Gratverbindung konisch

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Berthold Cremer
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Gratverbindung konisch

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo!

Eine Gratverbindung sollte leicht konisch zulaufen. Nun möchte ich einen Laufboden für Schubladen in die Seitenwände eines Schrankes eingraten. Genauer gesagt ist es ein Rahmen, auf dem die Schubladen laufen. Sollte diese Gratverbindung auch konisch sein? Auf 380 mm Länge?
In den Büchern steht immer, man sollte die Gratnut konisch sägen.
Ist es nicht auch denkbar, den Grat selber konisch zu hoben? Das erscheint mir einfacher.

Bin auf eure Anregungen gespannt.
Übrigens geht es jetzt mit dem Schrank weiter: http://www.b-cremer.de/Holz/Schreinerarbeiten/Bucherregal/bucherregal.html

Gruß
Berthold


Wolfgang Jordan
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Re: Gratverbindung konisch

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Berthold,

eine Gratverbindung sollte konisch gearbeitet werden, damit sie sich leichter zusammenfügen läßt. Dabei werden sowohl die Nut als auch der Grat selbst konisch geformt. Die Verbindung soll sich erst auf den letzten Zentimetern fest ziehen. Wenn man nur die Nut konisch macht, wäre die Verbindung nur am vorderen Ende fest.

Ich denke, daß du bei einer Länge von 380 mm auch mit einer geraden Nut arbeiten kannst, auch weil das Regal aus Weichholz ist. Bei Buche und doppelter Länge würde man sich mit einer geraden Nut recht schwer tun.

Das ist übrigens ein schönes Projekt, an dem du da arbeitest. Machst du dir die Kranzprofile selbst? Was mir nicht so gefällt ist, daß die Schubladen mit den seitlichen Blenden kollidieren. Wie breit soll das Regal denn werden? Auf der Zeichnung wirkt es fast quadratisch, das wären dann nur etwa 45 cm.

Gruß, Wolfgang

Edi Kottmair
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Re: Gratverbindung konisch

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Berthold,

Graten gehört zu meinen Standard- und Lieblings-Verbindungsmethoden.
Wenn die Gratverbindung gut passt, hat man nicht die geringste Chance, sie über 380 mm zusammenzuschieben, wenn sie nicht konisch ist. Selbstverständlich müssen immer beide Teile konisch sein, die Nut und der Grat.
Die "Laufrahmen" für Schubladen kann man auf viele verschiedene Arten konstruieren und einsetzen. Der wichtigste Punkt ist natürlich, wie die Maserung der Seitenwände orientiert ist. In Deinem Fall vermutlich senkrecht. Dafür ist im aktuellen Fine Woodworking eine gute Beschreibung: Dort werden nur die Querfriese gegratet, d.h. die Gratverbindungen zwischen den Querfriesen und den Seitenwänden sind nur wenige cm lang, also braucht man sie nicht konisch machen. Die Verbindungen werden verleimt. Die Längsfriese (Langholz) sind mit den vorderen Querfriesen fest verbunden und stecken mit einer einfachen Nut- und Federverbindung in den Seitenwänden (Querholz), nicht verleimt. Die hinteren Querfriese sind eingeleimt. Die LF stecken locker in den hinteren QF mit einem kleinen Abstand, damit die Seitenwände gut arbeiten können. Bei dieser Variante halten die QF die Seitenteile vorne und hinten gut zusammen. Benötigt man die hintere Verstärkung nicht, weil z. B. noch eine Rückwand drauf kommt, oder weil die Seitenteile mit Boden und Decke verzinkt sind, empfiehlt sich eine Rahmenvariante: Laufrahmen komplett verleimen, nur am vorderen QF eine Gratverbindung, die eingeleimt wird (oder auch nicht) und der gesamte restliche Rahmen hat seitlich eine nicht verleimte Nut- und Federverbindung. Es gibt wirklich viele mögliche Varianten zu diesem Thema. Wenn Du Literaturkopien brauchst, melde Dich bitte per Email.

Viele Grüße von
Edi



Berthold Cremer
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Re: Gratverbindung konisch

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Wolfgang!
Hallo Edi!
Danke für eure Beiträge.
Mittlerweile ist mir auch bewußt geworden, daß natürlich die Nut und der Grat in gleichem Maß konisch sein muß. Wenn ich besser darüber nachgedacht hätte, wäre ich wohl auch selber darauf gekommen.

Die Zeichnung ist nur ein erste Entwurf, dem meine Tochter gezeichnet hatte.
Der untere Teil des Regals soll 110 cm hoch 70 cm breit und 40 cm tief werden. Die Maße richten sich nach dem Platz, der zur Verfügung steht.
Das Problem der Schubladen: Die Böden werden mittels Zahnleisten gehalten. Damit die Zahnleisten verdeckt werden, kommt noch eine Blende davor, die die lichte Weite verringert. Die Schubladen sollten aber dennoch bis an die Seitenwand des Schranks heranreichen. Empfindest du das als Kollision, Stielbruch oder ähnliches? Sollte ich die Blende bis in den Bereich der Schubladen fortsetzen und die Schubladen dadurch schmaler machen? Ich lasse mich gerne beraten. – Noch könnte ich es vielleicht ändern.

Die Kranzprofile mache ich natürlich selber. Am liebsten würde ich sie hobeln, doch habe ich nur Viertelstabhobel oder Kehlhobel. Dafür würde ich aber gerne einen Karnishobel benutzen. Wenn ich keinen brauchbaren bekommen kann, bis es so weit ist, werde ich wohl zur Oberfräse greifen müssen.
Übrigens wird der Korpus gezinkt, doch wird man die Zinkung nicht sehen, weil Zierprofile davor kommen.
Der Vorschlag von Edi bezüglich des Laufrahmens ist sehr gut, doch dafür ist es nun leider zu spät. Der Laufrahmen ist fertig – mit Schlitz und Zapfen.
Überhaupt versuche ich das Möbel weitgehend mit Handwerkszeugen zu bauen. Bisher habe ich nur die großen Längsschnitte zum Auftrennen der Bohlen mit der Maschine gemacht.
Ich werde weiter berichten.
Gruß
Berthold


Wolfgang Jordan
Beiträge: 1355
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Re: Gratverbindung konisch

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Berthold,

ja, ich denke, daß die Blende ganz durchlaufen sollte, auch wenn die Schubladen dadurch schmäler werden. Aber es kann auch an der einfachen Zeichnung liegen, daß der Bereich der Schubladen etwas merkwürdig wirkt. In Geschmacksfragen bin ich allerdings kein guter Ratgeber. Wenn ich nur daran denke, wie schwer mir der Kauf von Kleidung fällt ...

Gruß, Wolfgang

Bernhard Dirr
Beiträge: 91
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Gratverbindung konisch

Beitrag von Bernhard Dirr »


Hallo Berthold,

um ehrlich zu sein, bin ich beim Blick auf Deine Zeichnung auch ein wenig über die Schubladen gestolpert. Vielleicht liegt es auch an der Zeichnung, und ich würde Dir unbedingt raten, nochmals eine bessere Zeichnung, vielleicht sogar ein einfaches Modell zu machen. Ausserdem sind die Geschmäcker ja bekanntlich sehr verschieden, darum bitte das folgende nur als meinen ganz persönlichen Geschmack werten:

Was mich bei der Skizze stört:
1. Die Schubladen stossen in der Mitte ohne erkennbaren Abstand aneinander, das liegt aber vermutlich an der Zeichnung, oder?
2. Die Blenden (wegen der Zahnleisten) werden doch sicher von vorne aufgesetzt, sollen die Blenden dann in Bereich der Schubladen ausgeklinkt werden? Man müsste mal eine Detail-Zeichnung auch ohne Schublade sehen.
3. Wahrscheinlich würde ich die Blende durchgehen lassen und die Schubladen schmäler bauen. Eventuell statt 2 nur 1 Schublade? Müsste man nochmals zeichnen.
4. Achtung (!), rein persönlicher Geschmack: Vom Gefühl her finde ich die abgeplatteten Schubladen-Vorderstücke "kritisch". Das ging mir auch schon bei Deiner Anrichte ein wenig so. Irgendwie habe ich dabei das Gefühl, dass den Schubladen optisch die "feste Grenze" fehlt. Bei den Kassetten-Türen ist das ja ganz anders. Da wird die abgeplattete Füllung vom Rahmen optisch eingefasst. Verstehst Du, was ich meine? Persönlich hätte ich bei den Schubladen wahrscheinlich eher ein Vorderstück ohne Abplattung gewählt, bei dem der Rand vielleicht durch eine erhabene Profilleiste sogar betont wäre. Und das würde mir persönlich auch beim Regal besser gefallen.
5. Deine halbverdeckten Zinken: ein Traum!

Gruß,
Bernhard


Berthold Cremer
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Möbelplanung

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Wolfgang
Hallo Bernhard

Vielen Dank für eure Anregungen und Vorschläge.

Ich sehe, daß ich doch noch ein paar Änderungen vornehmen muß. Nehmt die Zeichnung nicht so ernst. Das ist einer der ersten Entwürfe. Diese Zeichnung ließ sich nur am besten einscannen. Danach sind noch viele weitere Zeichnungen entstanden. Und die 1:2 Zeichnung hängt in der Werkstatt. Nun habe ich mir auch noch ein paar Möbel aus Büchern angesehen und dort laufen die Blenden auch immer bis in den Bereich der Schubladen. (Das Schreinerbuch von Krauth und Meyer 1902)

Die Blenden für die Zahnleisten sollen seitlich eingesetzt werden und nicht davor. Und natürlich stoßen die Schubladen nicht aneinander, sondern werden durch eine Mittelwand, die zwischen Laufrahmen und Deckel eingegratet wird getrennt. Die Schubladen werden halbverdeckt gezinkt und sollten bündig mit der Front abschließen. Vielleicht kommt noch ein Rahmen aus flachen Zierprofilen darauf – steht noch nicht fest.

Nun habe ich das Problem, daß ich wohl den Laufrahmen an den Seiten verbreitern muß. Die Friese des Laufrahmens sind 50 mm. 11mm werden eingegratet; wenn dann noch 30mm für die Blende hinzukommen, bleiben nur noch 9 mm als Lauffläche für die Schubladen. Der Laufrahmen ist nun aber fertig. :-( Ich könnte ja noch Leisten zur Verbreiterung der Friese aufleimen. Ist nicht so toll, aber man sieht es ja nicht. Oder einen neuen Laufrahmen??

Im Moment habe ich keine Zeit eine Zeichnung zu machen und hier zur Diskussion zu stellen. Vielleicht mache ich das in den nächsten Tagen. Oder es wäre auch gut gewesen gleich von Beginn das Möbel hier online zu planen . . . Vielleicht gibt es dann neue Begriffe wie Onlinemöbel oder Webschreiner.

Gruß
Berthold


Berthold Cremer
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Es geht weiter! *MIT BILD*

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo!

Es geht weiter mit dem Bücherregal. Eine neue Zeichung fürs Internet habe ich nicht gemacht. Dafür zeichne ich zu ungern und zu schlecht.
Eure Anregungen habe ich aber übernommen. Ich werde die Schubladen etwas schmaler machen ... na ja, ihr werdet noch sehen.

Nun habe ich mich an die ersten Gratverbindungen herangemacht. Es hat gut geklappt. Damit ich beim Einsägen der Gratnut auch den richtigen Winkel treffe, habe ich mit der Schmiege den Winkel vom Grathobel abgenommen und mir dann die Schmiege als Anhaltspunkt neben die Gratnut gestellt. Das geht prima. Siehe Foto:



Die Gratfeder ist natürlich abgesetzt, damit die Verbindung von außen nicht sichtbar ist - obwohl wahrscheinlich doch noch eine Zierleiste vor den Schubladenlaufboden kommt.

Die Verbindung passt gut. Es war schon ein tolles Gefühl, wenn man so eine Verbindung mit Handwerkszeugen zustande gebracht hat.

Gruß
Berthold

Weitere Fotos gibt es dann auch auf der bekannten Webseite: http://www.b-cremer.de/Holz/Schreinerarbeiten/Bucherregal/bucherregal.html







Christian Aufreiter
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Re: Es geht weiter!

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Berthold, hallo Raphael,

ich kann nur sagen: "Wahnsinn!!!"
Ich bin absolut beeindruckt von eurem Werk und mit wie viel Liebe, Geduld und Präzision ihr vorgeht!

Frage an Raphael: Wie sieht es jetzt eigentlich mit deiner Lehre aus?
Ein paar Einblicke in deine Arbeit würden mich sehr freuen!

Herzliche Grüße

Christian

Wolfgang Jordan
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Re: Es geht weiter!

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Berthold,

die Gratverbindung ist schon eine tolle Verbindung. Nicht so schwer, wie sie aussieht, und man kann Fehler sehr schön verstecken (nicht daß ich welche bemerkt hätte). Die abgesetzte Variante macht allerdings mehr Schwierigkeiten, wie bist du da vorgegangen? Hast du eine Ahnung, warum der Winkel bei einem Grat (durch den Grathobel vorgegeben) deutlich größer ist als er für Schwalbenschwänze empfohlen wird?

Die Idee, ein Projekt in der Entstehung online zu zeigen, ist sehr gut. Vielleicht kannst du im weiteren Verlauf die Seite aufteilen, sonst werden die Ladezeiten zu lang. Wenn du noch Zeit hast längere Texte zu schreiben, würden mich auch Details interessieren. Z. B. welche Schwierigkeiten du gehabt ist und wie du damit umgegangen bist.

Gruß, Wolfgang

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