Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILDER*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Sebastian G.
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Registriert: Di 21. Aug 2018, 17:32

Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILDER*

Beitrag von Sebastian G. »


Konichiwa Holz-Würmer,

nachdem ich jetzt das Forum gefühlte tausendmal hoch und runtergelesen habe und auch fast täglich reinschaue, wollte ich auch mal meine neuste Errungenschaft inkl. Erfahrung beitragen.

Da ich von japanischen Werkzeugen (mit ihrem minimalistischem Ansatz) ziemlich angefixt bin, habe ich mir gestern im Laden in Berlin einen kleinen japanischen Handhobel gekauft. Das Thema interessiert mich schon länger und ich habe das Experiment nun endlich mal in Angriff genommen. Natürlich kenne ich das Buch von T. Odate mittlerweile vorwärts und rückwärts. Bei dem Preis (€ 23,10) kann man es zur Not auch in den Sand setzen und falls dann doch ein funktionierender Hobel dabei rausspringt, umso besser. Außerdem ist bei dem kleinen Hobel nicht so viel Material abzutragen.





Also, frisch ans Werk. Ein paar Daten zu dem Hobel:

Körper: Weisseiche
Länge: 181 mm (auch in 150 mm erhältich)
Breite: 53 mm
Höhe: 23 mm

Eisen:
Breite: 43 mm
Breite (Schneide): 35 mm
Breite Spanbrecher: 35mm
Schnittwinkel: ca. 40° (gemessen mit Geodreieck ;-)

Der Hobel liegt gut in der Hand und hat auch ein angenehmes Gewicht. Nicht zuletzt durch das doch relativ dicke Eisen. Hier ein Vergleich mit dem Eisen meines LAS von Veritas. Das jap. Eisen ist an der Fase genauso dick und hinten dicker als das Kanadische.





Als erstes habe ich mir die Spiegelseite vorgenommen. Das mache ich mit Stahlplatte und Schleifpulver - mit Abstand das Schnellste, was ich bisher probiert habe - was hab' ich mich früher abgerackert mit Schleifpapier und meine Steine malträtiert. Danach nur nur ein paar Züge auf den Steinen und nach 15 Min. hat die Rückseite schon eine schöne Politur vom 4000er. Die Phase hat auf dem 1000er etwas länger gedauert (ca. 10 Min), um wirklich bis in die Ecken zu kommen und einen durchgehenden Grat zu erhalten. 4000 und 8000 gingen dann relativ flott - Spiegelseite und Fase ein paar mal im Wechsel abziehen - fertig, super Schärfe. Eine matte Stelle auf der Fase stört mich nicht, Hauptsache die Schneide ist ok.

Das Schärfen dieses Eisens war für mich eine völlig neue Erfahrung: Das Eisen "steht" gut auf dem Stein - freihändig überhaupt kein Problem und lässt sich ohne viel Druck bewegen, der Abtrag ist trotz dessen sehr gut. Der 4000er hinterlässt schon eine sehr schöne Spiegelfläche, sodass 10-15 Striche ohne viel Druck auf dem 8000er genügen. Keine "Schleimspur" auf dem Abziehstein, kein Festkleben - Alles in Allem eine gute halbe Stunde - persönlicher Rekord ;-) (Die Stemmeisen, die ich mir dazu gekauft habe, können das alles noch ein bisschen besser, WOW!)

Den Spanbrecher habe ich genauso geschliffen. Die einzige Besonderheit ist eine zweite (Mikro-) Fase von steilen 60°, sodass der Spanbrecher fast rechtwinklig auf der Spiegelseite aufliegt.

Danach hing es an den Hobelkörper. Auf Grund des Unterschiedes in der Luftfeuchtigkeit von Japan bis Deutschland, muss man ja damit rechnen, dass der Holzklotz nicht mehr ganz gerade ist, vom Einpassen des Eisens und dem Abrichten Hobelsohle mal ganz abgesehen.

Zuerst muss da Eisen eingepasst werden, das ging bei weitem nicht durch bis zur Hobelsohle (Schwund). Dazu habe ich das geölte Eisen mit Spanbrecher in den Hobelkörper eingelegt und leicht festgeklopft. Beim Rausnehmen zeigen dann die nassen Stellen die Hochpunkte an. Dann wurden Span für Span diese Stellen beseitigt und die Nuten an den Seiten mit einem 3mm Stecheisen gesäubert und verbreitert.



Die Nuten habe ich an den Seiten soweit aufgemacht, dass bei eingelegtem Eisen und Blick von unten durch das Hobelmaul ein kleiner Lichtspalt rechts und links des Eisens zu sehen ist. So hat das Eisen etwas Spiel und man kann es später durch leichte Schläge auf die Seite gerade klopfen und mittig im Maul positionieren.

So kann man sich nun dem Hobelbett widmen: Wenn man das Eisen locker in die Führung "fallen" lässt und dann kurz mit dem Finger andrückt, "kippt" es meist zu einer Seite (die Schneide ist nicht mehr parallel zum Hobelmaul). So weiss man auf der anderen Seite im Bett etwas Material abtragen muss. (Das mit dem Anmalen des Eisens habe ich dann auch nicht weiter probiert). Diesen Vorgang wieder holt man so lange, bis sich das Eisen ohne eingelegten Spanbrecher mit leichtem Druck so einlegen lässt, dass die Scheide gerade so aus dem Hobelmaul herausguckt, mittig im Hobelmaul sitzt und parallel dazu ist. Bei eingelegtem Spanbrecher braucht es dann schon ein paar kräftige Schläge, bis die Schneide am Hobelmaul ankommt, es ist also nicht zu locker. Insgesamt ca. eine dreiviertel Stunde Arbeit.

Ich konnte es mir nicht verkneifen den Hobel an dieser Stelle einmal zu probieren: Hobeln tat er, aber der Span ließ sich nicht ausreichend fein einstellen, sodass er relativ schwer zu bewegen war, verbunden mit den entsprechenden Ausrissen.

Nun also zum Abrichten der Sohle. Vorab: Ich konnte natürlich NICHT warten, um das Holz zu akklimatisieren, also lieber gleich spielen und evtl. in ein paar Wochen nochmals nacharbeiten ;-)

Die Sohle sah frisch aus der Packung ungefähr so aus (links oben, Darstellung übertrieben):



Über die Breite etwas konkav (wie zu erwarten nach der Lage der Jahresringe) und der Länge nach leicht wellig. Das Resultat sollte dann so aussehen wie in der Skizze links unten. Kritisch sind die Punkte B und C: An dieser Stelle muss die Sohle wirklich gerade und parallel sein (Abb. rechts oben), sonst hat das direkten Einfluss auf die Schneide. Konkav und das Eisen greift nur in der Mitte, konvex und es scheiden nur die äußeren Ecken und der Hobel "kippelt", wie eigentlich bei anderen Holzhobeln auch.
Punkt A sollte sichtbar höher liegen als Punkt B (im Bereich von 1-2/10 mm, aber am Lichtspalt klar zu erkennen) da der Hobel sonst an diesem Punkt aufliegt, auch wenn das Eisen schon aus dem Maul herausragt und eigentlich schneiden sollte. Ein feine Einstellung des Spans ist sonst nicht möglich.

Ich bin folgendermassen vorgegangen: Zunächst habe ich an den Punkten B und C die Sohle über die Breite begradigt und im Folgenden die Sohle der Länge nach zwischen diesen Punkten "ausgehöhlt". Danach habe ich die Seiten noch ein wenig abgetragen, allerdings nicht ganz bis zum Schluss, das heißt der hintere Teil der Sohle ist jetzt sowohl über die Länge, als auch über die Breite leicht konkav. Wichtig sind wie gesagt die 1-2 mm am Hobelmaul und an der Hinterkante und die sind topfeben und parallel.

Zur Technik: Eigentlich wird dazu ein Schabhobel genommen, den ich aber weder habe, noch für dieses Experiment kaufen wollte. Ich habe mir dann mit einem 24er Stecheisen beholfen, das ich wie einen Schaber über die Sohle gezogen habe. Wenn man das Eisen leicht schräg stellt geht das auf dem recht harten Holz doch erstaunlich gut. Einen Grat braucht man nicht anzuziehen, aber scharf sollte das Eisen sein, sonst quetscht man nur die Fasern und produziert Staub. Durch leichtes Kippen des Eisens nach links oder rechts kann man die Breite und die Dicke des Spans variieren. Die Späne sind natürlich sehr fein und es ist mühsam, aber so kann man sich behutsam an das Ergebnis herantasten. "Ausgehölt" habe ich quer zur Faser, in der Breite begradigt dann entlang der Faser.

Gemessen habe ich alle 10-15 Striche mit einem kurzen Tischlerwinkel, gerade und diagonal über die ganze Breite zwischen den Punkten B und C.

Zum Schluss kommt dann noch der vordere Teil der Sohle: Wie gesagt sollte dieser Teil quasi in der Luft "schweben", wenn der Hobel im Gebrauch an den Punkten B und C aufliegt und sich die Schneide ins Holz gegraben hat. Also Material abtragen und immer wieder prüfen.

Die meiste Arbeit kann man ohne eingelegtes Eisen und Spanbrecher erledigen, für die letzten Arbeitsschritte sollte man den Hobel so einstellen, dass er gerade nicht schneidet, da sich durch die Spannung des Eisens die Form nochmals leicht ändern kann.

Arbeitsaufwand für die Sohle: gute 3 h, inkl. einmal Nachschärfen des Stecheisens, Pausen eingerechnet. Wie gesagt, bei sehr behutsamer Vorgehensweise.

Die Stunde der Wahrheit naht, noch einmal das Eisen kurz abgezogen …. ZISCHH! TADAA!





Teststück war ein Rest Kirsche.

Hier noch ein Bild des Hobelmauls, ein Putzhobel wird es wohl nie werden, trotz des feinen Spans:



Das Eisen ist hier nicht mittig eingelegt - was'n Pfusch, aber das Bild leider schon im Kasten

Alles in Allem bin ich soweit erstmal zufrieden - Experiment geglückt! Der Hobel lässt sich leicht mit einer Hand ziehen. Mit dem aufgelegten Handballen kann man gut Druck auf die Hinterkante ausüben, sodass er nicht kippelt. Ich muss nur aufpassen dass ich meine (großen) Finger nicht über Hobelkasten und Eisen lege, weil dann die Späne nicht mehr fliegen können. Es folgen die Tests auf dem "Shooting board" (wie war das gleich nochmal auf Deutsch?) Auch zur Standzeit des Eisens kann ich im Moment noch nichts sagen, die anfängliche Schärfe ist aber einwandfrei.

Soweit erstmal, vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe es war halbwegs verständlich und interessant. Feedback und Kritik natürlich immer gerne.

cu seb



Pedder
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Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von Pedder »


Hallo Sebastian,

vielen Dank für diesen eindrucksvollen Bericht. Das ist das erste Mal, dass ich eine Doku dazu sehe. Hat also gute Chancen, das Standardwerk zu werden!

Liebe Grüße
Pedder

Shooting board kannman wohl am Besten mit Fügelade übersetzen. Aber selbsterklärend ist das auch nicht.


TimoB.
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Registriert: Mi 31. Dez 2014, 22:16

Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von TimoB. »


Hallo Sebastian,

sehr schöne Doku. Mit den japanischen Hobeln liebäugel ich schon eine Weile, kam aber noch nicht dazu. Jetzt weiß ich ja wo ich nachschauen muss, wenn es soweit ist.

Auf der Seite von Wolfgang Jordan werden die deutschen Vertreter mit "Stoßlade" bezeichnet. In deinem Falle wären es dann eine "Ziehlade"? :-)

Vielen Dank nochmal für deinen Post, hat Spaß gemacht zu lesen.

Gruß
Timo


Martin Sprandel
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Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von Martin Sprandel »

[In Antwort auf #129363]
Servus Sabastian

Wirklich interessante Doku.

Vielen Dank dafür

Schönen Gruß

Servus Martin :o)


Christian Otto
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Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von Christian Otto »


Hallo Sebastian,

in welchem Laden hast Du den Hobel denn gekauft?

Gruß,

CO


Pedder
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Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von Pedder »


Hallo Christian,

im "Laden in Berlin"? Ich kenne da nur einen: Dieter hat solche Hobel im Angebot: http://www.feinewerkzeuge.de/jhob.htm weit unten als "Kleine japanische Handhobel Economy Line"

Liebe Grüße
Pedder


Sebastian G.
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Re: Erfahrungsbericht: Jap. Hobel einstellen *BILD

Beitrag von Sebastian G. »


Danke für die Blumen und die Übersetzungen - "..Lade", klingt irgendwie "zünftig". "Ziehlade" find' ich auch gut, womit wir schon fast bei "Schublade" wären. Hat noch jemand eine ? ;-)

@Pedder: Naja, das Standardwerk gibt's ja schon und ich kann es nur jedem ans Herz legen - ohne das hätte ich es auch nie und nimmer geschafft. Aber grau ist alle Theorie und ich bin mit dem Ergebnis soweit erstmal zufrieden, "Luft nach oben" ist sicher noch reichlich vorhanden.

@Christian: Beim Hausherrn! Auf der Seite "Hobel -> Kleine Japanische Hobel" ganz unten. Es gibt noch ein paar Varianten zum Auspobieren - Au weia!!

Da ich im Moment vom Platz her leider etwas eingeschränkt bin und eigentlich nur auf dem Fußboden in der Diele werkeln kan, versuche ich mir von der Technik der Japaner ein bißchen was abzuschauen. Geht eigentlich auch ganz gut, nur das ständige Aufräumen ...

cu seb



Pedder
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Mietwohnungen

Beitrag von Pedder »


Hallo Sebastian,

"Da ich im Moment vom Platz her leider etwas eingeschränkt bin und eigentlich nur auf dem Fußboden in der Diele werkeln kan, versuche ich mir von der Technik der Japaner ein bißchen was abzuschauen. Geht eigentlich auch ganz gut, nur das ständige Aufräumen ... "

Irgendwann wird es Dir so gehen wie vielen von uns. Dass eine Wohnung einen Keller hat, in dem man arbeiten kann, wird zum wesentlichen Kriterium. Wichtiger als Balkon, Fenster im Bad und all diese Nebensächlichkeiten. :o)

Ein Standardwerk gibt es? Im Wiki gibt es einen link zu einem Händler, der sich jetzt bald dickdumm nennt oder so. (Ich mag den auch, aber finfe den Namenswechsel albern.

Liebe Grüße
Pedder


Sebastian G.
Beiträge: 8
Registriert: Di 21. Aug 2018, 17:32

Re: Mietwohnungen

Beitrag von Sebastian G. »


Hi Pedder,

DAS Standardwerk ist natürlich "Die Werkzeuge des japanischen Schreiners" von Toshio Odate. Viel mehr fundierte Quellen gibt es auch leider nicht.

Bezgl. Mietwohnung:

Keller im Haus wäre natürlich klasse aber das sind leider nur kleine Verschläge und unserer ist bis unter die Decke mit Kisten vollgestapelt. Ich habe aber den Vermieter beim Einzug wegen einer Garage angehauen. Er hat um die Ecke einen kleinen Gewerbehof auf einem alten Fabrikgelände, wo er evtl. noch Platz schaffen könnte. Er selbst betreibt dort eine Metallbaufirma und hat mir seine Werkstatt gezeigt, die hatte sogar einen kleinen Holzofen *träum* Bis dahin muss ich mir die Zeit noch vertreiben. Bin guter Dinge dass das auf absehbare Zeit was wird.

cu seb



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