Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Dirk Boehmer
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Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Dirk Boehmer »


Hallo,

es geht um das Schleifen von Stecheisen. Und da gehe ich so vor:

1.) Das Vorschleifen geht maschinell mit einem einfachen Schleifbock, der allerdings eine diamantbeschichtete Aluscheibe hat. Also einen massiven Alugrundkoerper, der eine etwa 5mm dicke und 20mm breite Lage aus einer braunen mit Diamantstaub versetzten Masse als aeusseren Ring hat. Einige Zentimeter vor der Schleifscheibe befindet sich eine horizontal angebrachte VA Stange, auf der ich das zu schleifende Stecheisen ablege. An dem Stecheisen befestige ich hinter der Stange einen "Stopblock", so dass ich immer mit einem definierten Winkel schleife. Nach jeder Querfahrt beim Schleifen tauche ich in Wasser ein. Das Schleifbild sieht am Schluss in etwa so aus, wie mit einer Tormek geschliffen.

2.) Ok, das geht alles ganz toll. Jetzt scheife ich per Hand den Rest weiter, den Schleifwinkel nochmal mit einem Winkelmass kontrolliert. Schnell bildet sich auch der dunkle Schleifgrat.

Hier komme ich nicht mehr so richtig weiter. Ganz so bruechig ist der Grat nicht. Wenn ich mit der Fingernagelspitze den Grat so hin- und herschiebe, laesst er sich irgendwann entfernen. Durch Schleifen allein passiert da irgendwie nichts. Und wenn ich die Spiegelseite abziege, drueckt sich der Grat wieder auf die andere Seite.

Helft mir doch mal ein bischen auf die Spruenge. So weit vom Ziel entfernt kann ich doch gar nicht sein. Schleife ich mit der Hand vielleicht mit zuviel Druck?

--
Dirk



Michael Formanek
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Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo!
Ich bin zwar sicher nicht der Schleifprofi hier im Forum aber den Grat sollte man auf keinen Fall "abbrechen". Wenn man den Grat auf diesem Weg entfernt, bekommt man eine relativ stumpfe Schneide. Du musst einfach solange abwechselnd die Fase und die Spiegelseite abziehen bis sich der Grat löst. Die Fase wird dabei öfter als die Spiegelseite abgezogen. Mit zu viel Druck kann man, aus meiner Erfahrung, dabei eigentlich nicht arbeiten. Man muss halt nur schaun, dass das Stecheisen immer schön plan aufliegt, damit man nicht beim Abziehen noch die Schneide ballig schleift.

Es kann bei einem feinen Abziehstein aber einige Zeit dauern bis der Grat komplett weg ist.

Also einfach nicht aufgeben ;-)

Hoffe ich hab dir nichts Falsches geschrieben, sollte das der Fall sein, werden sich sicher noch die Schleifprofis melden und mich korrigieren.

Gruß Michael


Bernhard
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Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Bernhard »


Hallo Dirk,

ich habe mal gesehen, wie Friederich (bei der legendären Vorführung in Schneverdingen) den Grat eines Hobeleisens auf einem 8000 Stein entfernt hat. Gaaaanz vorsichtig hat er die Schneide drehend über den Stein gezogen. Das ist jetzt blöd zu beschreiben, aber ich hoffe Du verstehst es.

Gruß
Bernhard


Friedrich Kollenrott
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Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie? *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #110122]
Hallo Dirk,

ich füge hier mal den Text aus meiner Schärfanleitung nach neuestem Stand (aber weitgehend identisch mit dem Text, wie er im Schärfprojekt steht, ein. Das Bild findest Du dann unten.

Es geht dabei um die Beseitigunge eines Grates, wie er beim Schärfen auf einem Wasserstein (Körnung etwa 800 bis 1000) entsteht. Deine Diamantscheibe wird, denke ich, einen ähnlichen Grat hinterlassen.

Ich wünsche viel Erfolg!

Friedrich

Schritt 4: Schleifgrat beseitigen
Der Schleifgrat entsteht dadurch, dass beim Schleifen der Schneidkeil an seiner dünnsten Stelle, also vorn an der Schneide, ausweicht und sich nach oben umbiegt. Außerdem wird ein Teil des Stahles nicht abgetragen, sondern in Schleifrichtung „geschmiert“ (Bild 14 oben links). Ein Grat ist das sichere Anzeichen dafür, dass tatsächlich vorn an der Schneide Stahl abgeschliffen wurde. Ob man dann noch weiter schleifen muss, das hängt davon ab, ob größere Schäden an der Schneide zu beseitigen sind.

Bild 14: oben: Entstehung des Grates beim Schleifen

unten: Prüfen auf Vorhandensein und und Abbrechen des Grates auf dem Abziehstein

Der Schleifgrat steht gegenüber der gewünschten Keilform der Schneide vor, außerdem ist er, anders als der Grat, der an einer Ziehklinge gezielt angebracht wird, rau und brüchig. Er fällt zwar meistens sowieso ab, wenn man die Mikrofase abzieht - ich entferne ihn aber vorher, damit er nicht die Mikrofase oder später die Spiegelseite verkratzen kann.

Eine im ersten Moment etwas irritierende, aber wirklich gute Methode dazu ist, die Schneide ganz, ganz leicht mit einer Wischbewegung über den Abziehstein zu ziehen (Bild 14, unten), wobei sie zum Schluss senkrecht auf der Fläche steht. Der Grat wird so in listiger Weise zur Spiegelseite hin umgebogen und durch die schleifende Wirkung des Abziehsteines an seiner Wurzel abgetrennt. Die Schneide nimmt dabei wirklich keinen Schaden, der nicht beim anschließenden Anbringen der Mikrofase verschwinden würde! Man kann bei der Beseitigung des Grates noch nachhelfen, indem man anschließend mit dem Daumen von der Spiegelseite her quer – wirklich nur quer, bitte - über die Schneide reibt. Das überstehen noch dranhängende Reste des Grates normalerweise nicht. Wenn der Fingertest anschließend ergibt: Grat ist weg, dann kann man zum Abziehen der Mikrofase übergehen.



Michael Formanek
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Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo! Wirklich eine gute Anleitung. Vor allem mit recht anschaulicher Bebilderung.

Jetzt hab ich aber doch eine Frage:

Wenn ich keine Mikrofase anbringe, sondern meine Klingen wie üblich schleife, führt dieses Vorgehen doch zu einer Abstumpfung meiner Schneide. Wenn ich die Klinge mit der, im unteren Bild dargestellten, Bewegung über den Abziehstein ziehe, rundet dieser doch die Schneide leicht ab, zudem entstehen beim wegwischen des restlichen Grates doch genau genommen "Bruchflächen" an der Schneide die der Schärfe der Klinge nicht zuträglich sind.

Das wäre zumindest meine Ansicht. Mich würde interessieren, ob ich damit richtig liege. Für deine Schärfanleitung ist das Vorgehen sicher super geeignet weil die Schneide ja noch bearbeitet wird.

Würde mich über Aufklärung zu dem Thema sehr freuen.

Grüße aus dem verschneiten Wien

Michael


Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3190
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Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Michael,
was Du schreibst befürchte ich auch. Sicher wird beim Anbringen einer Mikrofase vorn an der Schneide etwas mehr abgenommen als bei einer ganzflächig abgezogenen Fase. Aber letztlich muss man bei jeder Methode den Bereich, an dem der Grat hängt, irgendwie sauberbekommen. Probier es mal aus, mit wirklich ganz wenig Druck, so dass der Grat gerade beseitigt ist, dann kann eigentlich noch nichts kaputt sein. Aber noch eher würde ich Dir nahelegen, einmal eine Mikrofase zu probieren. Es ist wirklich eine ganz erhebliche Erleichterung gegenüber dem "konventionellen" Abziehen.

Friedrich


Thomas Jacobi
Beiträge: 327
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Thomas Jacobi »


Hallo Friedrich,

Wat denn mit einer Stossaxt oder "paring chisel"? Hier ist ja per Definition keine Mikrofase sinnvoll? Auch bei Stemmeisen habe ich noch nie Mikrofase probiert? Oder sprichst Du generell von Hobelmessern?
Bin ich hier etwas umwoelkt, ich komm nicht ganz mit.
Thomas


Rafael
Beiträge: 841
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Rafael »

[In Antwort auf #110122]
Hallo,

den Ausführungen von Friedrich braucht man eigentlich nichts hinzuzufügen. Vielleicht daher nur noch ein Hinweis aus einem Schärfkurs von Harald Welzel:

Das Polieren der Schneide findet ja z.B. auf einem 8000er-Stein statt. Dies geschieht durch ein absteigendes Polieren von Schneide und Spiegel, d.h. ich starte mit 10 Zügen der Schneide, drehe das Eisen um und mache 10 Züe mit dem Spiegel;
dann jeweils abwechseln 9, 8. 7. usw. bis man nur noch jeweils einen finalen Strich für Schneide und Spiegel macht.
Dananch sind meine Schneiden bestens präpariert.
Hoffentlich ist es nicht zu "komisch" beschrieben . . .

Rafael



Marc Waldbillig
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Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Marc Waldbillig »


Thomas,

So versteh doch, Friedrich ist dabei sein neues Hobeleisen zu schärfen, du weißt, die Raubank. Und dann kommt zwischendurch der Dirk, der von Stecheisen spricht und der Michael spricht gleich von der Mikrofase an dem Stecheisen. Der Friedrich, der denkt wieder nur an sein Hobeleisen, weil der Michael eben von der Mikrofase spricht. So kann der kollenrottsche Schärf-Beratungs-Service schon mal temporär ausfallen.

Falls ich da falsch liege, bitte mit Kanonen einschießen!

Danke schon im Voraus,

Marc, der seine Säge nächste Woche bekommt und den Quatsch mit der Mikrofase vor ein paar Jahren einmal ausprobiert. Mann, haben die Baumarktstecheisen mit der Mikrofase gut Beton abgekratzt.



Thomas Jacobi
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schleifgrat beseitigen, aber wie?

Beitrag von Thomas Jacobi »


Alles klar, Marc

Ich sehe wir sprechen unter Spezialisten, da versteht man sich mit den leisesten Andeutungen. Worum gings noch grad?

Ach ja, demnaechst ein grossartiges neues Jahr
herzlichst,
Thomas


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