eine schöne Bescherung *MIT BILD*

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: eine schöne Bescherung

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Ich bin sicher, dass ich in eine solche Situation in Zukunft nicht mehr schlittere, ich wäre froh das Teil würde so aussehen wie der kleine Tisch von Reinhold, Michael Du hast ja recht wenn Du von Panik.Reaktion schreibst, ich hab heute das zweite "Bein" geschliffen, an dem Teil wurde schon soviel nachgegleckert, es wäre auf einen Klecks mehr auch nicht angekommen, nun hab ich das Schlimmste hinter mir, ich hab ein Stück Leimmasse auf die Ofenplatte gelegt, die Wärme scheint dem Leimrest wenig an zu haben, es wurde zwar schwarz, aber er behielt seine Form.
Ich versuche noch an der Nahtstelle zweier Füßen hässliche Spalten zu schließen, was mir aufgefallen ist, die Füße wurden nach der Oberflächenbehandlung befestigt, lediglich zwei Dübel halten das Teil, sowohl Fuß als auch Drechselteil sind an dieser Stelle lackiert. Auch sind die Füße an ihrer Innenseite noch sägerau.
Morgen werde ich beginnen zu Beizen, ich hab heute die schon gebeizte Stelle mit Grundöl bestrichen, es wird auf jeden Fall sehr dunkel.

Gruß Franz

Michael Formanek
Beiträge: 341
Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
Kontaktdaten:

Re: eine schöne Bescherung

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Wolfgang,

du beschreibst ein großes Dilemma der Restaurierung; es gibt keinen Berufsschutz. Der würde vielleicht nicht dafür sorgen, dass alle Restaurierungen auf gleichem Niveau ausgeführt werden (ist ja in anderen Gewerben auch nicht so) aber es wäre zumindest eine gemeinsame Basis, nämlich die Ausbildung vorhanden. Das es in Deutschland extra den "Restaurator im Handwerk" gibt, zeigt wohl am besten, dass sich ein Tischler (und auch jeder andere, auch der Tankwart wenn es ihm Spaß macht) zwar Restaurator nennen darf, aber meiner Meinung nach nicht sollte.

Ich finde youtube-Filme super in denen Leute versuchen ihr Wissen weiterzugeben, aber ich finde die undifferenzierte Herangehensweise in den "Restaurierungsvideos" genau so erschreckend wie viele das Video der Kistchenherstellung in den USA. Die Gefahr liegt zum Glück bei den Möbeln und nicht bei den Anwendern, aber es kann sehr viel kaputt gemacht werden. Der Punkt ist ja, dass viele Techniken die LJG zeigt so gar nicht angewendet werden sollten. Ich thematisiere das genau so, wie andere Forumsmitglieder auf falsche Maschinenhandhabung bei diversen Holzhandwerkern in Videos hinweisen um zu verhindern, dass es die Leute einfach so nachmachen wie sie es gesehen haben.

Dein letzter Punkt trifft auch einen Nerv. Das LJG die "Produkte seiner Arbeit" verkaufen muss und sie deshalb den Wünschen des Marktes anpasst, ist ein totales no-go in der Restaurierung. Ich zitiere dazu ein paar Stellen aus dem wikipedia-Beitrag auf den du dich beziehst:

"Die Tätigkeit des Restaurators widmet sich vor allem der Bestandserhaltung von Kunst- und Kulturgut. Diese Arbeit ist geprägt vom Respekt gegenüber dem Original und seiner Geschichte. Dabei müssen alle angewendeten Arbeitsweisen schonend, reversibel, und nachvollziehbar sein.[1]"

"Grundsätzlich sollte der Restaurator dabei so wenig wie möglich am Original verändern. Alle durchgeführten Maßnahmen sollten außerdem reversibel sein, d. h. wieder rückführbar sein."

Das Produkt der Arbeit des Restaurators ist im Normalfall die Restaurierung selbst und kein Möbel für den Verkauf. Kunden stellen sich oft etwas anderes vor als der Restaurator und man muss viel Überzeugungsarbeit leisten um zu erklären, warum man es anders machen sollte. Es muss natürlich für den Kunden das Ergebnis passen, aber deshalb kann man sich nicht einfach denken "Augen zu und durch" und alles machen was gewünscht wird.

Was ich LJG hier zu gute halten muss, ist dass er zu mindest ein wenig ein schlechtes Gewissen gehabt haben dürfte, als er den Schrank mit der Imitationsmalerei fürs Ablaugen freigegeben hat. Anders ist sein absurdes Zitat aus einer historischen Quelle für mich jedenfalls nicht zu erklären.

Da das Ganze wohl doch etwas am eigentlichen Thema vorbei geht, sollten wir vermutlich privat oder in einem eigenen Thread weiter schreiben, falls Interesse besteht.

Schöne Grüße

Michael

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: eine schöne Bescherung *MIT BILD*

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Ich bin heute weiter gekommen, ich hab das Abschleifen endlich beenden können, angesichts meines Frustes keine schöne Arbeit, dann ging ich daran die Füße herzurichten, an einem "Bein" konnte ich ja beide entfernen, allerdings auf Kosten eines 12 mm Dübels, der abbrach, mit viel Mühe bohrte ich die Dübelenden heraus und ersetzte ihn durch einen neuen, erstaunlich wie genau die zwei Bohrungspaare übereinstimmten, auch die Form des Fußes war genau dem Drechselteil angepasst, ich bohrte die Bohrenungen auf, in dem ich einen 12 mm Holzbohrer in den Schraubstock spannte und die Teile von Hand drehend aufdrückte bis zum Grund, ein neuer Dübel, den alten von Leimresten und dann den Fuß eingeleimt, das ging gut, der Fuß kam gut zur Auflage am Drechselteil.

Auf dem Foto die Teile vor dem Leimen



Am anderen "Bein" war es mir nicht möglich die Füße zu entfernen, sie rührten sich nicht, aber es waren bei beiden Füßen ein großer Spalt zum Drechselteil, ich ging hin schnitt mit einem Geisfuß-Messer die herausquellenden Leimreste weg und schaffte mir so Platz für eine schmale Leiste, ich wählte altes Birnenholz und mit leichten Schlägen drückte ich die Leisten in den Spalt, am Drechselteil hatte ich auch mit dem Geisfuß eine durchgehende Rille gezogen, um dem Leim Halt zu geben.
Während der ganzen Prozedur hielt ich den Ofen gut warm, so konnte ich die Trocknungszeiten abkürzen, dem einen Teil wurde es wohl zu warm, es zeigte sich ein kleiner Riss an einem der Radien, der aber auch schnell wieder verschwand.
Nach dem Abbinden die Birnenholzleisten in der Höhe noch angepasst und mit Holzpaste kleine Vertiefungen ausgefüllt.
Der stärkste Spalt hatte bald 5mm.
Auf dem Bild nach dem Leimen, man erkennt links den offenen Spalt, den lasse ich offen.



DAnn ging ich daran zu beizen, das Holz ist sehr Saugfähig, was ich dazu benutzen konnte, mit dem Pinsel Farbunterschiede etwas zu mildern, in dem ich an hellen Stellen öfters mit Beize darüber ging, allerdings ergab es keine gleichmäßige Tönung.
Da es lösungsmittelhaltige Beize war, war mit Hilfe des Ofens dann am späten Nachmittag ein Ölen mit einem Grundieröl von Dieter möglich, speziell für die Vorbereitung eines Schelllackes, danach sahen die Teile sehr dunkel aus, morgen werde ich noch einen Zwischenschliff vornehmen, und ja und dann? Wie soll ich weitergehen, mit Wachs war ein Vorschlag, aber auch Schelllack wurde erwähnt.
Nach diesen Arbeiten wurde meine Stimmung wieder etwas besser.

Gruß

Franz

Ulrich Leimer
Beiträge: 473
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:43

Re: eine schöne Bescherung

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Franz,
eine Verleimung mit Knochenleim hat den Vorteil, dass man da später Drüberbeizen kann, mit Wasser- oder Spiritusbeize, und es sich nicht abzeichnet. Vorher das ganze gut anfeuchten, damit die Hirnflächen nicht zuviel saugen und so farbunterschiede zu groß werden. Dann gut trocknen lassen, dann Öl. Und danach Schellack, gern auch mit dem Pinsel, wenn Du mit einem Ballen keine Erfahrungen hast. Zwischendurch immer mal mit Stahlwolle rund abreiben, nur die Popel entfernen die drauf sind, und gut trocknen lassen. Die Verarbeitung von Schellack sollte ja generell bei über 18° erfolgen, mehr ist noch besser. Am Ende dann einen Knäuel aus Fleischmull machen, oder Mullbinde, die nicht fusselt, nur ca. 4cm D das Knäuel, etwas dünneren Lack einträufeln und einige Tropfen Polieröl, damit er nicht festklebt (also flüssiger läuft, der ersatzballen) und damit immer schön rundum und über die Flächen arbeiten und Zeit zum trocknen lassen. Geduld ist eine Haupteigenschaft beim Schellackpolieren. Du wirst staunen, wie blank und klar der Überzug wird.
@´Michael
vor etlichen Jahren war ich auch gegen jede Anwendung, die laienhaft und oft fast ohne jegliche Kenntnis der alten Materialien und Techniken fröhlich an alten Möbeln ausgeführt wurde, oftmals zu deren Nachteil. Und man sieht ja auch viel zu oft solche totrestaurierten Oberflächen, PUR-Lacke auf alten Stücken oder abgelaugte "Weichholzmöbel" wie die Händler solchen Frevel beschreiben....
Heute stehe ich nicht mehr ganz so kritisch zu solcher Inbesitznahme alter STücke. Ich war gerade gestern in einem Offenlager eines Antikverkaufes. Dort stehen stapelweise Kommoden, Schränke, Vertiko's mit unwiderbringlichen Furnieren von Nussmaser über geflammte Birke bis zu kostbarsten Pyramidenmahagoni, und zwar das echte Kuba,....Da wäre ich froh, wenn sich der Stücke nochmal jemand annimmt und sie vielleicht wenigstens dem Wurm- oder Feuchtetod entreißt. Die meisten Stücke davon werden leider keine zweite Chance erhalten, es ist einfach zum heulen.
Insofern finde ich, man sollte diese Restaurationslatte nicht zu hoch hängen. Übrigens gehörte es früher für die meisten besseren Möbel einfach zum Lebenszyklus dazu, dass sie von Zeit zu Zeit immer mal wieder aufpoliert wurden. Der Dreck wurde abgenudelt, und der Polierer hat die Oberfläche wieder tip top aufgefrischt, Das war natürlich ein Fachmann mit jahrelanger Erfahrung. Aber Schellack macht ja nichts kaputt.
Und mal ehrlich, wer lässt denn heute noch ein Vertiko für ca. 700 Euro komplett aufarbeiten? Geschweige denn, restaurieren... Und dafür gibts leider keine App ;-)

Gruß Uli

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

das Teil ist fertig *MIT BILD*

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Ich bin froh, ich bin mit dem Teil fertig und ich denke es stellt sich deutlich besser dar, als vor dem Bearbeiten, ich hab mich für Schelllack entschieden, ich erhoffte mir von den vielen notwendigen Arbeitsgängen ein vermehrte Einflussnahme auf die aufgetretenen Schattierungen und Flecken, diese Hoffnung hat sich erfüllt, bei Zwischenschliffen achtete ich darauf, glanzlose Stellen besonders zu bearbeiten, dabei hab ich fast nur mit den Micro.Mesh-Pats gearbeitet, natürlich konnte ich beim Aufbringen mit Ballen mich auch unterschiedlich verhalten, um die Pausen zwischen Aufträgen kürzer zu halten, stellte ich die Teile so in Ofennähe, dass sie immer richtig handwarm war.
Die 4 Birnenholzstreifen nahmen auch schnell die notwendige Farbe an, ich denke es war richtig Birnenholz zu nehmen, ich würde die Saugfähigkeit dieses Holzes als etwas höher ansehen.

Durch die viele Zwischenschliffe mit Micro.Mesh fühlt sich das Teil sehr gut an, was sicherlich auch passierte, einige hervorstehende Kanten sind sicherlich etwas "eingeebnet", ich hab zum Teil den Schwingschleifer zum Abschleifen benutzt, ich denke das ist aber nicht zu erkennen.
Das Oberteil hab ich gereinigt, die unschöne Tischplatte hatte ich vor zu erneuern, hab es aber fallen lasen, der bisherige Aufwand an dem Teil schon sehr groß.

Nun zwei Bilder:





Gruß Franz

Ulrich Leimer
Beiträge: 473
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:43

Re: das Teil ist fertig

Beitrag von Ulrich Leimer »


Hallo Franz,

ist doch sehr schön geworden! In meinen Augen hat sich der Aufwand gelohnt. In wie weit es sich für Dich gelohnt hat, weiss ich natürlich nicht. Aber das prädestiniert für den nächsten Auftrag solcher Art.
Gruß Uli

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: das Teil ist fertig

Beitrag von reinhold »


hallo Franz,

ja, das Teil ist gut geworden.

Und beim nächsten Mal : weniger schleifen, da gehen die scharfen Kanten verloren .

viele Grüsse
reinhold

Pedder
Beiträge: 5689
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Re: das Teil ist fertig

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #75845]
Hallo Franz,

das ist aber viel besser geworden, als ich es nach den Bildern mit dem entfernten Finish vorgestellt habe!

Liebe Grüße
Pedder

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: das Teil ist fertig

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Danke für euer Mitgefühl, dass ich mit dem Schwingschleifer dem Teil nahe gekommen bin, es hatte mit meinem zeitweiligen Frust zu tun, so sollte ich nicht vorgehen, lohnen tut sich die Arbeit nicht, ich betrachte es als Lehrstunde.
Gäbe man dem Teil nun noch eine schöne Platte, es würde ganz gut aussehen.

Gruß Franz

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

wieder dumm gelaufen *MIT BILD*

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Einige können sich noch erinnern, an den kleinen Tisch, der in einem beklagenswerten Zustand, von mir überholt werden sollte, es kam wie ich es befürchtet hatte, als der Besitzer die renovierte Füße sah und meinen geringen Preis für diese Arbeit, meinte er, ich könnte doch noch eine neue Platte herstellen.
Das war im Frühjahr, ich sagte zu, meinte aber, dass das Teil dann erst im Herbst fertig wird, im Sommer wird nicht mit Holz gebastelt.
Nun im August, an zwei Regentagen ging ich dann doch daran eine Tischplatte aus Nussbaum zu fertigen, um sicher zu gehen und wegen besserer Optik rahmte ich die Platte mit etwa 3cm breiten Leisten ein.
Als ich dann später daran ging die Oberfläche mit Schelllack zu behandeln, erlebte ich wieder ein kleines Fiasko, hatte ich mir eingebildet, ich hätte mir doch schon so was wie Grundfertigkeiten in dieser Arbeit beigebracht, stellte ich fest: Dem ist nicht so.
Das fing schon damit an, dass ich die Platte mit lösungsmittelhaltiger Beize behandelte, beim späteren Versuch den Schelllack aufzubringen, waren nach jedem Versuch Farbpigmente auf meinem Polierballen und die Platte wurde ständig heller.
So fing ich wieder von vorne an, alles runter, neu gebeizt mit selber Beize ( ich hatte keine andere) wischte dann aber in kurzen Zügen mit dem Ballen über den Tisch, das mit je einem Tag warten 6 oder 7 mal, nun dachte ich, ist eine schützende Schicht Schelllack über den Farbpigmenten, was auch in etwa so stimmte.
Den Schubladenkasten und Schubladen musste ich auch behandeln, abschleifen, beizen und mit Schelllack behandeln, eine nervige Arbeit, einige Absplitterungen musste ich mit eingesetzten Holzstücken verschließen.
So langsam bekam dann die Platte zumindest ein wenig Glanz, die Oberfläche hatte ich sehr fein geschliffen, zumindest das bringe ich ganz gut fertig.
Dann kam der Zusammenbau, dazu legte ich zwei alte Handtücher auf meine Werkplatte, legte die Platte mit der polierten Seite auf die Tücher und schraubte Kasten und Füße an, dazu drehte ich das ganze einmal um 180° um die zweite Seite besser anschrauben zu können.
Als ich dann fertig war, drehte das ganze um, sah ich das Malheur, ein kleine Schraube lag auf dem obersten Handtuch und hatte an zwei Stellen Eindrücke hinterlassen. Genervt hab ich dann das Teil vom Staub gereinigt, den ersten Impuls, die Oberfläche wieder neu aufzubauen unterdrücke ich, ich gebe das Teil nun zurück, mit den beiden Fehlstellen und setze den Preis niedriger an.

Nun noch einige Bilder von dem Teil:







Auf dem letzten Bild kann man vorne eine der Eindrücke erkennen.

Gruß Franz

Antworten