Rauhbank: Frage zu den Griffen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Philipp
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Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Philipp »


Und gleich noch 'ne Frage...

Kürzlich habe ich zum ersten Mal meine große Ulmia-Rauhbank länger benutzt (Abrichten von 90-cm-Kirschholzbrettchen). Dabei hat es mir richtig Spaß gemacht, diesen großen Hobel zu schwingen und festzustellen, daß sich das Ergebnis sehen lassen kann (und heute habe ich schwere Arme - ganz schön anstrengend, dieses Hobeln...). Ich hatte durchaus mehr Ausrisse befürchtet, da das Hobelmaul ja doch recht weit offen steht.
Womit ich nicht vollkommen klarkomme, ist die Griffanordnung bzw. das richtige Halten der Raubank. Irgendwie leuchtet mir die Ergonomie europäischer Raubänke nicht ein: es ist doch einiges an Kraft und Anstrengung vonnöten, um diesen Hobel zu führen, was in meinen Augen zwei passende Handgriffe erforderlich machen würde. Nur mit dem einen Handgriff bekomme ich keinen ausreichenden gleichmäßigen Druck auf die Rauhbank, weil ich sie in ihrem vorderen Bereich nicht vernünftig zu fassen kriege (und das im kalten Keller ohne schwitzende Hände!). Das kommt gerade bei feiner Spanabnahme zum Tragen. Ohne ausreichenden Druck vor dem Messer gräbt sich dieses nicht ein, was zu einer konvexen Krümmung der Brettkante führt (Spanabnahme hauptsächlich beim Ansetzen und am Ende des Hobelzuges).

Manche alten RB, vorzugsweise aus England oder Holland, sind den Eisenhobeln ähnlicher, in dem sie erstens auch einen vorderen Griff haben, zweitens beide Griffe näher am Eisen stehen und drittens tiefer liegen (d.h. die RB besitzt nicht die große Höhe wie „unsere“ Modelle). Da das in meinen Augen deutlich bessere Führungseigenschaften ergeben muß, überlege ich mir, meine Ulmia-Raubank entsprechend umzubauen (vor und hinter dem Messer „tiefer legen“, hinteren Griff näher ans Messer, zweiten Griff vor dem Messer anbringen).
Doch bevor ich hier ein an sich schönes Werkzeug verwüste (s.a. meinen anderen Beitrag von heute), frage ich lieber einmal in die Runde, was ggf. gegen diese Maßnahme spricht. Irgendwie hat die traditionelle Form der RB ja auch ihre Gründe, oder?

Viele Grüße
Philipp



Marc Waldbillig
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Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Philipp,

Der tiefer gelegte hintere Griff ist ein Merkmal des Razee-Hobels. Das sieht man manchmal an älteren Holzhobeln. Ich kenne nur einen, nämlich Steve Knight, der solch einen Hobel heute noch baut. http://www.knight-toolworks.com/wooden.htm#Jointer . Es gibt bestimmt noch andere.

An deiner Stelle würde ich mir überlegen, ob ich nicht den ganzen Hobelkörper bauen würde. Du nimmst das Eisen aus deiner Raubank und machst dir einen Hobelkörper nach deinen eigenen Vorgaben. So läufst du keine Gefahr deine Raubank zu verwüsten und hast einen eigenen Hobel, den du später mit einem Ersatzeisen ausstaffieren kannst. Du hast dann 2 Raubänke und kannst sie zu unterschiedlichen Zwecken anpassen.

Gruß, Marc



Christof Hartge
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Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Philipp,
einerseits hast du vollkommen recht. Die Griffanordnung der euopäischen Rauhbank könnte ergonomischer sein. Das betrifft besonders die Anordnung weit am Ende des Hobels. Meiner Meinung nach geört er so weit nach vorne bis die verlängerte Linie des Hobelbettes und und die Griffachse sich schneiden. So ist es bei den alten englischen Holzhobeln, ich emfinde das am angenehmsten.

Ich bin nicht so sicher, ob es gut ist den Griff tiefer zu legen.

Zum zweiten Griff. er wurde hier auch schon als "Holländernase" diskutiert, weil holländische Hobel so etwas auch schon hatten: ich habe so einen Griff am Anfang auch immer vermißt. Jetzt nicht mehr und ich baue mir auch keinen mehr dran.
Am Anfang einfach ein wenig druck geben vorne, den Hobel dann gleiten lassen, gar nicht schnell, hübsch langsam und am Schluß das gewicht nach hinten verlegen. Das genügt eigentlich.

Viele Grüße, Christof.



Thomas Heller
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Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Thomas Heller »


Lieber Philipp,
der Autor James Krenov, der in diesem Forum sehr bekannt und geschätzt ist, hat sich genau die gleiche Frage gestellt, wie Du.
Er hat ebenfalls die Griffanordnung der Europäischen Hobel, insbesondere aber , die der Rauhbank kritisiert.
Auch er propagiert die Griffhaltung möglichst tief anzusetzen und ist deshalb eher für das "weglassen" eines Griffes. Stattdessen empfiehlt er eine Griffmulde für die führende und zumindest Fingermulden für die stützende Hand.

Schau Dir doch mal die australische Rauhbank in Dieters Shop an. Die scheint in etwa Deinen Vorstellungen zu entsprechen.
Mir persönlich gefällt sie jedenfalls sehr. Doch für meine seltenen Anwendungen genügt mir meine alte Ulmia.

Wenn Du gerne und oft mit der Rauhbank arbeitest, erwäge doch auch mal den Bau einer eigenen, auf Deine Bedürfnisse abgestimmten Rauhbank.

Gruß, Thomas


Marc Waldbillig
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Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen *MIT BILD*

Beitrag von Marc Waldbillig »

[In Antwort auf #109798]
Hallo Philipp,

Ich hab mal im Whelan nachgeschaut. Dort wird ein Hobel, der vorne und hinten abgesetzt ist, als double razee bezeichnet. Er hat vorne auch einen Griff. Es handelt sich um einen Jack plane, also 14 bis 16 Zoll lang und wurde von Ohio Tool produziert.

Den könnte man sich als Raubank nachbauen. Ja, der würde mir auch gefallen :-)

Gruß, Marc



Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Philipp »


Hallo Mark,

genau so etwas ähnliches schwebt mir vor. Eigenbau ist wohl unumgänglich, wie auch schon Thomas schrieb.

Werde mal auf dem Weltnetzflohmarkt eine günstige RB "schießen" und "brutalst möglich" umbauen. Da kenn' ich nix!

Grüße, Philipp


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Alternative

Beitrag von Christof Hartge »


Lieber Philipp,

besagter Whelan, empfiehlt vor dem Eigenbau sich einmal einen alten (19. Jhdt) Holzhobel zuzulegen um zu sehen, was erreichbar ist. Ich habe das auch erst nicht richtig geglaubt. Inzwischen meine ich aber, dass Whelan richtig liegt mit seiner Empfehlung. Englische try-planes oder jointers sind für wenig Geld zu haben - teilweise billiger als Ulmias oder ECE's. Und wenn du eine hast, dann staune, was ergonomisch möglich ist. Da kommt man von alleine nicht drauf. Die wirklich guten Sachen sind meist im Detail verborgen.

Viele Grüße, Christof.


Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Re: Alternative

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo Christof, hallo Philipp,

ergänzend dazu vielleicht dieser Link mit recht guten Angeboten an gebrauchten Hobeln:
http://www.dutchtools.net/

Schönen Abend
Rafael



uli schiekofer
Beiträge: 176
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von uli schiekofer »

[In Antwort auf #109857]
hallo marc,
was ist whelan? habe gerade beim googeln nichts gefunden, ebenso bei #####.
vieleicht hast du einen link oder so.
danke
herzliche gruesse
uli


Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Rauhbank: Frage zu den Griffen

Beitrag von Uwe Linke »


Uli,

ich nehme an, Marc meint "The Wooden Plane: Its History, Form and Function"
von John M. Whelan, ISBN: 1879335328

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