Ihr Lieben,
Drechseln wollte ich nie. Leuchter und Holzschalen? um Himmels Willen. Mir eine Drechselbank zu kaufen (ich hätte sie mir leisten können) war nie geplant. obwohl ich Drechseln als Arbeitstechnik schon interessant fand.
Dann sah ich - vor mehreren Jahren schon - ein Video mit einem Marokkaner, der mit einer handbetriebenen Drechselbank Schachfiguren drechselte. (ist unter moroccan bow lathe über Google leicht zu finden)
Das fand ich schon erstaunlich. Ich lernte im Internet, dass hand- oder fußbetriebene Drechselbänke traditioneller Bauart durchaus noch von Holzwerkern benutzt werden. Was mich besonders faszinierte, war das Funktionsprinzip: Das Werkstück zwischen feststehenden Spitzen, angetrieben von einer darumgelegten Schnur. Keine gelagerte Spindel, keine Mitnehmer. Nachteil: Das Werkstück muss sich nach einigen Umdrehungen zurückdrehen und das Werkzeug dabei abgehoben werden, also immer nur kurzes, unterbrochenes Schneiden. Außerdem ist gegenüber heute üblichen elektromotorisch angetriebenen Bänken - die Bandbreite möglicher Werkstücke und Bearbeitungen sehr eingeschränkt, klar. Trotzdem kann man aber auf diese Weise ansehnliche Werkstücke fertigen, zweifellos.
Ich habe mich dann mit der Technik üblicher Wippdrehbänke beschäftigt, also solchen, die fußbetätigt sind, nicht mit Bogen (den Marokkaner wollte ich nicht nachmachen, bei allem Respekt für seine Leistung). Das technisch Interessanteste an den Wippdrehbänken ist, wie die Treibschnur nach dem Arbeitshub zurückgezogen wird. Ursprünglich machte man das wohl mit einem langen, elastischen Ast (pole lathe), oder auch, damit es kompakter und indoor- tauglicher wird, einem Bogen oder einer Torsionsspindel. Neuere Konstruktionen arbeiten oft mit einem langen Gummiseil (bungee lathe). Das gefiel mir alles nicht. Diese elastischen Elemente sind fragwürdig wegen der ungleichmäßigen Kraft, außerdem: Wie lange hält sowas, und bei einem Gummiseil kann ich mir auch eine gewisse Geschoßwirkung im Fall eines Bruches vorstellen.
Ich bin dann darauf gekommen, für die Rückzugsbewegung ein Gewicht zu verwenden, was ich bisher nirgends gesehen habe - dabei wissen wir doch, dass die Schwerkraft das Einzige ist, auf das man sich immer und jederzeit verlassen kann. Es genügt allerdings nicht, einfach ein hängendes Gewicht die Schnur antrieben zu lassen; die Erdbeschleunigung von 9,81 m/s² reicht nicht aus, man hat dann (ich habe es ausprobiert) das Gefühl dass der Mechanismus nervig zögerlich arbeitet. Übersetzt man aber die Fallbewegung und damit auch die Beschleunigung ins Schnelle (z.B. mit Hebel und / oder Flaschenzug) dann fühlt sich das schon ganz anders an.
Ich habe eine Maschine gebaut (schön, als Maschinenbauingenieur auch mal wieder eine Maschine zu bauen) mit hölzernem Bett und hölzernen Reitstöcken. Eine Seite mit einem Zweibein, die andere an der Hobelbankplatte befestigt, erstmal reicht das. Die sonstige Konstruktion ist den Bildern zu entnehmen. Ich will ja mit dem Ding nicht über Mittelaltermärkte tingeln, also ist durchaus auch Metall verbaut. Ich wollte sehen, was man mit einer Drehbank machen kann, die sich mit meinen Mitteln und einfachen handelsüblichen Teilen herstellen lässt.
Für den Rückzug der Treibschnur verwende ich ein Gewicht von 10 kg aus zwei Hantelscheiben, die an einer Schwinge befestigt sind. Diese Schwinge als einarmiger Hebel verdreifacht die Beschleunigung, danach wird noch einmal mit einem 2- strängigen Flaschenzug verdoppelt, also insgesamt erhält man an der Schnur die sechfache Erdbeschleunigung (unter Vernachlässigung schädlicher Trägheit und Reibung). Die Schnur wird noch zweimal um die Ecke gelenkt zum Werkstück. Das Pedal ist ebenfalls mit einem 2- strängigen Flaschenzug zur Verdoppelung de Weges versehen, dadurch bleibt es kompakt trotz bis zu 700mm Schnurlänge, die bei jedem Arbeitshub gezogen werden. Das Pedal ist noch eine Bastelkonstruktion, weil ich noch ausprobieren muss was ergonomisch günstig ist.
Die Rollen sind einfache kugelgelagerte Seilrollen, das Lager der Schwinge ist ein zweireihiges Primitivwälzlager aus Blech, die Schnur eine dehnungsarme Polyester- Flechtschnur mit 2mm Durchmesser.
Ich will mit dieser Drehbank gelegentlich anfertigen, was ich so an Werkzeuggriffen und ähnlichem in meiner Werkstatt brauche. Erstmal ist es aber eine tolle Erfahrung, sich das Drechseln mit dieser Wippdrehbank anzueignen.
Der erste Eindruck: Die Maschine ist erstaunlich leistungsfähig; grob vorgearbeitete Kanteln aus Hartholz von durchaus beachtlicher Grüße können rundgeschruppt werden. Hätte ich so nicht erwartet! Und der recht komplizierte Schnurtrieb ist völlig problemlos, auf Anhieb. Die Verbindung zwischen Pedal und Werkstück wirkt sehr direkt.
Ansonsten muss ich nun erstmal lernen. Meine Vorstellungen vom Drechseln (was ich noch nie gemacht hatte) waren ja geprägt von Kenntnissen des Metalldrehens, vor allem also: Werkzeug exakt auf Mitte einstellen. Ich habe gemerkt, das funktioniert mit Holz gar nicht gut, weil die Werkzeuge eigentlich schneiden wollen aber so nicht können. Den entscheidenden Hinweis habe ich bei Reinhold Ege in einer schon recht alten alten Ausarbeitung hier in unserem Schärfprojekt gefunden, wo es eigentlich um das Schärfen der Drechseleisen geht. Er empfiehlt, englisch zu drechseln, also dergestalt dass das Eisen mit seiner Fase auf dem Werkstück gleitet und einen dünnen Span schneidet. Und siehe da, so geht es viel besser, vor allem mit viel weniger Kraftaufwand. Das werde ich nun üben, und sobald ich etwas Vorzeigbares geschafft habe melde ich mich mal wieder.
Friedrich
Und noch ein paar Bilder vom Objekt:



