Schrot ,- Bauch u. Trummsäge

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Bernhard Lechner

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Bernhard Lechner »


Hallo

Wenn beim Schleifen zu viel Hitze ins Material dringt kann der Kohlenstoff aus dem Sägeblatt Diffundieren was dazu führt dass die Schnittfestigkeit nachlässt.
Bei 49 HRC bzw. 45-49 HRC kann ich mir nicht vorstellen dass es sich hier um Impuls gehärtete Sägen handelt, der Härtewert ist mir einfach zu niedrig.
Und bei höheren Temperaturen Anlassen bringt überhaupt nichts weil das Kohlenstoffatom vom Kubisch Flächenzentrierte Gefüge wieder ins Kubisch Raumzentrierte Gefüge zurückwandert. Dadurch würde nur der gesamte Härteeffekt rückgängig gemacht werden.

Vielleicht gibt es eine Möglichkeit herauszufinden um welchen Werkstoff es sich handelt. Leider erzählen die Hersteller selten welche Materialien sie benutzen, einige wissen schon warum. Vor 6 Monaten führte ich der Neugierde wegen eine Spektralanalyse einiger Hobeleisen von einen bekannten Hersteller durch und wurde negativ Überrascht.

lg
Bernhard

PS: Ich beziehe mich auf Stahl. Sonderlegierte Stähle sind ein anders Kapitel.



Marcus Nohr
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Marcus Nohr »


Hallo Bernhard,

kannst Du etwas mehr zu deiner Spektralanalyse sagen? Evtl. auch per Mail.

Viele Grüße

Marcus


Bernhard Lechner

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Bernhard Lechner »


Bei der Spektralanalyse untersuchte ich meine Hobeleisen folgender Hersteller.
Stanley (die alten), Stanley (die neuen), E.C.E, Ulmia, Kunz und Lie-Nielsen (Nachbau alter Stanley Eisen)).

Ich hatte damals schon einen Hersteller mit diesen Ergebnissen konfrontiert und mir wurde eine Klage wegen angedroht falls ich jemals die exakte Analyse veröffentliche sollte. Angeblich würde es sich um die Verletzung von Firmengeheimnissen handeln. :)
Ich hab daher nur den C-Gehalt angegeben, der ist aber eh wichtiger als alles andere.

Alte Stanley:

recht hohe Verunreinigung durch Nichteisenmetalle.
C-Gehalt 0.9%-1.05%
schwer zum schleifen. Schneide bleibt lange bestehen

Unlegierter Werkzeugstahl genaues Material nicht erkannt da
dieser Werkstoff nicht mehr hergestellt wird.
Der eingegeben Stahlschlüssel geht bis ins Jahr 1960 zurück.

Neue Stanley:

kaum Verunreinigungen durch Nichteisenmetalle.
C-Gehalt 0.5%-0.62%
leicht zum schleifen. Schneide geht bei Hartholz (Robinie mit Ästen)) schnell verloren.

Unlegierter Werkzeugstahl. Die Legierungsanteile waren weit unter dem Wert was für
einen legierten Werkzeugstahl erforderlich ist.

E.C.E, Ulmia:

kaum Verunreinigungen durch Nichteisenmetalle.
C-Gehalt 0.75%
relativ leicht zum schleifen. Schneide mittelbeständig bis sehr gut.
Legierter Werkzeugstahl.

Lie-Nielsen (Stanley Nachbau)

kaum Verunreinigungen durch Nichteisenmetalle.
C-Gehalt 1.15%
schwer zum schleifen (45min für ein Eisen 120er Shapton, 1000er Shapton 8000er Naniwa.)
Schneide sehr beständig.
Legierter Werkzeugstahl. Hoher Anteil an Legierungen. hat dadurch auch ein X im Materialnamen.

Kunz:

recht hohe Verunreinigung durch Nichteisenmetalle.
C-Gehalt 0.5%-0.65%
leicht zum schleifen. Schneide mittelbeständig bis schlecht
Schneide geht bei Hartholz (Robinie mit Ästen) sofort verloren

Typischer Stahl der aus dem Osten oder Asien kommt. Geringer C-Gehalt aber dafür jede Menge
Legierungsanteile, aber alle unter dem Prozentsatz wo es was bringt. Außerdem Legierungen die sich in ihrer Wirkung aufheben. Ein Indiz dafür dass jede Mengen Schrott für diese Charge eingeschmolzen wurde.

lg
Bernhard



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Andreas N. »


Das ist ja nichts ungewöhnliches.
Ich kann mir nicht vorstellen das eine Klage irgendwo erfolg hätte. Im Messerforum werden auch regelmäßig Analysen veröffentlicht von den "geheimen" Stählen (meist auch nicht vollständig).
Wichtiger als die Stahl Auswahl, ist ja immer die Wärmebehandlung. Man kann einen "Modernen" Stahl unbrauchbar machen und die eigenschaften der "historischen" werden sowieso selten übertroffen.
Wenn mehr Legierungsbestandtiele drin sind, ist das meist sehr erschwerend für eine gute Wärmebehandlung und gröbere Kristalle sind häufig dann das Problem bei dem Versuch feine Schneiden zu schleifen.
Im Messerforum kann man viel über Stähle zum gebrauch als Schneidwerkzeug lernen.Z.B. habe ich erst da erfaren, das Seltenerdenmetalle schon in geringen Mengen verfeinernd auf die Karbiedbildung wirken können (die werden aber wegen des Preises fast nirgends bei legiert).



Bernhard Lechner

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Bernhard Lechner »


Ich kenne das Messerforum es ist zwar manchmal informativ aber da tummeln sich jede Menge
Laien die mit Fachausdrücken umsich werfen.
Manchmal ist es schon fast grausam so was zu lesen,vorallem weil ich ein Werkstoffprüfer bin der in
einen großen Schmiedekonzern arbeitet.

Legierungen erschweren keine Wärmebehandlung sie sind sogar für einige Verfahren erforderlich.
Legierungen werden oft eingesetzt um ein Feinkorngefüge bei höherer Festigkeit. zu erreichen.
Je feiner das Gefüge umso leichter lässt sich der Stahl Mechanisch oder Händisch Bearbeiten.
Das historische Materialien nicht an Qualität übertroffen werden können ist auch nicht richtig.
Viel der heutigen Werkstoffe übertreffen die "alten" in jeder Hinsicht.

Ich bin schon am Überlegen ob ich meine Hobel und Schweifhobelmesser nicht selber baue da ich Zugang zu
Materialien habe die weit besser sind als die der Bekannten (Ron Hock,Lie Nielsen) Hersteller.
Vorallem da mir das Material nichts kostet.:)

lg
Bernhard


Marcus Nohr
Beiträge: 300
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Marcus Nohr »


Hallo Bernhard,

danke für die erhellenden Einblicke.
Die Klageandrohung kann ich mir gut vorstellen, wobei ein Erfolg der Klage wohl nicht allzu wahrscheinlich ist. Deine Messmethode ist ja jetzt nichts so aussergewöhnliches und dürfte zumindest den Konkurrenten problemlos zugänglich sein.
Das Nachkochen von Stahl auf dem Küchenherd funktioniert ja auch nicht.

Von da her denke ich das Geschäftsgeheimnis das man nicht verraten will ist die billige Stahlqualität.

Viele Grüße

Marcus


Marcus Nohr
Beiträge: 300
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Marcus Nohr »


Hallo Bernhard,

was hälst Du von dem Material das Gerd Fritsche (der mit den schönen Infills) verwendet.

Hallo Gerd, ich hoffe Du verzeihst mir die Kopie von deiner Seite

Meine Hobelmesser sind aus hochlegiertem Kaltarbeitsstahl bestehend aus 12 % Chrom, 2 % Kohlenstoff, 0,32 % Mangan, 0,11 % Vanadium und 0,78 % Wolfram.
Dieser Stahl ist vorzüglich für das Vakuumhärteverfahren geignet und wird mit Stickstoff abgeschreckt und auf 61 HRC angelassen. Dieses Verfahren erhöht die Zähigkeit und die Standfestigkeit der Schneide des Stahles ohne zu einer Versprödung zu führen.
Diese Hobelmesser sind etwas schwerer zu schleifen, ich schleife sie mit einem gekühltem Schleifstein mit einer Hohlkehle und ziehe dann mit einem Diamantstein eine Mikro Fase ab, die ich mit einem schwarzen Arkansas ölstein poliere.
Ich stelle nicht nur Hobelmesser für meine Hobel her, sondern biete Ihnen gerne Messer nach Muster oder Zeichnung an.

Viele Grüße

Marcus


Bernhard Lechner

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Bernhard Lechner »


Dieser Stahl ist nach den Angaben sehr gut.
Interessant währe ein Microschliff um zu sehen wie feinkörnig das Gefüge ist.

lg
Bernhard


Andreas Winkler
Beiträge: 1134
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #120950]
Hallo Bernhard,

besten Dank für die Ergebnisse, die sind sehr interessant.

Gruß, Andreas



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Schrot ,- Bauch u. Trummsäge Jetzt bei Dieter

Beitrag von Andreas N. »

[In Antwort auf #120953]
Hallo.
Ich meinte, dass die legierten Stähle eine Aufwendigere Wärmebehandlung brauch (damit sie auch wirklich besser sind als unlegierte) die in der Praxis für eine "Dorfschmiede" kaum machbar ist. Dazu kommt das die legierten Stähle auch meist schwerer zu schleifen sind.
Wenn nach Untersuchungen im Messerforum schon Hersteller von hochwertigen Handmessern Probleme mit der WB haben sollte das bei Hobeleisen nicht wundern.

Das Legierungen mit z. B. Cr die Härtbarkeit beeinflussen ist klar aber bei den Dimensionen eines Hobeleisens wird kein Element großen Einfluß auf die durchhärtbarkeit haben.
Mann kann auch einen Feilenstahl als Hobeleisen verwenden, richtig wärmebehandelt, wobei man dann keine tiefkühlung braucht, wird die Schneide fest und abnutzungsarm sein, aber das Schleifen wird wieder etwas schwieriger als bei einem unlegierten Stahl mit 0,75 C der wohl auch reichen sollte (siehe Ulmia).
Zusammen ergibt das für mich keinen Vorteil für legierte Stähle. Ich sähe eher den Vorteil bei den laminierten Stählen, vorallem beim Schleifen.
Deshalb sehe ich auch keinen Vorteil "moderne" Stähle zu verwenden, die Reinheit in bezug auf S und P dürfte heute ohne Holzkohle nur noch schwer mit Elektroöfen erreicht werden.
Davon muß man eher als Annahme sprechen, da die "historischen" nicht mehr für größere Produktionen zur verfügung stehen. Die Kosten wären sehr hoch, für Stahl, wie er nurnoch häufiger für die japanischen Säbel verwendet wird und steht kaum noch für Hobeleisen zur Verfügung.

Ich meinte mit "historisch", Stähle die nur mit Holzkohle in berührung kommen und von der Luppe bis zum Hobeleisen geschmiedet werden.



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