Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Sven Droigk

Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Sven Droigk »


Hallo,
erst mal muss ich mich beruhigen, weil ich einfach überhaupt keine Antwort im Netz gefunden habe!

Ich baue mir gerade einen Barkeller und der soll mächtig rustikal werden!
Das Tresengestell (Art Fachwerk) habe ich aus KVH Fichte gebaut und die Felder mit 22 mm Spanplatte gefüllt. Diese sollen dann mit Backstein-Riemchen beklebt werden ...

... so weit, so gut ...

Nun das eigentliche Problem! Ich möchte das Holz so aussehen lassen, wie die Sachen die es in den Baumärkten im Dekobereich gibt!?

http://www.yagma.de/media/images/popup/WoP-U317357.jpg

http://lafair.de/bilder/produkte/gross/FOR686381_Spiegel38x40cmmitFensterlaedenHolzAntik.jpg

So in der Art!

Habe schon alles mögliche probiert! Na ja, alles anscheinend ja wohl nicht!

Holz geflammt, mit grauer Lasur gestrichen, verwischt und, und, und ...

Aber es will einfach nicht so aussehen wie dieses z.B.

https://ssl.kundenserver.de/frank-flechtwaren.de/img/artikel/large/223657.jpg

Wer kann mir helfen! Die ganzen Dinge werden doch auch irgendwie gemacht!

Freue mich auf Eure Antworten

Gruß Sven


Jörg Katzer
Beiträge: 228
Registriert: Di 10. Nov 2020, 19:58

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Jörg Katzer »


Hallo Sven

Mit der Behandlung der Oberfläche kann ich Dir nicht so richtig helfen. Ich bevorzuge andere Farbtöne und nehme Antikwachs oder Osmo Dekorwachs. Den rustikalen Charakter kannst Du aber noch unterstreichen. Probier es mal mit Bürsten. Das geht bei Nadelhölzern sehr gut mit Nylonbürsten. Da ist meist 80er Korn eingebettet. Das passt ganz gut zu Fichte. Als preiswerte Variante zum Probieren einfach mal im Baumarkt eine Bürste für die Bohrmaschine holen und das Frühholz ausbürsten. Wie weit man geht ist Geschmackssache. Ein Anbürsten der Oberfläche betont schon sehr die Maserung. Das farbintensivere Spätholz kommt besser zur Geltung. Gegen das Licht sieht es auch toll aus. Bei stärkerer Bearbeitung wird es immer rustikaler. Es ist aber auch ein staubiger Arbeitskang.
Nur mal so als Idee.

Viel Erfolg Jörg



Sven Droigk

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Sven Droigk »


Danke Jörg,
aber gebürstet ist das Holz schon!

Es geht also tatsächlich um den Look, wie man ihn auf den Bilder von den Dekoartikeln sieht.

Ich danke Dir natürlich trotzdem sehr für Deine Mühe!

Gruß Sven

PS: Hoffe natürlich mir kann doch noch jemand weiterhelfen!


Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Urs »


Hallo Sven

Mit diesem Anliegen wirst Du hier wahrscheinlich nicht allzuviele Erfahrungsberichte erhalten. Für die meisten Mitleser ist das künstliche Altern von Holz etwas ausserhalb der eigenen aesthetischen Vorstellungen.

Im DIY-Bereich ist dieses Thema sehr beliebt (vielleicht findest Du dort detailliertere Angaben). Es gibt wahrscheinlich drei Aspekte:

- künstliches Strukturieren (zufügen von "Gebrauchs-" oder "Bearbeitungsspuren"). Da wird z.B. empfohlen, mit einem Schlüsselbund oder einem Stoffsack mit schweren Schrauben o.ä. auf das Holz zu schlagen (vgl. David Crump, Behandlung von Holzoberflächen, S. 114ff.), oder es mit Nylon- resp. Messingbürsten zu strukturieren, bzw. es nachträglich zu Bebeilen (schweisstreibend).

- künstliches Nachdunkeln, hier hat Ottmar, der manchmal auch in diesem Forum schreibt einiges dazu geschrieben (7. Beitrag von oben). Seine Vorsichtshinweise solltest Du Ernst nehmen. IN FWW gab es mal einen Artikel, wo jemand einen neuen bemalten Stuhl abgefackelt hat. War nicht so mein Ding, nicht nur weil ich Angst um meine Werkstatt hätte.

- Patinieren und Kalken Beim Patinieren werden abgegriffene Flächen und Schmutzecken imitiert. Auch hier - wer es mag. Die Technik basiert darauf, dass Beize nur sehr wenig tief eindringt und mit Stahlwolle oder feinem Schleifpapier teilweise wieder entfernt werden kann. Achtung: Da Du Fichte hast, musst Du daran denken, dass dunkle Beize das Holzbild umkehrt. Die Jahrringe sind dann plötzlich heller als die Zwischenräume. Beim "Kalken" (oft mit weiss pigmentiertem Wachs, das satt aufgetragen wird, um es dann quer zur Faser wieder teilweise abzuwischen, werden die Poren oder die beim Bürsten betonte Struktur zusätzlich hervorgehoben. Das sieht man heute öfters bei rustikaler Gestaltung in Schaufenstern.

Vielleicht hilft Dir das weiter.

Gruss

Urs



Pedder
Beiträge: 5797
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Pedder »


Hallo Sven,

herzlich willkommen im Forum! Was man da sieht, ist eher Malerei als Oberflächenbehandlung von Holz.

Auf Woodworker.de hast du schon den Tipp erhalten, hell zu grundieren und dann mit dunkler Farbe drüber zu gehen. An Deiner Stelle würde ich mir so ein Dekoteil schnappen und damit in ein Farbenfachgeschäft geben. Wahrscheinlich muss die obere Farbe ziemlich dünn sein und mit einem groben Pinsel aufgetragen werden.

Liebe Grüße
Pedder


Peter Karcher
Beiträge: 114
Registriert: Mo 13. Jan 2020, 10:01

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Peter Karcher »

[In Antwort auf #56960]
Hallo Sven,

beim Fasnachtswagenbau stehen wir auch oft vor dem gleichen Problem, wie mach ich aus einer neuen Fläche oder neuem Holz (wir arbeiten mit weissem Karton und Holz) eine Oberfläche, welche aussieht als wär sie uralt und abgegriffen, bzw benutzt und, oder verschlissen. Wir streichen dazu die Oberfläche mit Dispersionsfarbe in dem gewünschten Grundtönen, oft nehmen wir zwei ähnliche Farbtöne und streichen sie zusammen auf die Fläche , ohne sie aber richtig zu vermischen. Nachdem Trocknen werden weitere Farbschichten in Form von sshr stark verdünnter Abtönfarbe (eigentlich nur noch dreckiges Wasser) aufgewischt, mit Pinsel, Schwamm etc. Zwischendurch wieder trocknen und nächste Schicht aufgebracht. Wenn die Oberfläche etwas glänzen soll, bzw ein leichter Oberflächenschutz benötigt kommt in den letzten Anstrich etwas Capaplex (von Caparol) hinzu. Das hört sich jetzt etwas aufwändig an, ist aber relativ einfach zu machen und geht schnell. Wir arbeiten von hell nach dunkel. Hab das so bei einem Bühnenmaler abgeguckt. Probier auf einer Musterfläche aus, bevor Du an Dein Bauwerk gehst.

Viel Spaß, Peter



Joachim Schmidt
Beiträge: 61
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Joachim Schmidt »

[In Antwort auf #56939]
Hallo Sven,

das sieht mir sehr nach verdünnter Kaseinfarbe aus, die anschließend geölt wurde. Die wirkt ählich wie eine Beize, bloß sehr viel rustikaler und älter.

Dazu brauchst Du Wasser, Kasein, Borax und Pigmente. Die Herstellung ist einfach. Es geht auch mit Quark und Kalk. Das ganze trocknet wasserunlöslich auf. Wenn Dich das interessiert, kann ich noch die Rezepte am Wochenende nachliefern. (Bin gerade weit weg von meiner Werkstatt).

Grüße

Joachim



Sven Droigk

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Sven Droigk »


Hallo Joachim,
das wäre ja echt riesig wenn Du mir die Rezepte schickst!o)

Bekomme ich so auch den braun/gräulichen Grundton hin?

Gruß Sven

PS: Kann man eigentlich auch irgendwie Treibholz imitieren?


Jörg Katzer
Beiträge: 228
Registriert: Di 10. Nov 2020, 19:58

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Jörg Katzer »


Hallo Sven

Gehört zwar eigentlich nicht hier hin, aber guck doch mal bei decopierre.de im Netz vorbei. Wäre doch eine tolle Alternative für Deine Riemchen. Ich habe das mal auf einer Messe als Musterwand gesehen. Das hat mich einfach umgehauen und die machen das auf so ziemlich jedem Untergrund in fast jedem gewünschtem Dekor. Sieht sehr natürlich aus.

Man möge mir den Beitrag verzeihen, er gehört eigentlich nicht ins Forum.

Einen schönen Sonntag Jörg


Joachim Schmidt
Beiträge: 61
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Antik Finish wie im Dekobereich! Aber wie ???

Beitrag von Joachim Schmidt »


Hallo Sven,

hier wie versprochen das Rezept. Kaseinfarbe war die Arme-Leutefarbe und im ländlichen Raum sehr verbreitet. Bauernmöbel sind fast immer damit bemalt.

Im Originalrezept wird dazu Magermilch oder Magerquark sowie Sumpfkalk verwendet. Die Farbe trocknet wasserfest auf und ist mit herkömmlichen Bindemitteln nicht mehr anlösbar. Die Farbe wirkt sehr hell und matt, wie Gouache und wird daher meist mit Öl oder Wachs überzogen, was die Farbe wesentlich dunkler und glänzender aussehen lässt.

Heute wird Kaseinfarbe meist aus Kasein und Borax hergestellt, was ich Dir auch empfehle, denn damit wird die Farbe nicht so körnig wie mit Kalk.

Du brauchst:

Kaseinpulver
Borax
Pigmente (Erd- oder Oxydpigmente, bei anderen Pigmenten auf Alkalibeständigkeit achten!)
Eventuell Kreide (Champagnerkreide)
Wenn Du die Farbe nicht innerhalb ein paar Tagen verbrauchst, dann benötigst Du noch einen Schimmelverhüter wie z.B. Thymol.

Kasein und Borax solltest Du in der Apotheke bekommen, ansonsten bei Kremer-Pigmente www.Kremer-Pigmente.com (Nach Casein suchen)oder bei boesner.com (Künstlerbedarf). Dieter führt diese Produkte leider nicht.

Pigmente und Champagnerkreide sollte der Farbenhandel oder ein Maler haben. Gibt's auch bei Kremer.

So geht's:

Am Abend vor der Verwendung setzt Du 40g Kasein in 125ml destilliertem Wasser an. Einfach umrühren und stehen lassen. Keine Metallbehälter verwenden! Richte Dich darauf ein, dass Deine Behälter nachher weggeworfen werden müssen, denn angetrocknete Stammlösung lässt sich mit fast nichts mehr entfernen. Die Pinsel mit Wasser und Seife reinigen.

Die Pigmente und die Champagnerkreide sumpfst Du ein. Einfach die Pigmente in reichlich Wasser einrühren und stehen lassen.

Am nächsten Tag haben sich die Pigmente und die Kreide abgesetzt. Das darüberstehende Wasser abgießen.

Jetzt 16g Borax in 125ml gut warmen destilliertem Wasser auflösen. Diese Mischung dann zum Kasein geben. Gut umrühren. Die Stammlösung ist fertig.

In einem Mörser vermischt Du dann die Pigmente mit der Stammlösung. Die Lösung solle gerade noch in einem Strahl, nicht tröpfchenweise, vom Pinsel laufen. Das gibt eine beim zweiten Anstrick deckende Farbe. Wenn Du die Farbe wie eine Beize haben willst, mit destilliertem Wasser verdünnen. Mache aber eine Probe, denn wenn Du die Farbe zu stark verdünnst, dann kreidet sie ab, bei zuviel Stammlösung können Risse entstehen weil die Spannung zu hoch wird.

So lange die Farbe nass ist, erscheint sie durchsichtig. Trocken wird sie dann opak. Die Trocknungszeit ist relativ kurz, so etwa 1-2 Stunden. Wenn die Farbe einheitlich matt aussieht, ist sie trocken.

Die Farbe kann man gut mit Stahlwolle überschleifen, um eine Patina zu erzeigen. Sehr gut sieht auch ein Farbauftrag mit unterschiedlich gefärbten Schichten aus, der dann teilweise wieder abgeschliffen wird.

Ich selbst öle dann die Fläche mit Leinölfirnis oder Tungöl. Wachsen geht auch.

Die Kaseinfarbe kann auch gut als Wandfarbe benutzt werden. Dazu genug Kreide und Titanweiss hineingeben und flüssig einstellen. Das gibt eine absolut wischfeste Farbe, die in lasierendem Auftrag mit z.B. einem Schwamm wirklich gut auf der Wand aussieht.

Selbst als Leim ist diese Farbe zu gebrauchen. Früher haben die Handwerker Kasein als einigermaßen wasserfesten Leim benutzt, da der Knochenleim ja nicht wasserfest ist.

Außerdem ist diese Farbe unschlagbar preiswert. Für ca. 30 EURO Materialkosten (Kasein, Borax, Pigmente etc) bekommst Du 20-25 ltr. Farbe.

Der einzige Nachteil ist, dass diese Farbe sich nicht sehr lange hält. Im Kühlschrank ca. 1-2 Wochen. Deshalb ist es ratsam, der Stammlösung ein Anti-Schimmelmittel zuzugeben. Einmal getrocknet, ist sie unverwüstlich.

Ich hoffe, ich habe Dir Lust auf die eigene Farbenproduktion gemacht. Das kann süchtig machen!

Viele Grüße und gutes Gelingen

Joachim



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