verleimung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
ingolf

verleimung

Beitrag von ingolf »


liebe freunde,

ich arbeite - als autodidakt - an einem kleinen regal (80 x 50 x 20 cm) aus buchenholz. in guter neanderthaler-manier habe ich ausschließlich mit handwerkzeugen verschiedene holzverbindungen ausgeführt (durchgestemmte fingerzapfen, schwalbenschwanzzinken, eingenutete böden etc.) alles paßt trocken gut und stramm zusammen, d.h. ich muß mit dem klöpfel schon kräftig auf 's klötzchen klopfen, damit alles sitzt.

ich möchte knochenleim verwenden, doch obwohl ich dank der hier im archiv vorhandenen knochenleim-beiträge das leimtechnische know how zu haben glaube, bin ich noch unschlüssig, wie ich den eigentlichen akt des verleimens durchführen soll.
wie schaffe ich es, die komplexen formen zu erwärmen, warm zuhalten, mit leim einzustreichen, zusammenzufügen / -zuschlagen, die zwingen zu setzen ... ??
wieviel zeit läßt mir der leim dazu ?

also, ich habe mächtig respekt vor diesem arbeitsschritt. in meiner vorstellung bräuchte ich sechs arme...

habt ihr diesbezüglich erfahrungen oder tips oder auch nur aufmunternde worte ??

wäre euch wirklich dankbar

ingolf


Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: verleimung

Beitrag von Marc Waldbillig »


Ingolf,

Meiner Erfahrung nach geht's eindeutig besser mit dem Leimen, wenn die Teile nicht mit dem Hammer zusammengesetzt werden müssen, sondern wenn sie mit der Hand bezwungen werden können. Will heißen: Die Teile sollten nicht so stramm sitzen.

Über die Offenzeit des Knochenleims kann ich dir leider nichts sagen. Nur dass sie erheblich schwanken kann, je nachdem wie trocken das Holz ist, Hartholz, Luftfeuchtigkeit, etc.

Mir hilft es, kurz vor der Hysterie noch einmal tief durchzuatmen und Ruhe bewahren, lass dich nicht unter Zeitdruck setzen.

Gruß,

Marc

Alexander
Beiträge: 57
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: verleimung

Beitrag von Alexander »


Ich persönlich nutze gern und viel Hasenleim, häufig zur Verleimung dünnerer Laminate. Ich trage den Leim beidseitig auf & er geliert sofort. Anschliessend werden die Laminate verbunden(Zwingen oder gespannte Schnur) und das Gesamtwerk nochmals erwärmt, bis der Leim fliesst. Dazu bietet sich eine Heißluftpistole mit regelbarer Temperatur an.

Gruß,

Alexander

Armin Dreier
Beiträge: 242
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: verleimung

Beitrag von Armin Dreier »

[In Antwort auf #103642]
Bei Knochenleim fällt mir bei Deinem Problem auch nix ausser grosser Hektik beim Zusammenbauen ein.

Ein Anderer Vorschlag:

Titebond Liquid Hide Glue
Der Leim wird mindestens genauso hart wie Knochenleim, sieht genauso aus (braun) und hält ebenso gut. Der Vortei Für Dich: Du hast locker 10-15 Minuten Zeit alles perfekt zu justieren. Die Zwingen müssen 24 Stunden spannen, das dürfte aber kein Problem sein.

Gruß
Armin

ingolf

Re: verleimung

Beitrag von ingolf »


danke, freunde, für eure tipps.
ich werd 's halt probieren. das mit dem wiedererwärmen nach dem zwingen ist interessant und tröstlich. ich nehme an, dass es nicht nur bei hasen-, sondern auch bei knochenleim geht.
ist es eigentlich sinnvoll, knochenleim mit haut- oder hasenleim zu mischen?
gruß ingolf

Micha H.
Beiträge: 1
Registriert: Mo 30. Nov 2015, 10:03

Re: verleimung

Beitrag von Micha H. »

[In Antwort auf #103648]
Hallo,

das Thema Knochen-, Haut, Hasenleim interessiert mich auch. Ich dachte auch schon an ein Heissluftgeblaese.
Sind 80°C als unterste Stufe fuer das Erwaermen der Leimfuge zuviel Temperatur? Eventuell kann durch Abstand
zur Leimfuge Ueberhintzung ausgeschlossen werden.

Hat dazu jemand im Forum Erfahrung?

Herzlichen Dank im voraus.
Micha

Ich persönlich nutze gern und viel Hasenleim, häufig zur Verleimung dünnerer Laminate. Ich trage den Leim beidseitig auf & er geliert sofort. Anschliessend werden die Laminate verbunden(Zwingen oder gespannte Schnur) und das Gesamtwerk nochmals erwärmt, bis der Leim fliesst. Dazu bietet sich eine Heißluftpistole mit regelbarer Temperatur an.

Gruß,

Alexander



Heribert WILHELM

Re: verleimung

Beitrag von Heribert WILHELM »

[In Antwort auf #103642]
Hallo Ingolf,

bei Deinem Projekt sind 4 Dinge zu beachten:

1) Die Verbindungen müssen sich von Hand zusammenstecken lassen. Beim Leimauftrag quillt das Holz. Eine zu stramme Verbindung lässt sich dann nicht mehr zusammenfügen und wird durch Gewaltanwendung zerstört (s. Beitrag von Marc).
2) Der Leim darf nicht zu stark erhitzt werden (40-45 Grad). Sonst zerstört man das Eiweiß und damit die Bindekraft. Dies hast Du sicher schon selber in Erfahrung gebracht.
3) Kleine Werkstücke (bis max. 50 cm) passen in einen E-Herd und können dort erwärmt werden. Größere Stücke verteilt man auf mehrere Heizkörper einer Warmwasserheizung und dreht die Heizkörper auf.
4) Vor der Verleimung erfolgt probehalber ein Zusammenbau. Dabei benutze ich auch die Zwingen und lege sie anschließend griffnahe auf die Werkbank. Das erspart beim Verleimen unnötiges Suchen nach passenden Zwingen. Wie Armin schon anfügte, kann man die Arbeit noch stressärmer gestalten, wenn man fertigen Hautleim benutzt, der durch Zusätze eine anwenderfreundliche lange offene Zeit hat (Tidebond Genuine Side Glue). Ich habe den Tidebond Hautleim selber noch nie angewandt und weiß nicht, ob man sich damit das Erwärmen des Holzes ersparen kann. Bei zeitkritischen Verleimungen sollte man eine zweite Person bemühen.

Unter Beachtung dieser Punkte sehe ich keinerlei Grund zu übergroßen Befürchtungen.

Viele Grüße und gutes Gelingen

Heribert

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: verleimung

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Micha,

die Notwendigkeit, die Werkstücke und den Leim anzuwärmen, hat mich lange davon abgehalten, Glutinleime einzusetzen. Ich habe dann entdeckt, dass Fischleim (bei ansonsten ähnlichen Eigenschaften) kalt verarbeitet werden kann und habe auch gute Erfahrungen damit gemacht. Ich würde Dir einen Versuch empfehlen, das Zeug ist sehr angenehm zu verarbeiten, und, nein, riecht durchaus nicht unangenehm.

(gibts bei: Kremer Pigmente)

Grüße

Friedrich

Claus Keller
Beiträge: 346
Registriert: Mi 13. Aug 2014, 14:08

Re: verleimung

Beitrag von Claus Keller »


Servus und 1+ zu Fischleim. Bin ich auch draufgekommen und sehr zufrieden damit!

Es grüßt aus dem Neandertal

Claus Keller

Joachim Schmidt
Beiträge: 61
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: verleimung

Beitrag von Joachim Schmidt »

[In Antwort auf #103758]
Hallo Ingolf,

versuche mal den alten Trick mit Essig. Zugabe von Essig (ich verwende Essigessenz aus dem Supermarkt) senkt die Geliertemperatur des Leims. Der Essig wird in den warmen Leim gegeben, so 5% sollten eine ausreichende Menge sein. Das gibt Dir spürbar mehr Zeit. Das haben Generationen von Handwerkern schon so gemacht, es ist leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Salz hat eine ähnliche Wirkung. Die Qualität der Verleimung wird dadurch nicht verschlechtert, er hält sich dadurch sogar länger. (Essiggurkeneffekt)

Zu den Unterschieden der Leimsorten:

Knochenleim trocknet hart und etwas spröde auf. Die Geliertemperatur ist hier am höchsten. Knochenleim nehme ich meist nur zum Hammerfurnieren. Da ist das schnelle Greifen des Leims wünschenswert.

Hautleim ist elastischer und die Geliertemperatur niedriger. Das war der bevorzugte Leim für Holzverbindungen. Mein meist verwendeter Leim.

Hasenleim ist am elastischten und wird vor allem bei der Herstellung von Gesso (Kreidegrund unter Farbschichten) und Vergoldungsgrund verwendet. In der Holzverarbeitung eher wenig. Schon wegen des Preises.

Fischleim (hier der von Kremer) ist ein Kaltleim mit sehr hoher Bindekraft. Der Leim von Kremer hat keine chemischen Zusätze und verarbeitet sich sehr gut. Den Titebond Hide Glue sehe ich von den Zusätzen eher kritisch. Fischleim wurde früher für Verleimungen verwandt, bei denen es auf hohe Haltekraft bei gleichzeitiger Elastizität ankam. Z.B. Metall oder Knochen auf Holz bei Intarsienarbeiten. Ein idealer Restaurationsleim.

Ich habe das Mischen der Leime noch nicht probiert, aber warum nicht? Es ist ja alles Kollagen.

Viele Grüße

Joachim



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