war, wird abgegeben und es entstehen Spannungen im Holz. Die Ursache dafür ist, die unterschiedliche Auswirkung des Trocknens in den verschiedenen Richtungen des Holzes.

Es grüßt Johannes


Hallo Johannes!

Verstanden! Ist es aber nicht trotzdem so, dass einmal auf diese

Rolf Richard
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Re: Ein paar Überlegungen dazu

Beitrag von Rolf Richard »


Danke Johannes für die Fehlermeldung!

Richtig, das "Kleiner"-Zeichen! :-(

Was wollte ich eigentlich schreiben? Rekonstruktion!

Verstanden! Ist es aber nicht trotzdem so, dass einmal auf diese "kleiner" 33% heruntergetrocknetes Holz relativ reversibel auf Feuchtigkeitsänderungen reagiert? Wenn das so ist, müsste es sich immer wieder zurückverformen, solange es nicht reisst?

Alles Gute für 2015!

Rolf

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