Zimmermännische Nummerierung der Balken
Zimmermännische Nummerierung der Balken
Wer kann mir erklären, nach welchem System die Zimmerleute ihre Balken "nummerieren" (oder früher nummeriert haben)?
In unserer Scheune haben die Balken eingeschlagene Dreiecke und Striche. In gewisser weise kann ich das System nachvolziehen, aber nicht ganz.
Ich glaub, einige Zimmerleute sind ja im Forum...
Dank Euch.
Michl
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Re: Zimmermännische Nummerierung der Balken
Ich bin zwar kein Zimmermann, ich ich denke, da gibt es regionale und auch historische Unterschiede.
In Hessen (wo außer im Nordwesten) stilistisch sogenanntes fränkisches Fachwerk vorherrscht, sind die Balken mit einem System nummeriert, dass bis auf eine Abweichung aus römischen Zahlen besteht: Die Abweichung besteht darin dass, die Vier als IIII und die Neun als VIIII eingeschlagen wird. Ich vermute, dass die Ursache darin liegt, dass sonst im normalen römischen System die Vier mit der Sechs beziehungsweise die Neun mit der Elf zu leicht verwechselt werden können, insbesondere wenn man die Zahl auf dem Kopf steht, was auf dem Bauplatz ja leicht vorkommt.
Kürzlich erläuterte hier bei einer Stadtführung die Führerin eine Sonnenuhr an einer Kirche die aus dem Mittelalter stammt. Die Ziffern dort waren laut den Erklärungen Zimmermannszeichen. Sie waren ähnlich wie das ebengenannte System aufgebaut, allerdings war die Zehn nicht durch ein X sondern einen überlangen senkrecht Strich, also wie eine Eins, jedoch doppelt so groß, dargestellt.
Gruß
Jörg
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Re: Zimmermännische Nummerierung der Balken
Moin Michl!
Christoph beschreibt das schom ganz richtig. Aber ein paar Anmerkungen habe ich doch noch. Die "Römischen Zahlen" werden auch bei uns hier im Norden benutzt, und soweit ich weiß auch sonst überall in Deutschland. Nur die Reihenfolge der Nummerierung ist meines Wissens unterschiedlich. Hier bei uns wurde in der Regel mit dem Pfosten rechts von der Eingangstür begonnen und dann die vertikalen Bauteile des Fachwerks entgegen dem Uhrzeigersinn durchnummeriert. Genauso wurde mit den Riegeln verfahren. Das waren dann die sogenannten "glatten" Nummern. Hölzer wie z. Bsp. Fenstersturzriegel bekamen die gleiche Nummer wie der daruntersitzende Brüstungsriegel, jedoch mit einem an die letzte Ziffer "angehängten" Dreieck. Die bezeichnet man beispielsweise als "drei, ein rut" wobei rut für das Dreieck steht. Je weiter es in die Höhe geht, desto mehr "Dreiecke" werden angefügt, so das beim Aufstellen eines Fachwerkhauses anhand der Nummer sofort klar war wo das betreffende Bauteil hingehört. Man kann heute anhand dieser Zahlen oft spätere Umbauarbeiten erkennen. Die Nummern wurden in der Regel aussen, auf der Bundseite des Holzes, bei horizontalen Bauteilen links eingeschlagen. So waren Verwechslungen von Hölzern ausgeschlossen.
Ich hoffe das hilft Dir etwas weiter.
Grüße, Jakob Sonntag
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Re: Nicht Christof - sondern Jörg
Lieber Jakob,
möglicherweise ist es Dir noch nicht aufgefallen, aber hier geistern zwei verschiedene Hartge's durch das Forum. Der vorige Beitrag ist von mir (Jörg). Der weitaus fleißigere Schreiber gleichen Nachnamens ist mein Bruder Christof.
Aber ansonsten Danke für die Ergänzungen!
Gruß
Jörg
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Re: Nummerierungsfolge
Noch was zum Fachlichen: Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, hier in Hessen wird nicht am Türpfosten, sondern an einem Eckpfosten angefangen zu zählen. Die Riegelnummerierung funktioniert sonst im Prinzip so wie von Dir beschrieben - allerdings habe ich die Dreiecke noch nie gesehen.
Ich werde mal drauf achten wenn ich in den Norden komme. (Wie weit im Norden ist das bei Dir eigentlich?)
Gruß
Jörg
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Re: Nummerierungsfolge
Hallo Jörg!
Ich bitte Dich die Verwechslung zu entschuldigen. Ich hatte vorher auf das Posting wegen des Turmdaches geantwortet, und da hatte Christoph vorher geantwortet. Ich werde mich bemühen euch in zukunft auseinanderzuhalten.
Bei mir ist das nördlich so um 50 km südöstlich von Hamburg. Genau gesagt: Scharnebeck bei Lüneburg
Grüße vom (noch?) einzigen Jakob Sonntag
Re: Zimmermännische Nummerierung der Balken
[In Antwort auf #99160]
Scheinbar ist das System hier (Mittelfranken) ein wenig anders. Vielleicht kennt´s einer.
Römische Zahlen hab ich keine gefunden. Überhaupt hab ich nur Zeichen an den (weiß nicht, wie man die nennt) 45grad-schrägen Balken zwischen den senkrechten Stützen und den Waagerechten Längsbalken gefunden. Und die sind folgendermaßen:
Blick von vorne auf die Scheune: erste Balkenreihe (rechte Außenwand) bekommt einen Strich, zweite Reihe zwei Striche ... bis zur vierten und somit linken Außenwand. (ein Strich ist ca. 5-8cm lang)
Erster Balken vom Tor aus bekommt 1Dreieck, der zweite 2Dreiecke ... bis zum achten (bzw. neunten) und somit letzten. (1Dreieck = ca. 1cm lang, rechtwinklig)
Sonst hab ich in garkeinen Balken irgendwelche Zeichen gefunden.
Außer in manchen von den senkrechten Stützen (Eiche). Da sind einige Dinge eingeschlagen, wobei ich nicht weiß, ob das was mit der Konstruktion zutun hat. Ist auch schlecht zu erkennen. Wirkt, wie mit einem "Stempel" eingedrückt. Sieht aus wie ein Z (ca. 3cm groß) und wie kleine römische Einser(ca. 1,5cm lang) ungeordnet immer am oberen Rand des Balkens....?
Wo sind denn gewöhnlich die restlichen Balken markiert?
Sind die Dreiecke vielleicht nur an den schrägen Teilen?
Scheinbar ist das System hier (Mittelfranken) ein wenig anders. Vielleicht kennt´s einer.
Römische Zahlen hab ich keine gefunden. Überhaupt hab ich nur Zeichen an den (weiß nicht, wie man die nennt) 45grad-schrägen Balken zwischen den senkrechten Stützen und den Waagerechten Längsbalken gefunden. Und die sind folgendermaßen:
Blick von vorne auf die Scheune: erste Balkenreihe (rechte Außenwand) bekommt einen Strich, zweite Reihe zwei Striche ... bis zur vierten und somit linken Außenwand. (ein Strich ist ca. 5-8cm lang)
Erster Balken vom Tor aus bekommt 1Dreieck, der zweite 2Dreiecke ... bis zum achten (bzw. neunten) und somit letzten. (1Dreieck = ca. 1cm lang, rechtwinklig)
Sonst hab ich in garkeinen Balken irgendwelche Zeichen gefunden.
Außer in manchen von den senkrechten Stützen (Eiche). Da sind einige Dinge eingeschlagen, wobei ich nicht weiß, ob das was mit der Konstruktion zutun hat. Ist auch schlecht zu erkennen. Wirkt, wie mit einem "Stempel" eingedrückt. Sieht aus wie ein Z (ca. 3cm groß) und wie kleine römische Einser(ca. 1,5cm lang) ungeordnet immer am oberen Rand des Balkens....?
Wo sind denn gewöhnlich die restlichen Balken markiert?
Sind die Dreiecke vielleicht nur an den schrägen Teilen?
Re: Zimmermännische Nummerierung der Balken
Hallo Michl,
es gibt ein schönes Buch wo alles drinsteht, von Nummerierung der Balken bis zum Turmbau.
Die Holzkonstruktion
Fritz Stade
Isbn Nr. 3-86047-252-X
Ist natürlich ein Reprint, und ich weiss nicht, ob es das noch gibt. Andere Reprint Bücher jeglichen Handwerks gibt es im Verlag Th. Schäfer, Hannover.
Da sind auch noch andere Zimmermannsbücher die vielleicht weiterhelfen.
So wie ich das aus dem buch entnehme gibt es Römische Ziffern, Runen - das sind diese schrägen Striche, Stiche- schräge Striche mit kleinen Dreiecken dran, den Pick- kleine Vierecke, den Hohlschlag- kleine Halbmonde und Bundzeichen- das sind römische Ziffern mit kleinen Dreiecken dran.
nummeriert wird von links nach rechts. Der Pick ist das Stockwerkszeichen.
Die Kehlbalken werden von links nach rechts mit stichen nummeriert. Die Verbandhölzer in einer Längswand werden mit Ruten nummeriert. Die Verbandhölzer in einer Querwand erhalten das Stichzeichen. Das Dach erhält römische Ziffern und den Hohlschlag.
Puuh
Bettina
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Zimmermannsmäßige Nummerierung von Fachwerkwänden
Es kann immer vorkommen, das Holz sozusagen recycelt wurde. Das kam zwar nicht so oft vor wie vielfach angenommen wird, aber grade bei landwirtschaftlichen Nebengebäuden findet man es doch dann und wann. In so einem Fall wird es schwierig die Nummerierung nachzuverfolgen. Es ist möglich, das bei Deiner Scheune die Kopfbänder (die sind wohl gemeint) aus einem anderen Haus stammen. Bei einem kompletten, ursprünglichem Fachwerk würde ich annehmen das die Nummerierung relativ "gleich" an allen Hölzern vorgenommen wurde. Bisweilen wurden auch ganze Fachwerkhäuser umgesetzt. Vielleicht ist bei so einer Aktion da etwas durcheinander gekommen. Das sind aber alles nur gewagte Hypothesen solange man das Haus nicht selbst gesehen hat. Wenn das Thema Dir keine Ruhe lässt, empfehle ich Dir einen "Restaurator im Zimmererhandwerk" zu fragen. Die sind für sowas ausgebildet (die Ausbildung mache ich auch grade) und in der Regel auch an solchen Fragen Interessiert. Wenn Du in Deiner Nähe einen findest, sollte der Dir Deine Fragen beantworten können. (Können aber wohl auch andere, vorzugsweise ältere Zimmermänner).
Was das z bedeutet kann ich Dir leider auch nicht sagen.
Grüße, Jakob Sonntag
Re: Zimmermannsmäßige Nummerierung von Fachwerkwän
Ein weiteres gutes Buch zum Nachschlagen ist Franz Krämers "Grundwissen des Zimmerers". In diesem werden die Grundsätze beschrieben und auch dargestellt.
Etwas wissenschaftlicher betrachtet es Prof. Manfred Gerner in seiner Abhandlung "Abbundzeichen". Dieses Werk gab es beim Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege, Propstei Johannesberg in Fulda. Nach deren Insolvenz und Neugründung müsste es aber wieder erhältlich sein.
Kontakt: http://www.denkmalpflegeberatung.de/