Alte Rückensäge herrichten *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Wolfgang_P
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Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Alte Rückensäge herrichten *MIT BILD*

Beitrag von Wolfgang_P »


Liebe Holzwerker

Heute habe ich eine Rückensäge (Sash-saw) von einem Händler aus den Niederlanden erhalten. Sie hat folgende Schäden:
1) Die Zahnlinie ist krumm - die Bezahnung ist Querschnitt, etwa 11 ccpi (cows and calws per inch)
2) Das Blatt wippt etwas im Griff. Kein seitliches Spiel, wohl aber hoch und hinunter.
3) Eine Schlitzmutter ist verdorben

Auf dem Rücken steht "J. Buck 56 Holborn Viaduct E. C.", auf dem Griff "B. Townsheand". Das Blatt ist 0,7mm dick, besitzt keine Narben, ist wunderbar glatt, gerade und blank.
Ziel ist eher, daraus eine gebrauchsfertige (sehr) gute und schöne Säge zu machen als eine schonende und originalgetreue Restaurierung.

Ich plane nun folgendermaßen vorzugehen:

1. Schlitzmuttern öffnen oder ausbohren.
2. Griff abnehmen.
3. Blatt gerade feilen und mit 11 tpi Querschnitt neu bezahnen.
4. Griff abschleifen, Macken entfernen und mit Tru Oil behandeln.
5. neue Bolzen besorgen oder herstellen und das ganze zusammenbauen. Dafür die Bohrungen an Griff und Sägeblatt anpassen.

Meine Fragen an Euch:
Kennt Ihr den Sägenhersteller?
An welcher Stelle würdet Ihr anders vorgehen und warum?

Nachfolgen noch vier Bilder der Säge.

Viele Grüße

Wolfgang



Pedder
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Re: Alte Rückensäge herrichten

Beitrag von Pedder »


Hallo Wolfgang,

das ist ein schönes Exemplar! Sei vorsichtig, Du bewegst Dich auf einen glitschigen Abhang zu.

Kennt Ihr den Sägenhersteller?


Nö, aber Fragen zum Hersteller kann man immer auf Ray Gardiners Seite angehen:
http://www.backsaw.net/index.php?option=com_fabrik&view=table&tableid=2&calculations=0&fabriklayout=default&Itemid=69&limitstart=100

Viel mehr findet sich zu Herrn Buck da aber auch nicht. Du kannst aber da im Forum fragen, die Jungs freuen sich immer.

Für englische Rückensägen das Forum mit dem meisten Fachwissen.

An welcher Stelle würdet Ihr anders vorgehen und warum?


Deine Planung kannst Du so durchziehen. Mir wäre das etwas viel Einfgriff in eine eigentlich funktionierende Säge.
(Inzwischen, da habe ich vor ein paar Jahren noch völlig anders gedacht)

Was ich machen würde:

Das Wackeln bekommt man oft ganz gut weg, indem man den Rücken in seine Ursprungsposition zurücktreibt.
Dazu das Sägeblatt in die Vorderzange spannen und den Rücken nach unten und nach hinten schlagen. Holzhammer und Zulage.
Wenn der Rücken ausgeleiert ist (ist bei Messing leider nicht so selten), besorge Dir ein paar Tropfen Loctite 270 vom naheliegenden Sägenbauer.)

Die beiden intakten Schlitzmuttern sehen aus, als ob einer Deiner Vorgänger schon mal nachgearbeitet, sprich ersetzt hat.
Die beiden würde ich in Ruhe lassen, allenfalls etwas nachziehen. (Es sei denn, der Rücken ist ausgeleiert, dann musst Du auseinander schrauben.)
Bei der Dritten würde ich eine neue Mutter bauen, das Gewinde der Schraube metrisch nachziehen und in der Mutter gleich so schzneiden.

Ich würde auch den Griff nicht vollständig abschleifen, sondern nur mit einem Scotch Pritt und etwas Alkohol reinigen. Dann gern TruOil.

Neubezahnen ist klar. Wenn Du trennen musst, dann dann, sonst ist der Zeitpunkt nicht entscheidend.

Aber es ist nicht meine Säge, also hab Spaß mit Ihr!

Liebe Grüße
Pedder

Wolfgang_P
Beiträge: 75
Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Re: Alte Rückensäge herrichten

Beitrag von Wolfgang_P »


Hallo Pedder

Danke für Deine ausführliche und hilfreiche Antwort. So werde ich es machen. Mittlerweile war ich "nur mal schnell im Keller" und habe aus einem Stück Stahl einen Schlitzmutterndreher gefeilt, der saugend in die Schlitze passt. Damit konnte ich alle Mutter öffnen, ohne einen Kratzer oder eine Verformung zu hinterlassen. Die vergnaddelte Mutter hat provisorisch einen neuen Schlitz bekommen und den Bolzenkopf habe ich mit einem kleinen Hammer und einen feinen Feile etwas "aufgehübscht". Das Bezahnen wird die anspruchsvollste Aufgabe werden.

Mit dem "glitschigen Abhang" meinst Du vermutlich einen Berg aus historischen Hobeln, Sägen, Hämmern usw. Da brauchst Du Dir bei mir keine Sorgen zu machen, mich lässt das völlig kalt. Ich schaue auch nicht regelmäßig bei englischen oder amerikanischen Versteigerungen. Und die Kombination von altem Holz, Messing und Stahl mit interessanten Herstellerzeichen ist nun wirklich nichts für mich. Glaube ich.

Mit augenzwinkernden Grüßen

Wolfgang


Wolfgang_P
Beiträge: 75
Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Bezahnen *MIT BILD*

Beitrag von Wolfgang_P »


Liebe Holzwerker

Der erste Schritt ist getan, das neu Bezahnen war jedoch schwieriger als gedacht.
Die Zahnteilung von 12 TPI habe ich von einem davor gespannten alten Sägeblatt übernommen. Beim Übertrag hätte ich vermutlich sorgfältiger arbeiten sollen. Nach 3 Mal abrichten und Weite korrigieren ist die Bezahnung immer noch nicht wirklich regelmäßig. Dabei habe ich zunächst nur die Zähne geformt und noch nicht auf Querschnitt gefeilt.

Soweit man auf den Fotos die Zahnlinie erkennen kann:
Sollte ich noch versuchen, nach Friedrichs Anleitung die Zahnteilung weiter zu korrigieren?
Der Griff gefällt mir nach der von Pedder vorgeschlagenen Behandlung mit Schleifvließ, Alkohol und Tru Oil soweit ganz gut - was meint Ihr?






Viele Grüße
Wolfgang


Klaus Kretschmar
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Re: Bezahnen

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Wolfgang,

das sieht doch sehr gut aus! Wenn das Deine erste volle Neubezahnung ist, gelang sie sehr gut, wie ich finde. Auch der Griff wurde schön. Die Säge möchte ich mir wirklich gerne einmal anschauen.

Grüße
Klaus

Pedder
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Re: Bezahnen

Beitrag von Pedder »


Hallo Wolfgang,

für alle Menschen, die keine Erfahrung mit Metal oder ein unglaubliches Talent haben, so wie zum Beispiel mich, ist das Bezahnen erstmal schwierig. Meine erste Säge sah wesentlich ungleichmäßiger aus. Die Bilder gibt es nich irgendwo in diesem Forum. Entscheidend für eine Benutzersäge ist, dass am Ende alle Zahnspitzen auf einer Höhe liegen.

Der Griff ist super geworden. Frisch und sauber aber nicht seiner Ehre beraubt!

Liebe Grüße
Pedder

Thomas Matuschak
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Re: Bezahnen *MIT BILD*

Beitrag von Thomas Matuschak »


Zum Bezahnen habe ich mir folgendes kleines Hilfsmittel gemacht (abgeschaut habe ich das bei Holzpassion... nur ein wenig modifiziert):

Ein Alu-Winkel 20x50mm, ein Stück Alu-Dreieck (alles 2mm stark) und beides mit einer Schraube mit Flügelmutter verbunden.
Das Dreieck wird so eingestellt, daß die nach unten schauende Spitze soweit vom Rand des Aluwinkels entfernt ist, wie man gerne den Zahnabstand hätte... bei 12 TPI also ca. 2mm.

Dann säge ich mit der PUCK-Säge am Anfang des Blattes einen Schlitz... 2 Striche mit der Säge. Dann die Vorrichtung mit der Aludreieck-Spitze einsetzen, Säge an der Kante des Winkels ansetzen... wieder 2 Striche.
Und so setzt sich das fort bis zum Ende des Blattes... siehe Bild (das zeigt allerdings eine Bezahnung die schon fertig gefeilt ist...)

Gruß,
Thomas

Wolfgang_P
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Re: Bezahnen

Beitrag von Wolfgang_P »


Hallo Thomas

Das finde ich eine gute Idee, auch gut umgesetzt. Deine Bezahnung sieht sehr regelmäßig aus. So ein Hilfsmittel werde ich mir auch bauen.

Hallo Klaus und Pedder
Klaus hatte mir ja vor kurzem drei TLT Sägen ausgeliehen - und die setzen schon ziemlich hohe Maßstäbe. So eine historische Säge ist schon toll - allerdings kein Vergleich zu Euren Sägen. Das Blatt der J. Buck ist mit 0,7 mm zu dick und der Griff kommt mir, wenn man einen von Euren Griffen daneben hält, eher wie ein Rohling vor. Das ist wirklich eine hochfeine und bemerkenswerte Fortentwicklung des Sägenbaus, den Ihr da betreibt.

Viele Grüße

Wolfgang

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Uwe.Adler
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Registriert: So 27. Dez 2020, 22:52

Re: Bezahnen *MIT BILD*

Beitrag von Uwe.Adler »


Hallo Wolfgang,

die Bilder von Deinem Erstlingswerk hat mich sehr positiv überrascht. Die schon erzielte Gleichmäßigkeit der Bezahnung ist sehr gut. Wenn ich an meine ersten Versuche denke, da liegen Welten zu Deinen Ergebnissen. Die Metallarbeit ist für mich immer noch eine Herausforderung und ich mag lieber das Holz. Wenn man aber die Sägen verstehen und beherrschen will, um schöne Projekte zu bauen, dann ist ein rip und ein crosscut gefeiltes Blatt unbedingt notwendig. Außerdem kommt mit jedem neu erstellten Blatt weitere Erfahrungen hinzu, die einem den richtigen Weg aufzeigen. Außerdem hast Du ja Klaus an Deiner Seite und das ist ein unschätzbarer Vorteil. Ich wünsche Dir viele positive Erfahrungen und ganz tolle Ergebnisse.

Herzliche Grüße

Uwe

PS hier noch ein Bild von meinem letzten Zahnteiler. DIesen setze ich mit unterschiedlichen Metallplättchen ein, zur Teilung mit der PUK Säge mit einem 32 tpi Blatt bestückt. Das Blatt wird vor dem ersten Einsatz etwas stumpf gemacht und dann mit max 2 Hieben über das zu bezahnende Blatt geführt.



Wolfgang_P
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Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Fragen zur Feiltechnik

Beitrag von Wolfgang_P »


Liebe Holzwerker

Danke für Eure Aufmunterung. In den letzten Tagen habe ich abends immer einen Feildurchgang gemacht, um die Bezahnung zu verbessern. Mit der Zahnteilung bin ich nun zufrieden und habe die Querschnitt-Bezahnung in der Form angelegt. Meinen Fragen hierzu:

1: Ich führe die Feile dabei nicht waagerecht, sondern - mit Beachtung von Zahnbrustneigung (rake) und Brustschärfe (fleam) etwa 10 Grad aufwärts. Macht Ihr das auch so?

2: Zunächst spanne ich die Säge so ein, dass der Griff rechts in der Kluppe ist. Dann setze ich mich frontal vor das Blatt und führe die Feile von rechts unten nach links oben (rechter Ellenbogen ist dabei ausgestellt) - jeden zweiten Zahn. Dann wende ich die Säge (Griff nach links), setze mich ans linke Ende der Säge und führe die Feile von links unten nach rechts oben (rechter Ellenbogen am Körper). Rechte und linke Seite der Säge sehen mit dieser Technik im Ergebnis sehr unterschiedlich aus. Kann man diese Feiltechnik irgendwie verbessern oder gleichmäßiger machen?

Das klingt jetzt schon ziemlich "speziell" und ich hoffe es wird deutlich, was ich wissen will, ich möchte es halt gerne ordentlich lernen.

Viele Grüße

Wolfgang

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