Ein Schnitzhund...

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Daniel Maier
Beiträge: 157
Registriert: So 21. Jun 2015, 10:18

Ein Schnitzhund...

Beitrag von Daniel Maier »


Hallo Miteinander,

heute will ich endlich ein altes Vorhaben in die Tat umsetzen:

Einmal etwas aus meiner Werkstatt zeigen!

Ich profitiere so reichlich von den Werken und Worten aller Forumsteilnehmer, daß ich doch auch einmal zeigen wollte, womit ich so beschäftigt bin. Nicht, daß ich die Fertigkeiten hätte, die ich hier so oft bestaune, aber vielleicht ist ja was an meinem Projekt, was andere anregt, oder...

Ich kann von der Herstellung meines Schnitzhundes nichts zeigen, aber der ist eigentlich so simpel und "rustikal" erstellt, daß der Interessierte schon sehen kann, wie er entstanden sein mag.

Also hier grüßt er freundlich, der Schnitzhund...


...eingespannt in die Hinterzange der (noch nicht hergerichteten) Hobelbank:



Und damit ich es gemütlich habe, kann ich davor sitzen:


Aber eigentlich brauch ich ihn mal eben schnell, also im Stehen:


Und schnell kann man dann mal sägen, was grade in der stehenden Position eine feine Hilfe ist.
Ich brauche ihn eigentlich, weil ich doch öfter zum Schnitzen komme.
Zum Schnitzen ists im Keller aber zu kalt und ausserdem sitze ich gerne bei der Familie in der Küche - oh, ja, ich darf das!! und manchmal schnitzen Frau und Kinder sogar mit!!!.
Doch gibt es die Augenblicke, wo mal eben das Ziehmesser gefragt ist.
Und genau da hatte ich dann immer die Probleme mit dem Einspannen und vernüftig arbeiten können. Weder an der Hobelbank, noch am Tischlerschraubstock, geschweige denn am blauen Hauer war das Einspannen vernünftig möglich. OK, da war noch die Schnitzbank, aber die steht hinten in der Ecke, total staubig und eigentlich nimmt sie viel zu viel Platz in Anspruch.
Nun hatte ich im WWW mal vor langer Zeit einen Schnitzhund gesehen und wie ich nach Lösungen suchte, kam mir diese Idee zu meinem Schnitzhund, der einfach und eben auch im Stehen oder Sitzen bereit sein sollte.


Über das Umhängen des Pedals kann ich die Arbeitshöhe schnell verändert, weil ich ihn einfach höher/tiefer in der Hinterzange einspannen kann. Die Maulweite lässt sich durch den Keil oben am Kopf leicht nachjustieren, für größere Veränderungen kann die Schraube am Drehpunkt umgesteckt werden.

Und das Alles für diese kleinen Werke...


Die Zwerge und der Kleiderhaken sind zwar noch ohne Hund geschnitzt, aber gebraucht hätte ich ihn da schon oft. Der Kleiderhaken ist übriges aus norwegischem Wacholder, wenn man den schnitzt - das duftet lecker...
Darum hab ich auch ein Reststück hier zum Demonstrieren und Üben eingespannt.
Der Pilz ist auf der Drechselbank entstanden, die in der Vorderzange eingespannt und über einen höhen verstellbaren, zusammeklappbaren Fuß (links im Bild, einen rechten gibts auch) auch für Kinder aufgestellt werden kann, meine Tochter übt gerade für ihren neuen Eierbecher...


So bin ich also auf den Schnitz-Hund gekommen,
die ersten Tage mit ihm zeigen, daß er ein ungemein nützlicher Gehilfe in der Werkstatt ist, besonders in der "stehenden" Variante. 'Mal eben in den Keller und mit dem Ziehmasser....' geht genauso wie schnell was Kleines ablängen, vorallem mit der Zugsäge. Da wird der Fuß zur dritten Hand, ohne daß der Halt am Boden verloren geht.

Nun, er ist mit Hand- und Maschinenwerkzeugen entstanden, aber seine Dienste werden ganz im Hand-Werk liegen, daher gehört er, denke ich, hier in diesem Forum gezeigt. Und ich bin ja auch zum Schnitzen eigentlich über dieses Forum erst gekommen, aber davon erzähle ich nichts, war ein weiter Weg. Nur so viel: Danke, daß Ihr mir das Schleifen beigebracht habt.

So, das war es: mein erstes hier gezeigtes Projekt.

Ich hoffe, ich konnt etwas zurückgeben von all dem Empfangenen,

liebe Grüße aus München,
Daniel



Franz Kessler
Beiträge: 2302
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Daniel

Glückwunsch, so ein Teil hab ich mal in Südtirol bei einem Schnitzer bewundert, scheint sehr praktisch zu sein, könnte ich manchmal auch gebrauchen.

Nun werden wir ja von Daniel öfters was zu sehen bekommen.

Alles Gute Franz


Recai Riemer
Beiträge: 85
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Recai Riemer »


Ein schöner Beitrag. Auch ich verwende einen Schnitzhund (shaving pony), hauptsächlich im Musikinstrumentenbau, und kann mich nur anschließen, daß dieser eine große Erleichterung darstellt. In meiner Lehrzeit fixierten wir das Arbeitsstück stets mit Zwingen und Zulagen und bei jedem Wechsel der Richtung in der Bearbeitung entsprechend des Faserverlaufes hieß es umspannen, wenn man nicht zur Akrobatik mit dem Schweifhobel bereit war.
Ein Schnitzhund ist ein nettes kleines Projekt, gerade wenn man keine so große Werkstatt hat, in die man eine traditionelle Schnitzbank (shaving horse) stelle könnte: er ist platzsparend und erhöht die Funktionalität der Werkbank.

Unten ein Link zu einer Webpage von Robb Young, die mich seinerzeit inspiriert hatte.

http://home.rochester.rr.com/dmatthews/shavepony/

Hier noch ein anderer Link zu einer sehr schönen Linksammlung für Schnitzer, wo man sich bestimmt die eine oder andere Anregung holen kann:

http://carverscompanion.com/NewCarverFiles.html#anchor484575

Natürlich gibt es auch welche als Bausatz fertig zu kaufen. Aber wer Hartholzabschnitte hat und möchte diese sinnvoll verwenden, hierfür lohnt es sich bestimmt. Ma'a salam.



Jochen Budke
Beiträge: 52
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Jochen Budke »

[In Antwort auf #119831]
Hallo Daniel,
danke für Deinen Beitrag! Ich denke jetzt (wieder) intensiver darüber nach, auch ein so ungemein praktisches Hilfsmittel zu bauen. Es eröffnet anscheinend noch mehr ungeahnte Möglichkeiten als man denkt.
Auch die "kleinen" Erzeugnisse sind beachtlich und gefallen mir sehr gut. Und der Gedanke an den Enkel .....
Eine vorsichtige Frage drängt sich aber beim Betrachten des letzten Bildes auf: Die schönen langen Haare deiner Tochter und rotierende Maschinen - sollte der Sicherheitsgedanke etwas größeren Stellenwert bekommen? Ich denke da an meine Lehrzeit und meine (heute deutlich kürzeren und "dünneren") Haare und das Haarnetz zurück.
Viele vorsichtige Grüße aus Recke
Jochen


Harald Wetzel
Beiträge: 254
Registriert: Mi 8. Apr 2015, 22:07

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Harald Wetzel »

[In Antwort auf #119831]
Hallo Daniel,
bin zwar (noch?) kein Schnitzer, aber der Schnitzhund als 3.Hand ist schon sehr interessant. Aber sag mal, was ist das für eine Drechselbank? wie wird sie angetrieben, wie spannst du da die Werkstücke ein, wie sind Spindel und Reitstock gelagert? Fragen über Fragen, die sich mir da aufwerfen. Kannst du das gute Stück auch noch dokumentieren?

Lieben Gruß
Harald (Stimmung: gespannt)



Daniel Maier
Beiträge: 157
Registriert: So 21. Jun 2015, 10:18

Re: Ein Schnitzhund und die Wippdrehbank

Beitrag von Daniel Maier »


Vielen Dank für die netten Kommentare

und wie es scheint geht ja ein wenig Anregung hinaus in die Welt....

Die Drechselbank ist eine Wippdrehbank, weshalb,
Hallo Jochen,
ich mir wegen der langen Haare nie Gedanken gemacht habe,
obwohl mir Dein Hinweis schon zu denken gibt,
aber es sind ja "nur" ein paar Umdrehungen...
Wie gesagt, ich werde in Zukunft besser auch auf solche Gefahren achten.

Und, Hallo Harald,
diese Wippdrehbank ist nach den Hinweisen von Mike Abbott in seinem Buch "Grünholz" gebaut - gibts beim Hausherrn.
Soll ich das Prinzip beschreiben?
Schau doch mal unter den Werkstattbildern, bei No 015, da zeigt Boris Dorau seine Wippdrehbank.

Ich hab sie in mancher Beziehung modifiziert, dass sie z. B. mit zusammenklappbaren Beinen auch mal "aufgeräumt" im Keller stehen kann, auch das Verstellen der Höhe war für meine Kinder wichtig, in der tiefen Stellung konnte meine Tochter schon mit 9 Jahren gut dran drechseln.
Jetzt in der Werkstatt steht sie auf einem Fuß und ist mit dem zweiten Bein an der Vorderzange eingeklemmt. Die 'Rückzugkraft' besorgt ein Gummiband (etwas dicker als das in der Unterhose...), das in Deckenhaken eingehängt ist.

Wie gesagt, wenn ich Genaueres berichten soll, bitte ich um entsprechende Antwort - jetzt muss ich Abendbrot herrichten.

Nur Deiner gespannten Stimmung wegen
hab ich diese Zeilen aufgesetzt,

Liebe Grüße aus Münchens Westen, Daniel



Harald Wetzel
Beiträge: 254
Registriert: Mi 8. Apr 2015, 22:07

Re: Ein Schnitzhund und die Wippdrehbank

Beitrag von Harald Wetzel »


Danke Daniel,
jetzt bei genauerem Hinsehen hab ich auch die Wippe und den Gummizug entdeckt (auf dem Notebook im Büro wars nicht so gut zu erkennen). Und die Wippdrehbank ist schon eine tolle Alternative zu elektrischen, besonders spät nachts oder fürs Wochenendgrundstück.
Das Buch werde ich mir bei Gelegenheit bei Dieter mal bestellen, Grünholz fällt in der Nachbarschaft schon mal an.

Jetzt denke ich erst mal über Einsatzmöglichkeiten für den Schnitzhund nach.....

Schönen Abend wünscht

Harald



Jochen
Beiträge: 147
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Jochen »

[In Antwort auf #119831]
Hallo Daniel,

Du hast eine Hobelbank, wie sie in Würde durch Arbeit gealtert ist. Malträtiere sie bitte nicht mit Oberfräsen oder Hobeln und öle sie nicht, bis sie wie eine Schweineschwarte glänzt. Dein Ziehmesser, das auch so ausieht, als hätte es schon einiges mitmachen müssen, paßte nicht mehr dazu. Ist natürlich nur meine persönliche Meinung, weil es mir so gefällt, wenn an meiner bestimmt 80 Jahre alten Hobelbank alles quietscht, wenn etwas i. d. Zangen gespannt wird.

Gruß
Jochen


Marcus Nohr
Beiträge: 300
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Ein Schnitzhund...

Beitrag von Marcus Nohr »


Hallo Jochen,

wenn Du an der Hobelbank etwas plan hobeln möchtest, muss sie eben sein.
Das verträgt sich leider nicht unbedingt mit einer schönen Patina.

Viele Grüße

Marcus


Jochen Budke
Beiträge: 52
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ein Schnitzhund und die Wippdrehbank

Beitrag von Jochen Budke »

[In Antwort auf #119837]
Hallo Daniel,
jetzt habe ich das Gummiband auch entdeckt! Das entschärft die Sicherheitsbedenken natürlich schon ein wenig ... und man möchte den jugendlichen Betätigungsdrang ja auch nicht mit zu vielen Einschränkungen, Vorschriften usw. unterdrücken. Sicher ist hier ein vorsichtiges, ruhiges Vorgehen erforderlich.
Jochen


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