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Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Mi 22. Nov 2006, 19:32
von Norbert Becker

Hallo Hobelfreunde,
ich habe beim Kauf von gebrauchten Schraubzwingen einen Gußeisernen Ziehklingenhobel Nr.80 als Zugabe bekommen. Inzwischen ist er gereinigt,die Sohle
entrostet und wie mach ich es mit der Ziehklinge? Sie ist zur Zeit mit einem Schrägschliff von ca.40 Grad versehen, aber stumpf. Die Spiegelseite hab ich schon mal ziemlich plank hingekriegt. Kann ich die Klinge jetzt in meiner Stanley-Schleifführung schleifen? Und wie war die Klinge eingespannt? Schräge vorn oder hinten? Bin für jede Hilfe dankbar.
Viele Grüße
Norbert



Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Mi 22. Nov 2006, 21:56
von Wolfgang Jordan

Hallo Norbert,

ich habe zwar auch einen solchen Hobel, aber noch nicht in Gebrauch genommen. Aber ich könnte zwei (englischsprachige) Links beisteuern, wo das Schärfen von Ziehklingen (auch für Hobel) besprochen wird. Da kannst du sehen, wie der Grat im Verhältnis zur Fase angezogen wird. Im Betrieb muß dieser Grat natürlich nach vorne stehen, also ist die Fase nach hinten gerichtet, wie bei einem Hobeleisen.

http://www.brendlers.net/oldtools/scraping/scraper.htm
http://www.woodworking.org/WC/Channels/scraper.html

Es wird gelegentlich darüber diskutiert, ob man bei einem Ziehklingenhobel überhaupt einen Grat anziehen muß. Du kannst es also nach dem Abziehen der Fase vielleicht erst mal ohne versuchen. Ob du deine Schleifführung verwenden kannst, weiß ich nicht, weil ich die Führung nicht kenne. Aber bei einer Ziehklinge kommt es auf den genauen Winkel nicht an. Ich würde die Fase einfach frei Hand mit einer feinen Feile bearbeiten und dann abziehen.

Gruß, Wolfgang




Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Do 23. Nov 2006, 00:39
von Ottmar

Hallo Norbert, Wolfgang und Forumsfreunde.

Die Anwendung des #80 Ziehklingenhobels(Schaber) ist gewoehnungbeduerftig. Nicht dass ich mich hier zum Experten aufschwingen will. Ich bin wie die meisten Forumsmitglieder ein „Suchender“, ich benutze die Ausfuehrung(Nachbildung) von Kunz antik und neu.

Von dem Schaerfen mit einer Feile rate ich in diesem Fall ab (ausser es sind groessere Scharten zu entfernen), ich schleife die ca 45° (?) grob auf der Tormek zu und gehe dann zu „Friedrichs Methode“ ueber. Die Einstellung des Messers ist nicht so einfach. Mit „trial & error“ habe ich folgendes herausgefunden: Ich setze/lege den Nr 80 auf eine gerade Flaeche, nun lege ich unter die Vorderkannte (also vor dem Messer in Zugrichtung gesehen) ein Stueck Durchschlagpapier(*), nun setze ich das Messer ein und achte darauf dass es Plan auf der Unterlage aufsitzt. Nun ziehe ich die die beiden Schrauben welche das Messer festhalten fest an. Die Druckschraube welche auf der anderen Seite sitzt soll bei der Grundeinstellung lose sein. Nun pruefe ich wie der Hobel greift und mit der Stellschraube kann er zu aggressiverem Schneiden gebracht werden.

(*) Mit der Staerke des unterlegten Papieres laesst sich die Klinge, relativ einfach einstellen, dies gilt auch fuer den #12 und # 112.

Die Anwendung ist wie bei allem im Leben gewoehnungsbeduerftig und nur in der Praxis laesst sich diese Fertigkeit genau erlernen. Ich arbeite mehr mit der Ziehklinge, da ich diese fast tag taeglich benutze habe ich mehr Praxis damit. Den Nr. 80 als auch den 12/112 verwende ich fuer groessere Flaechen.

@Wolfgang, hiermit moechte ich mich fuer Deine wertvollen Postings hier im Forum bedanken, Du bist bezueglich Links ein wahres Fuellhorn fuer mich und deine Ausfuehrungen/Hinweise haben mir viel geholfen.

In einem moechte ich dir widersprechen, mit dem genauen rechtwinkligen Zurichten der Kanten (Handziehklingen) erst mit der Schlichtfeile dann mit Wassersteinen und glanzpolieren auf einem harten Arcansasstein, erreiche ich es einen auf die Klingenbreite gleichmaessigen Grat anzuziehen, welcher kontrollierbar greift. Doch das laesst sich aehnlich dem Geigenspiel nur in der Praxis lernen. Jeder muss sich so seine eigene Methode erarbeiten. Dank Ziehklinge ist mein Verbrauch an Schleifpapier gering. In einem Viertel der Zeit, welche ich zum Anschliessen einer Schleifmaschine brauche, hat die Ziehklinge das schon in den meisten Faellen erledigt.

Mfg

Ottmar

PS: Ich habe weder am Nr 80 noch am 12/112 ausprobiert einen Grat anzuziehen, ob es an der fast nicht vorhandenen Kante der Schneide einen Sinn macht?




Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Do 23. Nov 2006, 19:34
von Norbert Becker

Hallo Wolfgang und Ottmar,
vielen Dank für die wertvollen Info`s. Ich werde am Wochenende mein Glück versuchen.
Mfg
Norbert



Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Fr 24. Nov 2006, 06:57
von Gerhard

Hallo Ottmar,

bekommst Du dann richtige, feine Späne mit dem 112´er, wenn Du ohne Grat arbeitest? Oder eher Holzmehl? Ich habe meinen Veritas strikt nach beiliegender Anleitung geschärft, also mit Grat. Funktioniert gut, ist aber erstaunlich aggressiv für eine Ziehklinge. Mir fehlt also jede Erfahrung ohne Grat.

Wenn es auch ohne Grat funktioniert, werde ich das mal ausprobieren.

Viele Grüße,
Gerhard




Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Fr 24. Nov 2006, 10:15
von Ottmar

Hallo Gerhard & Forumsfreunde,

Aus Zeitmangel usw habe ich noch nicht versucht mit einem angezogenen Grad zu arbeiten.

Mit dem Veritas habe ich keinerlei Erfahrungen, so weit ich informiert bin kommt dieser mit einem 1.5 mm Eisen und als extra kann ein 3 mm Eisen verwendet werden.

Ich verwende einen neuen Kunz, welchen ich fuer meine Zwecke "getunt" habe. Dieser arbeitet gut bis zufriedenstellend, im Vergleich zu einer Ziehklinge.

Auf einer Werbeaktion von Lie Nielsen bei unserem lokalen "Woodkraft store", probierte ich den 112 mit dem starken Eisen 3.5mm und konnte keine Spaene abhobeln. Der Le Nielsen Mann versuchte mich laecherlich zu machen. Darauf forderte ich ihn heraus, mit zu beweisen ob er besseres zu werke bringen kann als ich mit meinem 80 Dollar Kunz. Er konnte nicht, haette er mich nicht versucht laecherlich zu machen, haette ich ihn nicht ins Messer laufen lassen. Mein Kunz war genau praepariert, 45 Grad Winkel „a la Kollenrott“ geschaerft, 1.4 mm Eisen ohne Grad. Auf dem von ihm verwendeten Holzstueck, konnte ich ca 1 cm lange Spaene(*) erzeugen, er brachte es nur zu Schnipseln und Kratzern in der Oberflaeche. Ich war ehrlich nur daran interessiert ob es sich lohnt auf einen solchen Hobel umzusteigen (ohne Beruecksichtigung des Preises)ich wurde nicht ueberzeugt!

Da nur wenige Kunden anwesend waren, tut es mir nicht so arg leid. die Wirklichkeit war die, dass er als Verkaeufer geschult war und nur die dafuer notwendige Praxis besass, gegenueber meinem zig jaehrigen Leidensweg/Erfahrungen mit div 112ern.

Ich bin kein Experte mit Schabhobeln, doch auf grossen Flaechen (z. B. Tischplatten) erwies sich mein 112er Kunz als eine grosse Arbeitsersparnis und verhinderte ueberanspruchte/verbrannte Daumen.

Ich bin kein Schreiner, als Restaurator verwende ich den 112 mehr gelegentlich und auf kleineren Flaechen, so sind meine Erfahrungen nur beschraenkt.

Zusammenfassend folgendes, ich erfuhr das grosse Glueck, dass ich von einem alten Schreiner im Umgang mit der Ziehklinge gedrillt wurde. So dass ich mit dieser die meisten Aufgaben loese. Ein Freund, welcher weggezogen ist, lieh mir seinen Stanley # 112 und ich erfuhr die Vorteile diesen zu Nutzen. Ich erwarb einen preiswerten Kunz, diesen aenderte ich fuer meine Zwecke und bin bis heute zufrieden damit.

(*) Weder mit der Ziehklinge noch mit einem 12er 80er oder 112er konnte ich laengere Spaene als ca 3 cm erreichen. Ausschlaggebend fuer mich war die Glaette der Oberflaeche. Sind die Spaene kuerzer als ca 0.5 cm, verwende ich eine andere Schneide oder schaerfe neu.

mfg

Ottmar

PS: Ich runde die Klinge im 112er an beiden Raendern, ein bischen ca 0.2mm (mehr Erfahrung als genaues Mass) genau soviel, dass die Enden keine Streifen/Kratzer erzeugen. Dies laesst sich nur schwer beschreiben.




Re: Ziehklingenhobel Nr.80

Verfasst: Fr 24. Nov 2006, 10:44
von reinhold

hallo,
ich habe vor ein paar Tagen einen sehr gut erhaltenen Stanley 80 kaufen können, fast neuwertig - für 'nen Appel und zwei Eier. Ist ziemlich sicher noch die Vorkriegsfertigung, schwarz "japaned", Irrtum vorbehalten - ich bin kein Spezialist in der Altersbestimmung von Stanleys.
Ich habe vor, damit meine Tischplatten abzuziehen.

Ich berichte dann davon, welche Erfahrungen ich gemacht habe.

bis bald
reinhold

P.S. Danke, Wolfgang, für den Link!




LN #212 (mit Bild)

Verfasst: Fr 24. Nov 2006, 13:21
von Marc Waldbillig

Hallo Ottmar,

Ich hab den kleinen #212 von LN. Lange hab ich ihn benutzt ohne Grat. Er hat aber keine richtig schönen Späne abgeworfen. Unzufrieden und nachdem das Eisen völlig stumpf war und nur noch Staub produzierte, hab ich mich rangetraut. Was soll ich sagen? Du musst Dich ziemlich genau an die Winkel halten, ich fahre mit dem Burnisher nur genau dreimal in zunehmendem Winkel über die Kante, niemals den Winkel wieder reduzieren.

Das Einstellen ist auch so eine Sache. Das Messer auf 90° zur Sohle stellen und mit einem Finger runterdrücken. Schraube festziehen. Der Hobel muss auf einer planen Fläche stehen. Dann das Eisen mit der Halterung ein paar Grad, etwa 5° nach vorne neigen. Nimmt der Hobel jetzt keine Späne ab, Vorgang wiederholen und davor ein Blatt unter das vordere Ende legen. Bleibt der Hobel stecken, Eisen wieder gerade stellen und dann probieren. Am Anfang kann's ein Geduldspiel sein, dafür wirst du aber entsprechend belohnt und zwar so:





Ich denke schon, dass die Anschaffung von einem teuren Hobel lohnt. Ich hab bei Bernhards #112 den Erfolg erlebt, Späne zu sehen und hab es nicht fertig gebracht einem billigen Produkt Späne zu entlocken. Innerhalb kurzer Zeit war der Grat wieder verschwunden und ich zog ihn nach. Das klappte allerdings nicht und ich hatte die Lust dann verloren und hab den Hobel wieder zurückgegeben. Ich würd nur einen LN oder Veritas kaufen und zwar trotz des Verkäufers.

Gruß, Marc




Oh, das war eine Sternstunde und

Verfasst: Fr 24. Nov 2006, 16:00
von Bernhard

ein Beweis, wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Ich glaube, ohne Marcs Hilfe hätte ich es nicht so schnell geschafft.

Zu dem LV möchte ich noch sagen, mit dem dünnen Eisen rattert er mir zu sehr und mit dem dicken Eisen ist er preislich in der Region von LN.

Ottmar, ich habe in Erinnerung, daß Du Deinen Kunz mit einem speziellen Gewinde getunt hast. Kannst Du einmal bitte ein Foto einstellen. Da bin ich interessiert.

Danke

Bernhard



Re: LN #212 (mit Bild) danke Marc

Verfasst: Sa 25. Nov 2006, 04:00
von Ottmar

Hallo Marc,

herzlichen Dank fuer die Antwort und dazu noch die aussagekraeftigen Bilder. Diese Antwort haette ich von dem Vorfuehrer erwarted, das war der Grund weshalb ich die Vorfuehrung der LieNilsen Hobel, angekuendigt, durch einen "erfahrenen Fachmann" abwartete, doch anstatt zuzugeben, dass er den Hobel nicht beherrscht griff er mich mit laecherlich machen an. , mir faellt kein Zacken aus der Krone zuzugeben dass ich etwas nicht kann oder weiss.

Ich verwechsle nicht das Werkzeug mit dem Anwender. Jedes Werkzeug ist so gut wie das Koennen des Anwenders. Bei dir trifft beides zusammen gutes Werkzeug und meisterliches beherrschen.des selben.

Nochmals ein grosses "Dankeschoen" fuer deine erleuchtenden Hinweise und Tips.

Ich schaetze an diesem Forum den wirklichen "Erfahrungsaustausch" da kann ich von den guten Beitraegen auch nach vierzig + Berufsjahren hilfreiches fuer meinen Berufsalltag dazulernen. Z. B. Der Schaerfbeitrag von Friedrich, ich besitze ca 200 Fachbuecher von 1880 bis heute. In keinem dieser Buecher wurde die Wichtigkeit der Spiegelseite und deren absolute Planheit erwaehnt. Beim Lesen von Friedrichs Artikel ging mir ein Licht auf. Ich nahm frueher an, dass Glaenzend und Plan dasselbe sind. Die Vorteile dieses Forums sind; hier wird mit "Liebe und Intelligenz" zur Sache gegangen mit gutem Willen und Ausdauer, ohne den Stress welchem ein heutiger Schreiner ausgesetzt ist. Gerade die Berichte ueber Fehlschlaege sind hilfreich fuer mich, oft bin ich im gleichen Stadium.

Welcher Schreiner kann es sich heute noch erlauben mit einem Hobel zu arbeiten, er muss eben die Werkzeuge verwenden welche notwendig sind um im heutigen Wettbewerb zu bestehen. Die alten Werkzeuge und Techniken werden durch die Moeglichkeiten, des grenzenlosen Erfahrungsaustausches von Forumsmitgliedern fuer die Zukunft erhalten und laufend verbessert. Der Eigenwillige Zunftzwang in frueheren Zeiten verbunden mit Geheimniskraemerei hat eine solche Entwicklung verhindert.

In diesem Sinne weiter so.

Herzlichst

Ottmar

PS: Wenn du Mark, die Hobelvorfuehrung durchgefuehrt haetest, waere ich im Besitz von zwei solcher Werkzeuge!