Motorbremse

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Motorbremse

Beitrag von Walter Heil »


Vor einigen Tagen wurde in einem anderen Thread dieses Thema angesprochen; ich versuche mal, die drei Möglichkeiten der Motorbremsung bei stationären Holzbearbeitungsmaschinen darzustellen und zu vergleichen.

Mechanische Bremse (Bremsmotor)
Direkt am Motor ist eine mechanische Bremse angebracht, die elektrisch betätigt ist. Aus Sicherheitsgründen wird die Bremse bei Beaufschlagung mit Strom gelöst, während sie im stromlosen Zustand wirksam ist. Beim Einschalten des Motors wird die Bremse geöffnet, beim Abschalten geschlossen. Also Bremse und Motor werden gleichzeitig geschaltet. So weit, so einfach, aber leider ist die Sache etwas komplizierter. Man muss nämlich die Bremse auch lösen können, ohne dass der Antriebsmotor läuft. Das Sägeblatt muss von Hand gedreht werden, damit beim Blattwechsel die Stellung zum Blockieren erreicht wird oder es muss geprüft werden, ob der Fräser frei läuft. Also kriegt die Bremse einen extra Schalter. Jetzt muss noch dafür gesorgt werden, dass die Einschaltung des Motors bei betätigtem Bremsschalter (Bremse offen) verriegelt wird, weil sonst Gefahr droht. Der Schalter der Bremse braucht also zwei Kontaktkreise.

Elektronisches Bremsmodul. Diese Geräte erzeugen für eine einstellbare Bremszeit einen ebenfalls einstellbaren Gleichstrom, der durch die Ständerwicklung des asynchronen Antriebsmotors geleitet wird und zusammen mit dem Läufer als Wirbelstrombremse wirkt. Der Motorschalter braucht einen zweiten Kontaktkreis, mit dem nach dem Ausschalten des Motors das Bremsmodul zum Motor hin- und eingeschaltet wird. Die Auslegung dieser Geräte ist meist nicht für den dauernden Betrieb, d. h. es kann nur eine Maximalzahl von Bremsvorgängen pro Stunde gefahren werden. Zudem wird die gesamte kinetische Energie der Maschine im Motorläufer in Wärme gewandelt. Das sollte aber bei "normalem" Betrieb nicht zum Problem werden.

Frequenzumrichter
Dieses elektronische Gerät ist die mit Abstand komplexeste aber auch variabelste Lösung beim Antrieb einer stationären Maschine. Neben der Bremsung, die auf zwei Arten geleistet werden kann, können variable Drehzahlen und Drehzahlrampen gefahren werden. Die Parametrierung dieser Geräte ist etwas für Fachleute, der Anschluss ebenfalls. Kurz zur Funktion: es wird auf elektronischem Weg ein in Spannung und Freuenz variabler Drehstrom erzeugt, der den Motor antreibt. Dabei ist die Spannung der Frequenz proportional. Die Zeit, mit der z. B. der Motor von Drehzahl 0 bis auf Nenndrehzahl hochgefahren wird (Rampe), ist einstellbar. Daurch werden Antriebsteile entlastet. Genauso kann die Drehzahl heruntergefahren werden, dabei wird der Motor gebremst. Bei diesem Vorgang liefert der Motor Energie an den Umrichter. Die führt intern im Umrichter zu einer Spannungserhöhung, die abgebaut werden muss, sonst schaltet der Umrichter den Bremsvorgang aus. Es muss ein sog. Bremsschopper und ein Bremswiderstand vorhanden sein oder zugeschaltet werden. Die beim elektronischen Bremsgerät beschriebene Gleichstrombremsung ist meist ebenfalls möglich.

Fazit: Preislich sind mechanische Bremse (Aufpreis für Bremsmotor, nicht kompletter Ersatz) und elektronische Bremse mit Elektroinstallation zum Nachrüsten ungefähr gleich. Von der Wirkungsweise kenne ich aus Erfahrung nur die mech. Bremse bei Kreissäge/Fräse und die elektronische Bremse bei einer Bandsäge. Da würde ich die mech. Bremse vorziehen. Allerdings hat eine Bandsäge ein wesentlich größeres Trägheitsmoment als eine Kreissäge, das relativiert die Sache etwas. Der Favorit und vom Funktionsangebot speziell bei der Fräse die mit weitem Abstand eleganteste Lösung ist der Umrichter, leider auch die teuerste. Neugeräte kommen schnell mal auf 1000Euro, gebrauchte sind sehr viel billiger, aber nicht ohne Risiko, da keine Gewährleistung. Einbau und Parametrierung nur durch Fachleute.



Heinz Kremers
Beiträge: 2801
Registriert: Mi 12. Aug 2015, 19:10

Re: Motorbremse

Beitrag von Heinz Kremers »


Hallo Walter !

Erst mal danke für die ausführliche Darstellung und das unter einem eigenen Thema, so daß man da auch was wiederfindet unter "suchen". Im Februar haben wir darüber unter 400 V mit 230 V betreiben oder so ähnlich auch schon mal diskutiert. Aber wer sucht darunter schon was über die Motorbremse!

Noch einige Frage habe ich
Für die "Luxuslösung" mit Drehzahlregelung nennst Du ca. 1.000 €, die anderen, ich denke mal billigeren Lösungen sollten auch beziffert werden. Da kann dann jeder überlegen, wieviel ihm der Griff ins nachlaufende Sägeblatt wert ist.

Anderes Problem:
Wir haben viele Teilnehmer im Forum, die nur über 230 V-Maschinen verfügen. Welche Möglichkeiten gibt es da?

Gruß
Heinz



Berthold Cremer
Beiträge: 726
Registriert: Mo 28. Mär 2016, 13:19
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etwas für die Wikiwoodworking Homepage

Beitrag von Berthold Cremer »

[In Antwort auf #13534]
Hallo Walter!

Das wäre doch ein Artikel für die Wikiwoodworking Homepage.
Entweder bei "Kreissäge", "Eirichtung der Werkstatt" oder eine neue Seite - "Elektische Grundlagen" - da würde ich mir auch noch ein paar weitere Infos wünschen.

Es wäre schade, wenn so gut Informationen in den Tiefen des Forums verloren gingen.

Gruß
Berthold


MaxS
Beiträge: 1620
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Danke für die Infos! *NM - Ohne Text*

Beitrag von MaxS »

Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Motorbremse

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #13537]
Hallo Heinz,

Es ist nicht gerade trivial, Preise für die verschiedenen Lösungen anzugeben, da zu den Geräten die Preise der Dienstleistungen des Zusammenschaltens und der Montage kommt. Außerdem kommt es noch darauf an, was an Elektrik schon vorhanden ist. Wenn man nichts selbst machen kann und sich die Dienstleistung von einem Elektrofachbetrieb kaufen muss, dann empfehle ich, an dieser Stelle mit dem Lesen aufzuhören, sich dem nächsten Beitrag zu widmen oder sich einen netten Abend zu machen.

Gehen wir mal davon aus, dass eine Maschine vorliegt mit einem schlichten Ein-Aus-Schalter.

Bremsmotor: 3KW Leistung macht zum Bremsmotor einen Aufpreis von ca. 130Euro aus. Wird die Bremse nachträglich angebaut, kostet das so um 300Euro (wenn's überhaupt geht). Dazu kommt ein Schalter für die Bremse zum Lösen, die notwendige Verdrahtung und noch ein Schaltkästchen.

Gleichstrombremsung mit elektronischem Bremsgerät: Das kostet Stücker 200Euro. Dazu kommt ein Motorschütz und Ein-Aus-Taster (damit ist die Unterspannungsauslösung und Schutz gegen Wiederanlaufen bei Netzwiederkehr abgehakt) und wieder die Verdrahtung und ein Schaltkasten.

Frequenzumrichter: je nach Schutzart und mit oder ohne EMV-Filter und Bremswiderstand zwischen 450 und 1000Euro plus Hauptschalter und Verdrahtung.

Besitzer von 230V-Maschinen können keinen FU benutzen, da sie keine Drehstrommaschine haben, sondern eine Einphasen-Wechselstrommaschine. Bremsmotoren gibt's und Gleichstrombremsung ist auch möglich. Wenn eine Drehstrommaschine mit Anlaufkondensator benutzt wird (Ausnahme, meist Eigenbau, die Leute wissen dann eh wo's lang geht), kann natürlich ein FU eingesetzt werden, die gibt's für Wechselstromeingang bis zu 2,2KW Motorleistung. Unter elektromotoren.de gibt es weitere Informationen, da habe ich auch die Preise her. Das soll keine Empfehlung sein, dass hier besonders günstige Konditionen vorliegen! Nach guten Preisen muss jeder selbst suchen.

Gruß, Walter

Heinz Kremers
Beiträge: 2801
Registriert: Mi 12. Aug 2015, 19:10

Re: Motorbremse

Beitrag von Heinz Kremers »


Hallo Walter !

Danke für die Indormationen und unter dem Stichwort "Motorbremse" wird wohl auch eher jemand fündig. Der Vorschlag, das im WIKI zu bringen ist natürlich noch besser.

Gruß Heinz

MaxS
Beiträge: 1620
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Motorbremse/WIKI

Beitrag von MaxS »


Ich habe im Wiki bereits einen Artikel verfasst und Walter Heil's Erläuterungen mit angabe des Verfassers hineinkopiert!

Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Motorbremse/WIKI

Beitrag von Walter Heil »


Danke für die Mühe!

Uwe Behle
Beiträge: 266
Registriert: Fr 22. Sep 2017, 12:12
Kontaktdaten:

Re: Motorbremse

Beitrag von Uwe Behle »

[In Antwort auf #13534]
Hallo Walter,

danke fuer die sehr gute Uebersicht! Bei Drehstrommaschinen wuerde ich allerdings schon die elektronische Loesung empfehlen. Wichtig fuer jede Bremse ist auf jeden Fall eine Sicherung gegen versehentliches Loesen des Saegeblatts (oder des entsprechenden rotierenden Werkzeugs). Meine Drechselbank z.B. scheint keine Losdrehsicherung zu haben, und ich frage mich, was passiert wenn so ein schweres Drei-Backen-Futter rasch abgebremst wird. Ich schaetze mal, es faellt rotierend zu Boden und richtet dabei jede Menge Schaden an.

Bei 3-2-1 gibt es Uebrigens jede Menge gebrauchte und preisguenstige Umrichter. Wer ein wenig Ahnung von Elektronik hat, sollte in der Lage sein sie anzuschliessen.

Bei mir ist auch erst einer von meinen 4 Umrichtern verreckt (ein alter Danfoss - er wurde durch den Lenze ersetzt).
Ich habe noch einen von Siemens (70Euro), einen von Lenze (210Euro) und einen von Dietz (80Euro). Letzterer war wohl in einer Aufzugsteuerung und kann gewaltige Leistungen. Alle haben problemlos ohne grosse Konfiguration funktioniert.

Der von Lenze ist mit Abstand der komplexeste und ich habe ihn auch noch nicht in allen Einzelheiten durchschaut (z.B. Kombination von Chopper und Gleichstrombremsung krieg ich damit nicht hin), aber im Grunde funktionierte er auch ohne grosse Einstellungen (Motordaten eingeben, ramp-up ramp-down eingeben, das wars).

Gruss,

Uwe

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