präziserTischlerwinkel

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
TorstenKüpper
Beiträge: 687
Registriert: Mo 26. Apr 2021, 20:44

präziserTischlerwinkel

Beitrag von TorstenKüpper »


Hallo zusammen,

ich lese schon ca. 1,5 Jahre bei euch mit und freue mich immer über die tollen Beiträge.

Jetzt habe ich mal eine Frage:

Welchen präzisen Tischlerwinkel könnt ihr mir empfehlen? Bei den Winkeln in Dieters Shop steht keine Genauigkeit oder Toleranz. Welche Toleranz ist noch erträglich (Nobex-Klappwinkel ist angegeben mit +- 0,06°) für Tischlerarbeiten? Halten die Holz/Stahl-Konstruktionen von ECE oder Ulmia die Maßhaltigkeit, oder verziehen die sich mit der Zeit?

Viele Grüße
Torsten Küpper


florian witt

Re: präziserTischlerwinkel

Beitrag von florian witt »


hallo thorsten,

als angehender ingenieur mit ein paar kenntnissen aus der werkstoffkunde kann ich dir sagen: jeder werkstoff arbeitet. holz bekanntermaßen sehr, metalle aber auch: jedes stück metall unterliegt wärmeausdehnungen, die kurzfristig zum verziehen führen. deshalb sind hochgenau arbeitende fräs- und drehmaschinen in klimakammern untergebracht. dazu kommen interne spannungen, die durch die bearbeitung (schmieden, zerspanen, härten) erzeugt oder "freigelegt" werden und bei ihrem langsamen abbau über die zeit (wir reden von jahrzehnten) zum verzug führen. um die zu minimieren werden anständige meß- und prüfwerkzeuge aus metall spannungarm geglüht (bei höheren temperaturen bauen sich die spannungen in überschaubaren zeiträumen ab). die firma mauser hat mal mikrometerschrauben hergestellt, deren gusskorpusse zuvor 20 jahre abgelagert wurden ... unbezahlbar.
zum verzug kommt über die jahre noch die abnutzung dazu. selbst wenn ein winkel immer in watte gepackt wird, jede berührung mit holz oder haut nimmt ein paar atome weg.
die japaner haben eine sehr elegante lösung für das verzugsproblem gefunden: japanische tischlerwinkel (sashigane) können durch leichte schläge mit dem hammer auf die innen- oder außenseite der ecke gerichtet werden, für geschickte genauigkeitsfetischisten perfekt. es gibt auch westliche winkel mit nachstellmöglichkeit über madenschrauben.
welche abweichung noch erträglich ist, hängt vom persönlichem empfinden und einsatzbereich ab. ich persönlich ärgere mich bei dünnen leisten schon über kleine abweichungen und nehme deshalb einen haarwinkel- eigentlich overkill, aber dann weiss ich wenigstens dass ich der abweichler bin und nicht das werkzeug. für größere sachen schiele ich auf einen sashigane.

viel spaß,

florian

p.s.: der in puncto maßhaltigkeit perfekte winkel wäre aus glas. das gibt es sogar mit wärmeausdehnungskoeffizient null. und immer schön voooorsichtig ... ;-)



Friedrich Kollenrott
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Re: präziserTischlerwinkel

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Torsten,

das Thema ist schwierig. Welche Toleranz ist erträglich für Tischlerarbeiten? Womöglich weiss das niemand wirklich. Ich benutze meistens (für etwas größere Werrkstücke) einen 300 mm- Winkel von ECE (Holz / Metall). Ist drei Jahre alt, eine Abweichung kann ich mit der üblichen Methode (an sauber gerade Tischkante anlegen, Strich an der Zunge, Winkel andersrum anlegen) nicht feststellen.
Eigentlich glaube ich auch eher daran, dass ein Winkel aus Metall sein sollte. Aber- zuerst hatte ich einen japanischen (shinwa). Da war die Zunge vom Anschlag umgossen. Der platzte irgendwann auf. Jetzt dient mir die Zunge zur Überprüfung der Ebenheit meiner Wassersteine. Dann hatte ich einen deutschen (Vogel). Der fiel mal runter, und danach war die Stiftverbindung zwischen Zunge und Anschlag locker. Man konnte sie wieder festklopfen (Kegelkerbstifte), aber seitdem mag ich ihn nicht mehr.

Ich habe auch einen sashigane (den Florian so mag). Ein pfiffiges Prinzip, Nachjustierung per Hammer. Aber- der ganze Winkel ist so beängstigend filigran.... Manchmal nehm ich ihn in die Hand und freu mich dran, und dann häng ich ihn wieder weg.

Also, die Winkel mit Metallzunge und Holzanschlag sind offenbar nicht so schlecht. Und denk immer dran: Wenn Du heute einen perfekten rechten Winkel an deienm Holzwerkstück fertigst, wird er morgen nicht mehr stimmen. Du weißt, Holz arbeitet....

Friedrich



Andreas N.
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Re: präziserTischlerwinkel

Beitrag von Andreas N. »


Was habt ihr mit den Japanischen Winkeln? Die normalen Stahlwinkel werden doch auch so mit dem Hammer gerichtet. Wie richtet Ihr denn Winkel?
Andreas N.



Friedrich Kollenrott
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Tischlerwinkel richten??????

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Andreas,
einen Winkel ganz aus Stahl kann man sicher durch geschicktes Strecken mit der Hammerfinne an der richtigen Seite nachrichten. Aber einen Tischlerwinkel mit Holzanschlag und Federstahlzunge (vernietet) doch wohl nicht. Oder? Das müßtest Du mal erklären, ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen.

Friedrich


Jürgen z.H.

Re: Tischlerwinkel richten??????

Beitrag von Jürgen z.H. »


Doch, doch das geht ich war froh, dass Andreas den Beitrag geschrieben hat. Irgendjemand hatte mir das mal gezweigt, dass man die von Dir beschriebenen Winkel durch Klopfen oder mit einem Kunststoffhammer richten kann. Wenn der Winkel zu groß ist, stoße ich den Winkel mit der Griffseite kurz auf ein Holzbrett. Bei zu kleinem Winkel schlage ich kurz mit dem K-Hammer auf die Innenseite des Griffs.

Tschüß Jürgen


Friedrich Kollenrott
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aber dann isser kaputt! oder?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Jürgen,

Du korrigierst also einen vernieteten Winkel mit Hammerschlägen auf Zunge oder Anschlag. Da muss sich aber die Vernietung bewegen. Darf sie das? Ich vermute, sie ist dann kaputt. Etwas anderes ist ein Nachrichten von Ganzstahlwinkeln: Da kann man ungefähr im Scheitel des Winkels durch einseitiges Strecken von Material mit dem Hammer den Winkel etwas korrigieren (wie einen Sashigane eben auch).

Aber das sind alles völlig selbstgemachte Ansichten- vielleicht liege ich auch ganz falsch? Vielleicht sollte sich da mal jemand äußern, der genau weiss, wie ein vernieteter Winkel funktioniert. Kraftschlüssig (das wäre korrigierbar) oder formschlüssig.

Friedrich



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: aber dann isser kaputt! oder?

Beitrag von Andreas N. »


Hallo, Ich bezog mich auf Stahlwinkel (was man an meinem Bezug auf die Japanischen im vorherigen Beitrag hätte ersehen können, wie ich dachte).Und als Schlosser gibt es heufig nicht-rechtwinklige und 120° Winkel (und bei denen aus 30x10mm kann man schon etwas mehr als "ganzvorsichtig" draufhaun :-). Obwohl, ich hab auch schon einen Zusammengesetzten Winkel richten können- da müssen die Nietlöcher wohl Kraftschlüssig ausgeführt gewesen sein. War aber auch ein Billigteil.
Schöne Grüße
Andreas N.



Jürgen z.H.

Re: aber dann isser kaputt! oder?

Beitrag von Jürgen z.H. »


Ich meine definitiv einen vernieteten Winkel. Ich habe die Vernietung noch nie geöffnet. Mein Winkel ist aber nicht kaputt oder locker. Wenn ein neuer Winkel runterfällt, stimmt er auch nicht mehr. Meine Vorgehensweise korrigiert so einen Fehler mit den gleichen Mitteln. Ich schlage aber nicht auf die Zunge, sondern auf den Anschlag.

Tschüß Jürgen


Wolfgang Peter
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Registriert: Fr 13. Sep 2013, 13:24

Re: Tischlerwinkel richten??????

Beitrag von Wolfgang Peter »

[In Antwort auf #110352]
Hallo zusammen,
ich habe noch einen schiefen Schreinerwinkel (runtergefallen) mit Nietung zuhause. Wollte ich eigentlich schon wegwerfen, weil ich - wie Friedrich - dachte, da geht nix mehr...Kurzum: Ich werde die Sache heute abend mal "amtlich" testen und dann Bescheid geben.
Beste Grüße
Wolle


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