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Transportkistchen *MIT BILD*

Verfasst: Di 12. Nov 2013, 20:24
von Bernd Zimmermann

Hallo Holzwerker,
ich möchte Euch heute in Wort und Bild ein kleines Projekt vorstellen. Es handelt sich um ein Holztransportkistchen, mit dem ich Getränkeutensilien in die Werkstatt mitnehme. Für mich war es ein schönes Übungs- und Lernprojekt bei dem ich ein paar Techniken, mit denen ich mich bisher nur theoretisch auseinandergesetzt hatte, in die Praxis umgesetzt habe.
Die von mir ausgeführten Arbeiten wurden alle mit Handwerkzeugen erledigt. Die einzigen Maschinen, die eingesetzt wurden, war die Motorsäge, die vor vielen Jahren die Kirschbäumchen fällte und stückelte und das Auto, das einige dieser Stämmchen zu mir nach Hause gebracht hat.


Kirschstämmchen Ø 10-20 cm (Bild1)

Selbige habe ich mit dem Fuchsschwanz aufgetrennt, den Splint (war schon ganz schwammig) entfernt und so kleine Holzbrettchen erhalten. Nach dem Sägen gleich immer alles sauber beschriftet, dass ich auch später noch wusste, was zusammengehört.


Ein Teil der Ausbeute nach dem Auftrennen (Bild2)

Diese Holzbrettchen habe ich einseitig grob abgerichtet, gefügt und zu größeren Brettchen verleimt.





Verleimte Einzelbrettchen (Bild3+4)

Wenn es sich ergab habe ich Brettchen mit schöner Maserung zu „bookmatched“ Brettchen verleimt.
Anschließend mit Einsatz diverser Hobel und Handsägen alle Teile auf Maß gebracht (Materialstärke 12 mm)


Boden, kurze Seiten, lange Seiten, senkrechte Träger, Tragegriff (Bild5)

Seitenteile mit Schwalben und Zinken versehen, gestoppte Nuten in den kurzen Seiten, durchgehende in den langen Seiten (alle mit dem Grundhobel gemacht) für den Boden, Boden abplatten, senkrechte Träger mit Zapfenlöchern und eckigen Dübellöchern versehen, am Tragegriff Zapfen absetzen.
Der Tragegriff ist oktagonal, weil ich weder drechseln kann, noch ein fertiges Rundholz verwenden wollte und mir das „rundhobeln“ zu aufwendig erschien.
Eckige Dübellöcher, weil ich hier einmal mit eckigen Dübeln, die aus optischen Gründen nach außen überstehen und stark angefast sind, arbeiten wollte (ich meine, diese Art zu dübeln ist wohl eher bei den amerikanischen Kollegen bekannt).



Alle Holzverbindungen ausgearbeitet, spätere Innenseiten schon geputzt (Bild 6)

Jetzt alles sauber verleimen und verzwingen, aushärten lassen, endbearbeiten (Oberflächen verputzen) und oberflächenbehandeln.
Als Oberflächenbehandlung habe ich zweimal mit (angewärmtem) Leinölfirnis „grundiert“ und anschließend zweimal eine selbstgemixte Ölmischung aufgetragen. Selbstverständlich nach jedem Ölauftrag (wenn er ausgehärtet war) mit 000-Stahlwolle geschliffen.
Verwendete Ölmischung: Mohn-, Kamelien und Orangenöl (riecht so gut) im Verhältnis 1+2+1 gemischt.


Schmalseite mit den überstehenden eckigen Dübeln (Bild7)


Längsseite „bookmatched“ und stellenweise „gestockt“ (Bild8)



Im ersten Einsatz (Bild9)

Es freut mich jedesmal, wenn ich dieses Kistchen bestücke. Denn erstens kann ich jetzt alles was ich brauche auf einmal mit in die Werkstatt nehmen und zweitens bedeutet es, es geht wieder mal zum Holzwerken!

Ich habe bei diesem kleinen, unscheinbaren Projekt jede Menge gelernt, auch durch dieses Forum (meine Frage nach der Bearbeitung von gegenläufigen Faserrichtungen bei „bookmatched“ Brettchen; der entscheidende Hinweis kam von Friedrich!).
• Auftrennen von Holz mit dem Fuchsschwanz und einer uralten Workmate als Sägebock gelingt recht zufriedenstellend (mit der Ryoba und der Gestellsäge funktionierts bei mir noch nicht so wirklich)
• Verbesserung meiner Schärftechnik um tatsächlich (ratten-)scharfe Hobeleisen zu bekommen
• Anschleifen anderer Winkel an die Hobeleisen (als Mikrofase) bzw. einer Rückenfase um (fast) jedem Holz (Faserverlauf) begegnen zu können (Friedrich sei Dank!)
• Zapfenverbindungen muss ich noch kräftig üben
• Schwalbenschwanzverbindungen gelingen schon recht gut, aber noch nicht „perfekt“
• Das Einstellen von Hobeln mit dem Hammer klappt jetzt einwandfrei
• Ein alter Reformputzhobel wurde aus dem Dornröschenschlaf erweckt und arbeitet wieder s**gut
• Eckige Dübel sind in der Tat ein „Stilelement“ (wem´s gefällt)

Viele Grüße
Bernd



Re: Transportkistchen

Verfasst: Di 12. Nov 2013, 21:14
von Christoph Meyer

Hallo Bernd,

tolles Projekt! Das ist ja mal wirklich vom Stamm bis zum fertigen Stück alles selbst gemacht, gefällt mir gut.

Wird der Tragegriff nur über die eckigen Dübel gehalten oder hast du das Holz noch auf der schmalen Seite des Kästchens verleimt?

Viele Grüße
Christoph


Re: Transportkistchen

Verfasst: Di 12. Nov 2013, 23:10
von Uwe.Adler

Hallo Bernd,

eine sehr schöne Kiste hast Du Dir gebaut. Aus dem Rundholz zum Kaffeeträger, mit einer tollen Dokumentation. Gefällt mir sehr gut!

Herzliche Grüße

Uwe


Re: Transportkistchen

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 09:38
von Thomas Schuermann
[In Antwort auf #136304]
Lieber Bernd,

Deine Kiste sieht super aus und kommt für mich gerade wie gerufen! Danke für die tolle Projektvorstellung. Ich habe selbst noch Kirsche hier liegen ...

Herzliche Grüße,

Thomas


Re: Transportkistchen

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 10:46
von Bernd Zimmermann
[In Antwort auf #136306]
Hallo Holzwerker,

erstmal allen vielen Dank für die Lorbeeren.

Christoph: Der Tragegriff ist mit den kurzen Seitenteilen verleimt. Die Dübel sind eine zusätzliche Sicherung und für mich der Reiz mal eckige Dübel auszuprobieren. Die habe ich schon des öfteren auf amerikanischen Holzwerkerseiten gesehen. Allerdings wird dort meist ein kontrastreiches Holz verwendet, welches ich aber gerade nicht zur Hand hatte. Meine Hoffnung war, dass sich das Hirnholz der Dübel beim Ölen dunkler färbt als der Rest. War dann aber leider nicht so.

Uwe: Kaffeeträger stimmt nur ab und zu, denn in der Werkstatt trinke ich eher Tee. Und zwar einen kräftigen Schwarzen und den dann (wie die Engländer, glaube ich zu wissen) mit Milch.

Thomas: Freut mich eine Inspiration gegeben zu haben. Also ran an die Buletten und nicht vergessen die Doku hier einzustellen.

Viele Grüße

Bernd


Re: Transportkistchen

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 14:28
von Friedrich Kollenrott
[In Antwort auf #136304]
Hallo Bernd,

das gefällt mir sehr gut. Ich finde es besonders schön, aus nicht so perfektem Holz etwas zu machen, und dann noch ab Stamm.... Ein bißchen verrückt, aber so soll es sein.

Friedrich




Re: Transportkistchen

Verfasst: Mi 13. Nov 2013, 22:53
von Pedder
[In Antwort auf #136304]
Hallo Bernd,

vielen Dank für diesen BEricht. Dafür komme ich eigentlich immer wieder hier her, für so schöne Berichte.

Liebe Grüße
Pedder


Re: Transportkistchen *MIT BILD*

Verfasst: Do 14. Nov 2013, 13:51
von Bernd Zimmermann

Hallo Holzwerker,

freut mich, dass es Kommentare zu meinem kleinen, unscheinbaren Projekt gibt!

Pedder: Ja, das ist in der Tat das Schöne an diesem Forum, neben kompetenter und schneller Hilfe ab und an auch sehr schöne Dokumentationen. Da ich selbst solche sehr gerne lese, habe ich mir angewöhnt, bei meinen Projekten regelmäßig zu fotografieren (natürlich auch für meine ganz persönliche Dokumentationen).

Friedrich: Ich musste ganz ordentlich schmunzeln über Deinen Kommentar. ABER: Volle Zustimmung! Es ist tatsächlich ein bisschen verrückt. Aber da ich nicht von dieser Arbeit leben muss, sondern sie als reines Hobby betreibe, kann ich mir solche Verrücktheiten leisten.
In meinem speziellen Fall hat die Verrücktheit auch einen Hintergrund: Als ich vor vielen Jahren meinen Hang zum Holzwerken entdeckt habe (beim sanieren/umbauen eines alten Hauses) konnte ich es mir nicht leisten edleres Holz für „Experimentierzwecke“ zu kaufen. Irgendwann bin ich dann zufällig für lau an diese Kirschstämmchen gekommen. So nach und nach habe ich gelernt, selbige aufzutrennen und kleinere Projekte damit in Angriff zu nehmen.
Letztendlich habe ich ein Tablett, einen Blumenständer und eben dieses Transportkistchen daraus hergestellt.





Viele Grüße

Bernd


Re: Transportkistchen

Verfasst: Fr 15. Nov 2013, 10:05
von rene.
[In Antwort auf #136304]
Vielen Dank für diesen Beitrag!
Damit konnte ich mich gut wiederfinden.
Ich habe auch noch ähnliche (kürzere) Kirsch- und Birnbaumabschnitte in Garage liegen.
Und auch ich plane, damit was Kleines zu bauen. - Und üben will/muss ich auch noch viel, damit ich mit den Handwerkszeugtechniken für mich zufriedenstellend zurechtkomme.
Alles in allem war dein Beitrag ein schöner Weckruf und eine willkommene Aufmunterung.

Soweit ich das an anderen Werkstücken gesehen habe, zeigen die Zapfen mit den angefasten Seiten sogar noch weiter aus Loch heraus - um optisch eindrucksvoller durch das Licht-/Schattenspiel zu wirken und um haptisch einen Reiz bieten.

grüßend,
René