Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
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Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Ich habe mir im Dezember eine eiserne Raubank ungewöhnlicher Bauart zugelegt, eine Lie Nielsen 7 1/2 , in der das Eisen unter 12° eingebaut ist, mit Fase oben. Der Link zeigt sie:
http://www.lie-nielsen.com/tool.html?id=7-1/2&cart=1074119370229258
Sie hat die Abmessungen einer normalen #7- Raubank. In Wirklichkeit ist sie allerdings nicht so breit wie sie auf diesem Bild erscheint, sondern eher sehr schmal (nur 72 mm breit bei einer Eisenbreite von 59 mm, und 550 mm lang) und relativ leicht, nicht schwerer als ein Stanley #7. .
Die Anschaffung war die Folge erheblicher Schwierigkeiten, die ich bei der Bearbeitung von extrem hartem Ahornholz mit meinen beiden Stanley- Raubänken (#7 und #8, beide mit Hock- Eisen nachgerüstet) hatte: Sie neigten im Tangentialschnitt immer wieder zum Rattern: Das Eisen hakte unregelmäßig ein, eine glatte Fläche war dann unmöglich.
Von einem Flachwinkelhobel, dessen Eisen viel starrer abgestützt wird, erwartete ich ein besseres Verhalten. Ich habe das in einem amerikanischen Forum (WC) diskutiert. Es war, wie es sein soll: Mir wurden Ratschläge gegeben, wie ich das Verhalten meiner Stanleys verbesern könnte, aber auch, mir eine Flachwinkel- Raubank zu besorgen. Das habe ich denn auch getan.
Der Hobel ist ein wunderschönes Stück Maschinenbau. Äußerst einfach, nicht viel mehr als ein präzise bearbeiteter Klumpen Eisen mit Holzgriffen und deshalb auch etwas preiswerter als Hobel von Lie-Nielsen sonst so sind.
Das Eisen ist unglaubliche 6mm dick, fast ein Faustkeil. Es war perfekt plan (nicht selbstverständlich!), mit einem Keilwinkel von 25° geschliffen und sogar leicht abgezogen. Resultierender Schnittwinkel: 12° Bettungwinkel + 25° Keilwinkel= 37°!. Etwas ungewöhnlich. Ich habe es so ausprobiert. Ein wunderbarer Schnitt, keinerlei Rattern, ein schöner Span.Und ein fürchterliches Ausreißen (ich muss zugeben, der deutsche Begriff fällt mir jetzt nicht ein, tearout sagen die Amerikaner). So ging es also nicht.
Man muss dazu sagen: Diese Raubank hat (im Gegensatz zu vielen gängigen Flachwinkelhobeln) kein verstellbares Maul, das wäre sehr aufwendig gewesen und wurde eingespart. Die Maulweite beträgt etwa 2,5 mm, das ist sicher eher typisch für einen Holzhobel.
Ich habe dann zuerst eine Mikrofase unter gut 30° angebracht. Schon besser, aber bei dickeren Spänen kam es trotzdem zu fürchterlichen Ausrissen in der Fläche; ich denke, diese Späne überrennen die winzige Mikrofase einfach.
Als nächstes: Eine unter 33° geschlifene Fase und eine unter 38° abgezogene Mikrofase. Das ist viel besser. Meistens erhält man eine saubere Fläche. Für unproblematisches Holz sicher schon sehr gut. Aber: Der Kraftbedarf ist schon recht groß, da wird Hobeln wirklich Arbeit.
Nächster Schritt: Verengung des Hobelmaules durch zwei dünne Kartonblätter (Akten- Trennblätter, zusammen etwa 0,5 mm dick), die unter dem Eisen auf dem Bett liegen. Ergebnis: Das Maul ist jetzt sehr eng. Praktisch keinerlei Ausrisse mehr (allerdings ist der Hobel so natürlich nur noch für feine Späne geeignet). Und als besonderer Gag: Die etwas elastische Bettung des Eisens ergibt ein wunderbar feinfühlige Spandickeneinstellung, indem einfach die Schraube an der Klappe (die das Eisen auf das Bett presst) etwas fester oder loser angezogen wird. Die Kartonblätter sind dringeblieben, fürs Grobe nehme ich meine anderen Raubänke.
Resümee: Ein sehr schöner Hobel, den ich gern benutze. Kann vieles, was meine Stanleys nicht können, aber kann natürlich auch nicht alles.
Friedrich
Nur so zum Verständnis
Es handelt sich also um einen Flachwinkelhobel, aber gute Ergebnisse liefert er erst, wenn die Fase mit 38° abgezogen ist. Zusammen mit dem Bettungswinkel macht das dann einen Schnittwinkel von 50°, der i.d.R. einem deutschen Putzhobel entspricht. Das Maul hast Du enger gestellt und somit handelt es sich im Prinzip doch um einen Putzhobel, der durch seine Länge zudem eine Abrichtfunktion hat. Ich vermute mal, daß die Dicke des Hobeleisens auch wesentlich zum Ergebnis beiträgt. Alternativ könnte man sich eine Hobeleisen à la Krenov bei Dieter besorgen (ca. 5mm dick) und einen Holzhobel mit dem Schnittwinkel bauen und das Maul super eng halten. Den kann man dann für ca. 70 Euro herstellen.
Bitte versteh' mich jetzt nicht falsch Friedrich, das ist wirklich ein schöner Hobel, ich wollte nur mal die Low-Cost Alternative aufweisen.
Beste Grüße,
Oliver
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Re: Nur so zum Verständnis
... und die Länge entspricht dann einer Kurzrauhbank!?
Ich meine wenn man die Version von Oliver weiter denkt.
Berthold
PS.
@ Friedrich - Deine neue Kreissäge ist ja auf den Fotos jetzt auch zu sehen. Leider ist der Schrank - oder Kasten - mit den Hobeln nicht richtig zu sehen. Schade, das ist doch so interessant.
Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
[In Antwort auf #97763]
Hallo Friederich,
und den Preis in USD 295;00 habe ich auch richtig gelesen?
Gruß
Bernhard
Hallo Friederich,
und den Preis in USD 295;00 habe ich auch richtig gelesen?
Gruß
Bernhard
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Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Hallo Bernhardt
ja, hast Du richtig gelesen. Ich weiss nicht: überrascht es Dich nach oben oder nach unten? Falls ersteres: Ich finde auch, dass dieser Hobel ein Luxusgut ist. Aber ich vergleiche sowas gern mit den Zubehörpreisen der Autohersteller. Dann relativiert es sich. Ich selbst habe zur Finanzierung einen guten Kurzwellenempfänger vertickt (Hobbyaufgabe), das kam ungefähr hin.
Friedrich
Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Hallo Friederich,
verglichen mit dem Preis eines guten E-Handhobels ist der Preis hoch. Allerdings habe ich gerade eine Raubank von Ulmia in der Bestellung (meine erste Raubank)und die liegt im Preis ähnlich. Werde dann meine ersten "Handversuche" machen und schauen, wie der Vergleich zu den Maschinenergebnissen ist.
Gruß
Bernhard
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Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Hallo Bernhard, E- Hobel mit Handhobeln vergleichen? versuch einmal das herrliche Geräusch eines Handhobels mit einem E-Hobel zu erzeugen..... vom Ergebnis ganz zu schweigen!
Gruß Volker
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Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Einmal abgesehen von den ästhetischen Seiten von Handwerkzeugen ist doch wohl das Ergebnis in der Oberflächengüte nicht vergleichbar. Da hilft schon eine leichte Vergrößerung unter dem Mikrosskop um die unterschiedliche Faserstruktur für sich sprechen zu lassen: es liegen Welten dazwischen... Offen gesagt einen Elektohobel als Putzhobel zu verwenden wird wohl kaum einem Einfallen..
Im übrigen denke ich, ist es eine Frage der Prioritäten, die man in seiner Liebhaberei oder Beruf setzen möchte oder kann. Einen Lie-Nielsen 7 1/2 für rund 300 $ kann wohl nicht für überzogen eingestuft werden, wenn man denn wirklich davon in seiner Arbeit profitiert. Auch wenn die Werkstatt- Minimalausstattung eigentlich nie daran hindert, gute Arbeit zu leisten, wenn auch diese Werkzeuge eine gewisse Güte aufweisen, sind es in doch oft die besonderen Hobel und Werkzeuge, die schwierigen Situationen Zeit und Kraft für Überragendes übrig lassen. Beim Ausarbeiten einer Spanrinne an einer Geigendecke kann ich sicherlich auch nur einen entsprechenden Hohlbeitel und Ziehklingen verwenden, aber oft wird doch nur mit Hilfe des kleinen 5mm Hobels (hier das entgegengesetzte Extrem zum 7 1/2), der Zustand in kurzer Zeit erreicht, den man auch wirklich anstrebt. Gerade bei schwierigem Faserverlauf würde ich solch einen Flachwinkelhobel, wenn auch in meinem Bereich nicht unbedingt in dieser Größe, gerne zur Hand haben.
Herzlichen Dank noch an Friedrich Kollenrott: Ihren Beitrag fand ich sehr
hilfreich und denke, daß gerade dieser Erfahrungsaustausch das Forum lesenswert macht.
Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
Hallo Leute,
jetzt habe ich aber ins Wespennest gestochen. Ich gestehe, daß ich bis jetzt Möbel - und ich glaube ganz ordentliche, nur mit E-Werkzeugen hergestellt habe. Natürlich habe ich auch ab und zu Stechbeitel der Marke Kirschen eingesetzt.
Neugierig auf Handwerkzeuge bin ich erst hier im Forum geworden. Unter anderem durch die Beiträge von Berthold auf seiner Homepage und durch den Bericht von Friederich. Da meine Ulmia Raubank schon in der Bestellung ist, werde ich in naher Zukunft von dem Ergebnis berichten. Mal schauen, ob aus mir auch ein passabler "Handwerker" wird.
Gruß
Bernhard
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Re: Lie- Nielsen 7 ½: Eine ungewöhnliche Raubank
[In Antwort auf #97777]
Sorry wahr nicht ganz so erstgemeint.....ich besitze auch eine E-Hobel, benutze ihn aber nur noch in Außnahmefällen
Groß Volker
Sorry wahr nicht ganz so erstgemeint.....ich besitze auch eine E-Hobel, benutze ihn aber nur noch in Außnahmefällen
Groß Volker