School of Woodworking - deutsches Pendant?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
rene.
Beiträge: 50
Registriert: Sa 27. Feb 2016, 23:16

School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von rene. »


Ein Hallo in die große Runde!

Beim Zeitvertreib am Rechner - oder durch Links in Beiträgen dieses Forums - lande ich immer mal wieder auf englischen oder amerikanischen Internetpräsenzen von sogenannten "Schools of Woodworking". Diese bieten tages-, wochenend, halbjahres- und Mehrjahreskurse zu unterschiedlichen Aspekten der Holzbearbeitung (mit Handwerkzeugen) an.

Was ich mich frage: Warum gibt es vergleichbare Einrichtungen nicht in Deutschland?

Ich weiß von einem Unternehmen aus Süddeutschland, das mehr als Werkzeug anbietet - eben unter anderem auch solche Kurse.
Aber ansonsten?
Vielleicht noch Drechselkurse in den einschlägigen Regionen, mal ein Grünholzwerker auf dem platten Land oder hier und da eine VHS mit Holzschraub- oder behau-Kursen.

Aber sonst: So eine komplette "Holzbau-Schule" kenne ich nicht. Gibt's auch nicht, oder?

Warum eigentlich nicht?
Hier im Forum sind doch auch viele präsent, die so erfahren und versiert sind in speziellen Verfahren, dass sie locker ein Kurswochenende (oder mehr) füllen könnten.
Liegt es daran, dass die Szene (also wir, die wir uns hier tummeln) der Holz h a n d werker so eng zusammenhält, dass keiner dem anderen Geld aus der Tasche ziehen möchte (mit Infos, die jetzt und hier, kostenlos angeboten werden)?
Oder dass die Handwerkerschaften bzw. Zünfte gegen solch professionell organisierten Dilettantismus auf die Barrikaden gehen würden?
Oder dass niemand (von uns) an einen finanziellen Erfolg einer solchen Unternehmung glaubt?

Oder...?

Vielleicht ist das Thema interessant für einen Thread.

grüßend,
René

P.S.: (An all jene, die das Forum schon länger lesen und spontan auf einen Eintrag verweisen können: Via Suchfunktion habe ich leider keinen passenden Eintrag gefunden, aber vielleicht habe ich auch nur falsch gesucht.)



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von reinhold »


hallo Renè,

Aber sonst: So eine komplette "Holzbau-Schule" kenne ich nicht. Gibt's auch nicht, oder?

Warum eigentlich nicht?


In USA gibt es keine Berufsausbildung wie bei uns. Wenn da einer zum Beispiel als Schreiner arbeiten will, besucht er Kurse an einer Abendschule oder an einer School of Woodworking, das können mehrere Semester oder mehrere Wochenenden sein, je nach dem, und anschliessend sucht er einen Job als "Schreiner" oder macht sich selbständig. Ob er was kann, merken sein Chef oder seine Kunden recht schnell....

gruss
reinhold

Einschränkende Anmerkung : das war zumindest 1978 so, als ich mich dort umgesehen habe, mit der Absicht evt. dort zu bleiben.

keno
Beiträge: 33
Registriert: Sa 8. Dez 2018, 14:58

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von keno »


Hallo Rene,
ich habe mir, als Neuling im Bereich Holz, diese Frage auch schon gestellt. Ich denke aber, der Markt ist einfach (noch) zu klein. Und dafür gibt’s meiner Meinung nach unterschiedliche Gründe:

- Die Berufsausbildung mit Abschluss gibt es in Amerika (und auch England, wenn ich nicht ganz falsch liege) nicht so wie hier, oder nur für die wenigsten Berufe, z.B. für Krankenschwestern

- Solche Schulen bieten also für viele Berufe die einzige Möglichkeit, sich sein Können bestätigen zu lassen, und mehr zu lernen als es der Chef oder Kollege vermitteln kann, bzw. überhaupt etwas zu lernen.

Für monatelange Kurse (die natürlich auch entsprechend Kosten!) ist hier deswegen einfach kein Bedarf.

Bei den kürzeren Kursen liegt es, denke ich, daran das "Holzwerken" an sich ist als Hobby in den USA sehr viel mehr verbreitet als hier. Woran das liegt, darüber kann ich nur spekulieren (DIY, Häuser aus 2by4, Pionier-Mentalität, keine per standardisierter Ausbildung ausgebildete Handwerker mit Berufsschule - und, und, und...) Es gibt ja ausser dem Anbieter noch einige Kurswerkstätten, die Holzbearbeitungskurse anbieten.

Darüber hinaus ist gerade das Holzwerken ausschließlich mit Handwerkzeugen geradezu verrückt. Zumindest erlebe ich das, wenn ich von meinem Hobby erzähle regelmäßig. Apnoetauchen würde nicht mehr Verwunderung hervorrufen, und das ist auch nicht gerade ein Breitensport…
Viele Grüße,
Keno



Patrick Kalleicher
Beiträge: 48
Registriert: Fr 23. Jul 2021, 09:22

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von Patrick Kalleicher »

[In Antwort auf #136370]
Hallo Rene,

es gibt - außer dem Anbieter in Süddeutschland - noch Heiko Rech (holzwerkerblog.de) bei uns im schönen Saarland. Heiko bietet Tages- und Wochenendkurse zu allen möglichen Themen an. Habe selbst schon zwei Kurse bei Heiko besucht und kann Sie wirklich empfehlen. In Freiburg i. Br. gibt es darüber hinaus auch noch eine Kurswerkstatt. Die von dir angesprochen Kurse über einen längeren Zeitraum (Wochen/Monate) werden m. W. hier in D nicht angeboten. Liegt wohl daran, dass nicht genüged Interessenten in einer Region zusammen kommen. Denn für einen Kurs über Wochen/Monate sind Termine von Mo. bis Fr. und abends sinnvoll. Wer kann (und möchte) schon seiner Familie erklären, dass man für die nächsten Wochen/Monate an den Wochenende nicht zu Hause ist ...

Viele Grüße,

Patrick


Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #136370]
Hallo,
Hier im Forum sind doch auch viele präsent, die so erfahren und versiert sind in speziellen Verfahren, dass sie locker ein Kurswochenende (oder mehr) füllen könnten.

Das mag so schon zutreffen, allerdings gehört doch schon ein wenig mehr dazu. Zum Beispiel eine Werkstatt, die groß genug ist, ausreichend Werkzeuge, eine Versicherung, genügend Parkplätze, Toiletten, Verpflegung etc. Wenn man gewerblich Kurse anbietet hängt da ein recht langer Rattenschwanz dran. Außerdem steckt viel Arbeit in einem Kurs, der gut strukturiert ist und den Teilnehmern keine Langeweile aufkommen lässt. Alles in Allem hängt auch ein nicht unerhebliches, finanzielles Risiko mit an einem solchen Vorhaben. Und da spreche ich aus eigener Erfahrung.

Ich habe auch versucht einen Abendkurs ins Leben zu rufen, aber leider war das Interesse gleich null.

Die Tatsache, dass meine Kurse gut gebucht werden zeigt aber, dass ein gewisser Bedarf vorhanden ist.

Die erwähnte Kurswerkstatt in Freiburg ist eine der wenigen Werkstätten in Deutschland, die als reine Kurswerkstätten betrieben werden. Das zu realisieren ist verdammt schwer und fordert mir persönlich eine Menge Respekt ab.

Gruß

Heiko


Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von Dietrich »

[In Antwort auf #136370]
Hallo Rene,

Heiko hat die Problematik bereits geschildert, in Deutschland brauchst Du vor allem eine Versicherung, die kannst Du nur als Selbstständiger abschliessen, selbstständig kannst Du im Handwerk nur mit Meisterprüfung im jeweiligen Fach werden.
Die Handwerkskammern sollen da nach wie vor ziemlich den Daumen drauf haben...was teilweise ja auch berechtigt ist, denken wir nur an den Zimmerer, nicht auszudenken wenn auch nur ein Carport einstürzt.

Was die ganzen Regelungen jedoch nicht verhindern können, das Du Freunden, Kollegen und Bekannten mit Interesse die Holzbearbeitung in der eigenen Werkstatt näher bringst. Das geht dann meißt nicht mit mehreren Leuten, sondern zu zweit, nennt sich auch nicht Kurs, sondern der Hintergrund ist meißt ein handfestes Projekt, oft eine Win-Win-Sache für beide ohne jegliches finanzielles Interesse.
Mir selbst haben solche Projekte immer besonderen Spass gemacht, ein halbes Dutzend Interessenten sind bisher dauerhaft an dem Thema hängen geblieben, darauf bin ich ein bischen stolz:-)

Gruß Dietrich

Bernhard
Beiträge: 1088
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Das darfst Du auch

Beitrag von Bernhard »


Dietrich,

immer sachlich, immer kompetent, immer hilfsbereit. Nicht zu vergessen, Deine "Bildungsreisen" zu dem "kleinen" E-Werkzeughersteller in das malerische Örtchen beginnend mit N.
Dazu bist Du sicherlich ein Pionier in Deutschland mit Deiner Webseite. Dort finde ich herausragend:

die Hobelbank, die für mich das große Einmaleins ist und
der Kapp- und Bohrtisch, wobei ich da Kapp- und Bohreinheit getrennt hätte. Ich bohre lieber in stehen. Der Aufbau und die Ausstattung ist aber eine gute Richtlinie für Anfänger.

Anerkennde Grüße nach Hessen

Bernhard

Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von Heiko Rech »


Hallo Dietrich,

ich glaube nicht, dass es so ist, wie du es schilderst. Ich habe mich damit aber nicht näher auseinandergesetzt, da ich ja den Meisterbrief habe und es für mich kein Thema war.
Aber dass man einen Meisterbrief braucht um Holzbearbeitungskurse zu halten denke ich nicht. Man führt keine Berufsausbildung durch und man arbeitet auch nicht als produzierender Handwerker. Auch jemand, der bei einer VHS Kurse hält muss nicht zwangsläufig Lehrer sein oder eine passende Berufsausbildung zum vermittelten Stoff haben.

Fakt ist jedoch, dass sich in Deutschland vieles ändert, sobald man für eine Tätigkeit Geld verlangt.

Als ich mich nach einer Werkstatt umsah, stieß ich auf einen ehemaligen Blumenladen bei uns im Ort, hell, mit großer Fensterfront, gut zu reinigender Boden, kleine Küche, usw. Dann habe ich mich (zum Glück) beim der Gewerbeaufsicht schlau gemacht. Die hätten mir die Werkstatt schnell wieder dicht machen können. Deren Auflagen waren:
- Für jeden Teilnehmer ein Parkplatz auf eigenem/ angemietetem Gelände. Von Wegen die können ja an der Strasse Parken...
- Damen und Herren Toiletten getrennt
- Lärmbelästigung muss ausgeschlossen werden (wie soll das gehen?)

Dann ist es auch gut, wenn man einen Versicherer findet, der zu einem Fairen Tarif die Teilnehmer absichert. Da war ich über gute Kontakte sehr froh.

Ich ging lange mit dem Gedanken Kurse anzubieten schwanger und es dauerte auch lange (zwei Jahre) die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Arbeit, die ein Kurs und dessen Vorbereitung macht. Man muss schließlich mehrer Leute (in meinem Fall maximal sechs) sozusagen bei Laune halten. Schließlich zahlen die Teilnehmer Geld und haben ein Recht auf eine angemessene Gegenleistung. Man muss also ein Konzept entwickeln, bei dem man keinen Teilnehmer überfordert, keinen unterfordert, alle Beschäftigt sind, aber keine Hektik entsteht. Am Ende muss jeder etwas gelernt haben, es muss Spaß gemacht haben und der Kurs muss den Teilnehmer weiter gebracht haben, Du kannst mir glauben, dass ich mir das am Anfang auch viel einfacher vorgestellt habe.

Mir ist auch wichtig, dass Kursteilnehmer auch nach einem Kurs betreut werden. Fragen, die nach einem Kurs kommen werden schnellstmöglich per E-Mail oder telefonisch beantwortet. Es gibt auch zu den meisten meiner Kure ein Manuskript mit ca. 30-40 Seiten.

Und um ehrlich zu sein, alleine kann man das auch nicht machen. Ohne die Hilfe meiner Frau ginge es nicht. Sie macht die meiste Büroarbeit und einen Teil der Kommunikation mit den Teilnehmern, kümmert sich um das leibliche Wohl der Teiilnehmer, die ja auch Gäste sind.und erledigt auch sonst viel Kleinkram der anfällt.

Und nicht vergessen darf man den Aufwand, der in der Vorbereitung eines Kurses steckt. Material muss besorgt und vorbereitet werden, die Werkstatt muss vorbereitet werden und am nächsten Tag muss alles wieder aufgeräumt werden. Alle Werkzeuge müssen scharf und in gutem Zustand sein. Verbrauchsmaterial muss kontrolliert und nachbestellt werden etc. etc. Es ist also nicht nur die Arbeit an den Kurstagen selbst.

Du siehst, es steckt viel Arbeit in diesem "Geschäft". Aber es macht einen riesen Spaß. Bisher waren alle meine Kursteilnehmer sehr nette Menschen, unkompliziert, freundlich und wissbegierig. Da macht es richtig Freude jemandem etwas beizubringen.

Ich wollte mit diesem Beitrag keine Werbung für meine Kurse hier im Forum machen, sondern lediglich darlegen, warum es in Deutschland so wenige Kurswerkstätten gibt.

Ich habe zum Beispiel Roland Heilmann (Kurswerkstatt München), Wolf-Christian Hartwig (Kurszentrum Freiburg) und Guido Henn als Menschen kennen gelernt, die in Ihrem Beruf aufgehen und es nicht nur als reines Geschäft ansehen. Ich glaube nur so kann man anderen Menschen die Freude am Holzwerken vermitteln. Wenn man selbst keinen Spaß daran hat, wird der Kurs den Teilnehmern auch keinen Spaß machen.

Und Dietrich, wie du bereits auch geschrieben hast, auch wenn sich Holzwerker unentgeltlich gegenseitig helfen profitieren am Ende doch beide Seiten. Und so soll es sein.

Gruß

Heiko


Reinhardt

Re: School of Woodworking - deutsches Pendant?

Beitrag von Reinhardt »

[In Antwort auf #136370]
Wer ist den dieser Anbieter aus Süddeutschland?

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