Die Diskussion, aus welchem Holz der Hobbyschreiner Möbel bauen sollte oder kann, ist unendlich. Leider kommt im Forum jedenfalls befürchte ich das- doch allzuoft der Eindruck herüber, ohne Holz hoher Qualität ginge gar nichts, und der Einsatz von handelsüblichem Leimholz sei schon mal ein ganz schlechtes Zeichen. Ich selbst habe, bevor ich mich an Schnittholz (Sägeware) herantraute, lange Zeit fast nur solches Leimholz (Nadelholz mit durchgehenden Lamellen) verarbeitet und setze das auch heute noch gern ein, wenn es um ganz einfache Funktionsmöbel ohne ästhetischen Anspruch geht. Im vergangenen Jahr, beispielsweise, ein stattlicher Vorrats- und Putzschrank mit großem Apothekerauszug, für den Hauswirtschaftsraum, aus 28er Fichte Leimholz. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden, meine Frau auch.
Jetzt hatte ich folgenden Auftrag: Ein Medikamentenschränkchen fürs Badezimmer, zum an-die- Wand- hängen. Ich hatte vor ungefähr 10 Jahren eines gebaut, aus Kiefer- Leimholz 18mm (damals noch unter Benutzung von Schleifpapier, was ich heute möglichst vermeide). Gebraucht wurde jetzt ein ähnliches, aber deutlich größeres. Ich habe mich entschlossen, es wieder aus Leimholz herzustellen. Und zwar ganz bewusst aus sehr niedrigpreisigem Material: Aus dem Baumarkt, Hobbyholz, Kiefer, pro Brett (400 x 1200, 18 dick) unter 5 Euro. Ich habe mir Bretter mit nicht so schrecklich vielen Ästen ausgesucht, schließlich bin ich kein Masochist..
Ich muss vielleicht noch erläutern, dass ich astige Kiefer durchaus hübsch finde (nicht für alle Zwecke, natürlich, und nur eingewachsene lebende Äste, keine toten abgestorbenen), ich erinnere mich dass ich als Kind in Kiefernästen die merkwürdigsten Gestalten erkannt habe
Nebenbei habe ich bei diesem Projekt die Verwendung von Fischleim ausprobiert. Gut!
Bauweise des Schränkchens: Eine Zarge, Innenmaß 380 x 560, 130 tief, mit Schwalbenschwänzen verbunden. Die Rückwand in einer umlaufenden Nut. Die Tür als Rahmen mit Füllung, ebenfalls mit umlaufender Nut, rechts angeschlagen. Aushängbare Messingscharniere, Verschluss mit Kugelschnäpper.
Die Brettchen für die Zarge habe ich mit der Tischkreissäge grob vorgesägt, dann eine Fläche (später Innenfläche) und eine Kante (später hinten) genau plan, gerade und winklig gehobelt, dann abgelängt und auf genaue Länge bestoßen auf der Stoßlade.

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Für das spätere Zinken müssen die Teile geometrisch recht genau sein, der Lieferzustand von Leimholz ist nicht ausreichend wenn es ordentlich werden soll! Und die Fasen der Leimholzbretter müssen natürlich sowieso weg, als erster Arbeitsgang.
Das Hobeln der Nut für die Rückwand ist dann problemlos, wenn man die Bretter so ausgesucht hat, dass im Bereich der Nut die Fasern gleichmäßig und gerade sind. Hatte ich nicht überall drauf geachtet.

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Bei den Schwalbenschwänzen für die Eckverbindungen hatte ich das Problem, daß die Anrisse / Striche auf dem Kiefernholz nicht gut zu sehen sind. Etwas Kreide hilft. Und die Schwalben zuerst, dann kann man gleich zwei Reihen gemeinsam sägen. Man beachte: Die Feinsäge ist von Disston, ein wirkliches Schätzchen. Dafür einen Dank an Pedder.

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Die Nuten für die Böden sind mit Stecheisen und Grundhobel angefertigt. Da sind Äste kein Problem.

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Ein echter Brocken war die Rückwand. Ich wollte die 8mm dick machen (mit umlaufendem flachem Falz damit sie in die umlaufende 6mm- Nut passt). Ein Stück Leimholz von ca. 600 x 400 mm, 18 mm dick, von Hand auf 8mm herunterzuhobeln, ist eine echte Herausforderung. Wegen der wechselnden Maserung in Leimholz (und großer Äste) ist das Abnehmen dicker Späne nicht möglich ohne Schaden anzurichten. Ich habe darum nur zuerst mit der 8er Stanley arbeiten können,

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danach dann in gleicher Weise mit der Flachwinkel- Raubank, schließlich längs, zuletzt mit dem Putzhobel. Hat einige Stunden gedauert, ja. Bei Wiederholung würde ich an der Stelle ein Stück Sperrholz einsetzen. (Das vor 10 Jahren eingesetzte Holz hatte deutlich weniger Äste, darum war es vermutlich einfacher, vielleicht war ich auch noch kräftiger).
Die Rückwand wurde beim Verleimen eingelegt. Ich habe aber erst drei Seiten verleimt und dann die fehlende Seitenwand.

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Für die Türfüllung habe ich entsprechend ein etwas kleineres Stück Leimholz auf 7 mm heruntergehobelt, dann durch leichtes Anschrägen der Rückseite klapperfrei in die 6mm- Nut eingepasst. Das Problem war zuletzt das Spannen, dazu habe ich zwei handelsübliche Bandstahlwinkel mit angeschärfter Kante an die Hobelbank geklemmt, dann ging es. Auf der rechten Seite der Hobelbank meine Stoßlade für große Teile.

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Der Rahmen für die Tür aus 35mm breiten Streifen des Leimholzes, sauber abgerichtet und abgelängt, war eigentlich kein besonderes Problem. Reihenfolge an den einzelnen Hölzern: Schlitze / Zapfen längs vorgesägt, Nuten eingehobelt,

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erst dann Schlitze und Zapfen fertig gemacht. Zu meiner eigenen Überraschung gelang es mir, den Rahmen ohne jegliche Nacharbeit völlig verwindungsfrei hinzubekommen. Dafür muss man beim Sägen (und schon vorher beim Hobeln der Teile) pingelig genau sein. Die Markierungen des Zapfenstreichmaßes waren mit entsprechender Beleuchtung (Lampe unten vor das Werkstück gelegt) überraschend gut sichtbar, das half. Ecke des Türblattes vor dem Verleimen:

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Nach dem Leimen alles außen egalisiert und geputzt (mit Hobel). Tür eingepasst, Scharniere eingelassen. Kugelschnäpper nachgearbeitet (Kräfte waren zu groß, wurde von meiner Frau so nicht akzeptiert, zu Recht). Kanten mit Feile gebrochen, das ganze Möbelchen mit Leinölfirnis behandelt, mit feiner Stahlwolle glattgerieben und mit einem Lappen sorgfältig abgewischt.
Hier das Ergebnis.

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Zum Griff (dunkel- braun- rötlich, das ist gedämpfte Birne): Er soll einen Kontrast zu den doch sehr auffallenden Messingscharnieren bilden, seine Größe ist ergonomisch bedingt, zum Öffnen (gegen die Haltekraft des Kugelschnäppers) wird mit drei Fingern unter den Griff gefasst und mit dem Daumen gegen die Zarge gedrückt. An der Tür zu ziehen ginge nicht gut, weil das Schränkchen leicht ist und nur an zwei Schrauben hängt. Und wenn er mir nach einiger Zeit immer noch zu knallig aussieht, ersetze ich ihn durch einen kiefernen..

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Resumee:
Man kann für sowas durchaus handelsübliches Leimholz einsetzen. Es hilft aber sehr (vor allem beim Putzen und Hobeln von Nuten, Falzen usw.) wenn die Qualität dieses Holzes nicht allzu schlecht ist.Die Aufgabe, aus einem dicken Leimholzbrett ein dünnes zu hobeln, sollte man nicht unterschätzen. Die Formgenauigkeit von üblichem Leimholz ist leider schlecht; wenn Zinkenverbindungen und Änliches gemacht werden sollen, sollten zunächst exakte Flächen und Bezugskanten hergestellt (z. B. gehobelt) werden.
Hätte ich aus Schnittholz (nordische Kiefer) gearbeitet, dann hätte ich ein Leimholzbrett anfertigen müssen (die Türfüllung), die Rückwand wäre aus Sperrholz und viele Arbeitsgänge wegen des gleichmäßigeren Faserverlaufes einfacher. Vielleicht insgesamt sogar weniger Arbeit. Und bei einem so kleinen Möbel wäre eine etwas ruhigere Oberfläche schon gut.
Versuch macht kluch.
Friedrich