Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Jörg Ed. Hartge
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Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


An die "alten Hasen":

Bei meinem aktuellen Projekt des Baus einer gestemmten Tür (Rahmen und Füllung) komme ich nun zur Frage der Gestaltung der Verkeilung an den Rahmenzapfen. Fritz Spannagel lässt sich darüber etliche Seiten breit aus, nicht ohne zu bemerken, dass die Verkeilung eines Türblattes zur hohen Kunst eines jeden Meisters gehöre. Also habe ich entsprechenden Respekt vor dieser Konstruktion, bin aber nicht mutlos. Spannagel erläutert viele Fehler die häufig gemacht werden, die jedoch praktisch nur mit grundsätzlichen Fehlkonstruktionen zu tun haben. An keiner Stelle gibt er dagegen Maße für die Keile an.

In der Theorie habe ich gelernt, dass die Keile nur in Brüstungsnähe wirken dürfen, also eine geringere Steigung haben müssen als das konische Zapfenloch. Aber wie groß sollte die Steigung sein?

An einer alten Tür konnte ich sehen, dass die Keile außen eine Stärke von (nur) etwa 5 mm hatten. Ist dann innen etwa 2-3 mm richtig (wenn das Zapfenloch auf 0 ausläuft)?

Gruß
Jörg

Matthias Fischer
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Registriert: Fr 17. Aug 2018, 16:48

Re: Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Beitrag von Matthias Fischer »


Hallo Jörg,

Keileschneiden war in meiner Lehre eine bevorzugte "Stiftearbeit":-)
Also 5 mm waren unsere Keile nicht nur stark.
Wir haben zuerst Brettreste mit der Dickte auf das genaue Maß des Zapfenloches gehobelt (also genauso stark wie die Zapfen) und dann darauf in etwa 18cm Abständen (bin mir aber nicht sicher!) einen Riß gemacht. Dann wurden auf der Kreissäge die Keile eingeschnitten, immer eine Seite schräg, die andere musste gerade bleiben.Es wurde also immer bis zum Riß eingesägt, ein Schnitt neben dem andern. Dann wurde abgelängt, wobei die Keile jetzt einzeln waren, dann weiter bis zum nächsten Riß u.s.w.
Die Keile waren am spitzen Ende nicht wirlkich spitz, sondern etwa noch 2-3 mm stark und am "dicken Ende" unterschiedlich breit, so etwa von 12-25 mm. Also auf keinen Fall sahen alle Keile 100% gleich aus. Beim Verkeilen hat man sich dann seine passenden Keile rausgesucht.
Die Spitzen wurden dann noch auf der Bandsäge etwas gebrochen, die Keile sahen dann vorn etwa so aus wie ein Stemmeisen, also mit einer Fase.
Man kann sich auch eine Schneidlade für Keile basteln, ich versuche mal ein Skizze zu machen.



Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Lieber Mathias,

danke für Deine ausführliche Antwort. Allerdings verstehe ich so manches nicht ganz: Waren die Keile tatsächlich 18 cm lang? Das kommt mir etwas viel vor. Bei einer typischen Rahmenbreite von 12 cm brauchte der Keil doch nicht länger als 10 cm sein oder?

Dann zu den unterschiedlichen Maßen: wenn der Keil "frei Schnauze" geschnitten wird, wie passt er dann zum Zapfenloch? Die Steigung von Keil und Zapfenloch sollen doch genau aufeinander abgestimmt sein. Wurde der konische Teil im Zapfenloch auch nach Gefühl gestemmt und dann beides durch sortieren und ausprobieren passend zueinander ausgewählt?

Gruß
Jörg

Matthias Fischer
Beiträge: 128
Registriert: Fr 17. Aug 2018, 16:48

Re: Gestemmte Tür - Keildimensionen?

Beitrag von Matthias Fischer »


Hallo Jörg,

ja, die Keile waren tatsächlich so lang, wobei ich sagen muß, dass wir fast ausschließlich Haustüren von 68mm Stärke gebaut haben, die Rahmen waren da etwas breiter wie 12cm. Aber lieber zu lang als zu kurz, oder? Am Ende werden die Keile eh abgeschnitten. Zum schneiden "frei Schnauze" mußt du wissen, dass die Zapfenlöcher mit einem Kettenstemmer gestemmt wurden. Das sah in der Praxis so aus, dass das Zapfenloch an der Außenseite etwas breiter angerissen wurde und dann auch breiter gestemmt wurde, dann aber die Stemmgarnitur langsam in Richtung Lochmitte gerückt wurde. So wurde das Zapfenloch dann etwas konisch. Wichtig war, dass keine Absätze entstehen, wo der Keil dann anstoßen könnte. So waren also die Zapfenlöcher auch nicht 100%ig gleich. Natürlich kann man das auch sehr genau machen und die Keile besser anpassen.
Es wurde dann aber nicht mehr viel rumgetestet mit den Keilen, es wurde Leim an die Zapfen gegeben, zusammengesteckt und die Keile ausgesucht (davon gabs einen ganzen Korb voll), natürlich sollte der Keil nicht nur 1 cm tief einzuschieben sein, sondern wenigstens bis zur Hälfte, den Rest macht der Hammer.
Auf der anderen Seite soll der Keil auch an der Außenseite dicht werden.
Das Problem ist wohl das man das garnicht groß ausprobieren kann, wenn du einmal mit dem Hammer auf den Keil schlägst, bekommst du den wahrscheinlich schon nicht mehr raus. Mein Gesellenstück ist eine Haustür aus Eiche, 68 mm stark mit Isolierglas und Füllungen, alleine kann ich die nicht anheben. Die Tür ist jetzt seit 1993 im Haus meiner Eltern eingebaut, alle gekeilten Verbindungen sind so sicht wie am ersten Tag (aber eine Füllung ist gerissen:-)
Mach doch einfach mal eine Probeverkeilung an zwei Abfallstücken?!

Grüße!
Matthias



Jörg Ed. Hartge
Beiträge: 270
Registriert: Do 14. Aug 2014, 06:02

Re: Danke

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Lieber Mathias,

danke für die Erläuterungen. Das hilft weiter und beruhigt.

Um eine Probeverkeilung wollte ich mich eigentlich rumdrücken - aber ich glaube ich werde mich nun nach Deinem Rat richten. Wenn die Rahmenteile erstmal mit Leim zusammengesteckt sind und der erste Keil gesetzt ist, gibt's kein Zurück mehr. Wenn man dann die Keile falsch geschnitten hat, ist alles im A...

Also Versuch macht kluch

Gruß
Jörgh

Matthias
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Registriert: Di 13. Jan 2015, 19:41

Re: Danke

Beitrag von Matthias »


Hallo Jörg,

sehr gern geschehen. Ich möchte das auch mal wieder machen aber dazu fehlen mir die Möglichkeiten. Ich denke ausser bei den kleinen Krautern werden wohl heute kaum noch gestemmte Türen gefertigt, oder? Heute gibts Dübelautomaten...wobei ich mich frage ob, das wirklich ein Fortschritt ist. Immerhin werden dabei die Dübelstangen in die stumpf abgesetzten Hölzer gesteckt und dann alles mit Leim zusammengepresst (natürlich pneumatisch!:-) Am Ende überdeckt sich doch dann nur das Profil mit dem Konterprofil. Möchte mal wissen ob da nicht doch manchmal der Wind durchpfeift:-)

Viele Grüße!
Matthias

Andreas Winkler
Beiträge: 1134
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Danke

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Matthias,

ich finde, Du tust einer gedübelten Rahemecke etwas unrecht. Offensichtlich ist sie leichter herzustellen als eine gestemmte (zumindest in einer Schreinerei mit der üblichen Maschinenausstattung). Dies hat jedoch den Vorteil, daß lange nicht so viele Fehler gemacht werden können. Schließlich führt nicht jeder Schreiner seine Arbeit gewissenhaft aus !
In der Berufschule mussten wir mal eine gestemmte Übungsecke herstellen. Nach Art wie sie hier im Forum beschrieben wurde. Zur Benotung wurde die Ecke dann in der Mitte durchgeschnitten.
Ergebnis: überwiegend mangelhaft. Die Anordnung Keile war sehr oft vollkommen falsch (hatten nur einen Druckpunkt, nicht eine längere Druckfläche usw.), teilweise wurde zuwenig Leim aufgetragen, die Zapfen waren zu klein usw. - viele mögliche Fehlerquellen. Man kann halt normalerweise nicht in die Ecke hineinschauen.
Bei einer gedübelten Ecke muß man auch aufpassen, jedoch kann man eben nicht so viel falsch machen.
Mit dem "Wind durch die Brüstungsfuge pfeifen" gebe ich Dir schon recht. Bei manch einem Gartentor (-tür,-türchen) kann man, wenn es längere Zeit sehr trocken gewesen ist, durch die Fuge hindurch schauen. Man sieht dann zwei oder drei Dübel und das Licht von der anderern Seite.
Entweder man hat ein Konterprofil, man muß einen kleinen Nutzapfen anarbeiten, man überfälzt die Ecke oder man fräst eine kleine Feder in die Ecke ein, dann müsste eigentlich dicht sein.
Ich denke, daß bei der heutigen Leimquälitat eine (korrekt) gedübelte Ecke gebauso gut hält wie eine gestemmte, gezapfte (zumindest bei den für Haus- bzw. Zimmertüren üblichen Querschnitten).

Gruß, Andreas


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Sagt mal

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #98754]
Hallo,
mit großem respekt habe ich verfolgt was mein gestemmten und verkeilten Türblättern alles wisen muß, bzw, alles nicht wissen kann. Jetzt mal eine ganz dumme Frage:

Warum werden Schlitz und Zapfen nicht durch Holznägel gesichert?

Viele Grüße, Christof.

j.tuschy

Re: Sagt mal

Beitrag von j.tuschy »


hallo ! in frankreich oft. hier wohl nicht , weil ästheten die holznägel auf der fläche nicht ertragen. Konstruktiv sollten sie nicht an einer außentüre dem wetter ausgesetzt werden, weil dort wasser eintreten könnte. viele grüße j.tuschy

Ulrich Bergmann

Re: Sagt mal

Beitrag von Ulrich Bergmann »


Hallo Christof, in Spannagel seinem Turen-Buch wird genau das ("die verbohrte Tur") als völlig solide und vielleicht etwas zu Unrecht aus der Mode gekommene Alternative beschrieben (auch vor dem Hintergrund, dass man beim Verkeilen so viel falsch machen kann). Allerdings behandelt das Buch nur Innenturen, und die im vorigen Beitrag angesprochene Witterungsanfälligkeit mag die allgemeine Anwendung verhindern.

Gruss Uli

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