Hobelmeisterschaft

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Florian Witt
Beiträge: 23
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Mindestspandicke, theoretisch

Beitrag von Florian Witt »

[In Antwort auf #125455]
Hallo Friedrich und Gerd,

Glückwunsch zu Euren guten Ergebnissen auch von mir! Davon abgesehen galt ja sicher der olympische Gedanke.
Ich hatte mich allerdings gefragt: was begrenzt die Mindestspandicke eines Hobels? Wenn die Hobelsohle (bzw. die Auflageflächen dieser) und das Holzstück hinreichend plan sind, denke ich es sind zwei Dinge: die Schärfe des Eisens und die Verformung der Schneide unter der Schnittkraft. Zunächst kann eine Schneide mit einer gewissen "Reststumpfheit" (Breite der Schneiden-Stirnfläche im mikroskopischen Maßstab) nur saubere Späne in einer Dicke erzeugen, die größer als diese Reststumpfheit ist. Da haben japanische Eisen vielleicht einen Vorteil, wenn an der Schneide reiner Kohlenstoffstahl in hoher Härte und mit extrem feinem Gefüge zum Einsatz kommt. Das lässt sich zu feineren Schneiden ausschleifen als legierte Stähle. Das einfache Freihandschleifen durch die breite Fase hilft dabei sicherlich auch.
Dazu kommt folgendes Gedankenexperiment: man denke sich das Hobeleisen so weit zurückgezogen, dass die Schneide perfekt mit der Sohle fluchtet. Dann fässt das Eisen gerade nicht. Nun stellt man das Eisen so zu, dass es einen Mikrometer über die Sohle hervorsteht. Theoretisch müsste der Hobel nun einen ebenso dünnen Span erzeugen - tut er aber nicht. Denn sobald das Eisen fässt, kommt Schnittkraft auf das Eisen und biegt es herunter. Der Span wird dicker. Dadurch erhöht sich die Schnittkraft, das Eisen biegt weiter herunter, und so weiter bis zum Gleichgewichtszustand. An dieser Stelle versteht man ein weiteres Konstruktionsmerkmal teurer japanischer Putzhobel: die Tsutsumi, ein Vorsprung am untersten Ende des Eisenbettes, der das Eisen auf der Fase kurz hinter der Schneide stützt. Ich könnte mir vorstellen, dass man einen Metallhobel mit einem vom Material her auf höchste Schärfe optimierten Eisen und einer Unterstützung kurz hinter der Schneide ausstatten muss, um in puncto Spandünne gegen Kanna anstinken zu können.

Gruß,
Florian



Rafael
Beiträge: 841
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Mindestspandicke, theoretisch

Beitrag von Rafael »


Hallo,

Zitat: "der das Eisen auf der Fase kurz hinter der Schneide stützt"
- könntest Du dieses vielleich kurz erläutern?
Ich habe einen Japaner (oder vielleicht einen Koreaner, kommt jedenfalls von da) und kann mir nicht vorstellen, wo da ein Vorsprung sein kann.

Meine Erfahrungen mit dem hobel decken sich mit dem hier schon ab und zu mal geschriebenen: feinste Oberfläche auf weichem Holz, bei härteren Hölzern kaum noch Vorteile.

Ich meine, daß deine theoretische Betrachtung zu dem Mikrometer-Span vielleicht noch einen Aspekt außer Acht lässt: wenn man den Hobel mit dem Sohlenteil vor der Schneide auf dem Werkstück führt, und nur da Druck ausübt, dann hat der Span genau die Dicke (rein Theoretisch), wie weit es aus dem Hobel rauskuckt. Irgendwann wird sich aber der Hobel auch mit dem Teil der Sohle hinter der Schneide auf dem Werkstück abstützen, was meiner Meinung nach auf jeden Fall zu einer wechselnden Dicke führt.

Leider habe ich bis jetzt nichts darüber gefunden, wie andere diese Verältnisse beschreiben (würde mich sehr interessieren).

Bei einer mechanischen Hobelmaschine lassen sich die Abläufe leichter nachvollziehen. Ausgehend von ideal eingestellter Messerhöhe ist die Spandicke genau gleich dem Höhenversatz der Tischteile. Allerdings muss das Werkstück im Ganzen durchgezogen werden, und man kann nicht zwischendurch ansetzen wie es mit den Handhobeln möglich ist (aussser bei speziellen Bearbeitungen mit großer Spanabnahme).

Ach ja, ich bin froh, daß das Hobeln an sich funktioniert, und die ganzen Überlegungen als ein reines Gedankenspiel betrachtet werden können. Schliesslich möchte man hobeln, und wenn es klappt freut man sich über eine wunderschöne Oberfläche.

Gruß,
Rafael



Florian Witt
Beiträge: 23
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Mindestspandicke, theoretisch

Beitrag von Florian Witt »


Hallo Rafael,

der Vorsprung ist am untersten Ende des Hobelbetts. Im Schnitt betrachtet ist das Hobelbett eine gerade Linie, auf der der Rücken des Hobeleisens aufliegt. Bei Hobeln mit Tsutsumi macht diese gerade Linie dort einen Knick, wo auch das Hobeleisen einen hat - nämlich dort, wo die Fase anfängt. Das Bett folgt der Fase bis kurz hinter die Schneide. Im Standardwerk von Odate ist eine Skizze drin, sag Bescheid ob ich die Dir nochmal scannen soll.

Das mit dem "Hobelsohle setzt hinter der Schneide auf" kommt bei japanischen Hobeln auf die Gestaltung der Sohle an. Friedrich hatte das Freischaben des mittleren Sohlenbereichs vor der Schneide schon erwähnt, bei Putzhobeln tut man das auch hinter der Schneide, und zwar genau um sicherzustellen, dass hier nichts das Holz berührt. Odate emfiehlt einen halben- bis einen Millimeter. Bei japanischen Rauhbänken ist das anders, da wird hinter der Schneide ganz am Ende der Sohle noch ein Auflagepunkt vorgesehen, der mit den beiden vor der Schneide fluchtet.

Was die Leistung von Kanna auf Hartholz angeht, muss man den Bettungswinkel beachten. Normale Kanna sind für Weichholz ausgelegt und entsprechend flach gebettet. Es gibt aber auch welche für Hartholz mit 50° oder mehr, und auch "Bevel-Up-Kanna" gibt es. Fairerweise müsste man bei Vergleichen auf Hartholz so einen Kanna nehmen.

Was mich an japanischen Hobeln generell fasziniert ist ihre einfache Schönheit bzw. schöne Einfachheit. Mit so wenigen Teilen, die zudem geometrisch so wenig komplex sind, diese tolle Funktion zu erreichen ist eine konstruktive Meisterleistung. In meiner täglichen Arbeit werde ich oft mit dem genauen Gegenteil konfrontiert: amerikanische Konstruktionen. Wenn da etwas leckt, wird nicht etwa abgedichtet, sondern eine Auffangwanne und eine Rückführpumpe dazugebaut - kein Witz.

Gruß,
Florian



Friedrich Kollenrott
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Re: Mindestspandicke, theoretisch

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Florian,

Deine Bewunderung für die Einfachheit der japanischen Hobel teile ich. Das ist schon faszinierend.

Vielleicht sollte man zu diesen Fragen mal einen neuen thread aufmachen?

Zu den Konstruktionen "Rückführpumpe statt funktionsfähiger Abdichtung"- das könnte in manchen Fällen (ich bin selbst Maschinenbauer) schon sinnvoll sein, es gibt Abdichtfälle, da ist "technische Dichtigkeit" gar nicht oder nicht auf Dauer oder nicht wirtschaftlich erreichbar, kommt sehr auf den Einzelfall an. Ist aber weniger ein Thema im Forum hier.

Friedrich



Pedder
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Äpfel und Birnen

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #125470]
Hallo Klaus,

täusch Dich da mal nicht. Sehr weit würden Gerd und Friedrich mit ihren Flachwinklern und niedrigem Fasenwinkel (25° bei Friedrich) auf wechselwüchsigem Hartholz wohl auch nicht kommen. Vergleichen kann man das wohl nur, wenn sich die Schnittwinkel ansatzweise entsprechen.

Bei aller Bewunderung für die Schönheit eines jap. Hobels werd ich nur die Zweifel nicht los, dass die Dinger bequem sind. Warum sind die nicht an die Hände angepasst wie etwa ein Hobel à la Krenov? Oder so ein schöner Veritas mit Klaus-Griff

Liebe Grüße
Pedder


Klaus Kretschmar
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Re: Äpfel und Birnen

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Pedder,

deswegen sprach ich von einem sauber eingestellten "Eisenhaufen" mit steilem Schnittwinkel. Dass wechseldrehwüchsigem Hartholz mit dem Schnittwinkel von 37° nicht beizukommen ist, ist klar.

Herzliche Grüsse
Klaus


Pedder
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Re: Äpfel und Birnen

Beitrag von Pedder »


Hallo Klaus,

genau das meine ich mit "Äpfel und Birnen". Einen auf Weichholz eingestellten Japaner mit einem auf Hartholz eingestellten Eisehobel vergleichen, wie Du es hier machst, ist nich sinnvoll:

Gerade die Japaner, die auf Weichholz bestimmt unglaubliche Ergebnisse erzielen, haben mit den meisten Harthölzern enorme Probleme. Erst recht, wenn der Faserverlauf etwas wild ist. Dort erreicht ein sauber eingestellter "Eisenhaufen" mit steilem Schnittwinkel sogar in den Händen eines Ungeübten (wie mir :-)) Ergebnisse, vor denen auch der beste Japan-Hobel in die Knie geht.


Letzen Endes wird die Hobelleistung davon abhängen, dass die Schneide so scharf ist, wie es nur geht, dass sie flatterfrei gebettet ist und dass sie im passenden Winkel für das jeweilige Holz über das Werkstück gezogen wird. Ich sehe nicht, warum man das mit dem einen oder dem anderen Werkzeug nicht erreichen kann.

Liebe Grüße
Pedder


Bert Wallraff
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Äpfel und Birnen

Beitrag von Bert Wallraff »

[In Antwort auf #125483]
Hallo Pedder,

die japanischen Hobel sind doch recht bequem bei der Arbeit, da sie gezogen werden und daß oft auf dem Hobelbalken.

Grüße Bert


Christoph Nowag
Beiträge: 838
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: ich vergass......

Beitrag von Christoph Nowag »

[In Antwort auf #125457]
Hallo Friedrich,

vielleicht habe ich es ja auch überlesen. Ich hätte ja vermutet, dass Du einige Hobelversuche auch mit dem Kollenrott'schen Kunz-Hobel machst. Stehen Dir die Flachwinkelhobel nach wie vor näher?

Viele Grüße
Christoph


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