Hallo
Ostern steht vor der Tür und ich wurde mal wieder gefragt, ob ich neue Ratzen fertigen könnte, Ratze sind diese Radaumacher, mit denen bei uns die Messdiener von Gründonnerstag bis Ostersamstag die schweigenden Glocken ersetzen.
Gefrustet war ich, als keine der von mir in der Vergangenheit gefertigten Teile, noch aufzufinden waren (hängen wohl in Partykellern), Skizzen hatte ich mir auch keine gemacht und meine Erinnerungsvermögen ist auch nicht das Beste.
So war auch der erste Fehler bald gemacht, als ich in die gedrechselte Walze mit Hilfe einer nun schon alten Skalenscheibe die 6 Löcher bohrte.
Auf dieser Scheibe entdeckte ich 6 Punkte, von denen ich annahm, dass sie von der früheren Ratzefertigung herstammen.
Als dann alle drei Walzen gebohrt waren, stellte ich fest, das immer zwei Dübel gleichzeitig zum Einsatz kamen
Bild 1
Die Einrichtung zum bohren der 6 Löcher in die Walze, die Scheibe im Zentrierloch der Walze befetigt, der richtige Abstand sollte 30° sein, ich richtete die Linie einer der Grateinteilungen an einer der Kanten des Prismas aus, also ein Prisma, das auf einem Schiebeschlitten nur quer geschoben werden kann, Mitte Prisma ist Mitte Bohrer.

Bild 2
Als ich den Fehler merkte, wurde die Bohrungen mit 8er Dübel wieder geschlossen und neue Löcher gebohrt, man kann die alten Löcher erkennen.
Dass ich mit wenig Begeisterung arbeitete, kann man wohl schon an den ersten Bilder erkennen.
Hatte ich früher den Korpus aus Vollholz gefertigt, mit Zierkanten usw., benutze ich nun Birke Schichtholz 9mm, ich wollte bewusst keine Schmuckstücke fertigen.

Bild 3
Hier alle Teile, den Korpus geschraubt und geleimt, zur besseren Walzenlagerung aufgeleimte Buchenleimholz-Brettchen, die 6 Hämmer aus Buche, mit einem Kieferbrettchen am Ende zusammen gefasst, die Hammerteile mit Hilfe einer Torxschraube auf das Federbrettchen aufgeleimt, ein Deckel mit einem Druckstück und recht liegt eine provisorische Kurbel, zum ausprobieren (noch aus früheren Zeiten).

Bild 4
Hier ging es an die Kurbeln, zuerst die Bohrungen (19 mm für die Walze und 13 mm für den Griff, dann ausgesägt.

Bild 5
Die Kurbel fertigte ich aus 23 mm Schichtholz, dies Stärke wollte ich aber nur an der Walzenwelle so stark belassen, im Bereich des Griffes sollten 17 mm reichen.
Hier wird die Kurbel von einem Dorn gehalten, konnte aber gedreht werden, so fräste ich eine runde Nabe frei.

Bild 6
Das Bild ist leider unscharf, man kann den Rohzustand nach dem fräsen erkennen.

Bild 7
Hier die Griffe und der Dorn, zum Zentrieren.
Die Griffe drechselte ich aus Elsbeere, ich bin nun bestimmt nicht der Drechselspezialist, möchte aber trotzdem feststellen, ich hatte noch nie annähernd so gut drechselbares Holz auf meiner Drechselbank, einfach super.

Bild 8
Die fertige Kurbel, frisch geleimt.

Bild 9
Hier schon die beschrifteten Teile, zwei gehen an die Kirchengemeinde, das dritte ist ein Geschenk.
Das Museumsstück, mit dem ich die Buchstaben einbrannte, gehört meinem Nachbar, es stammt aus einer alten Gartinenfabrik, mit ihm wurden die Nylonfäden am laufen gehindert.

Bild 10
Die neuen Teile, frisch geölt, daneben ältere Modelle, der Aufbau der Alten ist ein wenig anders als bei mir, sie haben 4 Hämmer, diese sind am Ende aufgeschraubt, was keine gute Federwirkung bringt, bei mir werden die Hämmer lose eingelegt, am Deckel ist ein Druckstück befestigt, bei dem Aufschrauben werden die Hämmer etwa 3mm vorgespannt, eine Leiste verhindert die Bewegung der Hämmer in Richtung Walze, sollte mal ein Teil brechen, so lässt es sich gut austauschen.
Auch durch die Vorspannung erscheint mir der Schlag etwas wirkungsvoller, das ich 6 Hämmer benutze bringt eine andere Frequenz, ähnlich wie bei den Automotoren. Radau machen die Teile schon arg, in geschlossenen Räumen wird es für meine Ohren unangenehm.

So, ich bin froh fertig, zu sein, meine Motivation war wie selten, sehr gering und ich denke, mit den vielen Schrauben und Fehlern im Leimholz (und leider auch bei der Verarbeitung), diese Teile haben längeren Bestand.
Ich werde nach Ostern mal ein Teil aufmachen, ich hab so meine Befürchtung, dass das Leimholz den Hammerschlägen nicht lange widerstehen wird, wenn ja, müsste ich noch eine dünne Hartholzleiste auf die Aufschlagstelle aufleimen.
Eine Frage wäre noch, wie es sich auswirken würde, wenn ich eine Öffnung in den Korpus anbringen würde, die offenen alten Teile "röhren" ein wenig mehr, im Vergleich zu meinen.
Gruß Franz