Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsbericht *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Wolfgang_P
Beiträge: 75
Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsbericht *MIT BILD*

Beitrag von Wolfgang_P »


Hallo liebe Holzwerker

Neben den teureren, handgeschmiedeten japanischen Stemmeisen bietet Dieter Schmid unter der Marke Hikoza sogenannte "Standard Stemmeisen" an. Da ich nirgends einen Testbericht über diese Eisen fand, wollte ich das Eisen einmal selbst ausprobieren. Feine Werkzeuge war so freundlich, mir bei meiner letzten Bestellung ein Eisen zum Testen mit zu schicken und ich möchte nun kurz von meinen Erfahrungen berichten.

Das Ergebnis vorweg, für alle, die nur eine schnelle Information wollen: Das Eisen ist sehr gut. Auf 30 Grad Fase / ca 33 Grad Mikrofase geschärft hat es nach dem dritten Schärfen auch bei harten Stemmarbeiten keine Ausbrüche und hält seine Schärfe sehr lange.
Hätte man mir dieses Eisen als Weißpapier-Stahl-Eisen vorgestellt, ich hätte kaum einen Unterschied bemerkt. Es scheint zunächst sogar etwas weniger zu Ausbrüchen als einige teurere Eisen zu neigen. Es mag sein, dass es die Schärfe etwas weniger lange hält, als ein handgeschmiedetes Eisen, sicher bin ich mir da jedoch nicht.

Nun zum Test:

Was wurde verglichen:

Auf meiner Bank lagen folgende Eisen in 12 mm:
Hikoza Oire Nomi
Matsumura
Ioroi, Roteiche Griff
Ioroi, Buchsbaum Griff
Firmer Chisel Hearnshaw Brothers Sheffield (antik)
MHG Lochbeitel

Wie wurde verglichen:

Für den Bau einer kleinen Sägebank aus hartem Buchenholz waren insgesamt 16 Löcher für verkeilte Zapfenverbindungen 5 cm tief auszustemmen. Die Eisen wurde mit einem 500 Gramm Eisenhammer ins Holz getrieben, die empfindlicheren europäischen Hefte mit einem gleich schweren Kunststoff-Schonhammer. Am "Ende" jedes Loches waren die Flanken abzustechen. Dies geschah schabend ohne Hammer, man konnte dabei sehr gut sehen, ob das Eisen noch scharf war. Wenn nicht, wurde es nachgeschärft. Jedes Eisen bekam maximal 3 Chancen.

Das Hikoza Eisen - wie es sich machte:

Das Eisen ist sehr sauber verarbeitet. Den Ring passte ich mit einem Beitel rasch an und bördelte das Griffholz darüber. Die Schneide brauchte nur kurz abgezogen zu werden. Das Eisen war dann nicht nur scharf - beim Rasiertest hüpften die Haare nur so vom Unterarm.

Dann zwei Schläge ins Holz: knack, beide Ecken sind ab. Hm - ab auf den Schruppstein, ordentlich Material abnehmen, Schärfen, abziehen, neuer Versuch. Es geht nun besser voran, nach der Hälfte des Loches schaue ich neugierig auf die Schneide. Von Ferne sieht sie gut aus, bei genauer Betrachtung erinnert sie an ein Brotmesser mit Wellenschliff. Also noch einmal auf den Schruppstein. Diesmal hält die Schneide besser. Das Eisen schafft zwei Löcher, ohne dass ich nachschärfen muss und ist danach immer noch sehr scharf. Es zeigt nicht mehr den Ansatz eines Ausbruches - es arbeitet perfekt.

Ein Wort zu den anderen Japaneisen: Die Eisen aus "Weißpapier"-Stahl zeigten überhaupt keine Ausbrüche - allerdings nur die älteren, gebrauchten. Sie waren gänzlich unbeeindruckt von der Belastung und gingen ins Holz "wie nix".
Eines dieser Eisen jedoch war neu und bröckelte wie ein Weltmeister. Erst nach der vierten oder fünften Behandlung auf dem Schruppstein wurden die Ausbrüche weniger und die Schneide zeigte sich standhafter. Anscheinend muss bei Weißpapierstahl erst eine stärkere Schicht abgeschliffen werden, bevor sich die eigentliche Qualität zeigt. Die ist dann jedoch überzeugend.

Das englische Firmer Chisel brach zwar nicht aus, wurde aber schneller stumpf. Hier waren alle Japaner klar im Vorteil.

Der MHG Lochbeitel war von der Schneidhaltigkeit nicht ganz so gut wie die Japaner, aber deutlich besser als das Firmer Chisel. zwei Löcher ohne Nachschärfen schafft er spielend. Man kann ihn bedenkenlos auch stärker zum Hebeln nutzen. Der Hauptvorteil ist, dass das Eisen sich beim Einschlagen ins Loch nicht verdreht. Bei allen anderen Werkzeugen war dies der Fall. Daher ist der Lochbeitel für mich künftig eindeutig erste Wahl, wenn es um das Ausstemmen von Zapfenlöchern geht.

Zuletzt ein persönliches kleines Fazit zum Hikoza Eisen:
Das Eisen ist von wirklich sehr guter Qualität. Ich würde es auch nicht als Anfänger - oder Einsteigerqualität bezeichnen. Die oberste Schicht des Stahles muss jedoch heruntergeschliffen werden (wie bei den teuren auch). Zwar besitze ich bereits einen kleinen Satz handgeschmiedeter Japaneisen, vielleicht ergänze ich ihn aber in den fehlenden Größen mit den Hikoza - Eisen.

Hier noch ein paar Bilder vom Test:

So kam das Stemmeisen an:


einige Ausbrüche, die aber nach dem dritten Schärfen verschwanden


der Stemmplatz


die fertige Sägebank - hierfür wurden die Löcher gestemmt


Ich hoffe, dieser kleine Erfahrungsbericht ist dem ein oder anderen von Nutzen

Viele Grüße

Wolfgang

Daniel Maier
Beiträge: 157
Registriert: So 21. Jun 2015, 10:18

Re: Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsberic

Beitrag von Daniel Maier »


Danke, Wolfgang,

für Deinen Test und Dein Fazit -

Für mich war es neu, daß es für japanische Eisen wohl üblich ist, anfangs leichter auszubrechen - dachte das wäre nur bei meinen so . . .

Aber richtig angesprochen hat mich das Werkstück, das am Ende dabei heraugekommen ist.
Sieht klasse aus und regt mich an, eine ähnliche Lösung für meine Werkstatt zu bedenken - mich plagt grad das schwierige Thema "Kinder sägen an der Hobelbank" . . .

Bleibt die Frage: Hast Du eine Laubsäge, die entsprechend groß ist? ;-))

Im Ernst: tolle Anregung, Danke,
Daniel

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsberic

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Wolfgang,

vorweg: Eine schöne Sägebank ist das geworden!

Zu Deinem Erfahrungsbericht mit den verschiedenen Stecheisen:

Das Hikoza- Eisen ist ja für ein nicht laminiertes sehr hart, es verwundert nicht dass es ein wenig ausbruchgefährdet ist. Dass diese Sprödigkeit nach den ersten Schärfvorgängen verschwindet, zeigt dass die dünne Schneide beim Härten sehr krass abgeschreckt wird. Man geht da offenbar an die Grenze, auch bei dem laminierten Eisen das ebenfalls Ausbrüche zeigte. Dass die Qualität der traditionell handgefertigten japanischen Eisen deutlich streut, wundert mich nicht, so ist das eben im Handwerk. Auch alte engliche Eisen streuen sehr stark, ich kenne das. Und die Qualität der Eisen aus Sheffield generell eher schlechter als ihr Ruf; schön sind sie trotzdem.

Der Hauptvorteil der dicken Lochbeitel ist meiner Meinung nach nicht die Führung gegen Verdrehen (das ist Übungssache), sondern die sehr lange Fase- dadurch schert das Holz auch noch sauber ab wenn man sehr in die Tiefe geht; ein normal dünnes Eisen würde sich festklemmen.

Ich danke Dir für den Bericht.

Friedrich



Christoph Meyer
Beiträge: 675
Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

Re: Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsberic

Beitrag von Christoph Meyer »

[In Antwort auf #136725]
Hallo Wolfgang,

dein Bericht hat mich ein jap. Zinkenstemmeisen erinnert, das ich vor einiger Zeit bei Dieter gekauft habe. http://www.feinewerkzeuge.de/zinkenstemmeisen.html
Bei dem Eisen gab es an der Schneide auch sehr schnell Ausbrüche, das hat mich genervt, ich habe das aber auf das Nachstechen von Hartholz geschoben. Das Eisen ist mit 64 HRC angegeben und besteht aus Weiß-Papier Stahl. Den Stahl bekommt man wirklich sehr scharf geschliffen, kein anderes Eisen wird so scharf. Es ist auch schon öfter abgezogen worden, ich werde deinen Hinweis aber noch mal probieren und etwas mehr Material entfernen um zu schauen ob es dann besser wird.

Friedrich hat schon vermutet, dass die Schneide zu stark abgekühlt wurde und dadurch die Sprödigkeit verstärkt wird. Das verstehe ich nicht, beim abkühlen wird doch mehr als nur ein paar mm der Schneide abgekühlt, warum ist der erste Bereich dann so betroffen? Kann mir das jemand näher bringen?
Wäre es nicht möglich, dass das Eisen beim Schleifen der Fase zu heiß geworden ist ?

Eine Sägebank ist schon praktisch wenn man viel von Hand sägt, das Projekt steht bei mir auch noch auf dem Plan. Die kann man dann auch als Hocker benutzten.

Viele Grüße
Christoph



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Abschrecken

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Christoph,

es gibt beim Abschreckhärten zwei Effekte die eine ungleichmäßige Härtung bewirken können:

a) Entkohlen der Oberfläche. Wenn der Stahl zu lange im glühenden Zustand gehalten wird, verringert sich der Kohlenstoffgehalt der äußersten Schicht (durch Verbrennen und Diffusion?). Diese Schicht erreicht dann beim Abschreckhärten nicht die Härte der tieferliegenden.

b) ungleiche Abschreckgeschwindigkeit. Der glühende Stahl wird in Öl getaucht und so schlagartig abgekühlt, dabei bildet sich das Härtegefüge Martensit. Die grob vorgeschliffene Schneide ist der dünnste Teil der Klinge, wird außerdem u.U zuerst eingetaucht (das Öl ist noch kalt). Darum kann dort die Abschreckgeschwindigkeit und somit die entstehende Härte und Sprödigkeit besonders hoch sein. Ich vermute, das liegt hier vor.

Ein Überhitzen beim Schleifen würde Härte und Sprödigkeit verringern, das kann also hier nicht die Ursache sein.

Friedrich

Pedder
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Re: Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsberic

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #136725]
Hallo Wolfgang,

Mit Stecheisen bin ich wahrscheinlich bis an mein LEbensende ausgerüstet. Aber Deine Sägebank interessiert mich! Schön geowrden, gibt es noch mehr Bilder? ;o)

Liebe Grüße
Pedder

Christoph Meyer
Beiträge: 675
Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

Danke für die Erklärung! *NM - Ohne Text*

Beitrag von Christoph Meyer »

Horst Entenmann
Beiträge: 1159
Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: Abschrecken

Beitrag von Horst Entenmann »

[In Antwort auf #136737]
Hallo Friedrich,

Mir ist schon als Lehrling mal ein Meißel untergekommen der falsch gehärtet wurde. Das war ein Ölhärter der aber in Wasser abgeschreckt wurde. Dadurch hat der Meißel Risse bekommen und es ist beim Schleifen ein Stück aus der Schneide ausgebrochen. Ich sollte dann den Meißel neu ausschmieden und dabei gingen noch mehr Risse auf, so daß ich ein ganzes Stück vorne abnehmen mußte.
Danach habe den Meister gefragt wie ich den härten soll. Nachdem auf dem Meißel selber nichts zu finden war haben wir ihn erst an der Luft abkühlen lassen und dann die Feilprobe gemacht. Das war zu weich. Danach in Öl, da war er richtig.

Lange Rede kurzer Sinn: Je nach Stahlsorte kann das Abschrecken in Wasser so heftig sein, daß der Stahl reißt. Ich würde vermuten daß das in diesem Fall auch so war, denn weiter hinten, wo das Abschrecken zwangsläufig etwas langsamer erfolgt ist, war es ja dann besser.

Gruß Horst



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Abschrecken

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Horst,

ja, der Werkstoff und die Wärmebehandlung müssen zusammenpassen. Ich kenne das auch noch mit dem Meißelhärten, mit der Tabelle der Anlassfarben, ja, meistens hats geklappt. Aber in der Produktion muss der Wärmebehandlungs"prozess" reproduzierbar durchgeführt werden, sonst streuen die Ergebnisse ganz furchtbar. Trotzdem und deswegen habe ich ja auch immer so leichte Zweifel, wenn ich lese wie die Meisterschmiede das so machen- nach Erfahrung und visueller Beurteilung der Glühfarbe. Bei Wärmebehandlungen ist mein Vertrauen in eine moderne automatische Anlage einfach höher.

Grüße

Friedrich

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Hikoza Oire Nomi - ein kleiner Erfahrungsberic

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #136725]
Schöner Bericht, Wolfgang!

Teilweise war ich beim Bau der Sägebank zugegen, weswegen ich auch verschiedene Eisen beim Stemmen "miterlebt" habe. Das Hikoza-Eisen seltsamerweise aber nicht. Mit dem hast Du in ausschließlich in meiner Abwesenheit gestemmt.

Ich kann das generelle Fazit der anfänglichen Ausbrüche (auch) bei teuren Eisen nur bestätigen. Als ich Ende der 90er einen Satz Iyoroi Weißpapierstahl-Eisen anschaffte, war ich über die hohe Schärfe der Eisen entzückt - und über die zahllosen Ausbrüche an der Schneide selbst bei leichteren Belastungen entsetzt. Das ging soweit, dass ich die Eisen nicht mehr leiden mochte und nur noch für spezielle Arbeiten in dem Bewußtsein einsetzte, dass danach Schärfen angesagt war. Erst nach zahlreichen Nachschärfungen und nach Erhöhung des Schnittwinkels fingen die Eisen an, wieder Spaß zu machen. Jetzt sind alle in einem extrem guten Zustand. Selbst härteste Stemmarbeiten überstehen die Schneiden ohne Ausbrüche und bleiben sehr lange scharf.

Du wirst das bestätigen, denn eines der "alten" Eisen in deinem Test stammt aus meinem Satz.

Man sollte also mit den jap. Eisen etwas Geduld haben und nicht so schnell aufgeben. Der Schnittwinkel sollte mindestens 30° betragen und der erste mm des Eisens sollte weg, wenn es zu Ausbrüchen neigt. Entweder erledigt man das über einen langen Zeitraum durch zahlreiche Nachschärfungen oder -weil man es besser weiß- durch einmaliges Abschleifen der ersten 1 oder 2 mm des Eisens.

Übrigens: ich habe einen Satz Veritas PM-V11-Eisen, die ich sehr schätze. 2 davon hatten auch schnell Zahnlücken - und das bei dem Superstahl! Bei den beiden habe ich sofort 2 mm Eisen abgenommen und das Problem vollständig beseitigt. Zudem haben sie ebenfalls den Winkel von 30° bekommen. Jetzt sind sie sehr stark belastbar und bleiben gefühlt "ewig" scharf. Limitiert werden sie durch die fehlende Zwinge. Es widerstrebt mir, die Eisen mit dem Klüpfel sehr hart zu treiben, obwohl der Stahl das ohne weiteres verträgt.

Vielleicht muß ich wegen der Veritas Griffe nochmal Deine Drechselkünste in Anspruch nehmen, Wolfgang. Eine solide Stahlzwinge würde gut zu den Heften passen :-)

Viele Grüße
Klaus

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