Kleine "Rennsäge" *BILDER*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Kleine "Rennsäge" *BILDER*

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hall Werkzeugfreunde,

Pedder und ich nahmen uns vor, eine rasant schnelle kleine Zinkensäge zu bauen. Um grössere Geschwindigkeit zu bekommen, muss die Blattstärke verringert werden. Wir machten Versuche mit 0,3 mm starkem Federstahl (unsere anderen Zinkensägen haben Blätter mit 0,5 mm).

Da der dünne Stahl naturgemäss sehr flexibel ist, bauten wir zunächst einen Prototyp mit der Blattiefe von nur 20 mm. Damit sind nur feine Verbindungen zu machen, wie sie typischerweise bei Schubladen erforderlich sind. Deswegen nennen wir diese Säge auch "Schubladensäge" (Drawer Saw). Intern heisst sie jedoch Piranha :-). Warum? Nun, so klein und zierlich sie ist, beisst sie ziemlich gewaltig. Sie ist mit 20 tpi bezahnt und hat die Blattlänge von 21 cm. Es ist beinahe nicht zu glauben, wie deutlich sich das dünne Blatt in höherer Geschwindigkeit bemerkbar macht. Keine unserer anderen Sägen hat dagegen eine Chance. Aber auch keine Säge anderer Hersteller, die wir bis jetzt in Händen hatten. Man muss sie ausprobiert haben, um das wirklich realisieren zu können.

Sie sägt aber nicht nur rasant schnell sondern butterweich, sehr präzise und startet extrem leicht. Sie "fällt" fast von alleine in den Schnitt. Es ist ziemlich aussergewöhnlich!













Um ihre Fähigkeiten auszuloten, unterzogen wir sie einem Test. Auf einem 13 mm starken Kirsche-Brett wurde 1" (25,4 mm) angerissen und versucht, so viel Schnitte dort unterzubringen, wie irgend möglich. Die Säge machte 33 Schnitte ohne dass ein Ausbruch vorkam. Die Schnitte wurden auf volle Blattiefe gemacht, also bis zum Rücken durchgesägt.
Kein Mensch braucht 30 oder mehr Schnitte auf so kleiner Fläche. Aber nur eine Säge, die perfekt arbeitet, ist in der Lage, so ein Ergebnis zu erzielen, es sollte ein Leistungstest sein. Ich glaube nicht, dass es eine andere Rückensäge gibt, die das auch kann. Ich bezweifle sogar, dass das mit einer feinen Dozuki gelingt aber das käme auf einen Versuch an.





Nachdem das Sägeverhalten unproblematisch ist (zumindest wenn die Sägetechnik stimmt und man das Blatt beim Sägen nicht verkantet oder verdreht), beschlossen wir, einen weiteren Prototyp mit etwas tieferem Blatt (ca. 30 mm) zu bauen. Mal sehen, ob das auch noch vernünftig funktioniert oder die Säge dann wegen der geringen Blattstärke Spirenzchen macht.

Viele Grüsse
Klaus



Friedrich Kollenrott
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20 tpi, das ist 1,3 mm Teilung!!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


womit bezahnst / schärfst Du das, Pedder? Kannst Du das Ergebnis optisch noch kontrollieren oder feilst Du sozusagen blind?

Davon abgesehen: Das ist eine tolle Säge, da könnt ich schwach werden!

Friedrich


Pedder
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wenn ich die Geschicht erzähle, geht das so

Beitrag von Pedder »


Hallo Klaus,

als Du mir Donnerstag das Bild geschickt hast, habe ich mich irre gefreut. Nach meiner Erinnerung hat sie 18 tpi, 20 habe ich lange nicht mehr gemacht. Trotzdem sägt die Säge ganz anders, als andere. Ein bisschen wie die japanische, die ich von Dieter habe.

Die Entwicklung habe ich nicht ganz so zielgerichtet erlebt. Aufgrund Ottmars Großzügogkeit habe ich einen Retoother. Das führt immer mal zu Anfragen von Sägenmacher, ob ich mas was retoothen kann. Im Frühjahr habe ich mal ein Blatt für Phillip gemacht und er hat angefragt, ob ich interesse an dünnnen Sägestahlt hätte. Hatte ich er schickte mir 0,3mm Material und 0,2mm Mateial, um das zusammen in einen 0,5mm Rücken bringen zu können. Zum Testen.

Der Test war beeindruckend. Deshalb haben wir weiteres Testmaterial geordert, 0,3mm-Rücken.

Die Prototypen gehen jetzt zu Betastestern. Und im anstehenden Dänemark Urlaub werden ich ein bisschen 0,3mm Material feilen. Es gibt immer nur 5m davon.

Liebe Grüße
Pedder



Pedder
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Re: 20 tpi, das ist 1,3 mm Teilung!!

Beitrag von Pedder »


Hallo Friedrich,

das sind 18 tpi. Ich schärfe das mit einer Nadelfeile. Zuum Bezahnen verwende ich ein Muster, so dass das eher ein mechanischer als ein optischer Vorgang ist. Der Retoother schafft das nicht, der endet bei 14tpi.

Beim Ausfeilen orientiere ich mich an den blanken Köpfen, wie in Deiner Anleitung. Aber ich feile alle Zähne von einer Seite.

Das 0,3mm Material bereitet mir aber wirklich Schwierigkeiten: Beim Schränken. Der blanke Kopf ist so klein, dass die Reflexionen nicht so deutlich machen, in welche Richtung ein Zahn geschränkt ist.

Sag bescheid, Deine Handmaße haben wir ja.

Liebe Grüße
Pedder


Alexander Tausch
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Beeindruckend ...

Beitrag von Alexander Tausch »

[In Antwort auf #127264]
Hallo Ihr beiden Sägenmacher,

das liest sich wirklich gut - und macht neugierig. Wenn sich mal irgendwann die Gelegenheit ergibt, möchte ich die gerne probesägen :) Oft wird ja gesagt, dass die Blatthöhe auch ein wenig beim "peilen" hilft, so dass man in die richtige Richtung sägt. Wie ist das bei 20 mm Blatthöhe? Wahrscheinlich nur eine Gewöhnungssache.

Kompliment, dass Ihr Euch an so erfrischend neue Konzepte wagt. Natürlich sieht die Säge wie üblich auch noch toll aus.

Alex



Erich Kronlechner (Austria)
Beiträge: 203
Registriert: Mi 1. Aug 2012, 07:58

Kleine "Rennsäge" *MIT BILD*

Beitrag von Erich Kronlechner (Austria) »

[In Antwort auf #127264]
Meine Hochachtung Herr Jurist

Was wäre das Internet ohne Private Hobby Experten ???

LG aus Kärnten Erich



Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Beeindruckend ...

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Vielen Dank, Alex!

Es wird sich ganz sicher die Gelegenheit geben, dass du diese Säge ausprobieren kannst.

Interessante Theorie, mit dem tiefen Blatt die Richtung zu peilen. Eine andere oft gehörte Theorie sagt, dass die Kontrolle der Säge leichter fällt, je näher die Hand an der Zahnlinie ist. Was nun wirklich der bessere Weg ist, wird wohl nur indivisuell vom Einzelnen zu beurteilen sein. Die Gewohnheiten unterscheiden sich halt. Ich kann nur von mir sprechen und sagen, dass mir die geringe Blattiefe hilft, genau zu sägen. Deswegen mag ich Sägen wie die Gramercy oder -natürlich- unsere Zinkensägen :-).

Viele Grüsse nach Hamburg
Klaus



Klaus Kretschmar
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Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: wenn ich die Geschicht erzähle, geht das so

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #127267]
Hallo Pedder,

ich glaube nicht, dass sich unsere "Geschichten" unterscheiden. Du erzählst eben noch die Vorgeschichte dazu. Aber irgend wann nahmen wir uns vor, eine 0,3 mm "Rennsäge" zu bauen, oder? :-)

Übrigens: nach dem 1. Versuch, der mit 31 Schnitten endete, wovon ich dir ein Foto schickte, machte ich noch 3 weitere. Jetzt bin ich bei 33 Schnitten angelangt, damit ist es für mich gut. Ob die Grenze der Säge damit erreicht ist, weiss ich nicht, meine ist jedoch erreicht.

Herzliche Grüsse
Klaus



Alexander Tausch
Beiträge: 257
Registriert: Di 23. Feb 2016, 17:41

Re: Beeindruckend ...

Beitrag von Alexander Tausch »


Hallo Klaus,

Deine Theorie von der Nähe zur Zahnlinie klingt schlüssig. An meine Gramercy habe ich mich auch schnell gewöhnt, Richtung peilen ist kein Problem (die Säge hat ja auch nur 30 mm unter dem Rücken).

Ich denke 30 mm Schnittiefe braucht so eine feine Säge gar nicht unbedingt, im Zweifel lieber etwas stabiler. Aber wenn es problemlos geht, sind 30 mm natürlich super. Bin mal gespannt, wie Ihr mit dem nächsten Prototyp mit dem höheren Blatt zurechtkommt.

Viele Grüße,
Alex



Bernhard
Beiträge: 1088
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Wieder ein sehr elegantes Teil

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #127264]
Ihr beiden "Sägenzauberer". Es würde mich freuen, wenn ich sie einmal mit Eurer sehr feinen Säge vergleichen dürfte. Ich meine auch, man dürfte mit 25 mm unter dem Rücken auskommen, aber natürlich sind 30 mm besser. Übrigens, Eure ganz feine Säge geht von 30 auf ca. 35 mm und das reicht völlig.
Die Stabilität muß natürlich stimmen, auch wenn sie "nur" für Schubladen gedacht ist. Eine Schubladenseite hat ca. 12 - 15 mm Seitenwand (wenn es keine riesige Lade ist) aber man sollte bedenken, daß viele die beiden Seiten auf einmal sägen. Also Eure Säge bekommt es dann mit rund 24 - 30 mm zu tun. Nichtsdestotrotz finde ich die Säge sehr interessant, weil ich sie mir gut beim Aussägen der halbverdeckten Frontseite der Schublade vorstellen kann. Dort ist ein feiner Schnitt immer gut. Ihr seht, ich überlege schon Einsatzmöglichkeiten.

Natürlich macht eine so elegante Säge, die einen schnellen Fortschritt bringt, Spaß - insbesondere, wenn Sie so schön aussieht. Aber die Zeitersparnis wird nicht riesig sein, denn der Hauptteil der Arbeit wird mit dem Stechbeitel und dem Anzeichnen gemacht. Dies soll jetzt keine Kritik sein, denn ich finde es toll, wie Ihr experimentiert.

Immer wieder beeindruckt mich die Perfektion der Arbeit und ganz besonders die Schärfleistung von Pedder. Die kleinen bissigen Zähnchen könnte ich nicht herstellen.

Viele Grüße in den Süden (wo nicht nur schnelle Autos herkommen) und in den Norden

Bernhard



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