Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Liebe Holzler,
ich habe vor, Edelkastanie mit Messing-, Kupfer- und/oder Edestahlteilen in Verbindung zu bringen. Kastanie ist ja ähnlich wie Eiche, was den Gehalt an Gerbstoffen angeht, und da ist Eisen nicht sonderlich gut angebracht. Wißt Ihr, wie es sich mit den genannten anderen Metallen/Legierungen verhält? Ist auch dort mit Korrosionsproblemen zu rechnen?
Danke für Eure Antworten und viele Grüße
Philipp
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Philipp,
Deine Frage hat meine Neugier geweckt.
So eben habe ich einen Marmeladetopf mit Stückchen Edelstahl, Messing und Aliminium in starker English Breakfast Tea weggestellt. Wie bekannt enthält Tee eine gute Menge Gerbesäure. Werde später berichten.
Edelstahlwolle wird laut Literaturverwendet zum polieren von Eiche uä. Messingbürste werden angeblich auch verwendet. Sollten also nicht problematisch sein mbz Verfärbung des Holzes. Messing und Kupfer können selber an der Luft grün oder braun korrodieren, abhängig der Luftfeuchtigkeit.
Schöne Grüsse aus Holland,
Hans Bos
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Hallo Philipp & Forumsfreunde
Edelstahl und Messing, erzeugen keine Verfaerbungen im Zusammenhang von im Holz enthaltener Gerbsaeure.
Kupfer in trockenem gerbstoffhaltigem Holz erzeugt keine Verfaerbungen. Wird das Kupfer und das Holz der Feuchtigkeit ausgesetzt, greift die Gerbsaeure, das Kupfer an und es enstehen kristaline Ausbluehungen. (mehr in der Theorie als in der Praxis)
Aus der Praxis kann ich berichten, ich habe Jugendstilmoebel in Eiche mit starken, z. B. handgeschmiedeten Kupferbeschlaegen restauriert, das Holz wies keinerlei Verfaerbungen auf.
Bei Antiken Eichenschraenken, mit Eisenscharnieren und Verzierungen, waren auch nach Jahrhunderten kaum Verfaerbungen am Holz festzustellen.
Ich habe etliche Eichenmoebel mit Eisenbeschlaegen mittels Natronlauge abgelaugt, dabei habe ich darauf geachtet, dass kein Wasser entlang der Beschlaege und um eingeschlagene Naegel, stehen blieb. Ich verwendete entweder Pressluft oder Zelluloseschwaemme zum Entfernen der Feuchtigkeit. Es entstanden keine Verfaerbungen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Holz welches bei der Verarbeitung weniger als 15% Feuchtigkeit enthaelt, zu irgendwelchen Verfaerbungen fuehrt.
Z. B. Weissleim mit Eisenteilen(Stahlwollefasern) erzeugt auf Holz (mit und ohne Gerbsaeure) haessliche nur schwer entfernbare Flecken.
Als Gedankenanstoss
mfg
Ottmar
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Lieber Hans, lieber Ottmar,
vielen Dank für Eure Hinweise, aus denen ich herauslese, daß Messing/Kupfer/Edelstahl in Verbindung mit gerbstoffreichem Holz wohl keine großen Probleme darstellen sollten.
Ich vergaß aber zu erwähnen, daß mein Verbund Holz/Metall durchaus dem Wasser ausgesetzt sein wird.
Hintergrund ist die Restaurierung eines alten Faltbootes, wo ich einige Längsteile wohl neu bauen muß. Hier dachte ich an die Verwendung von Edelkastanie im Gegenzug zu der gewöhnlich verwendeten Esche, weil:
1) ich Kastanie gerade hier auf Lager habe
2) Kastanie leichter ist als Esche
3) Kastanie schön dauerhaft ist, Esche aber nicht
4) K. sich gut bearbeiten läßt.
5) aus reiner Neugier
Da die Beschläge eines Faltbootes meistens aus Messing (mit Kupfernieten vernietet), Alu (zeigt m.W. nie Probleme mit Holz) oder Edelstahl sind, kam mir meine Frage in den Sinn, bevor ich zur Säge greife.
Die Frage wirft bei mir gleich weiteres Unverständnis auf, v.a. durch Hans' Einwurf mit dem Tee: auf der einen Seite kennt man das Phänomen, daß z.B. Eichholz aufgrund der enthaltenen Gerbsäure Eisennägel oder -schrauben angreift und diese irgendwann den Geist aufgeben.
Auf der anderen Seite gelten Tannine, die ja letztlich ebenfalls Gerbsäuren sind, als Rostumwandler, die Rost (FeOOH) in günstigere Verbindungen umwandeln.
Wie erklärt sich dieser (scheinbare?) Widerspruch?
Viele Grüße
Philipp (in Gedanken bei seinem alten Faltboot)
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Hallo Philipp & Forumsfreunde,
Wegen Korrosion von Metall und Gerbstoffreichen Hoelzern, wuerde ich mir keine Gedanken machen. Bei Stahl Schrauben und Naegel, welche wechselnder Feuchtigkeit ausgesetzt sind, entsteht die Zerstoerung durch Rostbildung (Oxidation) und ist weniger vom Holz/Gerbstoff abhaengig.
Durch das Zusammenspiel von gerbsaurehaltigen Hoelzern und Metallen entstehen Verfaerbungen, z. B. Eisengallustinte, welche frueher zumSchreiben benutzt wurde, bestand aus Eisenfeilspaenen und den Gallaepfeln von Eichen. Die gleichen Verfaerbungen entstehen bei Eisen mit Gerbstoffhaltigen Hoelzern.
Als Beispiel, moechte ich Eichenfaesser mit Eisenreifen anfuehren, welche in Weinkellern, stehender feuchter Luft ausgesetzt sind, ueberdauern Jahrhunderte, solange das Holz nicht austrocknen kann. Weder das Holz noch die Reifen wurden zerstoert.
Gerbsaure (Pyrogallol, Tannin), sind sehr milde Saeuren, welche Metall kaum zerstoererisch angreifen, diese sind in Loesungen enthalten, um z. B. das Blei von Bleiverglasungen alt, oder Gewehrlaeufe blau zu faerben.
Zum Thema Faltboot, ich habe vor ca fuenfzig Jahren, selbt ein solches aus Fichtenleisten, Alunieten und Stoff von amerikanischen Zeltplanen gebaut. Damit sind sehr schoene Erinnerungen aus meiner Jugendzeit verbunden.
Ich sehe keinerlei Schwierigkeiten in der Verwendung von Kastatanienholz. Ich wuerde einen ersten Anstrich mit erhitztem Leinoel-firnis (ca 60°/C) aufstreichen und zwei weitere, ohne Erhitzen, mit entsprechenden Trockenpausen dazwischen aufbringen. Die Stellen an welchen sich die Bootshaut scheuern kann, wuerde ich im Auge behalten und vor der Ueberwinterung, bei Bedarf mit Leinoelfirnis versiegeln. Den Firnis auf keinen Fall verduennen, sollte der Firnis nicht gut ausfliessen, dann die zweiten usw Anstriche mit erhitztem Firnis ausfuehren. Wichtig ist dabei, dass die Metallgelenke nicht gefirnist werden.
Feuchtigkeitsschaeden, lassen sich vermeiden, indem man darauf achtet, das sich stets der groessere Anteil von Wasser ausserhalb des Faltboots befindet.(!!!!)
Viel Spass beim Bootfahren.
mfg
Ottmar
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Philipp,
Zufalligerweise war ich früher ein aktiver Kanufahrer, ganze Tage auf Nordsee, Waddensee usw. Dabei war das Wasser bestimmt nicht immer nur ausser dem Boot. Mir hat das grosses Respekt für die Kräfte der Wellen gegeben. Zur Sache:
1) Esche wird verwendet weil es sehr elastisch ist, und nicht leicht bricht unter die Wechselkräfte der Wellen und beim paddeln. Kastanie für diese Anwendung kenne ich aber nicht.
2) Im Wasserumgebung nie Kupfer und Aluminium kombinieren. Das Aluminium korrodiert elektrolytisch gegen das Kupfer. In Süsswasser ist Alu akzeptabel, wird aber mit Zeit hässlich. Für Bootsteile die dauernd unter Spannung sind würde ich keinen Alu einsetzen weil es "kriecht". RVS ist auch in Seewasser ausgezeichnet. Marine qualität ist nicht erforderlich weil man Kanus nach Gebrauch aus dem Wasser nimmt, abtrocknet usw.
Viel Spass und sei vorsicht beim paddeln.
Schöne Grüsse aus Holland.
Hans Bos
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Danke an Euche Zwei für Eure Ermunterungen! Schön, daß Ihr früher auch gepaddelt seid! Ist schon eine tolle Sache.
Ich werde, sofern neue Bauteile für das alte Boot tatsächlich nötig sein sollten, probeweise mal auf Kastanie zurückgreifen (die Leisten für den Kiel habe ich gerade in der Büromittagspause per Hand aus einer Bohle gesägt...;-) ), mal sehen, welchen (Miß)Erfolg ich verzeichnen werde. K. ist sicherlich deutlich weniger flexibel als Esche, andererseits erhält der Kiel seine Biegsamkeit ja auch in hohem Maße aus den Längsverbindungsstellen, die immer etwas Spiel haben.
Al und Cu passen in der Tat nicht zusammen. Interessanterweise werden aber bei Faltbooten stellenweise Alu- und Messingbeschläge durchaus miteinander in Verbindung gebracht, ohne großen Schaden zu leiden. Wundersame Welt...
Herzliche Grüße
Philipp
Re: Gerbstoffreiches Holz und Metalle
Hallo Philipp,
Gerade meine Probestückchen mal angesehen. Ziemlich wie erwartet. Die Gerbesäure hatten die Metalle nicht oder kaum angetastet. Am Messing und rostfreien Stahl war nichts zu sehen. Das Aluminium hatte kleine Korrosionsstellen ehalten (pitting corrosion) an der dem Messing zugekehrte Seite. Sieht aus wie gewöhnliche Al/Cu Korrosion.
Also:
- Antastung der Metalle von Gerbesäure ist mE nicht zu fürchten
- Alu mit Kupfer in Wasserumgebung ist nicht zu empfehlen. Alu korrodiert ziemlich leicht in Seewasser und "kriecht". Viele Beschläge beim Faltboot stehen dauernd unter Spannung. Alu ist also nicht mein erster Wahl.
- Stahl (nicht rostfrei) sollte unbedingt vermieden werden, rostet im (See)wasser innerhalb Stunden und verschmutzt das ganze Boot. Verfärbt auch das Holz. (siehe Thread "Bankirai")
- Rostfrei ist ein sehr guter Wahl. Eigentlich nicht schwerer weil man das Material dünner wählen kann.
Viel Erfolg mit deinem Boot und fröhliches Paddeln wünscht dir,
Hans Bos