Alter Hobel *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Wolfgang Jordan
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Alter Hobel *MIT BILD*

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo,

letze Woche bekam ich das neue 'Tools & Trades', ein Journal der englischen Tool & Trades History Society (TATHS). Darin stand ein Artikel über einen römischen Hobel, der im Sommer 2000 in East Yorkshire (England) beim Bau einer Pipeline gefunden wurde. Wer 'Die Geschichte des Hobels' von Josef M. Greber gelesen hat oder den Artikel über 'Römische Werkzeuge' von Wolfgang Gaitzsch (http://www.uni-tuebingen.de/uni/ymu/sqhm/werkzeug/daten.htm) weiß, daß schon früher römische Hobel im Bereich des ehemaligen römischen Reiches gefunden wurden. Ein besonders schönes Exemplar befindet sich im Rheinischen Landesmuseum in Bonn.

Das Besondere an diesem Hobel, der nach seinem Fundort Goodmanham benannt wurde, ist sein guter Erhaltungszustand und die Tatsache, daß der Hobelkörper aus Elfenbein besteht. Der Hobel ist 33 cm lang, 6 cm breit und 8,5 cm hoch. Das Eisen ist ca. 30 mm breit und steht in einem Winkel von etwa 65 Grad. Die Sohle ist aus Eisen und mit drei Nieten am Hobelkörper befestigt. Zwei Querlöcher vorne und hinten dienen als Handgriff. Die Funktion einer dritten runden Öffnung unter dem eisernen Haltebolzen für das Eisen ist noch ungeklärt.

Leider wird das so schnell nichts mit den Zeitreisen. Sonst könnte man sich mal mit einem alten Römer bei einem Glas Vinum oder Met über dieses schöne Werkzeug austauschen.

Gruß, Wolfgang


Dieter Schmid
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Re: Alter Hobel

Beitrag von Dieter Schmid »


Danke Wolfgang.

Ein Prachtstück. Da denkt man, die Englänger hätten den Eisenhobel erfunden - und dann waren es die Römer. Ein Zufall, daß er ausgerechnet in England gefunden wurde? Ist ja ein echter Infill, (Holz in Eisen eingelassen) wie er in England bis in dieses Jahrhundert hergestellt wurde.

Erstaunlich finde ich die perfekte ergonomische Gestaltung, man kann sich richtig vorstellen, wie gut Handballen und Finger beim Arbeiten mit diesem Stück aufgehoben sind. Könnte ein Vorbild für heutige Hobelhersteller sein!

Die zusätzliche Öffnung unter dem Haltebolzen für das Eisen ist wohl für einen weiteren Haltebolzen vorgesehen. Die Römer waren Sicherheitsfanatiker, einer war wohl zu wenig.

Grüße
Dieter

Oliver Montué

es gibt nichts Neues unter der Sonne,

Beitrag von Oliver Montué »


Hallo Wolfgang,

das ist ja wirklich ein toller Hobel. Vielen Dank für Deine Mühe das Bild zu posten.

"Nur weil sie tot sind, heißt das nicht, daß sie blöd waren...." - freie Übersetzung - eines Randkommentares aus einem amerikanischen Holzwerkerforum.

Die Bearbeitung von Holz ist so alt, daß echte Neuerungen wohl kaum möglich sind, bzw. eher ein Schritt in die falsche Richtung sind, da jahrtausendalte Erfahrung diesen Weg nicht geebnet haben. Insofern wundert mich nicht, daß dieser Hobel vom Konzept her noch aktuell ist. Revolutionen sind im Handwerkzeugbereich wohl nicht mehr zu erwarten und sensationelle Neuerungen sind wohl eher mit Vorsicht zu genießen. Insofern lohnt sich die Anschaffung von Qualitätsprodukten, da diese ja nicht 'veralten'.

Liebe Grüße,
Oliver

(der gerade mal seine philosophische Phase hat ;-) )



Christof Hartge
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Re: Alter Hobel

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #93671]
Das Ding hat vermutlich auch ziemlich gut ausgesehe, So stelle ich ihn mir neu vor: Poliertes Elfenbein, in einer blanken Stahlfassung. Ich kann mir vorstellen, dass Elfenbein wegen seiner Dichte ein sehr gutes Korpusmaterial abgegeben hat. Die Stahlsohle ist vielleicht heiß aufgezogen worden und spannt sich um das Elfenbein. 65° Stellwinkel ist sehr steil: Das klingt nach Harthölzern und schwierigen Verputzarbeiten.

Viele Grüße, Christof.

Rene Holzwurm

Re: Alter Hobel

Beitrag von Rene Holzwurm »

[In Antwort auf #93671]
So wie das aussieht kann das dritte Loch als Wiederjlager für das Hobeleisen dienen, So erhält manneinen anderen Schnittwinkel. Vortei ich brauche nur einen Hobelkörper, ein Eisen und ich habe zwei Hobel. Auch zur damaligen Zeit waren solche Werkzeuge teuer und wertvoll - so das man mit diesem Loch ..... Preis -Leistungs verhältnis halt. Könnte es so sein?

Rainer Lux
Beiträge: 64
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Alter Hobel *MIT BILD*

Beitrag von Rainer Lux »


Hallo,

ich hab am Wochenende bei uns auf einem Mittelalterfest einen Nachbau eines solchen römischen Hobels gesehen und konnte ein wenig mit den beiden Archäologen/Schreinern reden, die ihn gebaut haben.

Es war wirklich so, wie hier vor längerer Zeit vermutet wurde: Der Hobel war so gebaut, dass das Eisen in zwei Positionen eingebaut werden konnte - als Flachwinkler für Hirnholz und als normaler Hobel.

Der Nachbau ist aus Buche und hat nur einen Stab als Keilwiderlager - mit zwei Stäben wird man die Breiten vermutlich nicht so genau austüfteln müssen.

Liebe Grüße aus Regensburg,

Rainer



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Jens Gartmann
Beiträge: 106
Registriert: Fr 18. Mai 2018, 22:04

Re: Alter Hobel *MIT BILD*

Beitrag von Jens Gartmann »


Hallo,

vor zwei Jahren gab es im Landesmuseum in Trier eine Ausstellung über die Dendrochronologie.
Mit ausgestellt wurden auch zwei Hobel die von einem Werkzeugmacher H.-J. Stolz nachgebaut wurden.

Auf dem Bildern sind im Hintergrund die Fundstücke zu sehen.

Im Hobelmuseum von Gerhard Schmitz gibt es einen Hobel aus Sizilien der sieht diesem Putzhobel sehr ähnlich ist aber erst ca. 100 Jahre alt.

Grüße
Jens



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