Am Anfang war der Klotz ?
-
- Beiträge: 425
- Registriert: Mo 21. Apr 2014, 18:40
Am Anfang war der Klotz ?
Guten Tag, alle zusammen;
Kürzlich schenkte mir ein Freund, einige alte Holz-Hobel. Anhand dieser Hobel stellen sich nun einige Fragen. Der wohl Älteste, besteht aus "Klotz", Eisen und Keil. Andere haben schon ein Horn, aber noch keinen Handschoner. Ein einziger, der wohl Jüngste, hat Horn, Handschoner und Nagel.
Mich würde nun interessieren, ob man den "Anbau" von Horn, Handschoner und Nagel, zeitlich irgendwie einordnen kann ?
Für Eure Hilfe danke ich zum voraus.
Beste Grüsse aus der Schweiz,
Beat Hutmacher
-
- Beiträge: 270
- Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02
Re: Am Anfang war der Klotz ?
Die Reihenfolge dürfte in etwa sein: Horn, Nagel, Handschoner. Aber sicher nur ungefähr und nicht in jedem Fall so. Die Sache ist auch Hobelabhängig. Simshobel haben praktisch nie ein Horn wohl aber den Schlagknopf (Nagel). Von ECE habe ich den Primus Doppel-Simshobel. Das ist der einzige Simshobel, den ich kenne, der einen Handschutz hat.
Schwierig mit der genauen Einordnung wird's auch deshalb, weil im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die industrielle Hobelproduktion und die Selbstanfertigung als Einzelstück friedlich gleichzeitig nebeneinander praktiziert wurden und außerdem unterschiedliche regionale Vorlieben für das ein oder andere Ausstattungsteil existieren.
Ansonsten gibt es diesbezüglich - wie für fast alles - ein Buch:
Josef Graeber: Die Geschichte des Hobels. Reprint Edition Libri rari. Ich besitze es und fand es recht interessant. Ob es Deine Frage erschöpfend beantwortet, weiß ich allerdings nicht. Leider habe ich es seit unserem Umzug vor ein paar Jahren noch nicht ausgepackt - sonst hätte ich mal wegen Deiner Frage nachgesehen.
Gruß
Jörg
-
- Beiträge: 1354
- Registriert: So 5. Jan 2014, 20:47
- Kontaktdaten:
Re: Am Anfang war der Klotz ?
Hallo Beat,
Jörg hat schon das Wesentliche gesagt. Neben dem Buch von Greber kann ich noch die beiden Bände von Günther Heine empfehlen, wo du sicher auch einiges zu Ausstattung und Geschichte der Werkzeuge finden kannst ('Das Werkzeug des Zimmermanns', 'Das Werkzeug des Schreiners und Drechslers').
Zur Geschichte des Handschoners habe ich auf meiner Datierungsseite (im 'Museum') etwas geschrieben, vor allem zu entsprechenden Patenten. Danach kam dieses Ausstattungsmerkmal so etwa um 1920 auf. Allerdings sind üblicherweise nur Bankhobel (also Schrupp-, Schlicht-, Doppel- und Putzhobel) damit ausgestattet, wohl weil nur bei denen wegen der längeren Benutzungsdauer solcher Komfort benötigt wurde.
Über den Schlagknopf hatte ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Aus den Katalogen, die ich online habe, sehe ich aber, daß der wohl etwa um diesselbe Zeit aufgekommen ist, und ebenfalls nur bei Bankhobeln. Die meisten Hobel in meiner Sammlung haben keinen. Die Rückseiten sind entsprechend von Hammerspuren zerfurcht, was eine Identifikation sehr erschwert (auf der Rückseite sind meistens die Herstellerstempel zu finden oder eben nicht mehr).
Die Hobelnase ist ein typisch mitteleuropäisches Merkmal und mit Sicherheit schon sehr alt. Dazu steht vielleicht mehr bei Greber, aber hier ist ein Hobel mit Nase zu sehen auf einem Stich von Dürer aus dem Jahre 1514:
http://www.blue-skunk.org/~darrell/images/melencolia.jpg
Gruß, Wolfgang
Der Dürer
Hallo Wolfgang,
manchmal führen Fäden komischerweise schnell zusammen: das von dir zitierte Bild habe ich vor ca. einer Woche zum ersten Mal in meinem Leben gesehen (in einer Abhandlung über das dargestellte kosmische Ereignis). Beim Betrachten dachte ich mir: schau an, ein Hobel sah damals fast genauso aus, wie heute.
Und jetzt, kurz danach, kommst du mit diesem Bildzitat bezogen auf den Hobel. Irgendwie witzig.
Viele Grüße, Philipp
-
- Beiträge: 1354
- Registriert: So 5. Jan 2014, 20:47
- Kontaktdaten:
Re: Der Dürer
Hallo Philipp,
man sieht nur, was man kennt, heißt es. Vielleicht hast du das Bild schon früher gesehen, aber den Hobel nicht bemerkt.
Hier ist übrigens noch eine ähnlich alte Darstellung eines Hobels (1425) aus dem Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung in Nürnberg :
http://mailbox.univie.ac.at/~kochr3/mendel/011.jpg
Gruß, Wolfgang
-
- Beiträge: 425
- Registriert: Mo 21. Apr 2014, 18:40
Re: Der Dürer
Guten Tag, alle zusammen;
Ist ja grossartig, was Ihr so alles wisst. So wie ich das sehe, ein enorm weites Gebiet. Ohne Literatur kommt man da wohl nicht durch. Das Studium von Wolfgang 's Seite hat das noch bestätigt. Werde mir also etwas von der empfohlenen Literatur anschaffen. Besten Dank an alle.
Mit "klotzigen" Grüssen aus der Schweiz,
Beat Hutmacher