Eine Türe entsteht

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Paul Baumann
Beiträge: 74
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17
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Eine Türe entsteht

Beitrag von Paul Baumann »


In einem früheren Beitrag (Nebeneingangstür) beschäftigte mich bereits der Gedanke an eine Nebeneingangstür für meinen Heizungskeller.
Nun, diese Türe ist zwischenzeitlich eingebaut.
Von allem Anfang an hatte ich den Wunsch, aus meinen eigenen Eichenbohlen (das auftrennen der Stämme hatte ich ebenfalls in einem früheren Beitrag dokumentiert) diese Türe zu fertigen. Selbst getraute ich mich nicht an so eine anspruchsvolle Aufgabe. Ein mir bekannter Schreiner im Nachbarort war jedoch sofort bereit, unter meiner Mithilfe diese Türe zu fertigen. Vorher besichtigte er das bei mir lagernde Holz und wies auf die Gefahren des Verzugs bei einer Vollholztüre hin und empfahl seine Fertigtüren. Nachdem ich nicht locker ließ, aus diesem schönen Holz eine individuelle Türe haben zu wollen, willigte er ein.
Bevor die Bohlen in die Trocknung kamen, mußten sie grob abgelängt und besäumt werden. Dies besorgte ich auf meiner Hammer B3.





Nach dem Transport kamen sie zuerst für 14 Tage in die Trockenkammer.
Um ein Verziehen möglichst auszuschließen, mussten die breiten Bohlen aufgetrennt, abgerichtet, gehobelt und dreilagig zusammengeleimt werden.



Dies geschah zum Teil mittels Zwingen



oder in der Verleimpresse.



Auf dem nächsten Bild sieht man deutlich den dreischichtigen Aufbau.



Der Rahmen für das Türblatt wurde nun auf der Langlochbohrmaschine mit Dübellöcher versehen,



ein Falz eingefräst, auf die endgültige Dicke gehobelt und mittels Breitbandschleifmaschine geschliffen und anschließend zusammengeleimt.



Verleimt wurde alle mit PU-Leim.



Nebenher wurde der Türstock gefertigt.



Beim Zusammenbau des Türstocks mit langen Schrauben und Leim staunte ich nicht schlecht, daß der Meister keinerlei Anstalten zum Ausrichten in den rechten Winkel machte und sich voll und ganz auf seinen rechtwinkligen Schnitt verließ. Daraufhin angesprochen meinte er, ausgerichtet wird sowieso erst beim Einbau der Tür. Ein Nachmessen meinerseits ergab einen vollkommen rechten Winkel!
Als nächste Schritte kamen das Auftrennen, hobeln und fräsen der Füllungsbrettchen, das Bohren und Fräsen der Aussparungen und Nuten für die Beschläge sowie der Einbau derselben.
Der Glasausschnitt wurde eingesetzt und die ganze Türe lackiert.
Gestern nun wurde sie geliefert und eingebaut.



Mir hat die ganze Aktion sehr viel Freude bereitet und auch das Ergebnis erfüllt mich mit ein wenig Stolz. Wer kann schon von sich behaupten, eine Vollholztür aus Eiche aus eigenem Wald, bei der fast sämtliche Arbeitsgänge vom Fällen der Bäume, auftrennen zu Bohlen bis hin zur Mithilfe in der Schreinerei selbst ausgeführt wurden, sein Eigen zu nennen.
Die Mithilfe in der Schreinerei hat mir viele Einblicke in die Arbeitsweise dieses Handwerks gebracht. Es handelt sich um einen kleinen dörflichen Familienbetrieb mit 5 Angestellten. Meine Mithilfe beschränkte sich nach der regulären Arbeitszeit und Samstags, sodaß ein - ja fast gemütliches - Arbeiten ohne Hektik und Streß möglich war. Ein bisschen Meister Eder - Feeling kam sogar manchmal auf, wenn ein Nachbar zu einem "Ratsch" vorbeischaute, ein befreundeter Angler kam und seinen Fang stolz zeigte oder wenn Samstags die hochbetagten Schwiegerleute die Werkstatt aufräumten, das Restholz kleinschnitten und den Boden fegten.
So, ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt und empfehle mich
mit den besten Grüßen aus der Oberpfalz.
Paul Baumann.



Jockel
Beiträge: 484
Registriert: So 7. Aug 2016, 10:50

Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Jockel »


Hallo Paul einen sehr schönen Bericht hast du verfasst. Es macht mir immer wieder Freude dass es noch mehr gleichgesinnte Massivholzfans gibt.
Vielen Dank dafür!

Gruß Jockel



Thomas Schuermann
Beiträge: 528
Registriert: Mo 3. Jun 2019, 15:49
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Sehr schön

Beitrag von Thomas Schuermann »


Hallo Paul,
ein sehr schöner Bericht mit einer tollen Bildstrecke. Dabei lernt man doch immer am meisten!

Liebe Grüße
Thomas


Heinz Roesch
Beiträge: 1268
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Heinz Roesch »

[In Antwort auf #47491]
Hallo Paul!

Ein toller Bericht mit dem Du bestimmt niemanden
gelangweilt hast! An dieser Türe wirst Du mit Sicher-
heit auch in vielen Jahren noch deine Freude haben.

Ich hoffe Du nimmst es mir nicht krumm, dass ich Deine
Bilder nochmal etwas überarbeitet habe. Sie hatten
einen kleinen Formatfehler und waren deshalb ziemlich
groß.

Viele Grüße

Heinz



Christoph Nowag
Beiträge: 838
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Christoph Nowag »

[In Antwort auf #47491]
Hallo Paul,

herzlichen Dank für den Bericht. Beim Betrachten der Bilder kommt man fast in Versuchung, sich neben Dich zu stellen, um Dir zuzusehen.

Schön, dass man so nebenher noch in einer richtigen Schreinerei arbeiten kann.

Viele Grüße
Christoph


Andreas
Beiträge: 420
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Andreas »


Wirklich beeindruckend, schönes Stück! Aber eine technische Frage hätte ich doch: Ich dachte bisher immer, man müsste Türen zwingend mit Nut/Zapfenverbindung bauen, da die auftretenden Scherkräfte doch ganz erheblich sein müssten (hier liege ich wohl falsch?) Falls Deine relativ schwere Tür mit Runddübeln hält, dann sollte es doch möglich sein, eine Innentür (40mm Rahmen, 20mm Türblatt) einfach mit Dominos zu bauen, oder? Was meint ihr?

Andreas


Paul Baumann
Beiträge: 74
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17
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Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Paul Baumann »

[In Antwort auf #47491]
Hallo zusammen,
schönen Dank für Eure Antworten. Vor allem Dir, Heinz, daß Du die Bilder nochmal überarbeitet hast. Ich hatte sie zwar mit Irfanview verkleinert, aber irgendwas ist wohl schief gelaufen dabei.
Andreas: Ich war momentan auch etwas enttäuscht, als ich die Dübelmethode sah. Ich wollte eigentlich sehen, wie Nut- und Zapfenverbindungen professionell gefertigt werden. Aber diesen wirklich massiven Dübeln und auch dem PU-Leim traue ich die gleiche Festigkeit zu.
Viele Grüße
Paul



Peter.Leinen
Beiträge: 162
Registriert: Mo 8. Jan 2018, 18:20

Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Peter.Leinen »

[In Antwort auf #47491]
Hallo Paul,

sehr informativer Beitrag bei dem ich Kenntnisse erweitern konnte. Und wirklich schöne Tür.

Viele Grüße
Peter



Andreas Winkler
Beiträge: 1134
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Eine Türe entsteht

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Paul,

toller Beitrag !

Mach Dir keine Gedanken wegen der Dübelverbindung. Die ist bei Haustüren Standard, 14er oder 16er Dübel halten bombenfest, außerdem ist diese Verbindung in der Ausführung weit weniger fehleranfällig als eine Schlitz- und Zapfenverbindung (die ist bei breiten Rahmenteilen auch für Fachleute nicht "ohne").
Weiterhin spart man sich bei der Verwendung von Dübeln bei allen waagrechten Rahmenteilen locker 20-30 cm Länge an Holz, weil ja jeweils die Zapfenlängen wegfallen. Bei gewerblicher Ausführung ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Glückwunsch zur Türe !

Gruß, Andreas



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