Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Jörg Ed. Hartge
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Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Derzeit baue ich gerade einen neuen Futterrahmen für ein altes Türblatt. In Ermangelung genügend starker Bretter habe ich entschlossen, die nötige Materialstärke durch das Aufeinanderleimen zweier 18-mm-Bretter zu erreichen.

Nachdem ich diesen Gedanken in die Tat umgesetzt habe, stelle ich nach dem Behobeln der Kanten fest, dass der Pressdruck doch etwas höher hätte sein können (obwohl die bekannte "Leimschnur" rundherum ausgetreten war). Es ist keine Katastrophe, dass Teil ist m. E. durchaus noch verwendbar, aber um für die Zukunft Schlimmerem vorzubeugen folgende Frage an die Experten:

Gibt es eine Faustformel, mit der man die Zahl der nötigen Zwingen abhängig von der Leimfläche berechnen kann?

Gruß um Neuen Jahr!
Jörg

P. S.: Meine Leimfläche hatte eine Größe von 90 x 2400 mm². Angesetzt hatte ich insgesamt 18 Zwingen unterschiedlicher Größe.


Siegrist Michel
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen? *MIT BILD*

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo Jörg,

der Pressdruck beim verleimen sollte zwischen 1-2N/mm² sein.

Das heist in deinem konkreten Beispiel:

90 x 2400 mm
Wenn wir einen Pressdruck von 1.5N/mm² nehmen

90 x 2400 = 216000mm²

Erforderlicher Pressdruck:

216000mm² x 1.5 N/mm² = 324000N oder 324kN ( 1kN = 101.936kg)

Das heist auf Deutsch ;-) du brauchst 33027.5 kg Druck!!! Man rechnet bei einer guten Besseyzwinge im Schnitt 500-700 kg oder (4.9-6.8 kN)Die Klemsiazwinge reicht da nicht!!! Viel vergnügen beim Zwingenmontieren sind ja nur ca 60 Zwingen, dazu kommt noch, dass der Weissleim eine offene Zeit (je nach Temperatur des Holzes, Rauluft und Leimtemp.) von ca 5-15 Minuten. Man rechne: 15/60 = 4 Zwingen pro Minute. ;-)

Noch eine Bemerkung am Rande:

Unsere Furnier - Presse hat ein Fläche von 2.5x1m und kann 600 Tonnen Druck erzeugen! Entspricht ca 1200 Schrauzwingen.

mfg Michel



Siegrist Michel
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen? *MIT BILD*

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo Jörg,

hier noch ein Bild, wie man Bogenbinder (Brettschichtholz) verleimt!

mfg Michel

PS: Na ist ein Lichtlein aufgegangen??? ;-)

Oliver Montué

Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Oliver Montué »

[In Antwort auf #97530]
könnte man sich alternativ mit Sandsäcken oder Ähnlichem behelfen und nur ein paar Zwingen ansetzen, damit nicht alles verrutscht?

Bis dann,
Oliver

Dirk Boehmer
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Dirk Boehmer »

[In Antwort auf #97544]
Hallo,

hm, das kommt mir irgendwie ein bischen viel vor. Normalerweise sage man, dass der Druck auch nicht zu gross sein soll. Wenn 30 t auf dieser kleinen Leiste liegen, wird doch bestimmt der ganze Leim aussen wieder rausgedrueckt, oder?

Friedrich Kollenrott
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #97530]
Also-

Der Michel hat im Grunde schon recht mit seinem Rechenexempel, auch wenn der Pressdruck doch ein wenig niedriger sein darf. Ich habe mal bei Rakoll nachgesehen, die geben für ihren D 300- Leim einen empfohlenen Pressdruck von 0,5 N/mm² an. Ich erlaube mir mal, dazu den Link anzugeben (es ist das Datenblatt zur Verarbeitung):

http://www.rakoll.com/pdf/merk/deutsch/SONSTIGE/D-300.pdf

Wenn ich für ein Möbelbein zwei Teile mit der Fläche 860x 60mm zusammenleime (das mach ich gerade, daher die Maße), brauche ich für diesen Fugendruck eine Presskraft von 25.800 N, das wäre also die Gewichtskraft von 2 1/2 Tonnen. Das heißt: Mit genug einigermaßen eng gesetzten Zwingen machbar. Sandsäcke oder ähnliches sind reine Augenwischerei.

In der Praxis muss man doch auch berücksichtigen, dass die zu verleimenden Flächen unter Umständen nicht pefekt abgerichtet sind und durch die Presskraft auch noch zusammengebracht werden müssen, trotzdem muss überall auch noch ein Fugendruck erreicht werden.

Schlussfolgerung: Zwingen kann man nie genug haben. Und grossflächige Verleimungen sind mit den Mitteln des Freizeittischlers nur eingeschränkt möglich.

Friedrich


Jörg Ed. Hartge
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »


Der Siegrist hat schon recht mit seinem großen Pressdruck. Die Bedenken, dass "der ganze Leim wieder rausgedrückt wird", sind unberechtigt. Der Leim soll im Wesentlichen nur in den Poren sitzen (steht schon beim Spannagel) und der Leimfilm so dünn wie möglich sein. Dicke Leimschichten erhöhen nicht, sondern vermindern die Festigkeit.

Gruß
Jörg

Jörg Ed. Hartge
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Jörg Ed. Hartge »

[In Antwort auf #97545]
Lieber Siegrist,

danke für Deine prompten Antworten! Also das heißt: eigentlicht geht's gar nicht.

Na, ja, ich denke dass man mit ein paar Zwingen weniger zumindet auch noch ein zufriedenstellendes Ergebnis hinkriegt, zumindest wenn die Ansprüche nicht zu hoch sind. Ich konnte übrigens im nachhinein feststellen, dass überall dort, wo eine Bessey-Zwinge TG 25 saß, die Fuge auf einer Länge von ca. 15 cm einwandfrei aussah (leider habe ich davon nur 6 Stück). Dort, wo eine TG 16 oder noch kleinere Zwinge saß, traten die Probleme auf.

Ich gedachte eigentlich meinen Bestand an kleineren Zwingen aufzustocken. Nach dieser Erfahrung werde ich mich nun aber doch auf die TG 25 konzentrieren.

Aus Deinen Zahlen entnehme ich, dass man Pi mal Daumen pro 40-50 cm² eine Zwinge braucht (zumindest nach Lehrbuch), was bei normalen Brettstärken ungefähr alle 20 cm eine Zwinge bedeutet. Dies werde ich mir als Richtwert merken.

Gruß
Jörg

Siegrist Michel
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Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Siegrist Michel »

[In Antwort auf #97571]
Hallo Friedrich,

"Der Michel hat im Grunde schon recht mit seinem Rechenexempel, auch wenn der Pressdruck doch ein wenig niedriger sein darf. Ich habe mal bei Rakoll nachgesehen, die geben für ihren D 300- Leim einen empfohlenen Pressdruck von 0,5 N/mm² an. Ich erlaube mir mal, dazu den Link anzugeben (es ist das Datenblatt zur Verarbeitung): "

Theoretisch reicht ein Pressdruck von 0.5 N/mm² aus. Theoretisch!!! Aber wie du schon erwähnt hast setzt dieser Druck eine optimale Fugenpassgenauigkeit voraus!
Wenn wir Leimholz, Brett an Brett fügen kriegt man das in den meisten Fällen hin. Aber sobald breitere Flächen abzurichten sind und wir pro Brett eine Toleranz von +-0.5mm haben ergibt dass im dümmsten Falle eine Fuge von 1mm. Eine optimale Leimfuge sollte so schmal wie nur Möglich sein 0.2mm ist ein guter Wert.

Also benötigen wir noch zusätzlichen Pressdruck um die offenen Fugen zu schliessen. Je nach Einsatzgebiet der Verklebung stellen sich unterschiedliche Anforderungen an die Leimfuge. 1.0N dürfte in den meisten Fällen auch genügen. Tiefer würde ich persönlich nicht gehen, denn die Tücke einer Leimfuge ist, dass man erst erkennt, dass sie zu schwach ausgebildet wurde, wenn sie von einander fällt! Man denke dabei an einen Bogenbinder oder sonstige Konstrucktionteile!!! Nur wird dort auch eine andere Leimart als im "Hobby-Bereich" eingestetz und ist ohne Madchinellen Pressdruck gar nicht mehr herzustellen.

mfg Michel

PS: Die Faustregel alle 15-20cm eine Zwinge ist gut. Würde auf 2400mm links und recht ca. 24-32 Zwingen (aber solche, die man auch anziehen darf, ohne dass man fürchten muss es knallt) geben. Wenn man die Zwingen noch gegenseitig versetz ist der Druck gut verteilt. Und man hatt einen Pressdruck von ca 1N/mm2

Johannes Tuschy

Re: Pressdruck beim Leimen - Anzahl der Zwingen?

Beitrag von Johannes Tuschy »

[In Antwort auf #97571]
Hallo ! Beidseitig alle 200 mm eine Zwinge ist schon richtig. Aber es geht auch mit weniger, wenn man auf die ganze Fläche verteilt Zulagen nimmt.Auf die Hobelbank gespannt und oben ganzflächig 2-3 gehobelte zöllige Bretter drauf dürften auch weniger Zwingen reichen. Vielleicht gibt`s ja auch in irgendeiner Gartenecke auch noch nen Haufen Kalksandsteine.
Viele Grüße Johannes Tuschy

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