Rätsel Lochbeitel

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Ihr Lieben,

ich habe einen Satz Lochbeitel (teils ECE, teils Kirschen) von 6 bis 16 mm. Manchmal werden sie benutzt, nicht allzu häufig, aber Zapfenlochstemmen kommt eben nicht so oft vor.

Über Lochbeitel ist hier ja schon viel diskutiert worden. Ich bin inzwischen sicher, die große Dicke braucht man nicht um Bruch zu vermeiden beim Hebeln, auch nicht wegen der besseren Führung, sondern damit man eine richtig lange Fase hat. Die schert nämlich das Holz ab, so ein Eisen klemmt sich nicht fest wenn man in die Tiefe geht. Aber das will ich gar nicht aufwärmen.

Meine Frage: Warum haben die Dinger so monströse Hefte? (vor allem die von Kirschen). Dieter schreibt in seinem Katalog: Für die Zimmerei (und Zimmermannseisen sind eben so). Aber: Kein Zimmermann stemmt(e) so schmale Zapfenlöcher! Wenn ich zimmere, das kommt vor, mach ich Zapfenlöcher von 30 oder 40 mm Breite, mit den Zimmermannseisen.

Die Eisen sind also offenbar zum Zapfenlochstemmen in ganz normalen Tischlerarbeiten. Aber welchen Sinn macht dann diese gewaltige Ausführung? Zum Einschüchtern des Holzes? Zum Erschrecken kleiner Kinder? Es ist mir ein Rätsel.

Übrigens: Wenn man sich englische Lochbeitel anseht, dann sind die in der Regel erheblich schlanker. Ich meine jetzt nicht die pigsticker, sondern die mit normalem Heft mit Zwinge.

Friedrich

Pedder
Beiträge: 5807
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Pedder »


Hallo Friedrich,

eigentlich dieselbe Frage, die ich mir vor 7 Jahren auch schon gestellt habe.
http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl/md/read/id/27020/sbj/lochbeitel/
Damals bin ich ungewollt dem einen oder anderen Zimmermann auf den Schlips (die Ehrbarkeit)
getreten, das möchte ich nicht wiederholen und distanziere mich daher von der Frage
der beidhändigen Bedienung oder des Treibens mit dem Zimmermannshammer.

Klüger bin ich zwischenzeit ehrlich gesagt nicht geworden. Und bei einigen Werkzeughersteller bin
ich mir auch nicht mehr sicher, ob dort überhaupt jemand ist, der sich noch gedanken
über die Funktion macht. Das betrifft leider vor allem die Traditionsmarken.

Meine (extrem selten genutzten) Lochbeitel sind entweder Pigsticker mit ovalen Heft
(Oh ja, ich habe das inzwischen gelerrnt) oder haben ein neues Heft bekommen.

Liebe Grüße
Pedder

Benutzeravatar
Uwe.Adler
Beiträge: 1317
Registriert: So 27. Dez 2020, 22:52

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Uwe.Adler »


Hallo Friedrich,

meiner Meinung nach ist das Haft wegen der robusteren Zimmermannsarbeit so stark. Zur Bearbeitung von Zimmermannsverbindungen muss man schon mal richtig Kraft aufwenden um dem Balken in kurzer Zeit zu bearbeiten. Da braucht es ein stabiles Heft. Bei meinen Lochbeiteln, 10mm und 6mm, von MHG habe ich die ursprünglichen Hefte entfernt und dafür zwei schmalere Nussbaumhefte gedrechselt. Diese sind viel angenehmer zu verwenden, und ich setze sie häufig ein, wenn ich Schlitz/Zapfenverbindungen, auch verdeckte, herstelle. Die Späne werden durch die lange Fase gut geschnitten und abgeschert. Es ist dann leichter sie vom Grund zu entfernen und den Schlitz zu säubern, da die Faser bereits angebrochen ist. Bei einem Beitel ist die Fase nicht so lang und bei entsprechender Tiefe lässt die Scherwirkung nach.

Herzlichen Gruß

Uwe

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #138615]
hallo Friedrich,

nach meiner Ansicht sind die Griffe so massig, damit man seitliches Verdrehen des Lochbeitels beim Stemmen verhindern kann. Ein dickeres Heft gibt ein besseres "Drehmoment" als ein dünneres.
Tatsächlich habe ich einen alten Beitel, der sogar ein Heft mit quadratischem Querschnitt hat. Es stammt aus dem Besitz eines Glasers/Fensterbauers. Wie er mir damals erklärte, haben sie damit "vor dem Krieg" die Eckverbindungen der Fensterrahmen gemacht. Die Hölzer hatten Überlänge, erhielten von Hand mit diesen Lochbeiteln Schlitze eingestemmt, die Zapfen wurden eingeleimt, mit Stiften gesichert, die in versetzt gebohrten Löchern eingeschlagen wurden und den Rahmen zusätzlich versteiften. Erst nach Abbinden des Leims wurden die Überlängen abgesägt.

viele Grüsse
reinhold

bernhard

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von bernhard »

[In Antwort auf #138615]
Hallo Friedrich,

augenscheinlich war das Holz für Dein Carport gut abgelagert.

Als ich meine Pergola gebaut habe, wollte ich unbedingt Eiche. Eichenholz in den Abmessungen 12X12 war nur frisch eingesägt zu bekommen. D.h. ich musste das Zapfenloch 40 X 70 in ziemlich nasses Holz stemmen. Trotzdem ich mit dem Famag Bohrer gut vorgebohrt habe, war das eine Sauarbeit. Ich war froh, dass ich das massive Heft ordentlich anfassen konnte.
Ein Heft in Möbeltischlergröße wäre definitiv zu klein gewesen. Ein im feuchten Eichenholz steckender Beitel muss sehr oft mit zwei Händen bewegt werden.

Grüße
Bernhard

Rolf Richard
Beiträge: 3390
Registriert: Do 16. Mär 2017, 07:44
Kontaktdaten:

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #138615]
Die Lochbeitel dienen doch dazu, tief im Holz noch Material heraushebeln zu können. Ergibt sich damit nicht die Notwendigkeit, gelegentlich mit zwei Händen anfassen zu müssen?

Zweite Vermutung: Durch das stärkere Eisen bzw die grösseren Kräfte fällt auch der Dorn, auf den der Holzgriff aufgeschlagen ist, stärker aus?

Ich habe Lochbeitel von ECE. Deren Griffe sind nicht wesentlich länger als die von Kirschen-Beiteln der breiteren Ausführungen (z.B. 20 mm). Rcihtig ist aber, dass die Griffe der Lochbeitel mehr Durchmesser haben.

Nebenbei fiel mir da noch was auf: Die Kirschen sind durch die Bank die Eisen, deren Griffverstärkungsringe am stärksten rosten. Zum Teil ist das richtig übel. Bei allen anderen Fabrikaten gibt es da keinen oder nur geringfügigen Rost. (Crown, ECE, Ha-We, Bracht - uralt, noch von meinem Vater, Noname)

Gruss

Rolf

Benutzeravatar
Thomas Kaes
Beiträge: 725
Registriert: So 4. Apr 2021, 14:10

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Thomas Kaes »

[In Antwort auf #138615]
Obwohl ich keine kleinen Hände habe, und jahrelang als Zimmerer und Bauschreiner in der Denkmalpflege
viele Zapfenlöcher vor Ort in alter Eiche stemmen musste, die Kirschen Locheisen haben zu dicke Griffe.
Habe seit längerem vor, mir für meine mal etwas "zierlichere" zu machen.

Mit der Stärke der Locheisen darf ich wiedersprechen: habe mir beim ausstemmen eines
abgebrochenen Zapfens in einem alten Tischbein (Hartholz) vor ein paar Wochen beim
Hebeln eines meiner Kirschen Eisen durchgebrochen.

Gruss
Thomas


reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von reinhold »


hallo Rolf,

tief im Holz noch Material heraushebeln zu können


Ich habe es von meinem Schreiner anders gelernt: niemals hebeln, hat der immer gesagt, da geht jeder Beitel kaputt und wenn nur die Schneide ausbricht.

Es gibt prinzipiell zwei klassische Methoden, wie man Zapfenlöcher stemmt.

Methode eins:
Man beginnt etwas nach innen versetzt an dem einen Ende des Anrisses, wobei die Fase nach innen zeigt. Das Eisen wird senkrecht ca 1 cm tief eingeschlagen, je nach Holz, dann versetzt man das Eisen ca 7-8 mm nach innen und schlägt es gleichweit ins Holz, dann versetzt man wieder und so weiter. Das Eisen wird immer senkrecht geschlagen und die Fase zeigt immer in die gleiche Richtung. Wenn man mit dem ersten Durchgang durch ist, wird das losgeschlagene Holz mit dem Stemmeisen herausgeholt, die Fase zeigt dabei nach unten. Dabei wird der Hammer nicht benutzt, ist auch gar nicht nötig, weil nur das lose Holz entfernt wird..
In der selben Weise verfährt man mit der zweiten Lage, der dritten und so weiter. Klar ist, dass nie bis an den Riss gestemmt wird, hier sticht man erst ab, wenn das Zapfenloch die endgültige Tiefe erreicht hat.

Methode zwei:
Man beginnt in der Mitte des angerissenen Zapfenloches. Die Fase zeigt nach aussen. Auch hier wird nur ca 1 cm tief gestemmt, mit senkrechtem Eisen. Ist man dem Ende des Risses nahe. dreht man das Eisen herum (Fase in entgegengesetzter Richtung) und arbeitet von der Mitte aus zum anderen Ende.
Danach wie oben das losgeschlagene Holz ausräumen und die nächste Lage austemmen.

Ich habe beide Methoden schon angewandt und sie funktionieren. Welche ich beim jeweiligen Projekt anwende, hängt von Lust und Laune ab.
Bei beiden Methoden gilt : nicht gewaltsam hebeln!

Man sieht manchmal, dass versucht wird, so schnell wie möglich in die endgültige Tiefe zu gehen. Nach meiner Erfahrung verläuft dabei das Eisen leicht und man bekommt eine schräge Passung und muss viel nacharbeiten.

viele Grüsse
reinhold

Christoph Meyer
Beiträge: 675
Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Christoph Meyer »

[In Antwort auf #138615]
Hallo Friedrich,

die Hefte der Lochbeitel (ECE) finde ich auch schon sehr wuchtig. Für mich hat dies aber den Vorteil, dass ich die Eisen schneller von den normalen Beiteln unterscheiden kann. Ein einzelner japanischer Lochbeitel mit deutlich schmaleren Heft hat sich auch zu mir verirrt, allerdings mag ich da im Vergleich zu den ECE Eisen nicht so feste drauf hauen.

Wenn ich mich jetzt aber als Zapfenloch-vor-Bohrer oute bin ich wohl raus aus der Diskussion.

Danke für den Begriff Pigsitcker den kannte ich so noch nicht, mit der Bildersuche im Netz bin ich aber fündig geworden.

Viele Grüße
Christoph

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Rätsel Lochbeitel

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #138615]
Ihr Lieben,

danke für das Interesse und dei Antworten. So ganz hat sich das Rätsel mit den Monsterheften ja nicht gelöst, ich habe meine vor 12 Jahren in dem Glauben gekauft das müsste so sein, aber der Glaube ist mir auch in der Sache abhanden gekommen...

@ Pedder: Ich glaube das ist so: In manchen Firmen die Werkzeuge herstellen gibt es keine Gedanken über die Funktion mehr ( und Innovation schon gar nicht. Produkte seit Jahrzehnten unverändert, wenn das man nicht schiefgeht irgendwann....)
@Uwe: Ja, für Zimmermannsarbeiten mögen solche dicken Hefte Sinn machen. Aber doch nicht für Zapfeblöcher von 6 oder 8mm!
@ Reinhold: Die Sache mit dem Verdrehen leuchtet ein, als einziges Argument für die dicken Hefte.
@ Bernhard: Beim Verzimmern von Eichenholz ist das OK mit richtigen Zimmermannseisen. Aber da werden auch breite Zapfenlöcher gestemmt, bei denen man hinterher en stolzes Gefühl hat, nicht maximal 16 mm wie bei diesen "Lochbeiteln".
@ Rolf: Die Strategie, wie mn in die Tiefe kommt, ist ja immer wieder ein Thema. Ich habe jahrelang Lage für Lage gestemmt, viel zu ängstlich, mit dem Resultat dass das Zapfenloch deutlich konisch wurde, bei jedem Durchgang wird ja an der Seite geschabt.. Habe mich dann "umgeschult" und gehe so schnell wie möglich in die Tiefe, also ein Teil des Zapfenloches wird in einem Durchgang auf annähernd volle Tiefe gestemmt. Mein Eindruck: Ist schneller und eher genauer, vor allem wird das Zapfenloch weniger konisch. Bleibt aber Geschmackssache.
@ Thomas: Eisen abgebrochen? Reeee- spekt! Hab ich noch nicht geschafft. Ich hatte auch noch nie das Gefühl, das zu riskieren. Bin vielleicht zu zaghaft.

Friedrich



Antworten