Hallo Holzwerker,
ich möchte Euch heute in Wort und Bild ein kleines Projekt vorstellen. Es handelt sich um ein Holztransportkistchen, mit dem ich Getränkeutensilien in die Werkstatt mitnehme. Für mich war es ein schönes Übungs- und Lernprojekt bei dem ich ein paar Techniken, mit denen ich mich bisher nur theoretisch auseinandergesetzt hatte, in die Praxis umgesetzt habe.
Die von mir ausgeführten Arbeiten wurden alle mit Handwerkzeugen erledigt. Die einzigen Maschinen, die eingesetzt wurden, war die Motorsäge, die vor vielen Jahren die Kirschbäumchen fällte und stückelte und das Auto, das einige dieser Stämmchen zu mir nach Hause gebracht hat.

Kirschstämmchen Ø 10-20 cm (Bild1)
Selbige habe ich mit dem Fuchsschwanz aufgetrennt, den Splint (war schon ganz schwammig) entfernt und so kleine Holzbrettchen erhalten. Nach dem Sägen gleich immer alles sauber beschriftet, dass ich auch später noch wusste, was zusammengehört.

Ein Teil der Ausbeute nach dem Auftrennen (Bild2)
Diese Holzbrettchen habe ich einseitig grob abgerichtet, gefügt und zu größeren Brettchen verleimt.


Verleimte Einzelbrettchen (Bild3+4)
Wenn es sich ergab habe ich Brettchen mit schöner Maserung zu bookmatched Brettchen verleimt.
Anschließend mit Einsatz diverser Hobel und Handsägen alle Teile auf Maß gebracht (Materialstärke 12 mm)

Boden, kurze Seiten, lange Seiten, senkrechte Träger, Tragegriff (Bild5)
Seitenteile mit Schwalben und Zinken versehen, gestoppte Nuten in den kurzen Seiten, durchgehende in den langen Seiten (alle mit dem Grundhobel gemacht) für den Boden, Boden abplatten, senkrechte Träger mit Zapfenlöchern und eckigen Dübellöchern versehen, am Tragegriff Zapfen absetzen.
Der Tragegriff ist oktagonal, weil ich weder drechseln kann, noch ein fertiges Rundholz verwenden wollte und mir das rundhobeln zu aufwendig erschien.
Eckige Dübellöcher, weil ich hier einmal mit eckigen Dübeln, die aus optischen Gründen nach außen überstehen und stark angefast sind, arbeiten wollte (ich meine, diese Art zu dübeln ist wohl eher bei den amerikanischen Kollegen bekannt).

Alle Holzverbindungen ausgearbeitet, spätere Innenseiten schon geputzt (Bild 6)
Jetzt alles sauber verleimen und verzwingen, aushärten lassen, endbearbeiten (Oberflächen verputzen) und oberflächenbehandeln.
Als Oberflächenbehandlung habe ich zweimal mit (angewärmtem) Leinölfirnis grundiert und anschließend zweimal eine selbstgemixte Ölmischung aufgetragen. Selbstverständlich nach jedem Ölauftrag (wenn er ausgehärtet war) mit 000-Stahlwolle geschliffen.
Verwendete Ölmischung: Mohn-, Kamelien und Orangenöl (riecht so gut) im Verhältnis 1+2+1 gemischt.

Schmalseite mit den überstehenden eckigen Dübeln (Bild7)

Längsseite bookmatched und stellenweise gestockt (Bild8)

Im ersten Einsatz (Bild9)
Es freut mich jedesmal, wenn ich dieses Kistchen bestücke. Denn erstens kann ich jetzt alles was ich brauche auf einmal mit in die Werkstatt nehmen und zweitens bedeutet es, es geht wieder mal zum Holzwerken!
Ich habe bei diesem kleinen, unscheinbaren Projekt jede Menge gelernt, auch durch dieses Forum (meine Frage nach der Bearbeitung von gegenläufigen Faserrichtungen bei bookmatched Brettchen; der entscheidende Hinweis kam von Friedrich!).
Auftrennen von Holz mit dem Fuchsschwanz und einer uralten Workmate als Sägebock gelingt recht zufriedenstellend (mit der Ryoba und der Gestellsäge funktionierts bei mir noch nicht so wirklich)
Verbesserung meiner Schärftechnik um tatsächlich (ratten-)scharfe Hobeleisen zu bekommen
Anschleifen anderer Winkel an die Hobeleisen (als Mikrofase) bzw. einer Rückenfase um (fast) jedem Holz (Faserverlauf) begegnen zu können (Friedrich sei Dank!)
Zapfenverbindungen muss ich noch kräftig üben
Schwalbenschwanzverbindungen gelingen schon recht gut, aber noch nicht perfekt
Das Einstellen von Hobeln mit dem Hammer klappt jetzt einwandfrei
Ein alter Reformputzhobel wurde aus dem Dornröschenschlaf erweckt und arbeitet wieder s**gut
Eckige Dübel sind in der Tat ein Stilelement (wem´s gefällt)
Viele Grüße
Bernd