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Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 13:22
von Marc Waldbillig

Hallo liebe Leute,

Ich hab heut Morgen zwei Zapfen ausgesägt, ein kleiner Teil in der Arbeit zu meinem Bücherregal. Ich hab das mal dokumentiert und stell es ein. Vielleicht kann's ja jemandem helfen - letztens hatten wir einen Beitrag - oder es entwickelt sich ja auch eine Verbesserung meiner Methode. Egal, hier die einzelnen Arbeitsshritte. Ich hab versucht alles zu fotografieren, es ist mir jedoch nicht ganz gelungen.

1. Schritt: Anreißen der Zapfentiefe mit einem japanischen Streichmaß. Ich bevorzuge dieses, da der Anschlag so schön lang ist und ein sehr gerader Anriss entsteht.



2. Schritt: Ich reiße die Breite der Zapfen an, in diesem Fall 6 cm, von der Mitte ausgehend.

3. Schritt: Die Schultern werden längs eingesägt mit einer auf Längsschnitt gefeilten Rückensäge. Wie man unschwer erkennen kann, driftet die Säge nach rechts ab. Ist hier aber nicht schlimm.



4. Schritt: Mit einem Querschnitt säge ich die seitlichen Reststücke ab. Ganz genau soll's nicht sein, ich mag wenn noch ein wenig Holz stehen bleibt.



5. Schritt: Die Dicke des Zapfens wird angerissen. Normalerweise wird das mit einem Zapfenstreichmaß gemacht, ich bevorzuge allerdings dieses kleine Messerstreichmaß, es kommt besser in die Ecke unten hinein.



6. Schritt: Die Schultern werden auf Dicke gesägt mit der schon erwähnten Rückensäge. Dazu klemm ich das Holz leicht nach hinten schräg abfallend ein und setze den Schnitt am gegenüberliegenden Ende an. Die Säge liegt fast mit der ganzen Zanhreihe am Anfang auf. Langsam zieh ich den Schnitt bis zum vorderen Ende und säge dann bis unten durch



Das sieht dann so aus, allerdings ist der Zapfen noch nicht bis zum Grund gesägt:



7. Schritt: Wieder ein Querschnitt:



Fertig abgesägt, hinterlässt die Säge ein raues Bild:



8. Schritt: Die Seitenwände bringe ich auf das korrekte Maß mit dem Grundhobel. Dazu wird dieser erstmal auf 6mm Tiefe eingestellt. Das funktioniert am besten mit einem Reststück, das mit einem Anriss versehen ist. Man kann sich auch mit einem Kombinationswinkel behelfen, es wird jedoch schwierig festzustellen, ob die Schneide auf ganzer Länge parallel zur Sohle ist. Durch das Feststellen verzieht sie sich gerne. Ich behelfe mir mit einem kleinen Hammerschlag.



Weiter: Der Grundhobel wird auf das Werkstück gelegt und fest aufgedrückt mit einem Ende. Dann hoble ich mit kleinen bogenförmigen Bewegungen die Überstände ab.



9. Schritt: Die Wangen sind jetzt parallel zu den Seitenflächen des Werkstücks, also kann ich den Simshobel einsetzen, um die Schultern zu putzen.



10. Schritt: Die Enden verputze ich mit einem Stechbeitel. Das geht am leichtesten. Ein breiter Stechbeitel auf eine geputzte Stelle aufgelegt und dann lageweise die Überstände bis zum Anriss abtragen.



11. Schritt: Ich unterschneide den Rest mit einem schmalen Stechbeitel, das sieht dann so aus:



12. Schritt: Der Zapfen wird eingepasst mit einem kleinen Falzhobel (rabbet block plane) Einige Hobelstöße auf jeder Seite genügen. Auf dem letzten Foto sind die Handwerkzeuge und der eingepasste Zapfen.



Gruß und schönen Dank fürs Anschauen,

Marc




Buchwürdig

Verfasst: So 5. Nov 2006, 13:32
von Thomas Schuermann

Hallo Marc,
vielen Dank für Deinen Beitrag, zu dem ich mir (wie schon öfter) sofort ein Lesezeichen setzen werde. Sehr gut dokumentiert und blitzsauber fotografiert und perfekt in der Ausführung.

Buchwürdig!

Gruß Thomas




Re: Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 14:21
von Bernhard

Sehr schön Marc




Re: Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 15:07
von Gerhard

Hallo Marc,

super. Und jetzt natürlich die unverschämte Bitte: Könntest Du das dazugehörige Zapfenloch auch so dokumentieren?

Viele Grüße,
Gerhard



was soll ich sagen-

Verfasst: So 5. Nov 2006, 16:36
von Friedrich Kollenrott
[In Antwort auf #113539]
so ähnlich mach ichs auch, einschließlich des Mißbrauches des Grundhobels. Unterschied nur: Ich mache den Zapfen erst in ganzer Breite (dann lässt sich das Zapfenstreichmass problemlos einsetzen!) und setze ihn nachher seitlich ab.

Der interessanteste Vorgang am Ganzen ist m.E. das, was am Ende kommt: Wie kriegt man den Zapfen spielfrei und gerade in das unvermeidlich etwas konisch gestemmte Zapfenloch?

Und Du hast sogar einen geduldigen Fotografen oder eine geduldige Fotografin, der oder die so geduldig ist, bei der Dukumentation zu helfen? (mindestens auf einem Bild sind beide Daumen drauf. Oder machst Du es mit Selbstauslöser oder mit der Nasenspitze?)

Ja, und das Zapfenloch... Ich wüßt schon gern, ob da dann ein pigsticker eingesetzt wird.

Friedrich




Re: was soll ich sagen-

Verfasst: So 5. Nov 2006, 16:48
von Andreas N.

Auf die Idee mit dem Grundhobel binn ich noch nicht gekommen, danke!!
Andreas N.




Re: Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 17:34
von Christian Meseberg
[In Antwort auf #113539]
Hallo Marc,

in bei Dir gewohnter gründlicher Manier. Danke für die Lehrstunde. Die kann ich gerade für das geplante Gardarobenprojekt gut gebrauchen.

Beste Grüße

Christian




Re: Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 20:13
von Waldemar Leibel
[In Antwort auf #113539]
Hallo Marc,
genial. Genau zur Frage, die ich hier vor kurzem hatte. Würde mich der Bitte der Vorredner anschliessen. Hoffe Du stellst auch eine Doku über das Ausarbeiten des Zapfenloches hier rein.

Und morgen kommt der Grundhobel von Veritas aus seiner Garage und bekommt Futter...

Danke & Gruss
Waldemar




Einfach nur köstlich, danke :-) *NM - Ohne Text*

Verfasst: So 5. Nov 2006, 21:32
von TorstenKüpper

Re: Zapfen mit Handwerkzeugen (viele Bilder)

Verfasst: So 5. Nov 2006, 21:36
von Urs

Hallo Marc

abgesehen, dass mir Deine Beiträge schon immer gut gefallen haben, trifft mich diese Anleitung genau dort wo ich Unterstützung brauche. Ich übe nun seit mehreren Monaten Loch/Zapfen-Verbindungen für ein kleines Tischchen (ähnlich jenem von Bernhard), das ich meiner Tochter zur Konfirmation versprochen habe (und ich möchte es doch noch schaffen, bevor sie volljährig wird).

Meine Technik ist aber immer noch unzureichend.Zwar hätte ich es auch mit der bei Guido im Kurs gebauten Vorrichtung (kein weiteres Wort darüber in diesem Forum) machen können - aber der Hafer hat mich gestochen - es sollte mit Handwerkzeugen geschehen. Die Mängel meiner Probestücke hielten mich bisher davon ab, das definitive Werkstück in Angriff zu nehmen.

Heute absolvierte ich zwei längere Zugfahrten und wälzte dabei das Loch/Zapfen-Problem. Eine Idee hatte ich, die ich nach der Rückkehr auch in Deiner Anleitung lese: Das leichte Hinterschneiden der Schultern. Zusammen mit der Idee des Grundhobels (Ich habe keinen - ab heute: "noch keinen"!) und der Tatsache, dass Du Dich mit dem Stechbeitel dem Riss näherst, statt wie ich bisher stets versucht habe, mit der Säge und dann mit dem Simshobel, all das wird mich hoffentlich weiterbringen.

Gespannt bin auch ich auf Dein Vorgehen beim Loch.
Erstaunt war ich übrigens, dass Du den Zapfen nicht angephast hast. Beim hobeln der Phase ist mir manchmal etwas Holz ausgebrochen, was mir natürlich ein weiteres Mal meine Unzulänglichkeiten gezeigt hat.

Also Besten Dank und Gruss

Urs