Knochenleim, erste Erfahrungen
Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
Hallo Andreas und Forumsfreunde,
Kaseinleim, Kaeseleim, hat frueher jeder Schreiner selbst hergestellt.
Die Herstellung ist sehr einfach.
5 Teile Magerquark 1 Teil(*) Kalkbrei Anreibebrett, ein Brett ca 20x50cm mit ca 1cm hohen Leisten eingefasst.
Zubereitung:
Der gut abgetropfte Quark wird durch ein feines Sieb gestrichen und und auf dem Reibbrett mittels einer (Holz)spachtel gut vermengt, nun wird die Haelfte der Menge Kalkbrei zugesetzt und innig vermengt. Under staendigem Vermengen wird mehr Kalkbrei darunter gemischt bis sich eine dickliche Masse ergibt, welche beim Aufheben des Spachtels Faeden zieht (nicht zu woertlich nehmen) nun noch eine kleine Menge Kalkbrei untermischen bis die Masse etwas fluessiger wird. Nun wird nochmals gut durchgemischt dann ist der Leim gebrauchsfertig.
(*)Das Zumischen des Kalkbreies ist mehr vom Verlauf/Entwicklung der Konsistenz abhaengig und laesst sich nicht durch genaues Wiegen ermitteln. Wird zuviel Kalkbrei zugesetzt wird der Leim zu duennfluessig. Der Quark soll/muss gut ausgepresst sein, sonst wird er Leim auch zu duennfluessig. Es wurde damals nie gewogen sondern nach Bedarf soviel Kalkbrei zugesetzt nach Augenmass. Das 1:5 Verhaeltnis ist mehr ein Anhaltspunkt.
Der so zubereitete Leim muss noch am gleichen Tag verbraucht werden. Die zu verleimenden Teile muessen >8 Stunden gepresst werden (der Leim zieht langsamer an als Hautleim) Der getrocknete Leim ist nicht mehr Wasserloeslich, selbst 10% Natronlauge vermag den Leim nicht aufzuloesen.
In meiner Kindheit ca Endvierziger Jahre, half ich bei einem Segelflugklub mit, beim Reparieren bzw bauen von Segelflugzeuge. Meine Leistungen beschraenkten sich auf die Handhabung von Besen und Schaufel, sowie der taeglichen Leimzubereitung, mit anderen Worten: Die Kaseinleimherstellung ist kinderleicht! Jeder Maler hatte damals eine Kalkgrube in welcher sich der Kalkbrei entwickelte, je laenger der Kalk eingesumpft war um so besser die Qualitaet.
Wichtiger Hinweis: Es werden auch andere Rezepte angegeben bei welchen zur Aufschliesung des Quarkes, z. B. Borax verwendet wird. Dabei handelt es sich um Rezepte fuer die Malerei, hier ist die Wasserbestaendigkeit (Wischfestigkeit) ausschlaggebend und nicht die Klebekraft welche bei der Holzverleimung Voraussetzung ist.
Ob sich heute noch eine solche Leimzubereitung lohnt muss jeder mit sich selbst abmachen, heute quillt der Markt geradezu ueber mit Wasserfesten Leimen.
Mit freundlichen Grüßen
Ottmar
PS: @ Andreas, der Leim welcher heute als Hausenblase vertrieben wird stammt von der Massenfischerei und wird in speziell fuer Leim hergestellt.. Es ist fuer mich unvorstellbar, dass heute noch jemand eine Fischblase aufspannt, trocknet, den Fleischanteil abschabt, wie dies vor 1900 der Fall war. Es war der hohe Arbeitsaufwand, welcher den Preis bedingte. Ich sehe keinerlei Bedarf fuer die heutige Verwendung von Hausenblase. In der Malerei und Restaurierung, stehen heute Materialien zur Verfuegung, welche besser, billiger sind und einfach zu handhaben.
Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
[In Antwort auf #116015]
Hallo Ottmar,
danke für Deinen umfassenden Gedankenanstoß, den ich nach meinem Urlaub gleich interessiert aufgenommen habe.
Gruß Eddi
Hallo Ottmar,
danke für Deinen umfassenden Gedankenanstoß, den ich nach meinem Urlaub gleich interessiert aufgenommen habe.
Gruß Eddi
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- Beiträge: 176
- Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17
Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
hallo ottmar,
danke auch fuer deinen nachtrag. koenntest du vielleicht noch erklaeren wie man den kalkbrei herstellt und welche konsistenz er in etwa haben sollte? dann wuerde ich das in den ferien evtl. glatt mal probieren. welche klebekraft hat dieser quarkleim? groesser als holz?
danke
gruesse
uli
Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
Hallo uli & Forumsfreunde,
Ich rate von der Eigenherstellung von Kalkbrei ab.*)
Der Kalkbrei wird aus gebranntem Kalk (Kalziumoxyd CaO) durch "Loeschen" das ist die Zugabe von Wasser hergestellt. Beim Loeschen entsteht Hitze/Waerme, das vollkommene Loeschen wird durch Einbringen in eine Grube und laengeres Ruhenlassen Sumpfen erreicht. Das dauert Jahre, die Fa Kremer Pigmente bietet Kalkbrei an welcher 1998 eingesumpft wurde.
Der folgende link ist erklaerend: http://www.baufachinformation.de/denkmalpflege.jsp?md=1987057101742
Mir fehlen jegliche Kenntnisse ob solcher Kalkputz noch ausserhalb von Restaurierungen verwendet wird Ich wuerde mal bei Fachgeschaeften fuer Kunstmaler, Kirchenmalern, oder Baurestauratoren, groesseren Malerfirmen Anfragen oder gleich bei Kremer-pigmente http://kremer-pigmente.de/ bestellen. Katalog Nr. 31800 Sumpfkalk, 1998 eingesumpft, holzgebrannt, von Altmannstein
Ich wuchs nach dem zweiten Weltkrieg auf und lernte in der Volksschule die Wirkung von nicht abgeloeschtem Kalk kennen. Das war kein Lehrfach sondern Anschauungsunterricht. Die Kriegsschaeden an den Klassenzimmerwaenden und Decken waren im Hauruckverfahren mit Kalk verputzt worden. Es passierte dabei, dass waehrend des Unterrichts eine kleine Menge Verputz durch den nicht durchgeloeschten Kalk mit einem kleinen Gerausch abgesprengt wurde. Wir fanden das ganz lustig, da einmal so ein Stueckchen auf dem Kopf eines Lehrers landete.
Fuer einen Versuch benoetigst du nicht viel Kalkbrei, ein Essloeffel Kalkbrei genuegt fuer eine Menge Leim. Der Kalkbrei hat die Konsistenz von dickem Yoghurt. Die Kaseinleime waren (sind??) in der RAL 093 C2 genormt. Beim Aufsprengen einer Kaseinleimverbindung entsteht Holzbruch, meine eigenen Erfahrungen beziehen sich auf Fichten und Kiefernholz..
Ein Nachteil wird dem Kaseinleim nachgesagt, dass er Verfaerbungen auf farbigen und gerbsaeurehaltigen Hoelzern hervorruft. Wird in Schreinerliteratur von ca 1900 bis 1950 oefters erwaehnt.
Als Gedankenanstoss fuer dein Vorhaben.
mfg
Ottmar
PS: *)Die beim Loeschen von Kalk entstehenden heissen Spritzer sind aetzend und koennen wenn diese in die Aughen gelangen zur Erblindung fuehren, auf Holz und Textilien erzeugen diese kaum zu entfernende Verfaerbungen/Flecken
Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
[In Antwort auf #116058]
ich bin NEU in diesem Forum . Also die Tipp`s und Tricks ist schon Klasse.
Hätte schon erheblich früher diese Seite kennen müssen.
Danke an ALLE Tippgeber
ich bin NEU in diesem Forum . Also die Tipp`s und Tricks ist schon Klasse.
Hätte schon erheblich früher diese Seite kennen müssen.
Danke an ALLE Tippgeber
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Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
Als Buchbinder habe ich schon mit Haut- und Knochenleim gearbeiten.
Als Anschmitpinsel wurden gebungene Pinsel mit Kupferheft benutzt
Um Großflächiges Leinen anzuschmieren wurden Anschmirmaschinen benutzt, das Leinen wurde in die Maschine eingeführt, lief über die Leimwalze und kam dann angeschmiert auf der anderen Seite heraus.Der Leimkessel war aus Kupfer
Der Leim wurde eigentlich nie gewechselt, es kam immer nur neuer Leim dazu.
Die Anheizzeit morgens war über eine Stunde, in längeren Pausen wurde etwas Wasser zugegeben ( um das verkochen zu vermeiden)
Soweit ich mich erinnern kann war Nerven-Leim der stärkste Leim.
In der Buch-Restauration wird heute noch mit Knochenleim gearbeitet da der Prozess rückgängig machbar ist.
Ich benutze einen Baby-Flaschenwärmer zum Erhitzen ;-D
Klebrige Grüße aus Luxemburg
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Re: Knochenleim, zweite Erfahrungen
[In Antwort auf #116069]
Hallo,
also Altmannsteiner Kalk hat man ja nu´wirklich zu Hause ! Der dürfte noch so aus den siebzigern/achtzigern sein. (so viel Keller kann kein Mensch streichen)
Wer davon wat abhaben will..müsste sich melden und dann dauert´s nen bissel weil ich zwei Zuhauses habe und das Faß im andren Zuhause ist...
Vor den Sommerferien wird knapp - aber in den Ferien geht wohl.
p.s.: Kalkputze/Mörtel sind in gewissem Umfang "selbstheilend" und solche Dinge werden z.T. heute noch verwendet.
Im Denkmalschutz wird sonst mit Zementgeschichten viel alte Substanz kaputt-saniert.
Grüssle
Bernt
Hallo,
also Altmannsteiner Kalk hat man ja nu´wirklich zu Hause ! Der dürfte noch so aus den siebzigern/achtzigern sein. (so viel Keller kann kein Mensch streichen)
Wer davon wat abhaben will..müsste sich melden und dann dauert´s nen bissel weil ich zwei Zuhauses habe und das Faß im andren Zuhause ist...
Vor den Sommerferien wird knapp - aber in den Ferien geht wohl.
p.s.: Kalkputze/Mörtel sind in gewissem Umfang "selbstheilend" und solche Dinge werden z.T. heute noch verwendet.
Im Denkmalschutz wird sonst mit Zementgeschichten viel alte Substanz kaputt-saniert.
Grüssle
Bernt
Re: Kaseinleim - gelöschter Kalk
[In Antwort auf #116060]
Gelöschter Kalk, Calciumhydroxid oder Ca(OH)2, entsteht durch Wasserzugabe (Löschen) von gebranntem Kalk (CaO): CaO + H2O Ca(OH)2. Gibt man nur so viel Wasser hinzu, wie für den Löschvorgang gerade gebraucht wird (ein geringer Wasserüberschuss verdampft durch die enorme Wärmeentwicklung), entsteht ein trockenes Pulver.
Und dieses Pulver haben wir in Säcken gekauft und mit Sand und Wasser gemischt, um damit die Wände zu verputzen.
Diesen Kalk kann man doch mit Wasser anrühren und dann mit dem Käse vermengen, oder spricht was dagegen?
Ich lese hier von 15 oder gar 20 Jahren eingesumpften Kalk.
Was ist denn der Unterschied zwischen dem eingesumpften Kalk (gebrannter Kalk?) und dem oben dargestellten Kalkpulver, daß durch nur so viel Wasserbeigabe, wie für den Löschvorgang gerade gebraucht wird, entsteht, wenn man danach Wasser hinzugibt?
Vielleicht einfach nur das Alter, der Reifezustand.
Wenn dem so ist, was ändert sich durch die Reife?
Gruß Heinz
Gelöschter Kalk, Calciumhydroxid oder Ca(OH)2, entsteht durch Wasserzugabe (Löschen) von gebranntem Kalk (CaO): CaO + H2O Ca(OH)2. Gibt man nur so viel Wasser hinzu, wie für den Löschvorgang gerade gebraucht wird (ein geringer Wasserüberschuss verdampft durch die enorme Wärmeentwicklung), entsteht ein trockenes Pulver.
Und dieses Pulver haben wir in Säcken gekauft und mit Sand und Wasser gemischt, um damit die Wände zu verputzen.
Diesen Kalk kann man doch mit Wasser anrühren und dann mit dem Käse vermengen, oder spricht was dagegen?
Ich lese hier von 15 oder gar 20 Jahren eingesumpften Kalk.
Was ist denn der Unterschied zwischen dem eingesumpften Kalk (gebrannter Kalk?) und dem oben dargestellten Kalkpulver, daß durch nur so viel Wasserbeigabe, wie für den Löschvorgang gerade gebraucht wird, entsteht, wenn man danach Wasser hinzugibt?
Vielleicht einfach nur das Alter, der Reifezustand.
Wenn dem so ist, was ändert sich durch die Reife?
Gruß Heinz
Re: Kaseinleim - gelöschter Kalk Heinz Feichtinger
Hallo Heinz & Forumsfreunde,
Hier liegt ein Irrtum zu Grunde. Beim Abloeschen von gebranntem Kalk entsteht Waerme es kann jedoch keine Hitze entstehen, welche das Wasser verdampfen laesst. Nach den Gesetzen der Physik unmoeglich.
Bei dem von dir erwaehnten Pulver handelte es sich um ein Produkt zum verputzen von Waenden und Decken, welches industriell dafuer hergestellt wurde. Diese Mischungen trockneten auch bei staerkerem Auftragen Rissfrei ohne zu Schwinden durch. Ich kann mich erinnern, das soche Verputze unter der Bezeichnung Rotband Gruenband oder so aehnlich angeboten wurden.
Z. B. Nach dem zweiten Weltkrieg, wurden Stallwaende, Huenerstaelle usw mit frisch geloeschtem noch heissen Kalk angestrichen, sah beim Auftragen fuerchterlich aus, trocknete zu meiner Ueberraschung blendend weiss ab.
Durch das Einsumpfen zerfaellt mit der Zeit der gebrannte Kalk in kleinste Partikel. Die Feinheit wird geprueft indem der Brei durch ein feines Sieb mit (?? Maschen pro cm²) gestrichen wird, zeigen sich im Sieb Rueckstaende ist dieser Kalk fuer Malzwecke unbrauchbar.
In der Wandmalerei ist das die Voraussetzung fuer die Bestaendigkeit. Ungeloeschte Anteile reagieren mit Feuchtigkeit und Sauerstoff, dies fuehrt zu der Zerstoerung von Farben und Absprengungen des Putzes.
Ich vertraue vollkommen den Erfahrungen unserer Vorfahren, welche ueber zig Generationen dies Technik entwickelten.
Es wird heute mit Kalk aufgeschlossenes Kasein in Pulverform angeboten, welches durch Wasserzugabe zu einem brauchbaren Leim fuehrt.
Als Gedankenanstoss
mfg
Ottmar