Lochbeitel Stormont und ECE

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
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Lochbeitel Stormont und ECE

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo,

seit 9 Jahren habe ich drei Kirschen- Lochbeitel (10, 12, 16 mm), damals bei Dieter gekauft. Das sind die Dinger mit den Riesenheften. Die Hefte hab ich damals ein bißchen gefälliger gemacht, die nicht ganz saubere Geometrie der Eisen nachgeschliffen... Sie sind gut, ich bin wirklich zufrieden.

Vor einiger Zeit wollte ich mir ein 6er und ein 8er Lochbeitel dazukaufen. Für diese bescheidenen Breiten waran mir die Kirschen- Eisen doch zu gewaltig. Nun hab ich ja eine Schwäche für englische Eisen (wie hier schon berichtet), und es gelang mir nach wochenlangem Suchen und mitsteigern -Ihr wisst wo und wie- tatsächlich, zwei in der Breite passende sehr schöne "Stormont" Lochbeitel zu ergattern. "New old Stock", also womöglich seit Jahrzehnten irgendwo herumgelegen, mit Original- Aufklebern auf den Eschenheften.

Die hab ich mir zurechtgemacht (war auch Einiges zu schleifen, diese Lochbeitel werden wohl freihändig in Form gebracht und der Schleifer wird einen schlechten Tag gehabt haben). Geschärft mit 30° Fase, 35° Mikrofase (= Keilwinkel) Dann, stolz, der erste Einsatz, ein Zapfenloch in Kiefernholz. Die Schneide klappte geradezu um. Nun ist das Stemmen von Kiefer strapaziös für ein Eisen; das ist zwar "Weichholz" aber hat harte Jahresringe. Also: Neue Mikrofase 40°. Das muss halten, in jedem Holz. Tat es aber nicht. Das zweite Stormont- Eisen: Genauso.

Die Eisen waren offenbar krass falsch wärmebehandelt. Sowas habe ich noch nicht erlebt.

Ich habe sie in den Schrott getan und mit bei Dieter zwei ECE- Lochbeitel bestellt. Die waren am nächsten Tag da, sind äußerst akkurat geschliffen, viel besser als damals meine Kirschen, und sie sind so hart wie es sein soll. Und wären sie es nicht gewesen, hätt ich sie zurückschicken können.

Schlussfolgerung: Alte Werkzeuge aus dem net zu beschaffen kostet meist schon mal viel Zeit, mehr als man sich eingesteht. Es kann erfolgreich sein und viel Freude machen, es kann aber auch sehr ärgerlich danebengehen, eine ganze Menge Glücksspiel ist immer dabei. Ich habe mit vorgenommen, es zukünftig wirklich auf die Fälle zu beschränken, in denen Vergleichbares neu nicht erhältlich oder unerschwinglich ist.

Friedrich



Philipp
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Re: Lochbeitel Stormont und ECE

Beitrag von Philipp »


"Schlussfolgerung: Alte Werkzeuge aus dem net zu beschaffen kostet meist schon mal viel Zeit, mehr als man sich eingesteht. Es kann erfolgreich sein und viel Freude machen, es kann aber auch sehr ärgerlich danebengehen, eine ganze Menge Glücksspiel ist immer dabei."

Das Glücksspiel hat man aber auch bei Neuwerkzeug, das man vor dem Kauf nicht in den Händen gehalten hat. Und mich enttäuscht neues (= "besseres") Werkzeug bei Versagen mehr, als altes.
Wenn der Umtausch von Neuware nach Enttäuschug problemlos vonstatten geht, ist das in Ordnung. Wenn nicht, dann hab ich lieber einen alten ästhetischen und zu weichen englischen als einen neuen deutschen, unästhetischen und ebenfalls zu weichen Lochbeitel.

Viele Grüße und frohes Stemmen, Philipp (der sich kürzlich mit einem Satz Narex-Lochbeitel eingedeckt hat, die mich nach Sichtkontrolle sehr zufrieden stimmten. Erster Einsatz: hoffentlich heute abend ;-) )



TimoB.
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Re: Lochbeitel Stormont und ECE

Beitrag von TimoB. »


Hallo Friedrich,

Achtung ungehobelt:
Der Blitz soll den beim sche**en treffen, der das verbockt hat.
(Normal drücke ich mich gewählter aus, aber hier wurden eindeutig Grenzen überschritten)
Du hast mein Mitgefühl und das von ganzem Herzen.

Ich stehe vor einer ähnlich Problematik, jedoch fehlen mir noch alle Lochbeitel.

Warum ECE und nicht MHG?

Gruß
Timo



Friedrich Kollenrott
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Warum ECE?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Timo,

weil die ECE- Lochbeitel ein schlankeres Heft haben, das wollte ich gern für diese kleinen Breiten.

Friedrich


Bernhard
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Sehr schön geschrieben, Friedrich

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #129185]
Deine Schlußfolgerung kann ich voll und ganz bestätigen. Man benötigt schon eine ganze Menge Zeit, um ordentliches Werkzeug zu finden, aufzuarbeiten und dann hat man das Risiko, ob es den Ansprüchen entspricht.

Ich habe auch schon diverse Hobel und Sägen aus England und Amerika besorgt und aufgearbeitet. Letztendlich war die Geldersparnis zu vernachlässigen, da häufig noch ein neues Eisen besorgt werden muß.Allerding war der Erfahrungsgewinn unbezahlbar. Meine Schlußfolgerung, ich kaufe lieber neues Werkzeug bei Dieter oder direkt bei LN in Maine.

Viele Grüße und gutes Gelingen

Bernhard



TimoB.
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Re: Warum ECE?

Beitrag von TimoB. »


Hallo Friedrich,

gibt es auch Unterschiede beim Stahl?

Die Stechbeitel von MHG sind meiner Meinung nach gut, allerdings habe ich relativ wenig Vergleich zu anderen europäischen/deutschen Herstellern.

Gruß
Timo


Friedrich Kollenrott
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Der Stahl....

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Timo,

mit "dem Stahl" ist das so eine Sache. Eigentlich dürfte das für keinen Hersteller ein Problem sein, trotzdem gibts schon mal Ausreißer (wie bei meinen Stormont- Eisen). Stahl für nicht laminierte Werkzeuge, mit der dafür üblichen Analyse (Zusammensetzung), also ein relativ niedrig legierter Kohlenstoffstahl, ist ein handelsübliches Material, den kann jeder kaufen der Werkzeuge machen will. Ein solcher Stahl ist übrigens auch nicht besonders teuer, der Materialanteil an den Herstellkosten ist sicher nicht sehr hoch. Der Hersteller muss dann fachlich korrekt schmieden und vor allem härten. Da wird gern viel Geheimnis reingelegt, aber auch das ist kein Hexenwerk, es kann ja ggf. auch automatisiert werden.

Etwas anderes ist es schon, wenn ein Schmied wirklich noch alles von Hand macht wie es das in Japan bei laminierten Eisen wohl noch gibt. Wunder vollbringen die auch nicht, ich bin aber sicher dass die Ergebnisse stärker streuen als bei moderner Fertigung.

Ich würde nicht erwarten, dass die Eisen verschiedener (seriöser!) Hersteller sich hinsichtlich der gefühlten Stahlqualität deutlich unterscheiden.

Friedrich



Philipp
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Lochbeitel Narex

Beitrag von Philipp »


Sehe ich ähnlich. Von Ausreißern abgesehen dürften sich die für Werkzeuge verwendeten Stähle der namhaften Hersteller voneinander kaum unterscheiden.

Gestern testete ich zum ersten mal einen meiner Narex-Beitel (10 mm). Das Ding war schnell geschärft und los gings 3 cm tief in die Kirsche hinein. Ob es nun der Stahl oder der niedrige Keilwinkel von ~ 22° war, der dafür sorgte, daß ich schon nach einigen wenigen Schlägen einen Schneidenverschleiß erkennen konnte?
Ich werde wohl mal eine etwas steilere Mikrophase anschleifen und das Verhalten der Schneide beobachten.

Löcher zu beiteln ist ganz schön anstrengend, wie ich fand. Irgendwie kommt mir das Ausbohren und anschließende Austemmen der Reste (noch) einfacher, schneller und vor allem leiser vor. Aber vielleicht ändere ich mit zunehmender Erfahrung noch meine Einstellung.

Grüße, Philipp (tschulligung fü's Kapern dieses Themas, aber wenn wir schon bei den selten besprochenen Lochbeiteln sind...)



Friedrich Kollenrott
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22° ist zu wenig!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Philipp,

22° ist eindeutig erheblich zu wenig, das hält nicht und bei einem Lochbeitel ist der "leichte Schnitt" den ein so spitzer Keilwinkel bringt ja auch nicht nötig. Da darfst Du draufhauen, es soll richtig laut bummmm machen.
Ich nehme normalerweise 35° an der Schneide.

Vorbohren mach ich nicht, irgendwie stören die Löcher den Vorgang. Der einzige Vorteil wäre, dass sauber rechtwinklig eingebrachte Bohrungen die Richtung des zu stemmenden Loches vorgeben. Ich leg, wenn ich aus der Übung bin, einen kleinen Spiegel vor das Beitel, das hilft beim rechten Winkel.

Friedrich



Klaus-Peter Knopik
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Re: Warum ECE?

Beitrag von Klaus-Peter Knopik »

[In Antwort auf #129188]
Bei Kirschen gibt es auch Lochbeitel mit leichtem Heft. Die sind vor allem bei leichteren Werkstücken interessant. Die Standard-Lochbeitel mit schwerem Heft sind mehr was für Zimmererarbeiten.



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