Hallo,
ich möchte wie in dem Thread über den Gummihammer erwähnt gerne den Bau eines kleinen Hockers in Windsor-Bauweise vorstellen.
Als erstes sei auf Curtis Buchanan und Peter Galbert verwiesen, denen ich so ziemlich alles abgeschaut habe, was ich hier nun zeige. Die Videos von Curtis auf Youtube sind einfach der Hammer. Wer die noch nicht gesehen hat: unbedingt anschauen, absolut sehenswert, auch wenn man kein Interesse am Selbstbau eines Stuhles haben sollte.
Der Ausgangspunkt war ein Stück Lindenholz aus dem ich eine Scheibe mit der Bandsäge gschnitten habe. Das erste Bild zeigt den Rohling schon mit den gebohrten 5/8" Löchern. Die Winkelgeometrie eines Hockers mit im Quadrat angeordneten Beinen ist deutlich leichter nachzuvollziehen als die eines "ausgewachsenen" Windsorstuhls mit unterschiedlichen "rake" und "splay"-Winkeln, dh. der Neigung der Beine nach vorne und hinten bzw. nach rechts und links. Alle vier Löcher sind mit nur einer Schmiege als optischem Hilfsmittel gebohrt worden. Der Trick besteht darin einen Fluchtwinkel zu finden, aus dem betrachtet das Bein als rechtwinkling stehend erscheint. Bei meinem Hocker ist das leicht - zwei Mittellinien die im rechten winkel zueinander stehen. Die Schmiege (mit 15° bzw. 105° Schräge eingestellt) wird dann auf dieser Fluchtlinie gestellt und der Bohrer daran ausgerichtet.

Als nächstes habe ich die vier Beine aus gespaltener Birke gedrechselt. Ich habe mich für die (einfacher zu drechselnde) Bambus-Form entschieden. Trotzdem muss ich noch kräftig üben; man beachte die ungleichmäßigen Einschnürungen...

Hier habe ich die Platte mit Niederhaltern zum Reiben eingespannt.

Die Beine haben einen konischen Zapfen angedreht, der nun auch ein konisches Loch benötigt. Dazu habe ich mir einen Aufreiber aus Eschenholz und einem alten Sägeblatt angefertigt. Der eingeschlossene Konus beträgt 6°. Um nun die Löcher im richtigen Winkel aufzureiben, stelle ich die Schmiege auf 12° (also um den halben Konuswinkel kleiner) ein. Nun kann ich die Schmiege an den Aufreiber heranschieben und den Winkel überprüfen.

Hier passt der Winkel noch nicht ganz, d.h. ich muss den Aufreiber beim Reibvorgang in die entsprechende Richtung (auf dem Bild nach rechts) drücken und wieder auf Kurs bringen.

Nun stimmt der Winkel in dieser Richtung.

Seitlich lässt sich die Richtung dadurch halten, dass man über die Spitze des Aufreibers, entlang eines aufgestellten Winkels auf die entsprechende Fluchtlinie peilt. Ist mit Worten schwer zu beschreiben, funktioniert aber sehr gut.

Mit fortschreitendem Reiben muss auch die Höhe bedacht werden. Dazu benutze ich einen großen Zirkel und steche auf der Innenseite am Beinansatz ein und überprüfe den Abstand zu einem Fixpunkt am jeweiligen Bein (hier die Einschnürung).

Auf diese Weise werden alle vier Beine eingepasst. Dabei muss man drei Punkte im Auge haben: den Winkel zur Schmiege, die Flucht zur Grundlinie und den Durchmesser des Loches bzw. die Höhe des Beines. Da der Aufreiber nur relativ langsam arbeitet, weil er oft gelüftet und von Spänen befreit werden muss, kann man sich mit der nötigen Behutsamkeit an die richtige Passung in alle drei Richtungen herantasten. Wenn der Konus sauber gedreht ist (ich überprüfe das mit einem aufgeriebenen Testloch) ergibt das eine enorm stabile Verbindung, die bei jeder Belastung an Festigkeit zunimmt.
Die vier Beine sind fertig eingepasst und der Hocker sieht langsam wie einer aus, wenn auch noch etwas klobig und wackelig.

Als letztes Bild für diesen Beitrag habe ich noch eine Ansicht wie ich die Längen für die unteren H-förmigen Quersproßen messe. Ich lege Gummibänder an die entsprechende Stelle wo die Sproßen hinsollen und messe dann dort wo die Gummibänder überkreuzt sind. So erhalte ich einen Wert für die Länge "im Zentrum" der Seitensproßen aus dem ich dann die fertige Länge errechne. Doch dazu beim nächsten Mal mehr.

Schöne Grüße,
Tobias