Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Verfasst: Do 15. Jan 2004, 00:28
Ich habe mir im Dezember eine eiserne Raubank ungewöhnlicher Bauart zugelegt, eine Lie Nielsen 7 1/2 , in der das Eisen unter 12° eingebaut ist, mit Fase oben. Der Link zeigt sie:
http://www.lie-nielsen.com/tool.html?id=7-1/2&cart=1074119370229258
Sie hat die Abmessungen einer normalen #7- Raubank. In Wirklichkeit ist sie allerdings nicht so breit wie sie auf diesem Bild erscheint, sondern eher sehr schmal (nur 72 mm breit bei einer Eisenbreite von 59 mm, und 550 mm lang) und relativ leicht, nicht schwerer als ein Stanley #7. .
Die Anschaffung war die Folge erheblicher Schwierigkeiten, die ich bei der Bearbeitung von extrem hartem Ahornholz mit meinen beiden Stanley- Raubänken (#7 und #8, beide mit Hock- Eisen nachgerüstet) hatte: Sie neigten im Tangentialschnitt immer wieder zum Rattern: Das Eisen hakte unregelmäßig ein, eine glatte Fläche war dann unmöglich.
Von einem Flachwinkelhobel, dessen Eisen viel starrer abgestützt wird, erwartete ich ein besseres Verhalten. Ich habe das in einem amerikanischen Forum (WC) diskutiert. Es war, wie es sein soll: Mir wurden Ratschläge gegeben, wie ich das Verhalten meiner Stanleys verbesern könnte, aber auch, mir eine Flachwinkel- Raubank zu besorgen. Das habe ich denn auch getan.
Der Hobel ist ein wunderschönes Stück Maschinenbau. Äußerst einfach, nicht viel mehr als ein präzise bearbeiteter Klumpen Eisen mit Holzgriffen und deshalb auch etwas preiswerter als Hobel von Lie-Nielsen sonst so sind.
Das Eisen ist unglaubliche 6mm dick, fast ein Faustkeil. Es war perfekt plan (nicht selbstverständlich!), mit einem Keilwinkel von 25° geschliffen und sogar leicht abgezogen. Resultierender Schnittwinkel: 12° Bettungwinkel + 25° Keilwinkel= 37°!. Etwas ungewöhnlich. Ich habe es so ausprobiert. Ein wunderbarer Schnitt, keinerlei Rattern, ein schöner Span.Und ein fürchterliches Ausreißen (ich muss zugeben, der deutsche Begriff fällt mir jetzt nicht ein, tearout sagen die Amerikaner). So ging es also nicht.
Man muss dazu sagen: Diese Raubank hat (im Gegensatz zu vielen gängigen Flachwinkelhobeln) kein verstellbares Maul, das wäre sehr aufwendig gewesen und wurde eingespart. Die Maulweite beträgt etwa 2,5 mm, das ist sicher eher typisch für einen Holzhobel.
Ich habe dann zuerst eine Mikrofase unter gut 30° angebracht. Schon besser, aber bei dickeren Spänen kam es trotzdem zu fürchterlichen Ausrissen in der Fläche; ich denke, diese Späne überrennen die winzige Mikrofase einfach.
Als nächstes: Eine unter 33° geschlifene Fase und eine unter 38° abgezogene Mikrofase. Das ist viel besser. Meistens erhält man eine saubere Fläche. Für unproblematisches Holz sicher schon sehr gut. Aber: Der Kraftbedarf ist schon recht groß, da wird Hobeln wirklich Arbeit.
Nächster Schritt: Verengung des Hobelmaules durch zwei dünne Kartonblätter (Akten- Trennblätter, zusammen etwa 0,5 mm dick), die unter dem Eisen auf dem Bett liegen. Ergebnis: Das Maul ist jetzt sehr eng. Praktisch keinerlei Ausrisse mehr (allerdings ist der Hobel so natürlich nur noch für feine Späne geeignet). Und als besonderer Gag: Die etwas elastische Bettung des Eisens ergibt ein wunderbar feinfühlige Spandickeneinstellung, indem einfach die Schraube an der Klappe (die das Eisen auf das Bett presst) etwas fester oder loser angezogen wird. Die Kartonblätter sind dringeblieben, fürs Grobe nehme ich meine anderen Raubänke.
Resümee: Ein sehr schöner Hobel, den ich gern benutze. Kann vieles, was meine Stanleys nicht können, aber kann natürlich auch nicht alles.
Friedrich