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In Antwort auf #130854]
Hallo Zusammen,
jetzt muß ich auch mal was loswerden: Also wenn ich mir manche Reaktion auf Deine Frage durchlese, frage ICH mich, wie in den letzten tausend Jahren Fenster in den Häusern gehalten haben: keine Kunststoffe, keine Erdölprodukte, keine DIN- oder sonstwie-Normen, keine vordefinierten Mängel, keine kratzfesten "Holz"-Fenster, keine 300%ige Sicherheit für gar nichts, .... Sind die Fenster innerhalb kurzer Zeit verfault und aus den Mauerlöchern gefallen? Nein, viele der alten Häuser und Schlösser haben immer noch die Fenster, die inzwischen hundert und mehr Jahre alt sind. Und mehrere Fensterrestauratoren, mit denen ich mich unterhalten habe, haben mir erklärt, daß diese Fenster bis heute ausschließlich mit Leinölfarbe gestrichen werden. Allerdings müssen und mußten diese Fenster auch nie irgendwelchen Putz-Attacken standhalten; früher hatte man was anderes im Kopf, als jede Woche mit Chemikalien und Microfasertüchern das Fenster inklusive Rahmen abzuwienern.
Ich habe in meinem Haus immer noch 10 Original-Kastenfenster aus den 50er Jahren, die ich mit ganz klassischer Leinölfarbe streiche - vielleicht inzwischen schon aus Trotz wegen der ganzen Malerfirmen, die immer wieder versucht haben, mir irgendeinen kratz- und schlagfesten zwei-Komponenten-Krams oder einen tollen umweltfreundlichen Acryllack mit grauenhafter Haptik aufzuschwatzen (komischerweise ganz synthetisch aber sicher super umweltfreundlich hergestellt). Da war bisher auch kein Argument zur Panikmache dumm genug, als daß es nicht vorgebracht worden wäre.
Fakt ist, daß Holzfenster gerade mit besonders dichten Anstrichen anfälliger sind, als rohes oder mit Ölen behandeltes Holz. Leinöllack ist immer noch erheblich diffusionsoffener als jeder noch so offene Kunstharzlack. Und bauphysikalisch gesehen ist bei einem "arbeitenden" Naturmaterial wie Holz mit Restfeuchtegehalt die Diffusionsoffenheit von VORTEIL und kein Nachteil, wenn konstruktiv dafür gesorgt ist, daß keine Stellen dauerhaft naß bleiben, sondern immer wieder abtrocknen können. Der Vorteil moderner Lacke liegt vor allem bei der Verarbeitung, wenn zum Beispiel moderne Methoden wie Spritzen angewendet werden sollen: niedrigviskos, leicht in Massen aufgetragen, schnell trocken, weniger Schichten nötig als bei Leinöllack. Wenn Fenster mit Lösungsmitteln, Microfasertüchern, Dampfstrahler, Hochdruckreiniger und was weiß ich noch alles gereinigt werden sollen, sollte sich meiner Meinung nach für Kunststoff- oder Alufenster entscheiden, das ist resistenter als jedes mit irgendwelchen Lacken plastifizierte Holz und fühlt sich auch nicht anders an.
@Michael:
Für das innenliegende Holz ist nach meiner Erfahrung Öl vollkommen ausreichend. Welches Öl Du nimmst, ist von Euren Gewohnheiten abhängig. Wenn Ihr oft putzt, wäre eine Art Hart(wachs)öl wohl nicht verkehrt, das härtet die Oberfläche etwas, trägt aber auch auf (schichtbildend) und die Haptik verschlechtert sich. Ansonsten würde ich es zuerst mit rohem Leinöl und zwei Wochen später mit gekochtem Leinöl dünn streichen. Das hält eventuelles Kondensatwasser aus, das aber bei neuen Fenster sowieso nicht mehr anfallen sollte. Ich verwende aber keinen Baumarktfirnis, der riecht nicht, sondern "stinkt" nach Leinöl. Wie ich gerade gesehen habe, hat auch Dieter einige interessante und hochwertige Holzöle mit unterschiedlichen Eigenschaften, die für die Innenbehandlung von Fenstern geeignet scheinen. Da würde ich für solche Zwecke was bestellen, wenn ich nicht schon Leinöl im Keller hätte. Der Preis erscheint zwar auf den ersten Blick recht hoch, doch die Öle sind gerade auf Hartholz sehr ergiebig.
Viele Grüße
Markus