The taming of a shrewed board, Teil 8a.

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof Hartge
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The taming of a shrewed board, Teil 8a.

Beitrag von Christof Hartge »


8. Auf Stärke bringen, zugeleich: Abrichten der Linken Seite

Es folgt die letzte, die linke Seite des Brettes mit der zugleich das Brett auf seine Stärke gebracht werden. Die Stärke ist eines der Kardinalmaße im Möbelbau. Was man hier festlegt wirkt sich auf die gesamten prportionen des gesamten Möbels aus. Das Brett wird ein typisches Maß, 24 mm bekommen. 24 mm ist deshalb gut, weil sich damit gut rechen läßt und vor allem weil bei Drittel Teilung immer noch 8 mm stehen bleiben. Das gibt einen ordentliche stabilen Zapfen, eine Feder oder einen Falz. Allerding wird dieses Brett noch mit einem zweiten verleimt werden. Ich ziehe es vor deshalb nur bis auf 28 mm herunterzugehen, zu verleimen und dann erst die entgültige Stärke zu hobeln. wer weiß was beim verleimen noch passiert. Es bleiben, wenn irgendetwas verrutscht ist noch 4 mmAusgleichsmöglichkeit.

Die Arbeit gliedert sich wie bei der Rechten Seite in fünf Arbeitsschritte, die einem irgendwann in Fleisch und Blut übergehen:
a) Anreißen
b) Schruppen
c) Schlichten
d) Richten
e) Putzen

a) Anreißen
So stelle ich das Messer ein.



Für das Foto habe ich Streichmaß und Zollstock auf die Hobelbank gelegt, es geht aber am besten Freihand.
Und zwar setze ich die Spitze des Messerchens auf die Mitte des 28 mm Striches. So wird es ziemlich genau.
Das Streichmaß ist von Crown und es gehört seit vier Jahren zu meinen Lieblingswerkzeugen. Ich ziehe es, wenn es nicht um das Zapfen geht, den nadelbestückten Streichmaßen vor. Das Messer arbeitet sauberer und leichter, besonders quer zur Maserung. Besonders gelobt werden auch die Streichmaße, die mit einer Scheibe arbeiten (Stanley, Veritas), aber die kenne ich nicht.

Auch mit dem Streichmaß muß man sorgfältig arbeiten. Ich spanne mir die Kante so ein, daß ich den Schnitt des Streichmaßes im Blick habe und ziehe es zu mir.



Der Anschlag muß satt anliegen, und der Balken waagerecht über die Kante gleiten. Bei Schnitten längs zur Faser ist die Gefahr groß, daß Messer oder auch Nadel von den Fasern in eine falsche Spur gelenkt werden. Darum ziehe ich mit der rechte Hand daß Streichmaß an das Brett, während die linke Hand keinen Druck ausübt sondern nur zieht.

Das Maß von 28 mm wird nun an alle vier Kanten des Brettes angetragen. Voraussetzung damit das Maß auch stimmt ist natürlich, daß die rechte Seite wirklich in sich eben ist. jede Verdrehung würde jetzt mit übertragen werden. Das ist der Grund warum es gut ist, einem Brett, das abgerichtet werden soll in der Werkstatt ein paar Wochen Zeit zu lassen. Holt man es vom Holzplatz, richtet es innerhalb von drei Tagen ab, wird man feststellen, daß längst wieder alles aus dem Lot ist bis man bei der letzten Seite angekommen ist. Gerade für Anfänger kann das sehr verwirrend sein.

Jetzt nun ein kleiner Trick, bevor es mit dem Schruppen losgeht. Rundherum bekommt die Linke Seite eine Fase:



Die Fase muß nicht immer haargenau den gleichen Winkel haben, aber sie soll ein halbes Millimeterchen vor dem Riß enden.

Diese Fase wird für das Hobeln zum automatischen Dickenanzeiger werden. Je schmaler sie wird desto näher ist man am Ziel. So sieht die Sache von oben aus:



Mit der Zeit wird man die Fase, die ja auch Zeit braucht nicht unbedingt brauchen, aber es ist eine einfache geniale optische Hilfe.


Christof Hartge
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8b

Beitrag von Christof Hartge »


b) Schruppen

Mit dem Schrupphobel darf es jetzt richtig zur Sache gehen. Für die erste Striche nehme ich noch eine feinere Messerstellung um erstmal zu spüren, was auf dem Brett so los ist:



Erstaunlicherweise erweist sich die Linke Seite als weitaus weniger problematisch als die Rechte Seite. Bis auf die Ecke rechts oben im Bild läßt sich alles in einer Richtung hobeln.
Jetzt dann darf man das Messer richtig heraus fahren:



Die Hobeltechnik ist im dritten Arbeitsschritt beschrieben.
Bald ist eine ebene Fläche hergestellt:



Es ist immer wieder ein Erlebnis zu sehen, wie die Maserung des Holzes aufwacht.
Sobald alle sägerauhen Flächen verschwunden sind lohnt es sich eines der beiden Richtscheite wieder aufzulegen. Wichtig ist das man die "Wippunkte" findet. Hier ist so einer



Nun könnte man argumentieren, daß man die Entfernung solcher Hochflächen doch besser einem anderen Hobel als dem Schrupphobel überlassen sollte. Die Praxis hat mich aber gelehrt, daß es besser ist jeden Hobel bis zum letzten auszureizen und dann erst zum feineren Modell zu wechseln.
Überhaupt möchte ich hier mal das Lob des Schrupphobels singen. Irgendwie neigt man am Anfang dazu, ich jedenfalls, sich was Feines kaufen zu wollen. Das würde ich nicht mehr so machen. nach dem Doppelhobel würde ich mir heute unbedingt einen Schrupphobel kaufen. Es gibt keinen anderen Hobel bei dem man das komplizierte Zusammenspiel von Eisen, Hobelkörper, Bewegung und Holz so leicht studieren kann wie am Beispiel des Schrupphobels.

Wenn es erkennbar zum Ende kommt, klopfe ich das Eisen noch einmal deutlich zurück.



Der Übergang vom Schruppen zum Schlichten ist heikel. Hört man zu früh auf, hat man nachher viel zu tun. Hört man zu spät auf reißt der Schrupphobel Löcher, die man später nicht mehr glätten kann. Es ist Gefühlssache und hängt auch sehr vom Holz ab.

Ich entscheide mich an dieser Stelle auf den Schlichthobel umzusteigen:




Wolfgang Jordan
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8b

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Christof,

wieder ein gelungener Beitrag. Und das beste: Jetzt weiß ich endlich, wie der Mann hinter dem Namen aussieht!

Danke und Gruß, Wolfgang

Christof Hartge
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8a.

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #99115]
c) Schlichten

Es ist gut, wenn man die Dinge mal aufschreibt. Man schaut nochmal genau hin und überprüft manches. In Schritt 3 habe ich noch geschrieben, das man auch ohne Schlichthobel auskommt. Jetzt hat es mich gejuckt und ich habe einem alten, nicht sehr schönen Steiner Doppelhobel eine gerundete Schneide geschliffen. Natürlich viel weniger rund als ein Schrupphobel, ein sanfter Bogen nur.



Das Ergebnis: Eine ganz sanfte Wellenstruktur kommt auf das Brett. Der Übergang vom Schruppen zu einer ebenen Fläche geht schneller und ist weniger gefährlich.
Adam Cherubini hat einmal bemerkt man müsse von jedem Bankhobel eine Doppelausgabe besitzen. einen mit gerader und einer mit gerundeter Schneide. Ich habe das längere Zeit für übertrieben gehalten, inzwischen bin ich geneigt, ihm zu glauben. Zumindestens einen kurzen Hobel wie diesen Steiner und einen hlablangen mit gerundeter Schneide, würde manchen Arbeitsablauf erleichtern.


Christof Hartge
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8d.

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #99115]
d) Richten

Dank des Schlichthobels kann es nun mit dem Doppelhobel schneller an das Richten gehen:



Jetzt darf die Fase langsam verschwinden. Ein regelmäßiger Blick auf alle vier Ecken des Brettes ist nötig. Auch darf man beide Richtscheite auflegen. Eine Verdrehung sollte zwar eigentlich nicht möglich sein, aber man weiß ja nie. Vorsicht ist angebracht: Schnell hat man irgendwo zuviel weggenommen. Gerade die entfernten Ecken, die nicht ständig im Blick liegen sind von dieser Gefahr betroffen.

Wenn man die obere Kante des Risses erreicht hat, wird es Zeit auf die Rauhbank umzusteigen:





Christof Hartge
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8e.

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #99115]
e) Putzen
Eigentlich ist das Wort "Putzen" hier noch etwas unangebracht. Um das allerletzte Finsih sollte es jetzt noch nicht gehen. das wird durch weitere Verarbeitung ohnehin zerstört und wäre also vergebliche Liebesmüh. Das heißt: Es darf noch rauhe Stellen geben, aber keine Ausbrüche mehr. Den umlaufenden Riss sollte man so gut als möglich anschneiden.



Die Oberfläche ist jetzt schon emfindlich. Ein fahrlässig eingestelltes Messer kann grobe Folgen haben. Gerade die Rauhbank kann ihrem Namen dann alle Ehre machen. Darum ist vor dem ersten Hobelstoß besondere Aufmerksamkeit auf die Einstellung des Hobels zu legen.
Zunächst einmal sollte die Schneide um Haaresbreite gerundet sein. das verhindert Fahrspuren auf der Oberfläche. Dann stelle ich den Hobel so genau als möglich optisch ein. Zuletzt ziehe ich ihn ohne Druck rückwärts über das Brett. Schabt das auf der ganzen Länge, ist es noch zu scharf eingestellt. Richtig ist, wenn es so einige wenige Punkte gibt, an denen das Messer greift. Dann ist es soweit für den ersten Stoß.

Hier ist die Linke Seite soweit fertig



Die nun folgende Kontrolle an allen vier Kanten ist nicht zwingend nötig, aber nützlich ist sie schon:






Wer sich die Bilder hineinzoomt wird feststellen, daß es 28, 2 mm sind, die das Brett jetzt stark sind. Sei es drum. Mir genügt es an dieser Stelle. Es kommen ja eh noch was runter. Es belegt aber, daß man durchaus auf das Zehntel genau arbeiten kann und manchmal auch sollte.


Christof Hartge
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Re: The taming of a shrewed board, Teil 8f.

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #99115]
f) Nachwort

Einiges möchte ich noch zum Schluß bemerken. Ich wollte mit diesem Artikel nicht nur die Frage beantowrten, wie man ein gewöhnliches Brett hobelt, sondern auch die Vorteile aufzeigen die handwerkliche Techniken bieten.

Das wichtigste zuerst: Die aufgeführten Arbeitsschritte enthalten eigentlich alle grundsätzlichen Arbeitstechniken, die man für die übrige Holzwerkerei auch braucht, nämlich Wahrnehmen, Reißen, Sägen, Hobeln. Es ist durchaus eine Herausforderung ein Brett gerade zu hobeln. Das es mit hinreichender Genauigkeit geht, hoffe ich belegt zu haben. Jetzt aber zu Gründen bei denen ich Vorzüge gegenüber Maschinen sehe:
Man kommt mit dem eigenwilligen Werkstoff Holz auf "Du und Du". Ich habe euch ja leider nur Bilder zeigen können, aber ich vermute ihr kennt das Brett jetzt genauso gut wie ich.
Die Rechte Seite:


Die Linke Seite:



Ich weiß, daß das in der modernen Schreinerei kein Platz mehr hat, weil Arbeitszeit zum kostbarsten Gut überhaupt geworden ist, vergleichbar höchstens den Gewürzen, die man in der frühen Neuzeit aus Asien importierte. Um so mehr können wir, die wir mit der Freizeit kein Geld verdienen, die Vorteile des langsamen Arbeitsprozesses nutzen und damit, wiederum ähnlich den Gewürzen, unseren Projekten ein unvergleichliches Aroma geben.
Übrigens, das wollte ich zum Schluß auch noch angemerkt haben, gibt es zwei Arbeitsgänge bei denen Maschinen definitiv unterlegen sind: Das betrifft die Kanten: Die wirklich glatte Fläche, die eine Rauhbank hinterläßt, ist mit der Messerwelle einer Abrichte nicht herzustellen. Schließlich, kann auch der seidige Glanz einer lebendigen Oberfläche mit einem Elektrohobel und Schleifpapier nicht hergezaubert werden.

Vielen Dank für Eure Geduld,

Christof Hartge.


bernhard strobel

Re: The taming of a shrewed board, Teil 8f.

Beitrag von bernhard strobel »


Hallo Christof,

Du bedankst Dich für unsere Geduld !?!
Ich glaube viel eher müssen wir Dir danken für Deine Mühe, Geduld und Zeit,
die Du aufgebracht hast, diesen Beitrag zu erstellen.

Mach ein Buch daraus - ich kaufe es sofort.

Herzlichen Dank
und mach weiter so.

Bernhard

Stefan Picker
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Registriert: Di 13. Sep 2016, 09:54

Re: The taming of a shrewed board, Teil 8f.

Beitrag von Stefan Picker »


Ich kann mich den Worten nur anschließen!!! Das war eine einwandfreie und tolle Darstellung der Arbeitsschritte! Herzlichen Dank!!!
Gruß, Stefan

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