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In Antwort auf #75784]
Hallo Wolfgang,
meine Antwort ist nicht an dich persönlich gerichtet, ich muss nur meinem Impuls als ausgebildeter Restaurator nachgeben und was dazu schreiben.
Ich möchte dein Statement aufgreifen, dass Restaurierungen eine komplexe Sache sind. Deshalb finde ich es auch wichtig darauf hinzuweisen, dass in den youtube-Videos vor allem gezeigt wird, was handwerklich zu tun ist, wenn man ein Möbel nicht fachgerecht restaurieren möchte oder kann. Ich weiß nicht ob das genug in den Videos rüber kommt, aber es wird immer wieder beschrieben, wie schädlich die Methoden für die Möbel sind und das man eben nicht alles einfach abbeizen sollte. Schleifen als sichere Variante für die Privatperson zu empfehlen ist auch sehr fragwürdig. Ich arbeite seit 12 Jahren in der Restaurierung (6 davon habe ich Konservierung-Restaurierung an der Uni studiert) und habe noch nie ein Möbel abgelaugt oder abgeschliffen, weil das eben nicht das Ziel einer Restaurierung ist. Es gibt zwar 10 Videos wo beschrieben wird, wie man Lack etc. abbeizen oder lösen kann, aber die Hauptaufgabe sollte sein originale Lacke zu erhalten. Die kann man auch reinigen und freilegen und fachgerecht aufarbeiten und so den historischen Charakter bewahren. Man baut ja auch nicht einfach ein neues Möbel sondern versucht es weitestgehend zu belassen und nur Beschädigungen zu richten. Die Argumente die für ein Ablaugen gebracht werden, sind die eines Antiquitätenhändlers dem es ums Verkaufen geht und nicht die eines Restaurators, die handeln in den meisten Fällen gar nicht mit Möbeln.
Ein Tischler ist auf jeden Fall nicht mit einem Restaurator gleich zu setzten, auch wenn er an alten Möbeln arbeitet. Ein Tischler macht eine Lehre und wird Tischlermeister. Ein Restaurator studiert Restaurierung und ist dann Restaurator. Das sind einfach zwei unterschiedliche Ausbildungen die auch ganz andere Schwerpunkte haben.
Es handelt sich auch bei der ganzen Aktion die Franz veranstalten muss (@Franz: das tut mir übrigens leid, dass du mit diesem Projekt so in die Bredouille geraten bist, meinen Post bitte auch von deiner Seite nicht persönlich nehmen) um eine gepfuschte Reparatur und leider nicht um eine Restaurierung, auch wenn das Teil nachher super aussehen sollte. Franz hat Glück, dass das Möbel nicht wertvoll ist und kann darauf hoffen, dass es den Besitzern auch nach seiner Überarbeitung gefällt, aber genau genommen kommt die Verschlimmbesserung einem Totalschaden am Möbel gleich. Es war eine Panikreaktion und das nächste Mal würde ich empfehlen, wenn man nicht sicher ist was man tun soll, lieber nichts zu machen und vorher Erkundigungen einzuholen. Vor allem bei historischen Möbeln bei denen man nur 1 Versuch hat.
Ich will Franz in seiner Situation auch keine weiteren Ratschläge zur Bearbeitung geben, weil ich das Möbel nicht kenne und es kein Schema F bei solchen Arbeiten gibt. Sich an historischen Techniken zu orientieren ist sicher kein Fehler. Um die Kunden zu informieren, dass etwas schief gegangen ist, ist wohl schon zu viel passiert, aber wenn die Kunden nicht vom Fach sind, bedanken sie sich vielleicht noch, dass das Möbel wieder in neuem Glanz erstrahlt.
Viel Erfolg Frank und schöne Grüße aus Wien
Michael